Die Preise für Milchprodukte steigen. Dadurch kommt mehr Milchgeld auf den Höfen an – im Moment werden historisch hohe Milchpreise ausgezahlt. Doch wie wird es weiter gehen? Letztlich wird der Markt bestimmt durch Angebot und Nachfrage. Welche Auswirkungen haben die steigenden Preise im Kühlregal auf das Kaufverhalten der Kunden?
Inflation und Kaufverhalten
Bereits jetzt zeigt sich ein verändertes Kaufverhalten.
Biomilch ist durch höhere Preise weniger stark nachgefragt. Die Absatzmenge von Biokonsummilch ist im ersten Halbjahr 2022 um 2,7 % gesunken. Nach den jüngsten Preisanhebungen schätzen Marktexperten einen Absatzverlust von 20-30 % bei der Biomilch.
Anscheinend sind unsere Verbraucher ab einem gewissen Niveau preissensibel und zeigen, dass sie nicht jeden Preis mitgehen.
Prof. Dr. Holger Thiele bei der „Milchwirtschaftlichen Kundgebung“ am vergangenen Mittwoch (31.8.) in Rendsburg
Aus der Entwicklung bei der Biomilch lässt sich noch gerne generelle Trendumkehr ableiten. „Offen bleibt die Frage, ob der Preisschock bei Bio-Milch nachwirken oder sich ein Gewöhnungseffekt einstellen wird“, merkt Thomas Els (AMI) in einem
Marktbericht zu dem Thema an. Die Absatzflaute betrifft aber nicht nur Biomilch. Auch Milch mit anderen Sonderqualitäten ist davon betroffen. „Anscheinend sind unsere Verbraucher ab einem gewissen Niveau preissensibel und zeigen, dass sie nicht jeden Preis mitgehen“, schlussfolgerte Holger Thiele bei der „Milchwirtschaftlichen Kundgebung“ am vergangenen Mittwoch (31.8.) in Rendsburg.
Wie wichtig den deutschen Konsumenten der Preis ist, belegten zuletzt Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CIVEY im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) und des Lebensmittelverbands Deutschland. 67,4 % der Befragten gaben an auf den Preis zu achten. Für nur 44 % ist der Geschmack entscheidend.
Bundeskartellamt verzeichnet Beschwerden
Die hohen Lebensmittelpreise haben auch dazu geführt, dass das Bundeskartellamt zuletzt viele eingehende Beschwerden über zu hohe Preise verzeichnete. „Einfach nur hohe Preise sind erstmal kein kartellrechtswidriges Vorgehen“, erklärte Behördenchef Andreas Mundt auf der Jahrespressekonferenz des Bundeskartellamts. Derzeit führen beispielsweise geopolitische Verwerfungen, Kostensteigerungen oder Knappheit zu den Preisaufschlägen. Dennoch werde den Hinweisen nachgegangen.
Was heißt das für den Milcherzeugerpreis?
Absatzverschiebungen und Preisbeschwerden zeigen bereits die ersten Reaktionen der Konsumenten. In Kombination mit den zum Winter steigenden Energiekosten, werden sich die Verarbeitungskosten der Molkereien deutlich erhöhen. Holger Thiele geht davon aus, dass die hohen Energiekosten und Kaufkraftverluste der Verbraucher wieder zu sinkenden Milchpreisen führen werden. Die Frage ist dann nur wie stark der Abfall ausfallen wird.
Die Rabobank stellte in einem kürzlich veröffentlichten Marktbericht fest, dass die Milchpreise in der EU im August und September wohl ihren Höhepunkt erreichen. Danach würde die Preissteigerung etwas abflachen und sich die Preise für Basisprodukte stabilisieren. Es sei mit einem milden Preisrückgang zu rechnen.
Die aktuellen Schlagzeilen:
Kieler Rohstoffwert im August erneut gesunken
Während die Erzeugerpreise ihren Aufwärtstrend im Juli fortführten, zeichnet der Kieler Rohstoffwert bereits den Preisabfall im Herbst vor. Im August sinkt der Milchpreisindikator um 4,4 Cent bzw. 6 % auf 59,4 Cent/kg Milch ab. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist der Kieler Rohstoffwert um 22,9 Cent/kg oder 63 % höher.
Der Kieler Rohstoffwert beruht auf den Marktpreisen für Magermilchpulver und Butter. Diese haben sich in den Sommermonaten schwächer entwickelt. Nach dem ruhigen Sommer nehmen die Geschäfte an den Rohstoffmärkten aber wieder an Fahrt auf. Die Preise haben sich zuletzt gefestigt. Bei guter Nachfrage und einer knappen Menge ist kurzfristig mit weiteren Preisanstiegen zu rechnen.
Magermilchpulver mit schwächeren Tendenzen
Allerdings ist die Belebung des Marktes für Magermilchpulver bislang schwächer als in üblichen Jahren, kommentiert Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin ZMB.
Die übliche Belebung nach den Sommerferien ist bislang schwächer ausgeprägt als in üblichen Jahren.
Monika Wohlfarth, Geschäftsführerin ZMB
Die hohen Energiekosten, die generell stark steigenden Kosten und die höhere Wahrscheinlichkeit für eine Rezession dämpfen die Stimmung in der weiterverarbeitenden Industrie, was ein zögerliches Kaufverhalten nach sich ziehe. Die Preise für Magermilchpulver in Futter- sowie Lebensmittelqualität fielen nach Berichterstattung der Süddeutschen Butter- und Käsebörse Kempten e.V. in der 35. Kalenderwoche um 40 bzw. 30 €/t.
Butterpreise gestiegen
Die Preise für geformte Markenbutter (250 g) sind nach Neuverhandlung der Kontrakte im unteren Preissegment um 10 Cent und im oberen im 12 Cent gestiegen. Die Preisspanne liegt jetzt bei 7,44 – 7,62 €/kg. Auch die Notierung für lose Markenbutter kletterte um 6 bzw. 9 Cent auf eine Spanne von 7,01 – 7,19 €/kg in die Höhe.
Am Weltmarkt steigen die Preise
Auf der internationalen Handelsplattform Global Dairy Trade stieg - nach einer monatelangen Abwärtsdynamik – der
Durchschnittspreis in die Höhe. Ob der Abwärtstrend damit durchbrochen ist, sei anhand der einen Auktion nicht abzulesen, erklärt Stuart Davison, Milchmarktanalyst New Zealand’s Exchange.
Es ist noch zu früh, um zu sagen, dass sich der Markt gedreht hat.
Stuart Davidson, NZX
Die Entwicklung zeige aber, dass die Händler am Weltmarkt dazu bereit sind den Produkten auch bei hohen Preisen nachzujagen. „Dieses Ergebnis sollte ein klares Signal dafür sein, dass ein Teil des Marktes wahrscheinlich beginnen wird, einen erwarteten Mangel an Milchangebot einzupreisen“, prognostiziert der Marktexperte. Er erwartet in den kommenden Auktionen einen weiteren Anstieg der Preise.
Wie entwickelt sich die Menge?
Das Milchangebot ist ebenfalls entscheidend für die Preisentwicklungen. In der 34. Kalenderwoche wurde durch die anhaltend hohen Temperaturen ein starker Rückgang der Milchmenge von 1,3 % im Vergleich zur Vorwoche verzeichnet. Die Vorjahreslinie wurde mit 0,1 % jedoch leicht überschritten.
Knappe Menge treibt die Spotmilchpreise
In der 36. Kalenderwoche stiegen die Spotmilchpreise laut DCA-Berichterstattung im Bundesdurchschnitt um 1,50 € auf 63,25 €/100 kg. Die Spotmilchpreise im Süden liegen nun bei 64,50 €. Im Norden liegen die Preise mit 62,00 € etwas darunter. Der Grund für die hohen Preise ist zum einen die knappe Menge von Milch am Markt, aber auch die geringen Gehalte an Inhaltsstoffen.
„Die große Frage für die kommende Zeit ist, welche Produkte von den Molkereien zukünftig vorrangig produziert werden, insbesondere, wenn bei den Unternehmen der Energie- und Gasverbrauch rationiert, ist“, fragt sich Rik Loeters, Trigona Dairy Trade.
Quelle: ZMB, VMB, Süddeutsche Butter- und Käsebörse e.V. Kempten, AMI, MIV, moproweb.de, ife, BLE, DCA, TrigonaDairyTrade, MIR, milchland.de, AgE, Rabobank, MEG Milch Board
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