In Zusammenarbeit mit Levke Jessen, Nord-Ostsee-Tierärzte & Nico Beckers-Schwarz, LandVet
Das bekannte und äußerst ungeliebte Problem: Die Nachgeburt geht nicht ab. Nachgeburtsverhalten, Metritis bis hin zu chronischer Endometritis verursachen oft langwierige Folgeprobleme und führen nicht selten zum späteren Abgang der betroffenen Kuh. Die Remontierung sowie der Milchrückgang machen sich auch wirtschaftlich bemerkbar. Bestmögliche Prophylaxe und eine korrekte Behandlung bzw. Betreuung...
In Zusammenarbeit mit Levke Jessen, Nord-Ostsee-Tierärzte & Nico Beckers-Schwarz, LandVet
Das bekannte und äußerst ungeliebte Problem: Die Nachgeburt geht nicht ab. Nachgeburtsverhalten, Metritis bis hin zu chronischer Endometritis verursachen oft langwierige Folgeprobleme und führen nicht selten zum späteren Abgang der betroffenen Kuh. Die Remontierung sowie der Milchrückgang machen sich auch wirtschaftlich bemerkbar. Bestmögliche Prophylaxe und eine korrekte Behandlung bzw. Betreuung der Kuh helfen, Folgeerkrankungen zu vermeiden. Das ist zu tun:
Gefährlicher Teufelskreis
Die Nachgeburt löst sich üblicherweise innerhalb von sechs bis acht Stunden nach der Kalbung. Jedoch kann sich dieser Prozess auch verspäten. Grund zur Sorge besteht erst, wenn die Nachgeburt nach zwölf Stunden immer noch nicht abgegangen ist. Zu diesem Zeitpunkt spricht man von einer Nachgeburtsverhaltung. Geht die Nachgeburt nicht ab, läuft die Kuh in Gefahr einer akuten oder sogar chronischen Metritis: Bakterien können über die geöffneten Geburtswege in den Uterus der Kuh eindringen. Sie führen zur Entzündung und setzen Gifte frei. Die Kuh wird krank und die Futteraufnahme sinkt.
Später wird die Infektion chronisch und die Kuh ist zum Zeitpunkt der künstlichen Besamung nicht sauber (eitriger Ausfluss). Der Besamungszeitpunkt verschiebt sich. Zusätzlich führt der infektionsbedingte Rückgang der Futteraufnahme rund um die Kalbung zu Energiemangel mit anschließender Ketose, mit entsprechender Leberbelastung. Dadurch steigt das Risiko für Labmagenverlagerungen.
Wann und wie eingreifen?
Ist die Nachgeburt bis zu zwölf Stunden nach der Kalbung nicht abgegangen, sollte man auf keinen Fall stark daran ziehen. Sonst können die Schleimhäute der Kuh verletzt werden und Bakterien eintreten. Besser ist es, zu versuchen, die Nachgeburt mit einem leichten Zug im Ganzen abzunehmen. Ist das nach einer Minute nicht möglich, kann man heraushängende Eihautteile vorsichtig anziehen und mit einem (gereinigtem und desinfizierten!) Messer oder Schere sauber abschneiden.
Eine Kuh mit Nachgeburtsverhaltung muss zudem intensiv beobachtet werden! Das bedeutet:
- Täglich kontrollieren und Fieber messen.
- Je nach Ausfluss (Farbe, Geruch, Konsistenz) entscheiden, ob eingegriffen wird (Ausfluss muss nicht krankhaft sein).
- Tritt Fieber auf und frisst die Kuh nicht mehr, ist sie ein Fall für den Tierarzt.
- Meist verschreibt dieser der Kuh ein Antibiotikum für drei bis fünf Tage. Je nach Schwere der Metritis können weitere Behandlungen dazukommen, z. B. kreislaufstabilisierende Infusionen oder Entzündungshemmer.
- Je nach Krankheitsbild und in Absprache mit dem Hoftierarzt kann auch das Einlegen von Antibiotika-Stäben in die Gebärmutter hilfreich sein (Achtung: Hygiene beim Einlegen!). Seitens der Wissenschaft werden Stäbe aufgrund fehlender Vorteile meistens nicht mehr empfohlen.
- Maximale Hygiene: Einmalhandschuhe nutzen, Fieberthermometer desinfizieren und Abkalbeboxen regelmäßig reinigen, um Keimverschleppung zu verhindern.
In vielen Fällen geht die akute Gebärmutterentzündung nach 14 Tagen in die chronische Form über. Die Diagnose wird im Rahmen einer rektalen Gebärmutterkontrolle vier bis fünf Wochen nach der Kalbung gestellt.
Ursachen finden
Nachgeburtsverhalten bis hin zu Metritis tritt nie alleine auf, sondern ist immer ein Symptom einer Grunderkrankung bzw. eines vorhergehenden Problems (Management und Fütterung in der Transitphase). Daher ist es sinnvoll, vor allem bei einem gehäuften Auftreten von Nachgeburtsverhalten innerhalb der Herde die Ursache zu identifizieren und diese zukünftig zu vermeiden.
Vorbeugen ist das A und O!
Damit sich die Gesundheitsprobleme nach der Geburt gar nicht erst aufschaukeln, ist die Prophylaxe der Nachgeburtsverhaltung von zentraler Bedeutung. Die wichtigsten Faktoren sind: Futteraufnahme, Futterqualität, Calciumhaushalt, Körperkondition, Geburtsmanagement und Hygiene (siehe Checkliste). Tipp: Blut– und Harnproben rund um die Kalbung geben Auskunft über die Stoffwechsellage der Tiere (Calcium, Phosphor, NEFAs, BHB-Werte, NSBA). Basierend auf den Ergebnissen können entsprechende Rationsänderungen vorgenommen werden.
Besondere Vorsicht gilt bei Zwillingsträchtigkeiten und Schwergeburten. Hier bereiten Verletzungen, Energiemangel und die variierende Trächtigkeitsdauer oft Probleme hinsichtlich Stoffwechsel und Nachgeburtsverhalten. Diese Kühe benötigen eine intensive Betreuung rund um die Kalbung sowie gegebenenfalls eine längere Trockenstehzeit.
CHECKLISTE METRITIS-PROPHYLAXE
Nachgeburtsverhalten und die Folgeerkrankungen wirken sich negativ auf die Gesundheit, Leistung und den Verbleib des Tieres aus. Wichtige Punkte zur Prophylaxe im eigenen Betrieb:
| schwache Wehen durch Calciummangel ausschließen
| bei Einsatz von sauren Salzen Harn-pH oder NSBA (Netto-Säure-Base-Ausscheidung) kontrollieren
| ausreichend und abgestimmte Versorgung mit Spurenelementen und Vitaminen
| Trockensteher-Fütterung mithilfe der Körperkondition beurteilen
| qualitativ gute Futtermittel einsetzen (Schimmelpartien verwerfen)
| Vermeidung azidotischer Stoffwechsellagen (Ausnahme Einsatz saurer Salze)
| bei der Bullenauswahl auf Leichtkalbigkeit achten
| ruhige, stressfreie Kalbung
| Schmerzlinderung bei Geburtshilfe (reduziert Stress)
| beste hygienische Bedingungen im Abkalbebereich
| bei vermehrten Verkalbungen Blutproben bzw. Abortfrüchte untersuchen
Weitere Artikel:
Wenn die Nachgeburt hängenbleibt und nicht abgeht, kann das schwerwiegende Folgen für die Kuh haben. Ab welchem Zeitpunkt müssen Tierhalter oder Herdenmanager eingreifen?
Mit einer systematischen Frischmelker-Kontrolle lassen sich Problemkühe oft noch rechtzeitig ausfindig machen.
Nicht alle kranken Kühe gehören separiert von der Herde auf Stroh. Ein Entscheidungsbaum hilft bei der Wahl, wo die erkrankte Kuh am besten aufgehoben ist.