Aktueller Milchmarkt

Die Milchwoche: Die Preise gehen weiter aufwärts

Milchanlieferungen am Saisontief ++ Spotmilchpreise bleiben hoch ++ Milcherzeugerpreise: Ab November muss die „4“ vorne stehen ++ Biomilch bald über 50 Cent

In der zweiten November-Woche 2021 (KW 45) befinden sich die Milchanlieferungen in Deutschland und der EU voraussichtlich am saisonalen Tiefpunkt: Zuletzt lagen sie in Deutschland mit 2,9 % unter dem Vorjahr und eine Wendung ist nicht absehbar – Details siehe unten!
Entsprechend der knappen Verfügbarkeit und guten Nachfrage setzen die Preise für Milchrohstoffe und Milcherzeugnisse ihre feste Entwicklung (noch) ununterbrochen fort: Details siehe unten!
Milchmarkt-Beobachter erwarten für November Milcherzeugerpreise über 40 Cent. Dass das angesichts der aktuell massiven Unterdeckung der Produktionskosten ausreichen könnte, um die Milchproduktion wieder anzukurbeln ist unwahrscheinlich – Details siehe unten!

Milchanlieferungen laufen deutlich unter dem Vorjahresniveau

Die Milchanlieferungen gehen in Deutschland auf ihren saisonalen Tiefpunkt zu. Ende Oktober (43. Kalenderwoche) war zwar ebenso viel Milch abgeliefert worden wie noch in der Vorwoche – dennoch war die Milchanlieferung um 2,9 % niedriger als in der Vorjahreswoche.
Ein Zwischenbericht zu den Milchanlieferungen zeigt, dass im Zeitraum von Januar bis August 2021 um 0,7 % weniger Milch in Deutschland angeliefert wurde als im Vorjahreszeitraum – siehe Grafik. EU-weit sind die Milchanlieferungen in diesem Zeitraum insgesamt um +0,4 % gestiegen.

Milchanlieferungen der Erzeuger an deutsche milchwirtschaftende Unternehmen

Die Brisanz dieser rückläufigen Entwicklungen in der Milchproduktion hob LVN-Geschäftsführer Frank Feuerriegel beispielhaft für die Situation in Niedersachsen hervor. So sei die Milchanlieferung in Niedersachsen im Jahr 2021 saisonal überdurchschnittlich fallend. Zusätzlich habe der Fett- und Eiweißgehalt der Anlieferungsmilch deutlich abgenommen. Eine Ende dieser Entwicklung sei derzeit nicht absehbar.
Die aktuelle Rohstoffmenge in Niedersachsen befindet sich seit einigen Wochen auf einem Dreijahrestief, obwohl der saisonale Tiefpunkt der Anlieferung noch nicht erreicht ist.
Frank Feuerriegel, LVN-Geschäftsführer am 04.11.2021 auf der LVN-Mitgliederversammlung

Spotmilchpreise bleiben auf Rekordniveau

Die geringen Rohstoffmengen machen sich in den Spotmilchpreisen bemerkbar. In der 45. Kalenderwoche sind diese zwar nicht weiter in die Höhe geklettert, liegen aber dennoch auf einem Rekordniveau. In Nord- und Ostdeutschland bei 52,00 €/100 kg und in Süddeutschland bei 54,50 €/100kg. 
Auch wenn die Spotmilchpreise nur kurzfristige Preise sind, ihre seit Monaten steigende Entwicklung gibt dennoch einen Eindruck der Verwertungsmöglichkeiten. Mehr dazu siehe „Zum Einfluss der Spotmilchpreise“ im Interview Prof. Dr. Thiele vom ife.

DCA Spotmilchpreise im Zeitstrahl seit Januar 2020

Im November 40 Cent, aber wohl kaum Anreiz zur Produktionssteigerung

Die aktuelle Situation am Milchmarkt ist selten. Seit mehreren Jahrzehnten wird ein Markthoch erstmals durch das knappe Rohstoffangebot getrieben, und weniger von der Nachfrage.
Während viele Molkereien die sehr guten Verwertungsmöglichkeiten, aufgrund der für sie selbst immens gestiegenen Produktions- und Rohstoffkosten, nur zu zögerlich an ihre Lieferanten weitergeben, versuchen Milcherzeugergemeinschaften jetzt so selbstbestimmt wie möglich zu handeln. 
Ab November muss die „4“ vorne stehen!
Markus Seemüller, Geschäftsführer Bayern MeG, Interview top agrar SüdPlus
So hatte die Bayern MeG ihre Mitglieder aufgerufen, nur noch kurzfristige Kontrakte mit den Molkereien einzugehen. Das sei der aktuell wirksamste Hebel. Markus Seemüller, Geschäftsführer der Bayern MeG, erklärte im Interview mit der top agrar SüdPlus, dass es ihnen gelungen sei, dem Drängen der Molkereien nach längeren Preisvereinbarungen standzuhalten und die ersten Preise mit einer 4 vor dem Komma für November vereinbart wurden. 
Doch auch die großen Genossenschaftsmolkereien Arla und FrieslandCampina werden im November über 40 Cent auszahlen. FC erhöhte ihren Garantiepreis angesichts der Verwertungsmöglichkeiten etwa auf 41,25 Cent.
Doch wie werden sich die Preise und die Marktlage weiter entwickeln? Marktindikatoren wie der ife Rohstoffwert lassen für die kommenden Monate weitere Aufschläge bei den Erzeugerpreisen erwarten.
Eine Ausweitung der Milchproduktion wird das nicht auslösen. Denn angesichts der aktuell massiven Unterdeckung der gestiegenen Produktionskosten (insb. Kraftfutter, Energie, Dünger extrem verteuert), dürfte selbst ein Milcherzeugerpreis von 45 Cent kaum als Anreiz zur Produktionssteigerung (ggf. Aufstocken, höherer Kraftfuttereinsatz) ausreichen. Milchmarktexperten – im Norden wie im Süden – gehen aktuell davon aus, dass die Milchmenge in Deutschland auch aufgrund des Strukturwandels, angetrieben durch höhere Produktionsauflagen und Kosten, in Zukunft weiter zurück gehen wird.

Der Kieler Rohstoffwert Milch lässt höhere Milcherzeugerpreise erwarten

Der Kieler Rohstoffwert Milch gilt als ein sehr guter Frühindikator für künftige Entwicklungen der Milchauszahlungspreise. Im Oktober 2021 ist er um +4,4 Cent auf 43,3 Cent je kg Milch (siehe: Rohstoffwert Milch steigt im Oktober).
Der Wert basiert auf den aktuellen, von der Süddeutschen Butter- und Käsebörse ausgewiesenen, Notierungen für Butter und Magermilchpulver. Da hier im November nochmal deutliche Preisanstiege zu beobachten sind (mehr dazu hier: Butter- und Milchpulverpreise steigen im November), ist eine weiter positive Entwicklung des Frühindikators zum Winter absehbar.

Rohstoffwert Milch (4 % Fett, 3,4 % Eiweiß, ohne MwSt., ab Hof) nach Monaten

Zu den Biomilchpreisen

Für Biomilchpreise wurde für Oktober eine weiter steigende Entwicklung prognostiziert – im Bundesdurchschnitt dürfte der Preis die 50 Cent pro Liter übersteigen. Im September lag der Auszahlungspreis im bundesweiten Durchschnitt bei 49,5 Cent pro kg. 
Quellen: u.a. ZMB, DCA, Trigona Dairy Trade, Süddeutsche Butter und Käsebörse e.V. Kempten, AMI, top agrar SüdPlus


Mehr zu dem Thema