Wie jeden Morgen gehen die beiden Betriebsleiter Anja und Thomas Erlmann um 06. Uhr in der Früh über die Hofstelle in den Melkstand, um ihre 150 Fleckviehkühe im 20er Swing over zu melken. Seit 1998 stockten Erlmanns den Stall und die Herde in drei Schritten auf, aber die Kühe wurden erst einmal weiter im Doppel-6er Fischgräten-Melkstand gemolken. „Am Ende haben wir fast sechs Stunden pro Tag nur für das Melken benötigt. Für einen Familienbetrieb, der mit Altenteiler und Auszubildendem...
Wie jeden Morgen gehen die beiden Betriebsleiter Anja und Thomas Erlmann um 06. Uhr in der Früh über die Hofstelle in den Melkstand, um ihre 150 Fleckviehkühe im 20er Swing over zu melken. Seit 1998 stockten Erlmanns den Stall und die Herde in drei Schritten auf, aber die Kühe wurden erst einmal weiter im Doppel-6er Fischgräten-Melkstand gemolken. „Am Ende haben wir fast sechs Stunden pro Tag nur für das Melken benötigt. Für einen Familienbetrieb, der mit Altenteiler und Auszubildendem bewirtschaftet wird, war das auf die Dauer zu viel gebundene Zeit. Deshalb haben wir einen neuen Melkstand und gleichzeitig auch einen neuen Transitstall gebaut“, erklärt Thomas Erlmann.
Betriebsspiegel
Kühe: 150
Leistung: 10.500 kg
Fläche: 180 ha
Ak: 3,5
Effizient muss es sein
Das Tor öffnet sich und die rotbraunen Kolosse traben in den Melkstand, drehen ihr Hinterteile rum und stellen sich nebeneinander auf. Dass die Kühe den Melkstand gerne annehmen, ist nicht zu übersehen. „Eigentlich wollten wir weder eine Side by Side-Aufstellung noch einen Swing over-Melkstand. Doch wir haben uns eines Besseren belehren lassen“, sagt der Betriebsleiter und schmunzelt.
Für die Wahl des passenden Melkstands schauten sie sich auf verschiedenen Milchkuhbetrieben um. Erlmanns suchten nach einem schnellen Melksystem. Ein Innenmelker-Karussell schied für sie aus, da der Zugang sowohl über die Plattform als auch über einen Keller sehr beschwerlich ist., gerade auch zum Transport der Biestmilch etc. Auch vom Grundriss passte der Swingover Melkstand besser zum vorhandenen Platz.
Entweder ich mach es g`scheit oder gar nicht.“
Thomas Erlmann
Ihr Swing over-Melkstand hingegen hat für sie den Vorteil, dass beim Anrüsten der Kühe keine Melkzeugaufnahme im Weg ist. „Derjenige, der vormelkt und reinigt kann zügig an den Kühen entlang gehen“, sagt Anja Erlmann. So benötigt das Ehepaar inzwischen weniger als die Hälfte der vorherigen Melkzeit.
Durchdachter Transitstall
Nicht nur bei dem Melkstand haben Erlmanns sich viele Gedanken gemacht. Auch der an den Melkstand grenzende neue Trockensteher- und Abkalbebereich ist durchdacht. Er besteht aus vier großen Strohbuchten, die über einen Gang mit dem Melkstand verbunden sind. Durch diesen Gang ist es notfalls auch einer einzelnen Person möglich, die Kühe zum Melken zu treiben und sie anschließend wieder in den Transitbereich zu bringen. „Es ist recht einfach die frischabgekalbten Kühe einzusammeln. Dadurch fällt es einem leicht, gerade auch ältere Kandidatinnen auch einmal ein paar Tage länger im Strohbereich zu lassen“, ist Anja Erlmann überzeugt.
Um das Handling noch weiter zu vereinfachen, sind im Transitstall Melkleitungen verlegt, die die Betriebsleiter zum Melken des Kolostrums nutzen. „Es wäre mein Albtraum, wenn eine frischmelke Kuh im Melkstand grätscht. Deshalb ist es mir wichtig, Kühe mit mehr als drei, vier Kalbungen in den ersten zwei Tagen im Abkalbestall zu melken.“
Neben den Melkleitungen sind die Buchten jeweils mit einer freitragenden Behandlungseinrichtung ausgestattet. So lässt sich eine kalbende Kuh auch alleine fixieren bzw. eine Kuh behandeln.
Tägliches Einstreuen für das Tierwohl
Das Stroh rieselt vom Holzboden auf die liegenden Kühe herunter. Je einfacher eine Aufgabe zu erledigen ist, desto sicherer ist es auch, dass sie konsequent umgesetzt wird. Davon ist der Betriebsleiter überzeugt. Deshalb befindet sich über den vier Buchten ein Holzboden, auf dem Stroh-Quaderballen gelagert sind. Dieser ist über eine komfortable Treppe zu erreichen. „So ist auch garantiert, dass wir jeden Tag die trockenstehenden und frischmelkenden Kühe einstreuen. Das ist einfach wichtig für das Wohlbefinden der Tiere.“
Je einfacher Aufgaben zu erledigen sind, desto sicherer ist es, dass sie konsequent umgesetzt werden.“
Thomas Erlmann
Wie viel Wert Familie Erlmann dieser Bereich legt, erkennt man auch am Management rund um die Kalbung. So wird der Abkalbebereich mit Videokameras überwacht. Anja Erlmann schaut hierüber bei Bedarf nachts nach den Kühen. Ist ein Kalb geboren, steht das Ehepaar direkt auf, um es mit Kolostrum zu versorgen und in ein Iglu zu bringen. „Entweder ich mach etwas g’scheit oder gar nicht. Das Motto gilt für uns auch bei der Versorgung der kalbenden Kühe und der Kälber“, sagt Thomas Erlmann mit Nachdruck.
Prophylaxe entscheidend
Ebenso wie mit der Erstversorgung halten es Erlmanns auch mit der Gesundheitsprophylaxe im Stall. „Wir machen keine halben Sachen“, bekräftigt der Milcherzeuger. Dazu gehören beispielsweise die Rota-Corona-Muttertierimpfung, die Rindergrippeimpfung der Jungtiere oder die Milchfieberprophlylaxe ab der dritten Laktation.
Gerade hat eine Kuh in der Abkalbebox ein Kalb geboren. Mit Schwung wird das frisch geborene, feucht glänzende Kalb von Sohn Alexander und dem Auszubildenden in die Schubkarre gelegt und über den Gang aus der Strohbucht geschoben. Bevor das Kalb zum gewaschenen und frisch eingestreuten Iglu gebracht wird, spritzt der Auszubildende die Räder der Schubkarre gründlich ab. Kot und Schmutz aus dem Abkalbebreich sollen nicht zu den Kälbern gelangen.
Eine gute Hygiene, auch das ist für Thomas Erlmann entscheidend. „Sauberkeit ist uns genauso bei der Fütterung wichtig. So ist der Futtertisch immer ordentlich leer geräumt, bevor wieder frisches Futter vorgelegt wird.“
Nur wenn man richtig Bock auf Kühe hat, macht die Milcherzeugung auch in Zukunft Sinn.“
Thomas Erlmann
Gutes Grundfutter ist die Basis
Die Fütterung ist ein weiterer Punkt, dem Thomas Erlmann viel Bedeutung beimisst, aber „ich brauche bei der Fütterung keinen großen Firlefanz.“ Wichtig ist es ihm jedoch, dass sie auch beim Futter und der Grundfuttergewinnung keine Kompromisse eingehen. „So erhalten wir hochwertiges Futter. Das ist absolut entscheidend, um hohe Leistungen erreichen zu können.“
Ration: Teil-TMR der Laktierenden
· 20 kg Grassilage
· 20 kg Maissilage
· 0,7 kg Stroh
· 1,0 kg Luzerneheu
· 0,7 kg Soja HP
· 1,4 kg Raps
· 2,3 kg Getreide (Gerste, Weizen, Mais)
· 1,0 kg Melasseschnitzel
Futteraufnahme am Futtertisch 20 kg TM; am Transponder maximal 2 x 2 Kilogramm Gerste und pelletiertes Kraftfutter
Deshalb sind Erlmanns bei der Grasernte komplett eigenmechanisiert. „Nur das Häckseln und Walzen übernimmt der Lohnunternehmer.“ Auf die erstaunte Frage, warum er gerade das Festwalzen in fremde Hände legt, schmunzelt Thomas Erlmann. „Wir haben schon seit Jahren denselben Walzfahrer. Ich weiß, dass er seine Arbeit sehr gut macht. Darauf kann ich mich verlassen. Deshalb kann ich diese Arbeit abgeben.“
Fehlender Regen bleibt große Herausforderung
Leistungen von 10.500 kg und Erstlaktationsleistungen von 9.100 kg zeigen, dass seine Strategie passt. Ein wichtiges Ziel ist es für ihn dennoch über Selektion weiter die Herde zu verbessern. „Der Stall ist jetzt voll, deshalb haben wir nun die Möglichkeit abgekalbte Färsen zu verkaufen, die nicht zu unserer Herde passen.
Als Herausforderung sieht Thomas Erlmann u.a. die schwindende Akzeptanz der Verbraucher gegenüber der Landwirtschaft. Dialog ist dem Milcherzeuger wichtig, weshalb er u.a. seit einigen Jahren im Gemeinderat vertreten ist. Darüber hinaus sieht er die mangelnden Niederschläge als große Herausforderung. „In normalen Jahren haben wir schon nur 500 bis 550 mm Niederschlag. Wir werden uns mehr und mehr Gedanken über den Futterbau und Futtervorräte machen müssen.“
Er schaut über die Köpfe seiner Kühe durch den Stall. „Das wichtigste bleibt, dass wir die Kühe mit Herzblut halten. Nur wenn man richtig Bock auf Kühe hat, macht die Milcherzeugung auch in Zukunft Sinn.“
Das hat uns beeindruckt:
Die kontinuierliche Leistungsentwicklung trotz Aufstockung
Die Konsequenz mit der das Herdenmanagement umgesetzt wird
Die effizienten Arbeitsabläufe
Das Engagement im Ehrenamt
Die tatkräftige Zusammenarbeit aller drei Generationen auf dem Betrieb