Während der Trächtigkeit liegt das Kalb geschützt in der flüssigkeitsgefüllten Fruchtblase. Nach der Kalbung werden dann mithilfe der Nachwehen die Eihäute ausgestoßen (Nachgeburt). Lösen diese sich nicht innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach der Geburt, spricht man von Nachgeburtsverhalten.
Bakterien können dann über die geöffneten Geburtswege in den Uterus der Kuh eindringen. Sie führen zur Gebärmutterentzündung (Metritis) und setzen...
Während der Trächtigkeit liegt das Kalb geschützt in der flüssigkeitsgefüllten Fruchtblase. Nach der Kalbung werden dann mithilfe der Nachwehen die Eihäute ausgestoßen (Nachgeburt). Lösen diese sich nicht innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach der Geburt, spricht man von Nachgeburtsverhalten.
Bakterien können dann über die geöffneten Geburtswege in den Uterus der Kuh eindringen. Sie führen zur Gebärmutterentzündung (Metritis) und setzen Gifte frei. Die Kuh wird krank und die Futteraufnahme sinkt. Später wird die Infektion chronisch und die Kuh ist zum Zeitpunkt der künstlichen Besamung nicht sauber (eitriger Ausfluss). Der Besamungszeitpunkt verschiebt sich. Zusätzlich führt der infektionsbedingte Rückgang der Futteraufnahme rund um die Kalbung zu Energiemangel mit anschließender Ketose, mit entsprechender Leberbelastung. Dadurch steigt das Risiko für Labmagenverlagerungen.
Nachgeburtsverhalten und die Folgeerkrankungen wirken sich also negativ auf die Gesundheit, Leistung und den Verbleib des Tieres aus. Damit sich die Gesundheitsprobleme nach der Geburt gar nicht erst aufschaukeln, ist die Prophylaxe der Nachgeburtsverhaltung von zentraler Bedeutung.
„Alles was die Futteraufnahme steigert, dient der Prophylaxe.“
Nico Beckers-Schwarz
Hohe Futteraufnahme: Zu den wichtigsten und kostengünstigsten Maßnahmen gehört die Sicherstellung einer hoher Futteraufnahme im geburtsnahen Zeitraum. Das realisiert man durch ein ausreichendes Futterangebot am Futtertisch, qualitativ hochwertige Futtermittel und dem mehrmals täglichem Anschieben bzw. ausreichend Fressplätzen (Fressplatz : Tier-Verhältnis 1 : 1) und großzügiges Tränkewasserangebot.
Calciumhaushalt: Außerdem ist eine ausreichend und auf die entsprechende Ration abgestimmte Mineralstoffversorgung der Trockensteher wichtig. Ein Calciummangel stört die Muskelkontraktionen u. a. der Gebärmutter und wirkst sich verzögernd auf den Abgang der Nachgeburt aus. Eine gute Milchfieberprophylaxe hilft somit, Nachgeburtsverhalten zu reduzieren. Blutproben rund um die Kalbung geben Auskunft über die Stoffwechsellage der Tiere. Dabei werden die Calcium- und die Phosphorversorgung sowie NEFAs und BHB-Werte, Parameter für die Futteraufnahme und für den Fettstoffwechsel der Kuh, untersucht. Außerdem kann über den Harn die NSBA (Netto-Säure-Basen-Ausscheidung) untersucht werden. Eine alkalische Stoffwechsellage der Kuh kann das Risiko für Milchfieber und somit auch für Nachgeburtsverhalten erhöhen. Basierend auf den Ergebnissen können entsprechende Rationsänderungen vorgenommen werden, um die Problematik zu reduzieren. Abhilfe schafft vor allem bei älteren Kühen die prophylaktische Gabe von Calcium-Boli. Endgültige Abhilfe kann nur über eine abgestimmte Trockensteherration und Anfütterungsration z. B. mit sauren Salzen oder Calciumbinder erfolgen.
Futterqualität: Bei der Fütterung von Transitkühen dürfen auf keinen Fall Kompromisse hinsichtlich schlechter Futterqualität gemacht werden. Nur qualitativ hochwertiges Futter darf hier zum Einsatz kommen, denn Schimmel und Mykotoxine hemmen die Futteraufnahme, stören die Verdauung und schwächen die Immunabwehr.
Körperkondition: Auch der passende BCS ist für eine stressfreie Geburt wichtig. Bei Holsteinkühen sollte dieser bei etwa 3,5 liegen (Fleckviehkühe 4,0). Bei verfetteten Kühen sind die Geburtswege verengt, was zu Geburtsproblemen führen kann. Außerdem laufen diese Kühe Gefahr, eine Ketose zu entwickeln. Die Futteraufnahme sinkt und damit auch die Calciumverfügbarkeit: Der Abgang der Nachgeburt wird behindert.
Geburtsmanagement: Schwergeburten können das Nachgeburtsverhalten begünstigen. Es ist empfehlenswert, sich bei der Bullenauswahl für leichtkalbige Bullen zu entscheiden. Geburten von Fleischrassekreuzungen (Weißblaue Belgier), Zwillingen sowie Kaiserschnitte und zu lange (Übertragen) bzw. zu kurze (Aborte) Trächtigkeitsdauern haben ein erhöhtes Risiko für Schwergeburten. Vorsicht beim Einsatz eines Geburtshelfers.
Hygiene rund um die Kalbung ist essentiell, weil die Kuh in diesem Zeitraum immunschwach ist und Entzündungen begünstigt werden. Eine Abkalbebox sollte regelmäßig gemistet und desinfiziert werden. Abgegangene Nachgeburten sollten unbedingt aus der Einstreu entfernt werden! Auch das Fressen der Nachgeburt vom Muttertier sollte unterbunden werden, da dies entgegen vieler landläufiger Meinungen keinerlei positiven Einfluss auf die spätere Futteraufnahme hat. Ganz im Gegenteil, es ist eher ein hygienisches Problem.
Checkliste Prophylaxe
- schwache Wehen durch Hypokalzämie ausschließen;
- NSBA (Netto-Säure-Basen-Ausscheidung) kontrollieren;
- ausreichende Versorgung mit Spurenelementen und Vitaminen;
- Trockensteher-Fütterung mithilfe der Körperkondition beurteilen;
- Qualitativ gute Futtermittel (Schimmelpartien verwerfen);
- Vermeidung azidotischer Stoffwechsellagen
- bei der Zuchtauswahl auf Leichtkalbigkeit;
- ruhige, stressfreie Kalbung;
- Schmerzlinderung bei Geburtshilfe (reduziert Stress);
- beste hygienische Bedingungen im Abkalbebereich;
- Bei Verkalbungen Blutproben untersuchen.