Das Kalb ist geboren, die Kuh versorgt. Jetzt muss nur noch die Nachgeburt abgehen. Das passiert üblicherweise innerhalb von sechs bis acht Stunden nach der Kalbung. Jedoch kann sich dieser Prozess auch noch bis 12 Stunden nach der Geburt verspäten. Grund zur Sorge besteht erst, wenn die Nachgeburt nach 12 Stunden immer noch nicht abgegangen ist. Zu diesem Zeitpunkt spricht man von einer Nachgeburtsverhaltung.
Geht die Nachgeburt nicht ab, läuft die Kuh in Gefahr einer akuten oder...
Das Kalb ist geboren, die Kuh versorgt. Jetzt muss nur noch die Nachgeburt abgehen. Das passiert üblicherweise innerhalb von sechs bis acht Stunden nach der Kalbung. Jedoch kann sich dieser Prozess auch noch bis 12 Stunden nach der Geburt verspäten. Grund zur Sorge besteht erst, wenn die Nachgeburt nach 12 Stunden immer noch nicht abgegangen ist. Zu diesem Zeitpunkt spricht man von einer Nachgeburtsverhaltung.
Geht die Nachgeburt nicht ab, läuft die Kuh in Gefahr einer akuten oder sogar einer chronischer Metritis, die in Fruchtbarkeitsstörungen führen kann. Tierärztin Dr. Levke Jessen gibt Tipps, was dann zu tun ist und was man lieber sein lässt.
Eintrittspforte für Bakterien
Die Eihäute, also das Gewebe, das die Haut der Fruchtblase bildet, löst sich nach der Kalbung vom mütterlichen Gewebe. Unter dem Druck der Geburtswehen löst sich die Eihaut ab und wird vom Uterus herausgepresst. Dieser Prozess kann bis zu 12 Stunden dauern.
Während dieser Zeit ist die Kuh gefährdet, denn die Geburtswege liegen offen und Bakterien können eindringen. Dann beginnt die Scheide der Kuh übel zu riechen. Ist es erst einmal so weit, tritt häufig auch Fieber über 39,5 °C auf. Im Anschluss daran kann es zu akuten Gebärmutterentzündungen mit übelriechendem rot-braunen-Ausfluss kommen. Die Bakteriengifte, die dann freigesetzt werden, stören das Allgemeinbefinden der Kuh, sodass sie z .B. nicht mehr frisst.
Nicht stark dran ziehen!
Bis zu zwölf Stunden hat die Kuh Zeit, die Nachgeburt „abzusetzen“. Ist sie bis dahin nicht abgegangen, sollte man auf keinen Fall stark daran ziehen. Sonst können die Schleimhäute der Kuh verletzt werden und Bakterien dort eintreten.
Besser ist es, zu versuchen, die Nachgeburt mit einem leichten Zug im Ganzen abzunehmen. Ist das nach einer Minute nicht möglich, kann man heraushängende Eihautteile vorsichtig anziehen und mit einem (gereinigtem und desinfizierten!) Messer oder Schere sauber abschneiden.
Checkliste Nachgeburt
Lösen sich die Eihäute nicht innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach der Kalbung, läuft die Kuh in Gefahr einer Infektion. Was dann zu tun ist:
o Vorsichtig anziehen und maximal eine Minute versuchen, die Nachgeburt im Ganzen abzuziehen.
o Nicht stark daran ziehen.
o Lässt sie sich nicht abziehen, heraushängende Teile mit einer sauberen Schere abschneiden.
o Kuh nur mit sauberen Händen bzw. Einmalhandschuhen untersuchen.
o Täglich Fieber messen und kontrollieren.
o Entzündungshemmer verabreichen
o Bei Fieber, gestörtem Allgemeinbefinden und rot-braunem Ausfluss den Tierarzt zu Rate ziehen.
o Abkalbeboxen regelmäßig reinigen.
Eine Kuh mit Nachgeburtsverhaltung muss außerdem intensiv beobachtet werden. Dazu gehört:
- Kuh täglich kontrollieren und Fieber messen;
- hygienisch arbeiten: Einmalhandschuhe nutzen, Fieberthermometer desinfizieren und
- Abkalbeboxen regelmäßig vollständig reinigen, um Keimverschleppung zu verhindern.
Tritt Fieber auf und frisst die Kuh nicht mehr, ist sie ein Fall für den Tierarzt. Meist verschriebt dieser der Kuh ein Antibiotikum für drei bis fünf Tage. Je nach Schwere der Metritis können weitere Behandlungen dazukommen, z.B. kreislaufstabilisierende Infusionen oder Entzündungshemmer. Das Einlegen von Antibiotika-Stäben in die Gebärmutter ist mittlerweile eine veraltete Behandlungsmethode, die die meisten Wissenschaftlern aufgrund von fehlenden Vorteilen nicht mehr empfehlen.
Auf Ursachenforschung gehen
Nachgeburtsverhalten sind ein Symptom einer Grunderkrankung“
Dr. Levke Jessen, Tierärztin
Wichtig zu wissen: Nachgeburtsverhaltungen treten nie alleine auf, sondern sind immer nur ein Symptom einer Grunderkrankung. Daher macht es Sinn, beim Auftreten einer Nachgeburtsverhaltung die Ursache zu identifizieren und diese zukünftig zu vermeiden. Ursachen können u.a. sein:
- Früh-, Spät- oder Totgeburt
- zu kurze Trockenstehzeit
- Transport oder Standortwechsel zur Hochlaktation,
- Stoffwechselstörungen, z.B. Ketose
- Fütterungsfehler (Mangel an Vitaminen-; Mineral- oder Spurenelementen, zu hoher BCS)
Mehr über die Ursachen von Nachgeburtsverhalten und Tipps zur Prophylaxe lesen Sie
hier:
Das vermehrte Auftreten von Nachgeburtsverhalten ist ein Signal für Fütterungs- und Managementfehler im Transitbereich. Tipps zur Prophylaxe!