Eine breitere Aufstellung der Zuchtprogramme, eine bessere Auslastung der Bullen, ein größeres Vermarktungsgebiet für Zuchtvieh und Sperma und damit unterm Strich deutliche Kostenvorteile. Das waren die wesentlichen Synergieeffekte, die sich die beiden Fusionspartner – die Rinder-Union West eG (RUW) und die Rinderunion Baden-Württemberg e.V. (RBW) – von einem Zusammengehen versprachen.
Nachdem sich die Gremien der RUW vor Kurzem mehrheitlich gegen das Fusionskonzept aussprachen,...
Eine breitere Aufstellung der Zuchtprogramme, eine bessere Auslastung der Bullen, ein größeres Vermarktungsgebiet für Zuchtvieh und Sperma und damit unterm Strich deutliche Kostenvorteile. Das waren die wesentlichen Synergieeffekte, die sich die beiden Fusionspartner – die Rinder-Union West eG (RUW) und die Rinderunion Baden-Württemberg e.V. (RBW) – von einem Zusammengehen versprachen.
Nachdem sich die Gremien der RUW vor Kurzem mehrheitlich gegen das Fusionskonzept aussprachen, stellen sich jetzt vor allem im Süden die RBW-Mitglieder die Fragen: Wie geht es weiter? Werden die Mitglieder mittelfristig mit Einschnitten bei den Zuchtprogrammen und beim Service sowie mit deutlich höheren Kosten zu rechnen haben? Und geht die Partnersuche jetzt weiter oder können beide Verbände eigenständig in die Zukunft gehen? Diese Fragen stellten wir den Geschäftsführern beider Verbände.
RUW: „Keine relevanten Folgen für die Mitglieder“
Nach Aussage der beiden RUW-Geschäftsführer Dr. Jürgen Hartmann und Dr. Michael Steinmann habe die Beendigung der Fusionsgespräche mit der RBW keine relevanten Folgen für die Mitgliedsbetriebe. „Die RUW bleibt eine stabile Genossenschaft mit allen genossenschaftlichen Vorteilen für unsere Mitglieder in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland“, betonen sie. Man wolle sich den Herausforderungen der Zukunft stellen. „Dennoch bleiben wir auch weiterhin offen für Gespräche mit anderen Partnern. Bei allen Überlegungen richten wir unseren Fokus dabei auf den maximalen Nutzen für unsere Mitgliedsbetriebe.“
Die RBW kann durchaus eigenständig bleiben.
Dr. Alfred Weidele, RBW-Geschäftsführer
Auch RBW-Geschäftsführer Dr. Alfred Weidele bekräftigt auf Anfrage: „Die RBW kann durchaus eigenständig bleiben.“ Das deutliche Votum der Vertreterversammlung der RBW im November für eine Fusion mit der RUW habe aber auch unterstrichen, dass der Strukturwandel auf lange Sicht von der gesamten Branche erfordert, sich zu konsolidieren und effizient zum Nutzen der Milcherzeuger und der Züchter zu wirken. „Wir sind daher jederzeit gesprächsbereit.“
Einsparungen bei den Zuchtprogrammen?
Ein Pro-Argument für die Fusion war seitens der RBW, dass man insbesondere das Holstein-Zuchtprogramm aufgrund der Kosten nicht mehr so weiterfahren könne, wie bisher. Denn ein Drittel der Besamungsbullen würden ihr Geld nicht einspielen. Wird das Holstein-Zuchtprogramm nun also deutlich reduziert? „Die RBW wird in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedern weiterhin innovative Zuchtprogramme betrieben, um als Full-Liner eine hochwertige Produktpalette für Fleckvieh, Holsteins und Brown Swiss zu bieten“, sagt Dr. Weidele. Man wolle bestehende erfolgreiche Kooperationen – wie mit den Partnern der EUROgenetik bei Fleckvieh, mit der Phönix Gruppe bei Holsteins und mit BSG-Greifenberg und Genostar bei Brown Swiss und andere weiterhin nutzen, um zum einen Kosten beim Einkauf und bei der Entwicklung von Genetik einzusparen und zum anderen gemeinsam die Auslastung von Bullen aller Rassen zu optimieren. Zukünftig solle die Akquise neuer Partnerschaften und Kunden für Samen sowie für Nutz- und Zuchtvieh intensiviert werden.
Auch die RUW sieht das eigene Zuchtprogramm nicht unter Druck und betont ihre Rolle in der Phönix Gruppe: „Unser Zuchtprogramm ist seit Bestehen der Phönix-Gruppe mit einem Anteil von annähernd 50 % das Kernstück dieser Kooperation. Auch in Zukunft ist es der Garant für eine erfolgreiche Zuchtarbeit mit unseren Mitgliedsbetrieben und Partnern.“
Wo sind noch Sparpotenziale?
Die RUW-Geschäftsführung sieht in verschiedenen Effizienzmaßnahmen innerhalb des Unternehmens noch Möglichkeiten, der allgemeinen Kostensteigerung zu begegnen. „Die Preis- und Gebührenstruktur für unsere Produkte und Dienstleistungen werden genau beobachtet und ggf. angepasst“, erklären Dr. Hartmann und Dr. Steinmann. Arbeitsprozesse würden überprüft und gestrafft, genauso die personelle Besetzung. Die zunehmende Digitalisierung bewirke zudem eine höhere Effizienz der Arbeitsabläufe.
Mit der Überprüfung und Straffung unserer Arbeitsprozesse und unserer personellen Besetzung schaffen wir Potenzial zur Kostensenkung.
Dr. Jürgen Hartmann und Dr. Michael Steinmann, RUW eG
Natürlich werde der finanzielle Spielraum ohne Partner künftig enger. Befürchtungen der Züchter, dass künftig am Service gespart werden wird, versucht Dr. Weidele zu beruhigen: „Die RBW wird all ihren Mitgliedern flächendeckend weiterhin mit vollem Service in den Bereichen Zucht- und Verkaufsberatung, Samenlieferung, Anpaarungsplanung sowie Zucht- und Nutztiervermarktung zur Seite stehen. Kosteneinsparungen standen hier nie zur Debatte und sind nicht Gegenstand aktueller Überlegungen.“ Der wichtigste Hebel zur Kostensenkung sei die Intensivierung bestehender Kooperationen beim Einkauf und bei der Entwicklung von Genetik. Weitere Felder seien in der Bearbeitung.
Bestimmte Themen gemeinsam angehen
Beide Zuchtverbände betonen die weiterhin partnerschaftliche Verbundenheit miteinander, z.B. über die Phönix Gruppe. Denkbar sei laut Dr. Weidele, dass man auch in Zukunft trotz gescheiterter Fusion weitere Themen, wie z.B. die Digitalisierung oder auch den Kälberabsatz, gemeinsam mit der RUW diskutiere und angehe.
Die geplante Fusion zwischen RBW und RUW wird offenbar nicht so schnell kommen wie geplant. Erst müssten noch offene Fragen geklärt und Kritik besänftigt werden.