Wenn Franz Knauseder auch nur in Sichtweite der Weide kommt, trotten seine 60 Holsteinkühe schon los. Ihr Weg zurück in den Stall führt sie durch eine Unterführung aus Beton, mit ordentlichem Anstieg am Ende.
Die öffentliche Straße, unter der das massive Bauwerk verläuft, durchschneidet die Hoffläche von Familie Knauseder. Auf den übrigen Seiten rücken drei weitere Milchkuhbetriebe bis auf 3 m heran. „Mit keinem der direkten Nachbarn ist ein Flächentausch geglückt, obwohl es...
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Wenn Franz Knauseder auch nur in Sichtweite der Weide kommt, trotten seine 60 Holsteinkühe schon los. Ihr Weg zurück in den Stall führt sie durch eine Unterführung aus Beton, mit ordentlichem Anstieg am Ende.
Die öffentliche Straße, unter der das massive Bauwerk verläuft, durchschneidet die Hoffläche von Familie Knauseder. Auf den übrigen Seiten rücken drei weitere Milchkuhbetriebe bis auf 3 m heran. „Mit keinem der direkten Nachbarn ist ein Flächentausch geglückt, obwohl es passende Stücke gegeben hätte“, sagt der Milchviehhalter enttäuscht. „Weil wir aber die Milchkühe weiter weiden wollen, haben wir uns für den Bau der Unterführung entschieden.“
Am späten Vormittag kommen die Milchkühe zurück in den kühleren Stall. Ihr Weg führt dabei durch die massive Betonunterführung, die dem Betrieb viel Treibearbeit spart.
(Bildquelle: Lehnert, Silvia)
Ausstieg aus der Weide?
Die Alternative – nämlich ausschließliche Stallhaltung – hätte wie für manche seiner Berufskollegen auch für ihn bedeutet, aus der Bio-Milch-Erzeugung auszusteigen. Denn in Österreich besteht für Bio-Kühe seit zwei Jahren Weidepflicht, schon die Kälber ab vier Monaten müssen raus. „Der Ausstieg kam für uns nicht infrage. Zumal die Weide für die Herde auch ein wichtiger Gesundheitsaspekt ist.“
Auch der Melkroboter ist der Weidepflicht zum Opfer gefallen: „Der Weg vom Stall zur Weide und zurück wäre für eine vernünftige Auslastung der Anlage zu weit gewesen.“ Heute melkt die Familie wieder in einem Doppel-7er-Fischgrätenmelkstand und erreicht durchschnittlich ca. 6.500 kg pro Kuh und Jahr.
Den Bau der komplett bewehrten Unterführung, die nun seit rund einem Jahr in Betrieb ist, stemmte die fünfköpfige Familie größtenteils selbst. „Die Genehmigung dafür zu bekommen, war aber kein Problem. Das Land Oberösterreich hat uns hier als Pilotprojekt beratend und finanziell unterstützt.“ Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 80.000 €, inklusive einem beträchtlichen Teil an Eigenleistung. Nach einer neuen Förderrichtlinie übernimmt das Land bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Beihilfe in Höhe von 50 % der Nettokosten solcher Bauwerke.
Ein Ausstieg aus der Biomilch-Erzeugung kam für uns nicht infrage. Zumal die Weide ein wichtiger Gesundheitsaspekt ist.
Franz Knauseder, Biolandwirt aus Oberösterreich
Weil der hofseitige Abgang in die 2,40 m breite, 2,50 m hohe und 12 m lange Unterführung durch die beengte Hoflage direkt am Laufstall entlang geführt werden musste, war eine zusätzliche Abstützung seines Fundaments nötig. Heute verläuft der tägliche Weidegang reibungslos, die Kühe haben sich schnell an die 200 m bis zur 4 ha-Weide gewöhnt. Die Lauffläche ist für mehr Rutschfestigkeit aufgerauht. Auch der in den Weg integrierte Laufhof wird von den Kühen gerne angenommen, v. a. nachts. Nur eine Beleuchtung des Durchgangs fehlt aktuell noch. Um der Hitze zu entgehen, ist die Hauptweidezeit derzeit von 5.00 bis 10.00 Uhr am Vormittag: „Die Zugänge sind in beide Richtungen aber immer offen.“ Nicht nur, dass dadurch gegenüber früher viel Treibearbeit weggefallen ist, auch die Unfallgefahr durch die zweimal tägliche Straßensperrung ist gebannt.
Der Laufstall, der direkt an der Unterführung entlang läuft, musste für den Bau zusätzlich abgestützt werden
(Bildquelle: Lehnert, Silvia)
Kontrolle per Drohne
Die Kälber weiden am Hof auf dem alten Kinderspielplatz. Für das ältere Jungvieh hat man Flächen zugepachtet. Alle Weiden – ca. 17 ha – werden als Kurzrasenweide, zum Teil mit Heu-Zufütterung geführt. Sohn Marcel kontrolliert die vier bis fünf Weidegruppen zwar per Drohne, doch einmal am Tag fahren sie die Flächen im Radius von 2 km trotzdem ab. Auch der Materialaufwand, um der Weidepflicht nachzukommen, ist gewaltig: Für Viehtransporter, Zäune und Drähte gab Familie Knauseder rund 12.500 € aus.
Mit ihrer Strategie sieht sie sich für die Zukunft gerüstet. Auch weil die Nachfrage nach weidegängigen Rindern steigt. Franz Knauseder: „Durch die Weidepflicht sparen sich immer mehr Betriebe die eigene Aufzucht, davon profitieren wir.“
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