Volatile Märkte und schwankende Milchpreise erschweren die wirtschaftliche Lage der Milcherzeuger. Einige Molkereien bieten ihren Lieferanten bereits die Möglichkeit den Milchpreis in der Zukunft abzusichern. Auf Basis ihrer eigenen Produktionskosten können sich die Milcherzeuger ihre zukünftige Marge berechnen und besser kalkulieren. Der Festpreis macht Investitionen planbarer, streut das Risiko und kompensiert Schwankungen.
Trotzdem zögern einige Milcherzeuger, wenn es um diese...
Volatile Märkte und schwankende Milchpreise erschweren die wirtschaftliche Lage der Milcherzeuger. Einige Molkereien bieten ihren Lieferanten bereits die Möglichkeit den Milchpreis in der Zukunft abzusichern. Auf Basis ihrer eigenen Produktionskosten können sich die Milcherzeuger ihre zukünftige Marge berechnen und besser kalkulieren. Der Festpreis macht Investitionen planbarer, streut das Risiko und kompensiert Schwankungen.
Trotzdem zögern einige Milcherzeuger, wenn es um diese Art der Absicherung geht. Was wenn zum falschen Zeitpunkt eine Entscheidung getroffen wird? Und was hilft einem der feste Milchpreis, wenn in der Zukunft die Auszahlungspreise der Molkereien darüber liegen und dann auch noch steigende Produktionskosten den kalkulierten Gewinn auffressen? Ein neues Absicherungsmodell bezieht die Produktionskosten mit ein und legt den Fokus auf die Marge. Wir haben mit Prof. Dr. Thiele vom ife Institut für Ernährungswirtschaft und der Fachhochschule Kiel sowie mit Florian Hildebrand von StoneX darüber gesprochen.
Milchpreise über 45 Cent: da ist es doch verlockend einen Teil der Milch langfristig hoch abzusichern. Ein Überblick was bei der Preisabsicherung drin ist.
Kleine Anpassung mit großer Wirkung
„Es ist ja schön einen festen Preis absichern zu können, aber ein Milchgeld von 50 Cent ist in ein paar Monaten vielleicht nicht mehr so viel Wert, wenn die Produktionskosten steigen und die Marge schrumpft“, erklärt Holger Thiele. In solchen Situationen wäre es besser die Marge abzusichern, statt einen festen Preis. Das Mindestpreismodell würde es möglich machen.
Und so funktioniert es:
- Der Landwirt kann wie bisher seinen zukünftigen Milchpreis über die Molkerei absichern.
- Der gesicherte Milchpreis kann nach wie vor nicht kleiner werden.
- Bei steigenden Produktionskosten klettert der von den Molkereien ausgezahlte Milchpreis aber weiter in die Höhe. Das funktioniert, da zeitgleich Geld in einen Produktionskostenindex investiert wird. Dieser setzt sich zusammen aus den Dünger-, Futter- und Energiepreisen an der Börse. Steigen diese an, profitiert der Landwirt von den höheren Kosten und kann sich so seine Gewinnmarge absichern.
Für die Landwirte gibt es bei diesem Modell eigentlich kein Risiko
Holger Thiele
„Für die Molkereien und die Landwirte gibt es bei diesem Modell eigentlich kein Risiko“, sagt Thiele. „Das Modell ist stattdessen eine zusätzliche Chance.“ Denn auch wenn ein Preis abgesichert wurde und in ein paar Monaten die Molkerei ein Milchgeld auszahlt, was über dem abgesicherten Milchpreis liegt, kann der Landwirt mit einer festen Marge kalkulieren. „Und wenn der Gewinn durch steigende Kosten schrumpfen würde, passt sich der Auszahlungspreis durch die Kopplung an den Produktionskostenindex an und bringt dem Milcherzeugern eine gesicherte Marge.“
Welche Molkereien können die Risikoabsicherung anbieten?
Grundsätzlich könnte jede Molkerei das Mindest- oder Festpreismodell anbieten. Dennoch bieten bisher nur wenige Molkereien ein Absicherungsmodell an. Denn diese müssen ein entsprechendes Kontingent an freien und nicht preislich fixierten Mengen verfügbar haben. Bisher war eine liquide Absicherung nur über Magermilchpulver und Butter an der Börse möglich. „Molkereien, die ein Festpreismodell auf Basis dieser Produkte anbieten möchten, müssen den physischen Rohstoff oder stark korrelierende Produkte herstellen“, erklärt Florian Hildebrand. Er arbeitet beim Finanzdienstleister StoneX, welcher börsenbasierte Risikomanagementstrategien unter anderem für Molkereien entwickelt.
Seit Mitte Mai werden an der EEX auch Käseindizes angeboten. „Die Käseindizes sind eine entscheidende Veränderung, insbesondere für Molkereien die keine Commodities wie Magermilchpulver oder Butter produzieren“, sagt Hildebrand. Immerhin gehen 50 % der produzierten Milch in Deutschland in die Käseproduktion. Über die Käseindizes können jetzt Molkereien die Preise für Mozzarella, Gouda oder Cheddar an der Börse absichern und ihren Landwirten über Mindest- oder Festpreismodelle mehr Planungssicherheit bieten.
„Am ife-Institut wird davon ausgegangen, dass dadurch bald auch kleinere Käsereien ein Festpreismodell anbieten. Die Molkereien sollten diese neuen Möglichkeiten sehr sorgfältig prüfen und dann gegebenenfalls zügig umsetzen“, resümiert Thiele. Zukünftig könnten das immer mehr Molkereien, denn die Milchmenge in Deutschland wird knapper. Das zeigt sich auch in den hohen Spotmilchpreisen, die zum Teil sogar schon die 60 Cent Marke geknackt haben. Für die Molkereien bringen die Risikomodelle einen Wettbewerbsvorteil bei der Rohstoffbeschaffung und sind zeitgleich ein Tool zur Verbesserung der Lieferbeziehungen zu den Milcherzeugern.
Kann man jetzt schon den Mindestpreis absichern?
Noch bietet keine Molkerei in Deutschland das Mindestpreismodell an, da das Modell hier bei uns in der Entwicklungsphase steckt. „Europäische Molkereien außerhalb von Deutschland sind hier schon weiter“, erzählt Florian Hildebrand. Mehrere Molkereien hätten das Modell bereits implementiert und böten es Ihren Milcherzeugern an. So zum Beispiel die Molkerei
Glanbia in Irland. „Einige Molkereien in Deutschland signalisieren bereits ein hohes Interesse“, weiß Thiele. Jetzt geht es darum, das Modell zügig in die Praxis umzusetzen, denn die Unsicherheiten über die Milchpreise und Produktionskosten waren noch nie so groß wie in diesen Zeiten.
Schwankende Milchpreise erschweren die wirtschaftliche Lage von Milchviehbetrieben. Ralf Klenk versucht diesen mit dem Festpreismodell entgegenzuwirken.