Fusion RUW und RBW

Fusion verzögert sich

Die geplante Fusion zwischen RBW und RUW wird offenbar nicht so schnell kommen wie geplant. Erst müssten noch offene Fragen geklärt und Kritik besänftigt werden. 

Fusion zum 1. Januar 2023. Mit dieser Ankündigung hatten die beiden Zuchtverbände Rinder-Union West eG (RUW) in Münster und Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) in Herbertingen in der Branche für Aufregung gesorgt. Doch so schnell geht es nun offenbar doch nicht, heißt es jetzt. „Der ursprünglich veranschlagte Zeitplan sei neben inhaltlichen auch aus formellen Gründen nicht zu halten“, heißt es von den beiden RUW-Geschäftsführern Dr. Jürgen Hartmann und Dr. Michael Steinmann. In einem Interview mit dem Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben Westfalen-Lippe sagen sie, Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, zunächst müssten alle offene Fragestellungen beantwortet und in Teilbereichen noch Lösungen für Sachfragen gefunden werden. 

Kehrtwende im Zeitplan

Vor zwei Wochen sah die Situation noch ganz anders aus. Auf einer von fünf Infoveranstaltungen verkündeten die Geschäftsführer der beiden Verbände, dass die RUW-Vertreter schon Anfang November darüber abstimmen sollten, ob sie mit der Gründung einer gemeinsamen GmbH einverstanden sind. Dafür wären 3/4 der Stimmen notwendig gewesen. Die RBW-Mitglieder sollten dann Ende November zusammen kommen, um mit 2/3-Mehrheit über das Vorhaben zu entscheiden. Beide Beschlüsse wären laut RBW-Geschäftsführer Dr. Alfred Weidele eine Richtungsentscheidung, ob man die Fusion weiter vorantreiben solle oder nicht.  Die juristisch finale Entscheidung – wenn quasi alle Verträge unter Dach und Fach sind - würde aber erst 2023 fallen.

Versprochene Vorteile für die Mitglieder

-  durch die Größe mehr Gewicht im Markt (z.B. bei im Phönix-Verbund) und in der landwirtschaftlichen Branche insgesamt
- Kostenvorteile, z.B. durch gemeinsame Verwaltung, bessere Auslastung von Kapazitäten
- Sicherstellung von schlagkräftigen Zuchtprogrammen für die drei wichtigsten Milchkuhrassen
- Sicherstellung von Zuchtprogrammen für kleinere gefährdete Rassen inkl. Fleischrinder
- größeres Absatzgebiet, z.B. mehr überregionaler Spermaverkauf möglich, direkter Kontakt in Mastbetriebe
- Sicherstellung von qualifizierter, digital unterstützter Beratung und Außendienst in der Fläche
- mehr Attraktivität und Perspektive für die Mitarbeiter

Offene und kritische Fragen

Die genauen Gründe für die Kehrtwende im Zeitplan dringen zwar nicht an die Öffentlichkeit. Wahrscheinlich haben aber die vielen offenen Fragen und auch Kritik der Mitglieder dazu beigetragen, die Dinge nun langsamer anzugehen. So wurde z.B. auf der Infoveranstaltung der RBW in Bad Waldsee mit rund 80 Züchtern vor zwei Wochen hitzig diskutiert.
Die wichtigsten Fragen und Kritikpunkte aus Sicht der Praxis waren: 
- Mehrere RBW-Mitglieder stellten in ihren Wortbeiträgen die Vorzüge der Fusion grundsätzlich infrage: „Warum müssen wir überhaupt wachsen, wie profitieren die Mitglieder konkret?“ Auch die Größe des neuen Zuchtgebietes, das sich in Nord-Süd-Richtung über vier Bundesländer erstreckt, macht ihnen offenbar Angst. „Wir wissen nicht, was uns erwartet und ob die versprochenen Vorteile tatsächlich zu realisieren sind?“ 
Für uns Mitglieder wird es durch die Fusion nicht besser. Keiner weiß, ob wir die versprochenen Synergieeffekte auch realisieren können.
Ein Züchter auf der RBW-Versammlung in Bad Waldsee
Der RBW-Vorsitzende, Josef Volkwein, hätte sich nach eigenen Aussagen auch lieber ein abgerundetes Zuchtgebiet gewünscht. Doch Gespräche, z.B. mit bayerischen Verbänden, seien gescheitert. Er betonte, dass man sich gerade nach dem 24. Februar besser aufstellen müsse und angesichts des Strukturwandels an die Zukunft des Betriebes denken müsse. Allein schon, wenn die Produkte und Dienstleistungen durch die Fusion nicht teurer würden, sei ein Erfolg. „Wenn wir nichts tun, können wir unsere Aufgaben auf Dauer nicht mehr wahrnehmen“, ergänzte Geschäftsführer Dr. Alfred Weidele. 

„Wir brauchen eine klare Mehrheit für die Fusion, andernfalls werden wir die Verhandlungen wahrscheinlich nicht fortsetzen“, erklärte Dr. Alfred Weidele, Geschäftsführer der Rinderunion Baden-Württemberg.  (Bildquelle: Lehnert)

- Sorgen machten sich die RBW-Züchter auch darüber, ob sie als umsatzschwächerer Partner zusätzliche Barmittel zuschießen müssen, um das in die GmbH einzubringende Vermögen von RBW und RUW im Verhältnis 50 : 50 zu erreichen. Laut Dr. Weidele werde man das aber durch mehr Bar- und Sacheinlagen, die bereits vorhanden seien, ausbalancieren können. 
- Kann man bei einer GmbH nicht viel verstecken und leidet die Mitsprache der Genossen? war eine weitere kritische Frage aus dem Publikum.
RUW-Aufsichtsratsvorsitzender Georg Geuecke nahm Stellung: „Wir gründen eine GmbH und treten keiner GmbH bei. Das heißt, es gibt keine Parallelstrukturen, so dass die bäuerliche Mitbestimmung nach wie vor erhalten bleibt.“ 
- Den Bauern brannte auch die Frage unter den Nägeln, ob die Genetik künftig noch den Bauern gehöre? 
Die Genetik gehöre auch in Zukunft noch den Bauern, versicherte RUW-Geschäftsführer Dr. Jürgen Hartmann. Die Daten müssten aber im kooperativen Verbund der Organisationen genutzt werden. Eine gemeinsame Zuchtwertschätzung sei nicht gottgegeben und für gute nützliche Daten im Betrieb müsse man in Zukunft vermutlich auch noch mehr Geld in die Hand nehmen.
- Wie sollen Sitzungen mit dem Ehrenamt auf die großen Entfernungen hinweg künftig noch zeitlich effizient durchführbar sein? Und finden wir überhaupt dafür noch genügend Ehrenämtler? waren ebenfalls geäußerte Fragen aus dem Auditorium. Hierfür müssten laut Dr. Weidele noch mögliche Wege gefunden und aufgezeigt werden. 

Steigen die Mitgliedsgebühren?

Die Herdbuch-Mitgliedsbeiträge sollen auf der bisherigen Höhe bleiben. Auch bei den Vermarktungsgebühren werden offenbar keine großen Anpassungen erwartet. Die Unterschiede zwischen den Verbänden seien hier gering. Anders sehe es dagegen bei den Besamungsgebühren aus: Sie sind bei der RBW durch die Besamung durch Tierärzte statt durch Techniker im Vergleich zur RUW deutlich höher. Und laut Dr. Weidele forderten die Tierärzte auch noch weitere Anhebungen. Daher suche man im Moment auch vor allem in viehstarken Regionen Baden-Württembergs nach eigenen Besamungstechnikern. 

Rund 80 Bauern kamen zur Infoveranstaltung zur Fusion nach Bad Waldsee und diskutierten rund drei Stunden lang mit Vertretern der Verbandsspitzen. (Bildquelle: Lehnert )

Die konkreten Pläne

Die beiden Zuchtverbände RUW und RBW planen die Gründung einer gemeinsamen GmbH. Darin soll das Kerngeschäft zusammengelegt werden, d.h. Zucht, Besamung und Vermarktung. Beiden gehört die GmbH zu 50 %. Entscheidungen sollen nur mit mehrheitlichem Votum getroffen werden. Beide bringen das betriebsnotwendige Vermögen zu gleichen Teilen ein. Das Personal geht soweit möglich in die gemeinsame GmbH über. Hindernisse könnten hier aber z.B. bei den RBW-Mitarbeitern noch Vereinbarungen zur betrieblichen Vorsorge sein.
Die Züchtervereinigungen RBW e.V. und RUW e.G. bleiben aus steuerlichen Gründen auch nach der Fusion bestehen. Nur die Aufsichtsratsgremien sollen in ihrer bisherigen Größe reduziert werden. Es soll vier Vorstände (zwei von jedem Verband) geben, sowie 20 Beiräte, jeweils zehn von jedem der beiden Verbände. Geplant ist, dass dann die neue GmbH sowie die beiden Zuchtverbände von einem einzigen ehrenamtlichen Gremium begleitet werden. Ebenso sind die geplanten künftigen Geschäftsführer, Dr. Michael Steinmann und Dr. Alfred Weidele, für alle drei Organisationen zuständig. Die Rasseausschüsse sollen in ihrer jetzigen Form bestehen bleiben. 
Das Spermasexing-Labor der RBW bleibt aus lizenzrechtlichen Gründen eigenständig. Es soll zwei Geschäftsstellen geben, in Münster und Herbertingen, sowie elf Standorte. Die neue GmbH, die noch keinen Namen hat, vertritt dann ca. 25 000 Mitglieder und beschäftigt 300 Mitarbeiter. Umsatzziel sind 100 Mio. € im Jahr. 
Wenn wir nichts tun, können wir unsere Aufgaben auf Dauer nicht mehr wahrnehmen.“
Dr. Alfred Weidele, RBW

Was passiert, wenn das Vorhaben scheitert?

Bei der Frage aus der Praxis: „Und was passiert, wenn wir nicht fusionieren?“ wurde es mucksmäuschenstill im Saal. Natürlich würden dann beide Organisationen so weiter laufen wie bisher, heißt es. „Allerdings stehen wir als kleiner Player dann sehr großen, konkurrenzfähigen Nachbarn gegenüber und werden z.B. das HF-Zuchtprogramm auf Dauer nicht mehr so fahren können wie bisher“, erklärte Dr. Weidele. Ein Drittel der RBW-Besamungsbullen seien aktuell nicht rentabel, sie müsste man künftig aus wirtschaftlichen Gründen weglassen. Das hieße, das Bullenangebot werde bei allen Rassen geringer. „Die Fusion stabilisiert unsere Zuchtprogramme durch eine gewisse Grundauslastung der Bullen“, argumentierte Dr. Weidele. 
Man habe größere Aufgaben, wie z.B. die Digitalisierung des Außendienstes, zuletzt bewusst nicht mehr angepackt, um sie später gemeinsam zu stemmen. Diese müsse man im Falle eines Scheitern der Fusion dann alleine bewerkstelligen. 
„Sollten wir von den Vertretern und Mitgliedern nicht die erforderlichen Mehrheiten bekommen, werden wir die Verhandlungen wahrscheinlich nicht fortsetzen“, so Dr. Weidele.  Die Geschäftsführer zeigten sich zumindest vor zwei Wochen noch zuversichtlich,  die jeweils erforderlichen Mehrheiten zu erhalten.
Jetzt können wir noch agieren. Und wir haben letztlich auch eine Verantwortung gegenüber der nächsten Generation.
Heinrich Buxtrup, RUW-Vorstand
RUW-Vorstand Heinrich Buxtrup appellierte an die oberschwäbischen Bauern: „Jetzt können wir noch agieren. Wir haben zwei gesunde Organisationen, die auf Augenhöhe verhandeln. Wir können natürlich auch das Eigenkapital verfrühstücken. Aber wir haben ja letztlich auch eine Verantwortung gegenüber der nächsten Generation.“

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