Elite Dairy Tour 2022

Eine Braunviehherde mit 11.700 kg Milch und 60.000 kg Abgangsleistung

Der Brown-Swiss-Zuchtbetrieb Hindelang im Allgäu ist Stammgast in den Ranglisten zur Herdenleistung. Seine Strategie ist einfach, intensiv und konsequent.

Was für ein Empfang im Betrieb von Donat Hindelang aus Rettenberg im Allgäu (Lkr. Oberallgäu): Rausgeputzt stehen Oma, Mutter und Tochter der U-Linie im Fressgitter und warten auf ihren großen Auftritt. „Gemeinsam kommen sie auf über 300.000 kg Milch“, berichtet der Betriebsleiter nicht ohne Stolz. Wenig später haben die drei kapitalen Braunviehkühe „ihren“ Moment vor der Kamera im strahlenden Sonnenschein und mit schönstem Alpenpanorama im Hintergrund. Alles passt perfekt, sogar die Standfläche hat die Familie für das Foto kurz vorher nochmal ausgemäht. 

Betriebsspiegel

30 Brown Swiss Kühe, 45 Jungtiere 
11.718 kg Milch mit 4,14 % Fett und 3,95 % Eiweiß
34 ha Grünland, davon 9 ha arrondiert
2 Voll-AK

Zwei 100 000 kg-Kühe im Stall

Man muss nicht lange auf dem Betrieb sein, um zu merken, dass hier alle Familienmitglieder für die Braunviehzucht brennen, schon der Vater von Donat Hindelang steht für eine lange Zuchttradition. Lediglich eine F1-Kreuzung sorgt für einen Farbtupfer im Kuhbestand. 

Donat Hindelang fährt ein einfaches Management und legt viel Wert auf die Beobachtung seiner Tiere.  (Bildquelle: Lehnert )

Aktuell melkt die Familie 30 Kühe mit einer Milchleistung von 11.718 kg mit 4,14 % Fett und 3,95 % Eiweiß im Schnitt pro Kuh und Jahr 2021. „In den Ranglisten zur Herdenleistung im Zuchtverband ist der Betrieb Hindelang Stammgast,“ bestätigt Alexander Kuppel, der beim Zuchtverband ProRind für die Zuchtviehvermarktung zuständig ist und bei unserem Besuch im Allgäu mit dabei ist. Schon vor gut zehn Jahren hat Hindelang bereits die 10.000 kg geknackt. Zum Vergleich: Der Rasseschnitt bei Braunvieh liegt bei ca. 8.500 kg Milch.

Weil es im Winter in Greggenhofen schon mal zweistellige Minusgrade geben kann, ist der Stall auf allen Seiten geschlossen. Im Sommer dagegen kann es zu Hitzestau kommen. Aktuell denkt der Betriebsleiter daher über die Installation eines Ventilators nach. (Bildquelle: Lehnert )

Abgangsleistung bei 60 000 kg

Aktuell stehen mit Uri und Christl zwei 100.000 Liter-Kühe im Stall von Donat Hindelang. Eine Abgangsleistung von im Schnitt 60.000 kg und eine Remontierungsrate von ca. 25 % zeigen, dass es den Tieren im Betrieb gut geht. Wenn eine gehen muss, dann meist aufgrund von Euter- oder Fruchtbarkeitsproblemen. Das sind neben der Milchleistung, der Inhaltsstoffe und einer guten Klauengesundheit denn auch im Wesentlichen die beiden Eigenschaften, die Donat Hindelang gezielt züchterisch bearbeitet. 
Zu rund 75 % setzt er schon auf genomische Vererber und streut das Risiko, indem er möglichst viele verschiedene einsetzt. „Die Verbesserung der Inhaltsstoffe führe ich vor allem auf die Genomik zurück“, schildert der Milchkuhhalter. Hornlose Genetik war bisher aufgrund des Leistungsrückstands und der geringeren Blutlinienvielfalt nur vereinzelt ein Thema.

Alexander Kuppel

Zuchtviehvermarktung

Pro Rind

Die weibliche Nachzucht zieht der Betrieb komplett auf und verkauft pro Jahr circa 5 bis 10 Jungkühe nach dem Einmelken. Viele davon setzen bereits mit einer Tagesmilchleistung von 30 bis 34 Liter ein. „Diese Tiere sind bundesweit und auch im Ausland gefragt,“ berichtet Kuppel von ProRind. Der Verkaufspreis im Betrieb Hindelang lag zuletzt im Schnitt bei 2.200 bis 2.500 €, eine Ausnahmejungkuh wurde im April für über 3.000 € nach Belgien verkauft.
Bullenkälber gehen nach vier bis fünf Wochen mit ca. 75 kg über ProRind in Mastbetriebe. Besonders Interessante lässt der Züchter auch typisieren. Seine sehr Exterieur-starken Kühe – aktuell speziell die Jest-Tochter Urmel ebenfalls aus der markanten U-Linie, die erst kürzlich im dritten Kalb mit 90 Punkten im Gesamtexterieur eingestuft wurde – könnte man sich natürlich auch sehr gut im Schauring vorstellen. Doch für Hindelang ist der Stellenwert von Tierschauen in der jüngeren Vergangenheit eher gesunken: „Wir lieben schöne Kühe, doch die Teilnahme an Schauen ist bei uns schon allein aus Zeitgründen kein Thema.“ 

Fast durchweg sehr exterieurstark sind die Kühe von Donat Hindelang. Ulme hat bereits drei Kälber und ist eine der sieben Kühe aus der U-Linie. Bisher ist sie erst mit 87 Punkten im Exterieur eingestuft, bei der nächsten Bewertung dürfte der Wert aber deutlich nach oben gehen.  (Bildquelle: Lehnert)

Spät kalben

Den letzten größeren Wachstumsschritt haben die Hindelangs 2005 unternommen und im Laufstall Platz für 33 Kühe geschaffen. Weil es im Stall im Winter auch schon mal Temperaturen von – 20 °C geben kann, ist der Dreireiher mit seitlichem Futtertisch allseitig mit Holzwänden geschlossen. Die Kühe liegen in Tiefboxen auf einer Stroh-Kalk-Pferdemist-Matratze. Das Stroh dafür kauft der Betrieb von der Grastrocknungsgenossenschaft im Nachbarort zu, an der Hindelang selbst als Genosse Anteile hät. Außerdem wird der kleingehäckselte Aufwuchs der Streuobstwiese in die Boxen gestreut.
Einfache, störungsfreie Technik ist Donat Hindelang wichtig. So verzichtet er in seinem 2x3er- Fischgrätenmelkstand von Flaco z.B. auf eine geeichte Milchmengenmessung und auf eine automatische Abnahme. Er nutzt kein Herdenmanagementprogramm und auch keine Hilfen zur Brunsterkennung. 
Die Laufgänge sind mit Gummimatten belegt und werden per Schieber entmistet, für die Abkalbung und kranke Kühe steht eine separate Box – ebenfalls mit Gummi ausgelegt – bereit. Für das Jungvieh haben sie 2016 den alten Anbindestall zum größten Teil in Eigenregie zu einem Laufstall mit Hochboxen und Gummimatten sowie Spalten umgebaut.
Durch die Alpung ist das Erstkalbealter unserer Tiere etwas höher, aber dafür sind sie robuster.
Donat Hindelang
Weil das Jungvieh die...


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