Die Hopp Agrar GbR in Meßkirch setzt in ihrem neuen Kuhstall auf Mensch und Maschine. Bürokratischen oder technischen Hindernissen stellt sich die Familie mit Beharrlichkeit entgegen.
weitere Standbeine: 2,1 MW-Biogasanlage, Lohnunternehmen, 600 Legehennen im Mobilstall, 1,5 ha Freiflächenvoltaik-Anlage in Planung,
Kurz vor ihrem wohlverdienten Urlaub empfängt uns Familie Hopp in Meßkirch (Lkr. Sigmaringen) in ihrem 2018 ausgesiedelten, neuen Milchviehstall. Von Vor-Urlaubsstress keine...
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weitere Standbeine: 2,1 MW-Biogasanlage, Lohnunternehmen, 600 Legehennen im Mobilstall, 1,5 ha Freiflächenvoltaik-Anlage in Planung,
Kurz vor ihrem wohlverdienten Urlaub empfängt uns Familie Hopp in Meßkirch (Lkr. Sigmaringen) in ihrem 2018 ausgesiedelten, neuen Milchviehstall. Von Vor-Urlaubsstress keine Spur. Man merkt, dass Betriebsleiter Johannes Hopp daran gewohnt ist, Besucher durch den Stall zu führen: „Wir haben oft Gruppen auf dem Hof.“ Das war auch der Grund, warum er im Melkhaus für den Blick ins beeindruckende 50er-Außenmelker-Karussell eine Besuchertribüne eingerichtet hat. Nur warum ist sie zugenagelt, fragen wir uns: „Wir dürfen sie aus Brandschutzgründen nicht benutzen“, bringt uns der Betriebsleiter zum Staunen.
Nicht lang rummachen
Geschmeidig gleiten die Holsteinkühe im Karussell auf ihre Plätze. Zwei Mitarbeiter reinigen die Euter und setzen die Melkzeuge an, am anderen Ende dippt Vater Hubert Hopp die Zitzen. Es flutscht: „220 bis 230 Kühe in der Stunde sind drin“, erklärt Johannes Hopp.
Mit dem 50er-Außenmelker-Karussell sind im Betrieb nach einer Stunde bereits bis zu 230 Kühe gemolken.
(Bildquelle: Lehnert )
Das war allerdings nicht immer so. „Wir hatten zuletzt nur Ärger mit der neuen Melkanlage. Die Kühe wurden nicht mehr leer, die Zellen stiegen im Schnitt auf 700 000. Erst seitdem wir andere Melkzeuge installiert haben, läuft es“, berichtet Hopp von einer sehr nervenaufreibenden Zeit. Die damals auf der Suche nach der Ursache für 50 000 € angeschaffte Wasseraufbereitungsanlage habe sich aber gelohnt: „Seitdem wir unser Quellwasser damit aufbereiten, haben wir z.B. in den Tränkebecken keinen Biofilm mehr und brauchen zur Reinigung keine Bürste mehr!“
Der Milchkuhhalter ist aber trotzdem vom Karussell als Melksystem überzeugt, auch wenn er zuerst eine Roboterhalle mit fünf AMS geplant hatte. „Wir melken, füttern, selektieren und behandeln die Kühe im Zeitfenster von morgens 5:30 Uhr bis 7 Uhr und abends von 16:30 bis 18:30 Uhr. Dann sind wir im Stall fertig und können uns um andere Arbeiten kümmern“, sagt der Betriebsleiter. Denn die gibt es auch noch reichlich: Zur Agrar GbR gehören auch noch ein Lohnunternehmen und eine Biogasanlage mit 2,1 MW installierter Leistung.
Klare Achsen, einfache Abläufe
Klare Achsen, die einfache und logische Abläufe ermöglichen, waren den Bauherren beim Neubau besonders wichtig. „Ich bin gern im Stall, aber nicht den ganzen Tag. Ich will auch mal fertig werden“, bringt Hopp seine Einstellung auf den Punkt.
Ich bin zwar gern im Stall, aber nicht den ganzen Tag. Ich will auch mal fertig werden.“
Johannes Hopp
Den Neubau hat man der Familie nicht leicht gemacht. Zuvor melkten sie 150 Kühe an der alten Hofstelle im Ort, wo heute noch das weibliche Jungvieh steht. „Wir haben mit der Planung 2015 begonnen und bis heute noch keine Schlussabnahme!“ schildert der Landwirt. Die Genehmigungsbehörde habe immer wieder etwas bemängelt, das nachgebessert werden musste. Vor allem die Brandschutz-Auflagen seien immens gewesen: „Ich musste sogar die Besucherfenster zum Karussell zunageln.“
Die großvolumige Fress- und Liegehalle mit Holzbindern und Sandwichdach besticht vor allem durch ihren breiten Lichtfirst und drei zentrale große Flügelventilatoren. Das Besondere: Der 7 m breite Lichtfirst reflektiert die Strahlung, so dass sich der Stall nicht so stark aufheizt.
Der Futtertisch verläuft mittig durch die sechs Tiefboxenreihen und setzt sich gemeinsam mit Futtergang und Schieberbahn in einem großzügigen Laufhof mit überdachten Fressplätzen fort. Wo der Mistschieber nicht hinkommt, wird mit dem Hoflader abgeschoben. Da die Übergänge stufenlos sind, geht das auch dort problemlos. Die Futtertischbrücke, die der Betrieb für den Zu- und Rücktrieb der Kühe ins Karussell installieren ließ, würde er sich heute sparen.
Fangfressgitter oder Antritte am Futtertisch sucht man vergeblich: „So können die Tiere seitlich ausweichen“, argumentiert Hopp. Auch der Fertigteilboden mit sowohl Längs- und Querrillen als auch Innengefälle zur Kot-Harn-Trennung fällt ins Auge: „Der Schieber läuft in diesem Sommer stündlich, um rutschige Flächen zu vermeiden.“
Da tägliche Nachstreuen der Tiefboxen übernimmt sowohl im Kuhstall als auch im Special-Needs-Bereich ein Einstreuroboter, der auf Schienen über die Boxen fährt. Richtig gefüllt werden sie aber alle zwei Wochen mit dem Mischwagen. „Eine Matratze aufzubauen, schafft der Roboter leider nicht.“ Hopp setzt der Stroh-Gärrest-Kalk-Mischung für die Boxen Gesteinsmehl hinzu, um Staub zu binden.
Zwei Rationen: Hauptsache feucht und kurz
Mit dem Selbstfahrer werden morgens und abends zwei Rationen als Voll-TMR gemischt, eine für die Hochleistenden und eine für die Niederleistenden und Frischmelker. Sie bestehen hauptsächlich aus Mais- und Grassilage im Verhältnis 60:40 sowie Gerste, Körnermais, Sojaschrot, pansenstabiles Protein aus Rapsexraktionsschrot, Mineralstoffen und Wasser.Das Getreide wertet er mit Maxammon auf. „Die Ration muss kurz und feucht sein“, schildert Hopp sein Ziel. Die Maisqualität vom letzten Jahr macht der Betriebsleiter für den Leistungsrückgang auf 33 bis 34 kg pro Kuh und Tag verantwortlich. Früher hätte die Herde auch schon einmal 36 bis 37 kg gegeben.
In diesem Jahr ist er mit der Grassilage, die er noch an der alten Hofstelle lagern muss, zufrieden und auch der Mais sieht gut aus. Er weiß, dass er auf einem Gunststandort mit ausreichend Niederschlag wirtschaftet und will dieses Potenzial auch bestmöglich nutzen.
Die ersten zwei Wochen verbringen die Kälber in fahrbaren Einzelboxen im Stall und kommen dann nach draußen.
(Bildquelle: Lehnert )
Die Kälber tränkt er ad libitum mit 14 Liter Vollmilch am Tag, zuerst in fahrbaren Boxen im Stall, später in Iglus im Hof. Das Abtränken erfolgt mit MAT am Tränkeautomat. Die Bullenkälber verkauft er mit zwei Wochen.
Ausgeklügelter Selektionsbereich
In das großzügige Transit- und Selektionsabteil für kranke oder zur Besamung anstehende Kühe hat Johannes Hopp bei der Stallplanung sein ganzes Herzblut eingebracht. Das merkt man ihm bei der Betriebsführung an. „Im Kuhstall behandeln wir kein Tier,“ betont der Milchkuhhalter. Das ausgeklügelte Abteil schließt sich im Melkgebäude direkt an Vorwartehof und Karussell an, so dass die Tiere im Rücktrieb vom Melken in den jeweils passenden Bereich selektiert werden können:
- Vorgesehen sind hier zwei Tiefstreubuchten für die Transitkühe ab zwei bis drei Wochen vor dem Kalben. Hier beginnt er auch die Fütterung mit Sauren Salzen und die sonstige Milchfiebervorbeuge.
- Die daran angrenzende Box ist für die Frischabkalber und für Tiere mit Euterkrankheiten.
- Im Anschluss befinden sich Tiefboxen für Frischmelker sowie für lahme oder ältere Kühe: „So haben sie einen kurzen Weg ins Karussell.“
- Für die jeden Montag stattfindenden Trächtigkeitsuntersuchungen sowie für die Besamung und sonstige Behandlungen kann Hopp die Tiere in ein weiteres Hochboxenabteil mit Gummimatten und Fangfressgitter selektieren.
Der Betriebsleiter besamt seine Tiere selbst und setzt dabei bei circa einem Drittel auf gesextes Sperma, einen Teil belegt er auch mit Fleischrassen. Bei den Rindern, die in der alten Hofstelle untergebracht sind, greift er auf OvSynch zurück und erreicht so ein Erstkalbealter von 24 bis 26 Monaten.
Der Klauenpflegestand liegt praktisch zwischen Fress-Liegehalle und Melkhaus. Hier wird der komplette Bestand etwa alle fünf Monate durch einen Profi durchgeschnitten. Die Klauengesundheit ist immer wieder ein Thema im Betrieb. Mortellaro habe man mittlerweile aber im Griff. Das Klauenbad im Karussell-Rücktrieb soll der Prävention dienen.
Arbeitskräfte zu finden, ist in unserer Region mittlerweile ein massives Problem.
Johannes Hopp
Größte Herausforderung: Mitarbeiter
Johannes Hopp ist froh, in seinem Betriebskonzept nicht nur auf Automatisierung gesetzt zu haben. Denn so manche Technik funktioniert nicht einwandfrei. Sein automatischer Futternachschieber steht seit zwei Monaten still und auch der Einstreuroboter läuft nicht störungsfrei! „Man hat die Technik und hat sie doch nicht“, ist er ernüchtert. Die Installation einer automatischen Fütterung hat er deshalb erstmal hinten an gestellt. In Hopps Stallbüro schmunzeln wir über die gute „alte“ Brunstscheibe mit Fähnchen neben den beiden Computern, die er neben einem Brunsterkennungssystem zur Fruchtbarkeitsüberwachung nutzt.
Johannes Hopp legt Wert auf gute Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter. Die Standflächen für die Melker hat er z.B. mit einem komfortablen Belag aus weichem Kunststoff versehen.
(Bildquelle: Lehnert )
Bis vor kurzem konnte er sich auf zwei rumänische Mitarbeiter für die Stallarbeit verlassen. Aktuell sucht er Ersatz, weil sie kurzfristig eine andere Stelle angenommen haben. „Arbeitskräfte zu finden, ist in unserer Region mittlerweile ein massives Problem“, stellt er fest. Dabei sei der Lohn im Gespräch mit potenziellen Kandidaten oft gar nicht das ausschlaggebende Argument: „Natürlich zahlen wir über Mindestlohn.“ Und auch die Arbeitsbedingungen hat er im Blick: So stehen z.B. die Mitarbeiter am Karussell zum Vormelken und Ansetzen auf einer komfortableren Standfläche aus Kunststoff oder die Kälber sind in den ersten vierzehn Tagen in fahrbaren Einzelboxen unter Dach untergebracht: „Das ist für das Tränkepersonal bei Schlechtwetterphasen angenehmer.“ Fürs Tiere treiben und Melken hat er drei 450 €-Kräfte, außerdem melkt Hopp selbst auch gern.
Wie geht es weiter?
Johannes Hopp ist keiner, der jedem Trend hinterher rennt. Er rechnet erst, bevor er handelt. Dabei greift er auch auf Unterstützung durch Spezialberater Clemens Mauch von Bischoff & Hager zurück. So hat der Milcherzeuger beispielsweise entschieden, nicht auf GVO-freie Milch zu setzen. „Mit 1 ct Zuschlag komme ich bei der GVO-freien Fütterung nicht hin. Außerdem geht es meinen Kühen nicht schlechter. Daher lasse ich es“, sagt Johannes Hopp. Er ist froh, dass ihm seine Molkerei – die Milchwerke Schwaben in Ulm – diese Wahl noch freistellt. Über den Milchpreis beklagt er sich nicht: „Wir müssen doch auch mal zufrieden sein!“
Natürlich sorgt er sich darum, wie er langfristig gute Mitarbeiter finden und halten kann. Gleichzeitig bekommt er mit seiner großen Tochter Lena, die sich gerade zum Eigenbestandsbesamer ausbilden lässt, weitere Unterstützung im Betrieb. Eine Stallerweiterung am Standort wäre durchaus denkbar.