Die Kuh ist ein Herdentier. Deshalb bleibt sie am liebsten im Schutz ihrer Artgenossen. Gruppenwechsel oder Trennungen von der Herde bedeuten Stress. Vorschnell sollte man daher keine Kuh auf Stroh bzw. in andere Bereiche separieren. Doch bei einigen Erkrankungen ist ihre Gruppenfähigkeit eingeschränkt.
In drei Schritten zur Entscheidung
Ein systematisches Vorgehen und genaues Hinsehen können die Entscheidung erleichtern, ab wann die Kuh aus der Gruppe muss. Wird eine der drei folgenden...
Die Kuh ist ein Herdentier. Deshalb bleibt sie am liebsten im Schutz ihrer Artgenossen. Gruppenwechsel oder Trennungen von der Herde bedeuten Stress. Vorschnell sollte man daher keine Kuh auf Stroh bzw. in andere Bereiche separieren. Doch bei einigen Erkrankungen ist ihre Gruppenfähigkeit eingeschränkt.
In drei Schritten zur Entscheidung
Ein systematisches Vorgehen und genaues Hinsehen können die Entscheidung erleichtern, ab wann die Kuh aus der Gruppe muss. Wird eine der drei folgenden Leitfragen mit „Ja“ beantwortet, gehört die Kuh separiert. Im Zweifel sollte die Kuh immer auf Stroh, bevor Unfälle passieren!
1. Verursacht der Verbleib in der Gruppe dem Tier zusätzliche Schmerzen oder Leiden?
- Wie stark ist das Allgemeinbefinden beeinträchtigt? Leicht: Die Kuh hat z. B. kein Fieber oder nur leichte, lokale Verletzungen. In diesem Fall muss sie ggf. behandelt und im Blick behalten werden, aber nicht zwingend aus der Gruppe und auf Stroh. Mittel: Kuh hat z. B. Fieber, wirkt leicht geschwächt oder geht nicht mehr so häufig zum Fressen. In diesem Fall muss abgewogen werden, wie hoch das Risiko ist, dass sich der Zustand verschlechtert. Schwer: Kuh steht z. B. nur sehr träge auf, geht stark lahm oder schwankt beim Gehen. Diese Kuh gehört sofort auf Stroh.
- Kann sich das Tier in der Gruppe ungestört bewegen? Und ist ein schmerzfreies Ablegen und Aufstehen in den Liegeboxen möglich? Schwache, verletzte oder stark lahmende Kühe brauchen kurze Wege und viel Ruhe. Wird eine kranke Kuh in der Gruppe von anderen Kühen gemobbt, ist eine kleinere Gruppe oder die Isolation zur schnelleren Genesung besser für das Tierwohl.
- Ist dem Tier die Aufnahme von Futter und Wasser einfach möglich? Ein leerer Pansen und eingefallene Augen sprechen dafür, dass die Kuh zu schwach ist, um ausreichend Futter und Wasser zu sich zu nehmen und sich gegen die anderen Kühe zu behaupten. In diesem Fall ist sie nicht mehr gruppenfähig und sollte in einen Bereich mit kurzen Wegen und keiner Konkurrenz an Futtertisch und Tränke.
2. Besteht die Gefahr einer Keimübertragung auf andere Tiere in der Gruppe oder im Krankenstall?
Sobald bei einer Kuh Fieber auftritt, ist von einer Infektion auszugehen, welche potenziell durch übertragbare Keime ausgelöst wurde. Im schlimmsten Fall sind das sogar Tierseuchenerreger. Daher sollte immer abgeklärt werden, was die Ursache für die Infektion ist, um einzuschätzen, wie groß das Risiko einer Übertragung an andere Kühe ist. Vor allem stoffwechselgeschwächte Tiere, wie beispielsweise frisch abgekalbte Kühe, sollten sich nicht mit ansteckenden, kranken Kühen eine Strohgruppe teilen. Flexible Abtrennungen im Strohbereich helfen, die kranken Tiere passend nach Infektionen zu gruppieren.
- Akut euterkranke Kühe sollten von gesunden Kühen separiert werden, wenn ihr Allgemeinbefinden beeinträchtigt ist. Ansonsten reicht es bei hygienisch gepflegten Boxen aus, das euterkranke Tier entsprechend zu kennzeichnen.
- Lahme Kühe mit z. B. Mortellaro sind zwar ansteckend, jedoch besteht vor allem ein hohes Risiko der Übertragung an geschwächte Kühe. Je nach Lahmheitsgrad und Allgemeinbefinden gilt: Die lahme Kuh mit Ansteckungsrisiko separat von geschwächten Kühen halten oder im Laufstall belassen und besonders auf die Laufganghygiene achten.
3. Ist auf Stroh eine schnellere Genesung zu erwarten?
- Kann das Tier in der Gruppe ausreichend gut überwacht werden? Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich auffällige oder erkrankte Kühe zu notieren und entweder durch Tiermarker oder rote Bänder zu kennzeichnen. So lassen sich die Patienten zwischen den gesunden Tieren schnell ausfindig machen und kontrollieren. Gerade in großen Tiergruppen können kranke Kühe jedoch schnell zwischen den anderen untergehen. Auch wenn ein Tier regelmäßig behandelt werden muss, um z. B. Klauenverbände zu wechseln, kann es effizienter sein, die Kuh in einem separierten Bereich einzustallen mit leichter Fixierung und Versorgung.
- Ist im Notfall ein einfacher Zugang möglich? Bei der Gefahr, dass es zum Festliegen kommen könnte, sollte eine Kuh in einen separaten, leicht zu überwachenden und zugänglichen Bereich verbracht werden. Der Bereich ist im besten Falle so gelegen, dass die Kühe ohne große Umwege mehrmals am Tag im Blick behalten werden können.
- Ist Stroh oder fester Boden für die Genesung besser geeignet? Kranke Tiere liegen mehr und meistens bequemer im Stroh. Bei einigen Klauenerkrankungen ist jedoch auch fester Boden zur Heilung förderlich. Im Zweifel kann der Klauenpfleger oder Tierarzt bei der Entscheidung helfen.
Nicht aus den Augen verlieren!
Fällt die Entscheidung, dass die Kuh in der Gruppe bleibt, sollte sie dennoch regelmäßig kontrolliert und der Gesundheitszustand dokumentiert werden. Das schafft Klarheit, ob die Kuh von selbst wieder fit wird oder eine Behandlung anschlägt. Verschlechtert sich der Zustand in der Gruppe, sollte der Landwirt zum einen den Tierarzt informieren sowie den Entscheidungsbaum erneut durchgehen.
Krankenstall ist kein Hospiz!
Kranke Kühe gilt es intensiv zu betreuen und zu behandeln. Sie sollten nicht sich selbst überlassen werden, nur weil sie jetzt auf Stroh liegen. Der Landwirt sollte die „Krankenbucht“ vielmehr als „Genesungsbucht“ verstehen, denn das ist der eigentliche Zweck. Kontrolle der Futter- und Wasseraufnahme, Behandlungen und Dokumentation des Gesundheitszustandes gehören dazu.
In Zusammenarbeit mit Dr. Theresa Schei vom Hofgut Neumühle
Häufig genutzt, aber selten optimal – der Strohstall ist oft ein Kompromiss aus Kuhkomfort, Hygiene und Arbeitsaufwand. Tipps für funktionale Strohbereiche.