Die Rationsgestaltung für Rinder bis zur Besamung und Abkalbung verdient eine hohe Aufmerksamkeit. Richtwerte, Empfehlungen und Tipps für eine gute Versorgung.
Im Vergleich zu den Kuhrationen werden der Berechnung, der Gestaltung sowie dem Controlling der Ration für die Rinder in der Praxis recht wenig Zeit gewidmet.
Dabei haben auch die Nachzuchttiere ihre Leistungsanforderungen umzusetzen – gesundes Wachstum, Entwicklung von Organen und Immunsystem, fruchtbar sein. Hinzukommt der Kosten-Nutzen-Aspekt: Die Futterkomponenten für die Rinder sind nicht weniger teuer produziert als die für die Kühe.
Zwei Berater der Fütterungsberatung CowSupport (Tierarztpraxis Zur alten Ems) geben Tipps für eine bedarfs- und leistungsgerechte Fütterung im Rinderstall.
Florens Stockamp
CowSupport
Alexander Kuhlmann
CowSupport
Jungviehration nach Normwerten und den tatsächlichen Leistungen ausrichten
Die Richtwerte zur Versorgung mit Nährstoffen orientieren sich bei den wachsenden Rindern an Alter, Lebendmasse und Futteraufnahme – siehe Tabelle. Dementsprechend können Milcherzeuger bzw. Aufzüchter, die die Gewichtsentwicklung und Futteraufnahme ihrer Nachzucht messen, am genausten Füttern.
Welche Komponenten für die Rinder?
Hinsichtlich der Auswahl an Grundfutterkomponenten gilt: Alles kommt in Frage, was hygienisch einwandfrei ist. Sprich, frei von Schimmel, Fehlgärungen, Nacherwärmung und Fäulnis.
Vorsicht ist bei Grassilagen aus Herbstschnitten mit hohen Ammoniak-Stickstoffgehalten geboten, diese belasten die Leber und können zu Klauenschäden führen.
Futteranalysen zu den jeweiligen Silagen sollten Standard für die Rationsberechnung sein. Dabei ist es sinnvoll, immer die Mengen- und Spurenelemente mit untersuchen zu lassen, sodass man die Zugabe des Mineralfutters darauf abstimmen kann. In jeder Aufzuchtsphase ist auf eine ausreichende Versorgung mit Mineralfutter und Calcium zu achten.
Wenn Rinder auf die Weide gehen, müssen sie richtig mit Mineralstoffen versorgt werden. Futteranalysen vom Gras helfen, das passende Mineralfutter zu finden.
Neben der Beobachtung von Allgemeinbefinden und Fruchtbarkeitder Rinder kann eine regelmäßige Kontrolle der Versorgung mit Mineralstoffen sowie Vitaminen über Blutproben dem Aufkommen schleichender Probleme vorbeugen. Beispielsweise in der Fruchtbarkeit (wichtig sind hier unter anderem Vitamin A, β-Carotin, Kupfer und Selen) oder auch Klauengesundheit (wichtig ist unter anderem Zink).
Viehsalz kann gut zur freien Aufnahme angeboten werden und so gerade in der Stallhaltung in Form von Lecksteinen zusätzlich der Beschäftigung dienen.
Etwas Stärke in der Ration ist in allen Aufzuchtphasen sinnvoll, um die Entwicklung der Pansenzotten aufrechtzuerhalten, etwa über die Zugabe von Maissilage.
Die Intensität der Energieversorgung lässt sich in Rinderrationen gut mit Futterstroh steuern. Auch hier sollte dies von hoher Qualität und gut aufbereitet sein.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Die Intensität der Energieversorgung lässt sich gut mit hochwertigem Futterstroh steuern. Ist gutes Futterstroh wie in dieser Saison knapp, kann sauber geerntetes, gehäckseltes Körnermaisstroh in Kombination mit zum Beispiel Ganzpflanzensilage eine sehr ausgewogene Jungrinderration mit genügend Faser, Protein und Stärke für die dritte Aufzuchtsphase (15 bis 22,5 Monate, mit Trächtigkeit) ergeben. Eine solche alternative Ration kann dabei helfen, die hochwertigen gegebenenfalls knappen Grundfutter ausschließlich für die Kühe zur Verfügung zu haben. Sie erfordert allerdings auch eine gewisse Planung und Lagerlogistik.
In Jahren in denen gutes Getreidestroh knapp ist, kann es eine Option sein, das Maisstroh trocknen und pressen zu lassen. Gehäckselt kann es dann durchaus in Rinderrationen gut als Ersatz funktionieren.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Futterreste und Vorratsfütterung nur bei guter Futterhygiene
Restfutter von den Kühen können, sofern sie hygienisch einwandfrei sind und keine Nacherwärmung aufweisen, gut in den Aufzuchtphasen 1 (3 bis 9 Monate) und 2 (9 bis 15 Monate) eingebaut werden.
Gegebenenfalls sind sie mit Futterstroh oder anderen energiearmen Futtermitteln zu „verdünnen“. Unbedingt die Bedarfswerte beachten und die Körperkondition beobachten, ab dem Alter von sechs Monaten werden die Jungrinder schnell „speckig“.
Mit Futterresten erstellte oder für zwei Tage vorgelegte Rationen, sollte man hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Futterhygiene mit Säuren oder Kaliumsorbat stabilisieren – mehr zum Thema Rationen vor Nacherwärmung schützen. Eine Vorratsfütterung für zwei Tage ist mit stabilen Silagen möglich.
Kontrolle: Zu beobachten ist jedoch unbedingt, ob Nacherwärmung auftritt und auch das Tierverhalten. Denn eine nicht tägliche Fütterung kann den Tieren Stress verursachen, insbesondere, wenn die Ration leicht selektierbar ist.
Restfuttermengen von den Kühen können durchaus in Rinderrationen verwertet werden – wenn sie hygienisch einwandfrei sind, sprich gut riechen und kalt sind.
(Bildquelle: Katrin Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Rationskontrolle: Auch Rinderrationen müssen homogen sein
Die wiederum anfallenden Futterreste der Rinderration sollten kontrolliert und mit der frisch vorgelegten Ration verglichen werden. Bei starken Abweichungen ist es besser täglich zu füttern bzw. die Homogenität der Ration zu verbessern.
Auf die Homogenität der Rationen sollte wie bei den Kühen geachtet werden. Sie lässt sich vor allem durch eine Anpassung der Häcksellängen der Grundfutter (auch des Strohs!) hinsichtlich mehr Einheitlichkeit optimieren. Bei gleichmäßig langen Futterpartikeln ist in den meist nur aus Grobfuttermitteln bestehenden Jungviehrationen selten eine zusätzliche Zugabe von Wasser nötig.
Nicht zu unterschätzen: Wasserversorgung und Beschäftigung
Die Versorgung mit Wasser unterliegt denselben Kriterien an Menge, Verfügbar- und Erreichbarkeit, Trinkwasserqualität und Hygiene wie im Bereich der Milchkühe und Tränkekälber = sauber und uneingeschränkt zugänglich.
Die Tränkeschalen oder -becken sind täglich auf Sauberkeit und Funktion zu kontrollieren und regelmäßig zu reinigen. Die Wasserversorgung hat einen immensen Einfluss auf Gesundheit, Futteraufnahme und -verwertung und dementsprechend auf das Wachstum.
Auch Rinder freuen sich über Beschäftigungsmaterial. Langweilen sie sich, kann das zu Leistungsdepressionen beitragen. Gerade in Ställen mit wenig Umweltreizen macht es Sinn, sich Beschäftigung auszudenken.
(Bildquelle: Silvia Lehnert, Landwirtschaftsverlag, GmbH)
Nicht zu unterschätzen ist außerdem das Angebot von Beschäftigungsmaterial. Rinder sind oftmals in Altgebäuden untergebracht, die tendenziell weniger Umweltreize ins Innere lassen. Dies kann ebenso wie Überbelegung und Enge, Stress für die Tiere bedeuten und Leistungsdepressionen verursachen. Wird etwa Stalleinrichtung angeknabbert, muss das nicht zwingend auf eine Mangelsituation hinweisen, sondern kann auch aus Langeweile geschehen
Rationskontrolle: Setzen die Rinder das Futter so um, wie sie sollen?
Eine regelmäßige Tierkontrolle hinsichtlich ihrer Entwicklung ist entscheidend, um bei Fehlentwicklungen schnell reagieren zu können.
Ab Eintreten der Geschlechtsreife im Alter von ca. 5 bis 6 Monaten beginnt das Risiko, dass Rinder bei zu energiereicher Ration verfetten. Diese sechs Monate alten Jungrinder sind gut in der Kondition, sollten nun aber auf eine energieärmere Ration umgestellt werden.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Das betrifft in der Rinderaufzucht auch häufig das Thema Überversorgung durch zu energiereiche Rationen. Ein verfettetes Rind kann nicht nur zur Erstbesamung Probleme haben, sondern auch zur Kalbung, im Laktationsstart sowie in der Laktation (unter anderem Leistung).
Es sollten überprüfbare Ziele gesetzt werden. Optimalerweise haben Rinder zwischen 12 und 15 Monaten (Jersey, Holstein) bzw. 16 bis 19 Monaten (Fleckvieh) ihre Besamungskondition erreicht (55% des Gewichts der ausgewachsenen Kühe im Betrieb). Gewichte lassen sich einfach mit Waage, Brustumfang oder Gewichtszange bestimmen.
Das sind die optimalen Körperkonditionen während der Aufzuchtphase (HF):
Nach intensiver Tränkephase sollen die Kälber im 2. bis 3. Lebensmonat mindestens einen BCS von 2,75 erreichen.
Nach intensiver Wachstumsphase 1 sollen die Jungrinder im 6. bis 9. Lebensmonat BCS von 3 bis 3,25 aufweisen.
Zur Umstellung von Phase 2 auf 3 sollen die Rinder BCS 3,0 bis maximal 3,5 erreichen. Liegen sie unter BCS 3, dann müssen sie länger in den Phasen 2 und 1 bleiben.
Bis zur Kalbung sollen die tragenden Rinder einen BCS von 3,25 bis maximal 3,5 haben und halten.