Fusion RUW & RBW

„Synergien wird es in allen Bereichen geben“ 

Die geplante Fusion von RBW und RUW wirft etliche Fragen auf.  Die drei Geschäftsführer nehmen im Elite-Interview Stellung. 

Mit dem Zusammenschluss zweier gleichstarker Partner besteht die Chance, den künftigen Strukturwandel besser zu meistern. So heißt es im Wortlaut in einer Pressemitteilung der Rinder-Union West eG (RUW) und der Rinderunion Baden-Württemberg e.V. (RBW) zur geplanten Fusion, über die vergangene Woche die insgesamt über 25.000 Mitglieder in vier Bundesländern informiert wurden. 
Was bedeutet die Fusion für die Mitgliedsbetriebe, wo sind die Synergieeffekte, was kann eingespart werden und gibt es in absehbarer Zeit weitere Zusammenschlüsse innerhalb der PhönixGroup? Das haben wir bei den drei Geschäftsführern der beiden Verbände nachgefragt. 

Dr. Alfred Weidele

Geschäftsführer

RBW

Dr. Jürgen Hartmann

Geschäftsführer

RUW

Dr. Michael Steinmann

Geschäftsführer

RUW

Welche Synergien ergeben sich durch die Fusion und wo liegen die konkreten Vorteile für die Mitglieder
Antwort: Synergien wird es in allen Bereichen geben. Die neue Organisation wird hinsichtlich des Rassespektrums beim Spermaangebot zukünftig ein echter Full-Liner sein. Bei den drei wichtigsten Rassen Holstein, Fleckvieh und Braunvieh können aus sehr erfolgreichen Zuchtprogrammen höchste Ansprüche bedient werden. Hiervon werden die eigenen Mitglieder und auch die Partner der PhönixGroup und der Eurogenetik profitieren. Die Zuchtprogramme werden außerdem auf breitere Füße gestellt, so dass sie effektiver werden und auch bezahlbar bleiben. Wir ergänzen uns auch ideal bei dem heute wichtigen Thema Beef on Dairy. Bei der Spermaproduktion und der Bullenhaltung können die benötigten Standorte effektiver und damit kostensparender ausgenutzt werden.
Bei der Spermaproduktion und der Bullenhaltung können die Standorte effektiver und damit kostensparender genutzt werden.
Dr. Jürgen Hartmann, RUW 
Auch bei der Zucht- und Nutzviehvermarktung erwarten wir Vorteile dadurch, dass Handelsströme beispielsweise von Holstein-Zuchtrindern nach Baden-Württemberg oder umgekehrt von Fleckvieh- und Braunviehnutzkälbern nach NRW/RP/S in die Bullenmast konzentrierter und effektiver über uns organisiert werden können. Für unsere Mitglieder werden so neue Absatzmöglichkeiten eröffnet. Zudem können wir die Nachfrage nach abgekalbten Fleckvieh- und Brown Swiss-Tieren im Westen aus erster Hand bedienen. Mittel- und langfristig ergeben sich natürlich in allen Bereichen Kostenvorteile, die es zu heben gilt.
Was wird aus der Phönix-Group und dem Verbund Eurogenetik?
Antwort: Wir haben das Vorhaben eines möglichen Zusammenschlusses unserer Unternehmen - das im Übrigen noch von unseren Vertreterversammlungen genehmigt werden muss - sehr früh mit unseren Phönix-Partnern kommuniziert. Ebenso wurden die Eurogenetik-Partner informiert. Wir erwarten für unsere gemeinsame Arbeit innerhalb der PhönixGroup weiteren Auftrieb, weil die Integration hierdurch weiter voranschreitet. Gleichzeitig ist eine Stärkung des Eurogenetik-Programmes zu erwarten, da weitere Regionen für die Rasse Fleckvieh erschlossen und in das Zuchtprogramm sowie in den Besamungseinsatz eingebunden werden können.
Welche Doppelstrukturen könnten künftig wegfallen? 
Antwort: Natürlich stehen Synergien im Mittelpunkt jeder Fusion. Ein ganz wichtiger Anspruch, den wir uns gesetzt haben, ist die intensive Betreuung unserer Mitglieder. Hierfür brauchen wir einen starken und qualitativ gut besetzten Außendienst. Gemeinsam ergeben sich Möglichkeiten, diesen Bereich professioneller zu organisieren. Beratungs- und Betreuungskonzepte können besser und vor allem kosteneffektiver entwickelt werden. Doppelstrukturen gibt es hier nicht. Die Abwicklung unserer operativen Geschäfte wird z. B. in der Vermarktung immer aufwendiger, so dass hier regional wenig Einsparpotenzial vorhanden ist. Sicherlich werden wir die Standorte noch einmal kritisch auf ihre Auslastung überprüfen, um hier alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Aufgrund der Größe des Gebietes gehen wir davon aus, dass wir an den beiden Geschäftsstellen in Münster und Herbertingen festhalten werden.
Aufgrund der Größe des Gebietes gehen wir davon aus, an den beiden Geschäftsstellen in Münster und Herbertingen festzuhalten.
Dr. Alfred Weidele, RBW
RUW und RBW haben beide schon viel in die Digitalisierung investiert. Zusammen können aber maßgeschneiderte EDV-Systeme besser finanziert und auf breiterer Basis eingesetzt werden. Wir werden alle EDV-Systeme aufeinander abstimmen, alle Prozesse in eine Digitalisierung einbeziehen und zum Beispiel schnellstmöglich ein gemeinsames, maßgeschneidertes Warenwirtschaftssystem entwickeln. Mittel- und langfristig sehen wir in der allgemeinen Verwaltung und im kaufmännischen Bereich Möglichkeiten, um Kosten zu sparen. Hier gibt es aus der Historie heraus natürlich auch Doppelstrukturen.
Wie geht es bei der Besamung (Besamungsservice/EBB) weiter? 
Antwort: Unterschiede gibt es eigentlich nur beim Einsatz von Besamungstechnikern, die bei der RUW noch etwas mehr als 50 % der Besamungen durchführen, während bei der RBW nur drei freiberufliche Techniker im Einsatz sind. Diese gewachsenen Strukturen unterliegen vor dem Hintergrund des gravierenden Strukturwandels ohnehin einer ständigen Optimierung. Eine grundsätzliche Vereinheitlichung ist nicht geplant, da es schon heute innerhalb der Gebiete große Strukturunterschiede gibt, die einen Technikereinsatz nicht überall wirtschaftlich möglich machen. In den dichten Gebieten im Südosten Baden-Württembergs könnte der Technikereinsatz aber vorstellbar und sinnvoll sein.
Wird die Spermasexing-Station in Bad Waldsee ausgebaut? 
Antwort: Das Sexing-Labor der RBW wird sicher optimal in das neue Unternehmen integriert. Durch den gerade erfolgten dritten Ausbauschritt sind die Kapazitäten noch einmal erweitert worden, so dass kurzfristig keine Kapazitätsprobleme zu erwarten sind. Dennoch wird der Einsatz von gesextem Samen sowohl national als auch international weiter ansteigen, so dass im Zusammenspiel mit dem GGI-Spermex-Standort in Cloppenburg flexibel darauf reagiert werden kann.
Durch den gerade erfolgten dritten Ausbauschritt sind die Sexing-Kapazitäten noch einmal erweitert worden.
Dr. Alfred Weidele, RBW
Verschwinden die beiden Verbände RUW und RBW ganz?
Antwort: Es ist geplant, die RUW eG und den RBW e.V. bestehen zu lassen. Für alle Belange des operativen Geschäftes wird es eine neue Gesellschaft geben.
Bleiben der Service und die Ansprechpartner bestehen?
Antwort: Beide Unternehmen haben eine lange Tradition als durch und durch demokratisch aufgebaute, mitgliedergesteuerte Unternehmen. Bereits in der Kennlernphase haben die Gremien beider Unternehmen den Anspruch formuliert, dass dies auch nach einer Fusion gewährleistet sein muss. Wir werden deshalb die Gremienstruktur und den Einfluss unserer Mitglieder in unserem Gesellschaftervertrag so festschreiben, dass neben einer effektiven Unternehmenssteuerung der Einfluss der gewählten, ehrenamtlichen Gremien hoch angesetzt wird.
Hochmotivierte und qualifizierte Mitarbeiter im Außendienst müssen das Bindeglied zum einzelnen Mitglied sein. 
Dr. Jürgen Hartmann, RUW 
Beide Unternehmen haben viel Erfahrung in der Betreuung von großen Flächenländern und uneinheitlichen Strukturen. Dabei hat sich gezeigt, dass gerade der hochmotivierte und qualifizierte Außendienst das Bindeglied zum einzelnen Mitglied sein muss. Für diese Mitarbeiter wollen wir ein interessanter Arbeitgeber bleiben und gleichzeitig mit den zu hebenden Synergien auch sicherstellen, dass wir dauerhaft in der Lage sind, diesen Außendienst auch zu finanzieren.
Werden kleine Rassen wie zum Beispiel Brown Swiss abgehängt? 
Antwort: Im Gegenteil. Die Rasse Brown Swiss wird in großem Stil von dieser Fusion profitieren. Zum einen werden die Brown Swiss-Kühe aus dem Gebiet der RUW in das erfolgreichste europäische Zuchtprogramm eingebunden. Zum anderen stehen künftig für dieses Zuchtprogramm mehr Besamungen mit der Rasse Brown Swiss zur Verfügung, was es uns ermöglicht, eine vergleichbare Intensität im Programm und damit einen vergleichbaren Zuchtfortschritt zu realisieren. Ohne eine strategische Weiterentwicklung wären hier sicherlich Abstriche, speziell bei der Anzahl der eingesetzten Besamungsbullen, erforderlich gewesen. Zudem gibt es eine sehr gute Nachfrage nach hochwertigen Zuchttieren im Gebiet der RUW. Den interessierten Züchter aus dem RUW-Gebiet möchte die RBW mit fachlicher Kompetenz zur Seite stehen und die Entwicklung der Rasse auch im Westen vorantreiben.
Mehr zu dem Thema – Meinungen und Bedenken von Milcherzeugern und Züchtern zur Fusion sowie mehr Informationen zu den beiden Unternehmen finden Sie hier: 

Paukenschlag in der Zuchtbranche: Die beiden Zuchtverbände RUW und RBW wollen sich zusammenschließen. Was sagen die Mitglieder dazu? 

Quelle: RUW, RBW, eigene Recherchen 


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