Ein großzügig kalkulierter Futterrest kann die Futteraufnahme von Kühen positiv beeinflussen. Viel Rest bedeutet aber auch mehr Kosten und Arbeitsaufwand!
Die Fütterung von Milchkühen wird stetig teurer. Neben kostspieligen Kraftfutter-Komponenten ist vor allem das Grundfutter ein wachsender Kostenfaktor. Das große Ziel, Kühe satt zu füttern und ihnen über 24 Stunden dieselbe, hochwertige Ration anzubieten, gilt nach wie vor! Dennoch sollte der Faktor Futterrest auch aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet werden. Wie viel Überschuss lohnt sich wirklich?
Wie viel Überschuss ist notwendig? Entscheidend ist unter anderem die Möglichkeiten der Zweitverwertung.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano )
9 Cent pro kg Futter
Ganztägige Verfügbarkeit, steigende Futteraufnahme, bessere Energieversorgung und höhere Milchleistung sprechen für viel Futterrest. Dagegen sprechen die hohen Kosten, vor allem, wenn die Reste nicht verwertet werden, zum Beispiel bei ausgelagerter Jungviehaufzucht.
Kosten: Eine Kuh frisst etwa 50 kg Frischmasse pro Tag. Eine Voll-TMR kostet 4 bis 5 Euro pro Kuh und Tag. Folglich kostet 1 kg Futter durchschnittlich 9 Cent und 1 t Futter 90 Euro. Bei 200 Kühen, einer Futtervorlage von 10 t und einem Rest von 5 %, ergeben sich 500 kg Futterrest, der 45 Euro pro Tag oder 16.500 Euro pro Jahr kostet. Bei 1.000 Kühen kann das bis zu 80.000 Euro Verlust bedeuten, wenn die Reste nicht verwertet werden können.
Mindestens 3 bis 7 % Futterrest
Eine Reduzierung der Restmenge ist aber keine pauschale Lösung! Bei Fütterung einer Voll-TMR ist ein Futter-Überschuss von 3 bis 7 % empfehlenswert, da die Futteraufnahme pro Tag um 3 bis 5 % schwankt. Das heißt, dieser Anteil, berechnet an der Gesamtmenge, wird „on top” gefüttert. Voraussetzung ist, dass einmal täglich frisch gefüttert und das Futter regelmäßig rangeschoben wird.
Da bei automatischer Fütterung mehrmals täglich gefüttert wird, kann weniger Rest eingeplant werden. Die Futtervorlage sollte dem Fressverhalten der Kühe angepasst und die Reste einmal täglich geräumt werden. Mit unterschiedlichem Restanteil je Gruppe zu arbeiten (Frischmelker mehr, Altmelker weniger), kann wirtschaftlich sinnvoll sein, ist praktisch aber schwierig umzusetzen. Eine ausreichende Futtervorlage ist über alle Laktationsstadien wichtig (Trockenstehzeit!), deshalb sollten alle Gruppen gleich behandelt werden.
Regelmäßiges anschieben wird bei wenig Futterrest noch wichtiger. Im Gegensatz zu einem Anschieberoboter kann man das Futter bei „beweglichem“ Anschieben auch für den Futtertisch verteilen.
(Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck )
Entscheidende Kriterien sind:
Tier-Fressplatz-Verhältnis: Ist ein Verhältnis von 1:1 gegeben, sind 3 % in der Regel ausreichend. Je weiter es auseinandergeht, desto größer sollte der Restanteil sein, damit auch rangniedrige Tiere genug fressen können.
Futteraufnahme: Der Futterrest lässt sich umso exakter (und ggf. knapper) kalkulieren, umso genauer Futteraufnahme und Tierzahl in der jeweiligen Gruppe erfasst werden.
Controlling: Die Restmenge sollte einmal wöchentlich, bei gutem Überblick mindestens einmal monatlich erfasst werden. Ebenso die Futterselektion, denn je weniger Futter auf dem Futtertisch liegt, desto besser können Kühe selektieren!
Eine Zweitverwertung des Restfutters ist möglich, solange das Futter hygienisch einwandfrei ist. Besonders bei Wasserzusatz kann eine TMR schnell verderben (Nacherwärmung). Im Sommer kann der Zusatz eines Konservierungsmittels (vorzugsweise abgepufferte Propionsäure) in der TMR helfen, den Futterrest nicht verwerfen zu müssen oder Erkrankungen zu riskieren (30 Euro pro 500 kg TMR Konservierungskosten für eine einwandfreie Verwendung der Reste im Wert von 45 Euro).
Sind die Inhaltsstoffe der Rationsreste bekannt, lassen sie sich gezielt und bedarfsgerecht einsetzen. Dafür sollte man das Restfutter regelmäßig, mindestens aber nach Änderungen in der Grundration, auf ihre Nährstoffe untersuchen lassen. So lassen sich ein Verfetten der Jungrinder vermeiden und hochwertige Reste möglicherweise auch für zuchtuntaugliche oder altmelke Kühe nutzen.
Da Jungrinder tendenziell schnell zu fett werden, können diese auch für eine kurze Zeit einen leeren Futtertisch vorfinden.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
Sechs Kriterien, um den Futterrest reduzieren zu können:
1. Hohe Grundfutterqualität! Bei mangelhafter Qualität und wenig Futterrest würden die Kühe zuletzt viel Dreck und Schimmel fressen.
2. Eine immer gleiche Fütterung über den Tag (Uhrzeit), das Jahr und die Laktation und eine homogen ausgefütterte, nicht selektierbare Ration.
3. Ständiges Beobachten, Ranschieben und ggf. früheres Füttern vor der frischen Fütterung oder zweimal tägliches Füttern.
4. Ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von mindestens 1:1. Bei frischer Fütterung müssen nahezu alle Kühe fressen können.
5. Die Kühe müssen immer satt sein (auch im „langweiligen” Wartehof) und bequem liegen und aufstehen können.
6. Die regelmäßige Kontrolle von Kühen und Fütterung! Dazu gehören Milchleistung (MLP), Tiergesundheit (Trockensteher + Frischmelker), Futteraufnahme, Restfutter, Selektion, TS-Gehalt, Kot etc.
Meuteshof: Nahezu 0 % Futterrest
Auf dem Meuteshof (370 Kühe, 13.500 kg Milch) wird seit acht Jahren über alle Gruppen hinweg erfolgreich mit nahezu 0 % Futterrest gearbeitet. Von über 10 t frischer TMR bleiben maximal 50 kg übrig (also < 1 %), die mit Besen und Schaufel entsorgt werden. Mehr Rest bedeutet mehr Arbeitsaufwand, denn diesen müssten sie Jungrindern im anderen Gebäude vorlegen, damit er sich rechnet.
Wenn wir dadurch nächstes Jahr 500 kg mehr Milch melken würden, würde ich den Futterrest erhöhen. Das habe ich bisher aber nicht festgestellt.
Peter Meutes
Maximaler Liegekomfort, beste Grundfutterqualität, ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:1 und ständige Kontrolle erlauben es Familie Meutes, mit nahezu 0% Futterrest zu arbeiten.
(Bildquelle: Meutes, Ademes_Weinsheim)
Ein striktes Konzept sorgt dafür, dass es funktioniert:
Die melkende Herde wird einmal täglich frisch gefüttert – am späten Nachmittag und spätestens eine Stunde vor dem Melken (exakt 16 Uhr)! Dadurch fressen vor dem Melken nahezu alle Kühe intensiv und stehen anschließend satt im Wartehof. Eigene Auswertungen zeigen, dass ein verspätetes Füttern über 1 kg TM-Aufnahme kostet!
In den letzten drei Stunden vor der frischen Fütterung schieben sie das Futter mindestens dreimal ran. Zudem wird die Futtermenge den ganzen Tag beobachtet, um ggf. früher zu füttern. Über Nacht wird nicht rangeschoben, da bis morgens ausreichend Futter vorhanden ist. Morgens melken sie zuerst die Hochleistenden, bei denen vor dem Melken kein Anschieben nötig ist (Zweireiher). Bei der Gruppe im Dreireiher wird vor dem Melken noch einmal rangeschoben.
Die Trockensteher werden jeden zweiten Tag frisch gefüttert – auch nachmittags, auch mit nahezu 0% Futterrest. Die Gruppe besteht in der Regel aus rund 45 Kühen, das heißt es wird für 90 Tiere ausgefüttert. Durch genaue Beobachtung und rechtzeitigem Ranschieben ist auch diese Gruppe nie ganz ohne Futter! Dennoch kann es hier leichte Schwankungen in der Fütterungszeit geben, da die Kuhzahl durch gehäufte Kalbungen schwanken kann und dadurch länger Futter vorhanden ist.
Die Ration der Kühe auf dem Meuteshof unterschiedet sich über die gesamte Laktation kaum. Der TS-Gehalt liegt mit Wasserzusatz bei 40%. Die Silagen werden regelmäßig auf ihren TS-Gehalt kontrolliert. Der zuständige Fütterungsberater wertet die MLP aus und steht in der Regel mindestens alle zwei Wochen im Kontakt mit dem Betrieb, unter anderem für ein Fütterungscontrolling mittels Schüttelbox und Kotanalysen. Außerdem ist er im Betrieb, sobald gehäufte Probleme auftauchen.
Mehr Tipps von Peter Meutes:
Mehr Anreiz: Die Kombination aus wenig Futterrest und frisch gemischter TMR lockt fast alle Kühe bei frischer Fütterung an den Futtertisch. Auch nach dem Melken gehen fast alle noch einmal zum Fressen.
„Beweglich“ anschieben: Peter Meutes sieht den Vorteil des händischen Anschiebens (mit Teleskoplader oder Hoftrac mit beweglichem Schild) darin, dass er das Restfutter über den gesamten Stall verteilen kann (z.B. zur Futtertisch-Seite gegenüber). Ein Anschieberoboter würde es lediglich anschieben.
Nachmittags füttern: Wird nachmittags statt morgens gefüttert, kann man die Futtervorlage über den Tag besser kontrollieren, das Wetter im Blick behalten (TS-Gehalt Silagen), spontaner füttern und muss nachts nicht ranschieben.
Liegekomfort steigert Futteraufnahme: Je älter die Kühe, desto länger bleiben sie vor und nach der Kalbung im großen Strohstall. Der maximale Liegekomfort wirkt sich positiv auf die Futteraufnahme aus – für ältere Kühe oder Kühe mit viel Geschwulst ist das Ablegen und Aufstehen im Strohstall deutlich bequemer, so werden sie auch öfter zum Fressen aufstehen.
Mehr zu den Erfolgsfaktoren auf dem Meuteshof finden Sie hier:
Rund 370 Kühe, über 13.000 kg Milch im Herdenschnitt und aktuell acht lebende 100.000 kg-Kühe. Ein Besuch bei Familie Meutes ist in jeder Hinsicht empfehlenswert!