Rückblick: Dairy Tour 2022

Erfolgreich mit 30, 150 und 1.700 Kühen

Während die Erfolgsrezepte im Stall nahezu identisch sind, könnten die Standort- und Produktionsbedingungen der besuchten Betriebe nicht ­unterschiedlicher sein. 

Unser Rückblick auf eine spannende Tour!
Ob eine deutschlandweite „Milchkuh-Tour“ mal langweilig wird? Keinesfalls! Auch die dritte Dairy Tour hat uns beeindruckt, gelehrt und positiv gestimmt. Wir haben in allen Regionen motivierte Milcherzeuger und Milcherzeugerinnen mit viel Leidenschaft für Kühe angetroffen. Gleichzeitig haben uns die Betriebe gezeigt, dass ein gewisses „Unternehmer sein“ und viel Mut bei den undurchsichtigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht fehlen darf.

Wir haben in allen Regionen motivierte Milcherzeuger und Milcherzeugerinnen mit viel Leidenschaft für Kühe angetroffen. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Kühe funktionieren überall

Milchkühe funktionieren in allen Systemen! Ob eine hochleistende Holstein- oder Fleckviehkuh mit oder ohne Weide, eine effiziente Jersey auf flächenknappen Standorten, eine robuste Braunviehkuh auf der Alpe oder eine bio-dynamische Produktion mit kuhgebundener Aufzucht. Wir haben ex­trem unterschiedliche Produktionsformen, Standorte und Herdengrößen gesehen, die alle erfolgreich sind. Wichtig ist ein klares Konzept, das zum Hof und zum Team passt und konsequent durchgezogen wird.

Die Tour 2022: 11 Betriebe,4 Rassen,über 5.000 Kühe,7 Redakteure, 2 Autosund viele Kilometer … (Bildquelle: Simon)

Schlechte Ernte, gute Milchpreise

Die derzeitige Trockenheit betrifft fast alle Regionen und bereitet Milcherzeugern Sorgen. Ausreichend Futter zu ernten wird immer herausfordernder. Hinzu kommt eine bislang eher unbekannte Situation: die er­freulich guten Milcherlöse. Trotz hoher Kosten für Energie und Futter lassen es die derzeitigen Milchpreise zu, aufzuatmen. Auch die Aussichten auf ein weiterhin knappes Milchaufkommen lassen darauf hoffen, dass Milch weltweit gefragt bleibt. Dennoch ist den Betriebsleitern klar, wie wichtig es ist, die Produktionskosten im Griff zu halten und überdurchschnittlich gute Ergebnisse im Kuhstall zu erzielen.

Zu Besuch bei Familie Hindelang im Allgäu (Bildquelle: Lehnert)

Arbeitskräfte versus Technik

Sorgenfalten auf der Stirn bereitet ausnahmslos allen der akute Arbeitskräfte-Mangel, auch in Familienbetrieben. Gute Mitarbeiter sind erfolgsentscheidend, doch kaum zu finden. Eine Alternative ist mehr Technik. Einige Betriebe sind bereits auf Automatisierung spezialisiert und sparen Arbeitskräfte ein. Das funktioniert aber nur, wenn man die Technik mit System nutzt und guten Service zur Hand hat. Störungen, Lieferengpässe und fehlende Servicetechniker sind keine Seltenheit. Hinzu kommen drastisch steigende Kosten, weshalb einige Milcherzeuger bewusst auf „technischen Schnickschnack“ verzichten. Eine weitere Erkenntnis: Ohne Partner geht es nicht! Ob der enge Kontakt zum Zuchtverband, zur Beratung oder zum Nachbarn. Mit Unterstützung geht vieles einfacher, zudem werden Kooperationen hinsichtlich knapper Ressourcen immer wichtiger.

Fotoshooting in Ostfriesland (Bildquelle: Hünnies)

Top Herdenmanagement

„Eigentlich machen wir gar nichts Besonderes“, haben wir oft gehört. Die Wahrheit dahinter ist: Jeder Betrieb setzt sein durchdachtes System konsequent um. Das ist tagtäglich nichts Besonderes, aber genau das bringt Erfolg.
  • Die Abläufe im Herdenmanagement sind klar strukturiert. Nach zwei bis drei Stunden sind alle Kühe versorgt.
  • Grundfutter in bester Qualität hat großen Einfluss auf Leistung und Kosten. Zudem bewährt sich mehrmaliges Füttern (z. B. automatisch).
  • Eine intensive Aufzucht der besten weiblichen Nachkommen (gesextes Sperma) sowie eine separate Färsengruppe machen Jungkühe leistungsstark.
  • Die Milcherzeuger wissen was sie können, nämlich Kühe. Andere Aufgaben werden bewusst abgegeben, um nicht in eine Arbeitsfalle zu geraten.

Jerseys sind immer gut! (Bildquelle: Simon)

Die besuchten Betriebe in 2022 

1. Familie Boerma: 146 Kühe, 11.833 kg
Die Schwestern vom Deich – In Ostfriesland sind Imke und Anna-Lena Boerma in den Familienbetrieb eingestiegen. Mit Ruhe und Sorgfalt halten sie 146 Kühe gesund und deren Leistung hoch.
2. Hof Holling: 430 Kühe, 12.570 kg Milch
Man braucht Kuh- und Menschenverstand – Sönke Holling wirtschaftet auf vier Standorten und bildet viele junge Leute im Herdenmanagement aus. „Nebenbei“ ­erreicht die Herde beachtliche Leistungen.
3. Milchproduktion Lindtorf e. G.: 1.700 Holsteinkühe, 11.044 kg Milch
Effizienz trifft Kuhverstand – Maarten Marree und Janina Schulz haben die Herde seit 2019 fast verdoppelt. Zusammen mit dem ­Herdenmanager Hilmar Zarwel konnten sie die Leistung dennoch hoch halten.
4. Hofgut Eichigt: 1.500 Holsteinkühe, 8.500 kg Milch
Die Vorreiter – Hofgut Eichigt hat die kuhgebundene Kälberaufzucht erfolgreich eingeführt. Mit Herzblut, System und neuem Stall wird der Betrieb den Bedürfnissen der Tiere gerecht.
5. Familie Erlmann: 150 Fleckviehkühe, 10.500 kg Milch
Hohe Leistungen ohne Firlefanz – Seit fünf Jahren melken Thomas Erlmann und seine Familie mit ihrer Fleckviehherde mehr als 10.000 kg Milch. Und das trotz ­stetiger Aufstockung. Sein wichtigstes ­Erfolgsrezept im Herdenmanagement: Er macht keine ­halben Sachen.
6. Familie Angermüller: 150 Fleckviehkühe, 9.600 kg Milch
4.000 kg täglich mit zwei AMS angepeilt – In den ­letzten zehn Jahren wurde der Kuhbestand der ­Angermilch verdreifacht, ohne dass die Familie dabei in Arbeit „unter­gegangen“ ist . Gut ­geplante ­Arbeitsabläufe und Routinen im Herdenmanagement machten es möglich.
7. Familie Hindelang: 30 Braunviehkühe, 11.718 kg Milch
Eine leistungsstarke Braunviehherde mit 60.000 kg Abgangsleistung – Der Brown-Swiss-Zuchtbetrieb ­Hindelang im Allgäu ist Stammgast in den Ranglisten zur Herdenleistung. Seine Strategie ist einfach, ­intensiv und ­konsequent.
8. Hopp Agrar GbR: 300 Holsteinkühe, 10.300 kg Milch
Ein klares Konzept für 300 Kühe – Die Hopp Agrar GbR in Meßkirch setzt in ihrem neuen Kuhstall auf Mensch und Maschine. Bürokratischen oder technischen Hindernissen stellt sich die Familie mit Beharrlichkeit entgegen. 
9. Sauerlandmilch GbR: 240 Holsteinkühe, 12.680 kg Milch
Bloß kein Stress im Stall – Melk-, Futter- und Einstreu­roboter – jeder Automatisierungsschritt der Sauerlandmilch GbR brachte mehr Ruhe und Leistung bei den Kühen, Rindern und Kälbern. Auch Zusammen­arbeit und Aufgabenteilung sind wichtige Stärken.
10. Familie Leurs: 240 Jerseykühe, 7.000 kg Milch
Viel Milch im Kleinformat – Arno und Michael Leurs setzen seit 30 Jahren auf Jerseys und erreichen mit ihrer Herde hohe (Lebens-)Leistungen. Vor allem im Hinblick auf Futtereffizienz und Flächenausstattung ist die Rasse für sie klar im Vorteil.
11. Familie Nunnenkamp: 160 Holsteinkühe, 13.304 kg Milch
„Die Arbeit muss Spaß machen“ – Bei der Familie ­Nunnenkamp sorgen gesunde Kühe mit guter Milchleistung für Freude an der Arbeit. Ein Erfolgs­faktor ist die Kombination aus Melkrobotern und Melkstand.

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von Katrin Hilbk-Kortenbruck

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Der Mais ist für August definitiv zu klein – um die Trockenheit haben sich fast alle besuchten Betriebe Sorgen gemacht.  (Bildquelle: Ostermann-Palz)

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Sponsoren der Dairy Tour 2022 (Bildquelle: Elite)


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