Automatisches Melken

„Wir werden unruhig, wenn der Melkroboter lange leer steht“

Familie Käppeler aus Bonndorf ermelkt mit 130 Fleckviehkühen an zwei Lely-Robotern rund 1,5 Mio. kg im Jahr. Ihr Rezept für eine hohe Auslastung.

Auslastung ist hier herstellerunabhängig

Hat die Auslastung allein mit der Melkroboter-Marke zu tun? Nein, davon sind die vier Milcherzeuger, die wir nach ihren Tipps für hohe Auslastungen gefragt haben, überzeugt. Denn sie alle melken mit unterschiedlichen Fabrikaten (GEA, Lely, DeLaval, Lemmer Fullwood) und erreichen Auslastungen von weit mehr als 2.000kg. Die Reportagen finden Sie hier in den nächsten Wochen!
Mittagszeit an einem heißen Junitag im Stall von Philipp und Michael Käppeler in Bonndorf im Südschwarzwald. Der Radialventilator über dem Wartebereich dreht geschäftig seine Runden. An den beiden Lely-Melkrobotern herrscht Hochbetrieb. „Das kennen wir gar nicht anders. Im Vorwartebereich ist immer Andrang“, berichtet Hofnachfolger Michael Käppeler. „Ich wünschte, wir hätten hier mehr Platz, damit ließe sich die gemolkene Milchleistung pro Box bestimmt noch steigern.“
Der junge Milcherzeuger ist ehrgeizig, denn mit 1,5 Mio. kg Milch von seinen insgesamt 145 Fleckvieh-Kühen in den zwei AMS-Anlagen – d.h. über 2.000 kg Milch pro Roboter pro Tag -  ist der Betrieb schon jetzt ziemlich gut. Dafür unternehmen Vater und Sohn aber auch einiges: „Wir wollen das Maximum rausholen und können es nicht sehen, wenn die Anlage lange leer steht.“

Die beiden Roboteranlagen sind im neuen Anbau stirnseitig platziert und teilen sich einen Laufhof. (Bildquelle: Lehnert, Silvia)

Heller Anbau

2016 haben sie den bestehenden dreireihigen Boxenlaufstall erweitert und auf Robotermelken umgestellt. „Zum Glück haben wir den Roboter damals nicht wie ursprünglich geplant in den alten Stall gestellt, denn dann wäre es im Wartebereich viel zu dunkel gewesen.“ Heute stehen die beiden Einzelboxen stirnseitig am hellen Anbau nebeneinander und teilen sich einen Wartebereich mit Spaltenboden. Vom Melken aus können die Tiere direkt in den dahinterliegenden Abkalbebereich auf Stroh oder in die Selektionsbox mit drei Hochboxen und dem Klauenpflegestand selektiert werden.
Die Umstellung sei damals mit nur 80 Kühen an zwei Einzelboxen leicht gefallen. Mit zuerst 3,2 Melkungen pro Tag und Tier ist die Milchleistung seitdem natürlich kontinuierlich gestiegen. Heute geben die Fleckviehtiere im Schnitt bei 2,6 Melkungen 10 000 kg mit 4,1 % Fett und 3,55 % Eiweiß.

Bei 130 Melkenden im Optimum

Im Laufe der Jahre haben Phillipp und Michael Käppeler für ihre Herde bestimmte Eckwerte herausgefunden und festgelegt, die für eine hohe Auslastung und den reibungslosen Betrieb der Anlage entscheidend sind. Diese Punkte halten sie auch in der täglichen Routine akribisch im Auge und steuern gegebenenfalls nach.

Die Betriebsleiter arbeiten konsequent mit den Daten, die ihnen die Anlage liefert und haben für sich herdenspezifische Zielwerte festgelegt. (Bildquelle: Lehnert, Silvia)

Dazu gehört z.B., dass die freie Zeit an der Anlage bei ca. 10 % liegen sollte. „Bei zu wenig freier Zeit verkaufen wir ein paar Kühe.“ Sie haben festgestellt: Sobald mehr als 130 Kühe gemolken werden, leidet die Milchleistung pro Einzeltier. Eine Aufstockung der Herde sei daher tabu: „Vielmehr denken wir für die Zukunft über weniger Kühe nach. Dann sind auch 12 000 kg möglich“, ist der Junglandwirt überzeugt.
Die Anzahl der Melkverweigerungen dürfen bei ihm maximal so hoch sein, wie die Anzahl der täglichen Melkungen, das heißt aktuell bei maximal 2,6. „Sonst ist die Anlage zu viel unnütz belegt.“ Der Milcherzeuger staunt selbst immer wieder darüber, wie oft die Tiere täglich in den Roboter gehen. „Vielleicht liegt das auch daran, dass wir Behandlungen oder Besamungen ausschließlich in der Separation erledigen und nicht im Melkroboter.“
Eine hohe Auslastung am Melkroboter bedeutet eben auch Arbeit.
Philipp Käppeler, Milcherzeuger aus Bonndorf
Pro Tag treiben sie 8 bis 10 % der Tiere mit Zwischenmelkzeiten von über zehn Stunden selbst hinter die Hubtore am Vorwartebereich von einer der beiden Roboteranlagen. Dieser Prozentsatz sei akzeptabel. „Wenn man seine Kühe kennt, ist das kein großer Aufwand.“ Die Abkalber, die in der Regel eine Woche lang in der Strohbucht hinter den AMS verbringen, holen sie in der gleichen Zeit zum Melken in die andere Einzelbox. „Der Start in die Laktation ist das Entscheidende, daher nehmen wir diese Zusatzarbeit gern in Kauf. Hohe Auslastung bedeutet eben auch Arbeit“, sind sich die Praktiker einig. 
Als einen weiteren wichtigen Punkt für eine hohe Auslastung nennen sie das regelmäßige Abflammen der Euterhaare nach dem Kalben. „Sobald mir zu viele vergebliche Ansetzversuche auffallen, kommen die Euterhaare weg. Ich akzeptiere maximal fünf misslungene Melkungen am Tag“, sagt Michael Käppeler.

Die drei Generationen der Familie Käppeler aus Bonndorf im Schwarzwald (von links): Silvia, Michael, Ann-Katrin und Philipp Käppeler mit den Enkeln Matilda und Marla. (Bildquelle: Lehnert, Silvia)

Betriebsspiegel

- Kühe: 145 Fleckviehtiere,
- Leistung: 10.000 kg Milch mit 4,1 % Fett und 3,55 % Eiweiß
- Melkroboter: 2 Lely-Astronaut A 4 ;
- Auslastung: 2.054 kg pro Melkbox
- weitere Standbeine: 250 kW-Biogasanlage, 200 ha Fläche
- Arbeitskräftebesatz: 3,5 Ak

Grundvoraussetzung: Leistungsbereite Herde

Die Betriebsleiter sind überzeugt: Ohne eine leistungsbereite Genetik ist eine hohe Milchmenge am Roboter nicht möglich. Daher hat auch die gezielte Leistungszucht und vor allem die bewusste Selektion einen hohen Stellenwert. „Wir schauen bei der Bullenauswahl besonders auf das Pedigree der einzelnen Eutermerkmale und auf die Melkbarkeit. Dünne Striche oder Kühe, die 15 Minuten lang die Box blockieren, gehen nicht.“ Bei der Melkbarkeit setzen sie im Schnitt 2,8 bis 3,0 Liter pro Minute an, damit die Box schnell wieder frei wird. Selektiert wird meist nach der ersten Abkalbung: So verlassen 20 bis 30 Jungkühe jedes Jahr den Betrieb.
Natürlich müssen die Kühe für das Robotermelken laufen können. „Unser Bestand ist in Sachen Klauengesundheit eigentlich fit. Mortellaro hatten wir noch nie“, berichtet Philipp Käppeler nicht ohne Stolz. Allenfalls mit fütterungsbedingten Klauenproblemen habe man manchmal zu kämpfen. „So leiden zurzeit vier Kühe an Klauenrehe, weil wir im eigenen Kraftfutter Gerste durch Weizen austauschen mussten“. Den routinemäßigen Klauenschnitt einmal zum Trockenstellen und einmal in der Laktation übernimmt der Seniorchef selbst.  

Wenig Kraftfutter im Roboter

Mit durchschnittlich 180 000 Zellen ist auch die Eutergesundheit der Herde gut und stabil. Die Robustheit der Tiere sei letztlich auch einer verbesserten Grundfutterqualität zu verdanken, auch wenn die Möglichkeiten durch die Höhenlage vieler Flächen von 850 bis 900 m begrenzt seien. „Wir haben zuletzt statt ein großes, zwei kleine Silos befüllt. Dadurch konnten wir den Vorschub besser an unseren Bedarf anpassen.“
Ihr Fütterungsregime ist nahe einer Voll-TMR, denn die meisten Kühe mit Tagesmilchleistungen von 30 bis 35 kg erhalten nur 1 kg Kraftfutter im Roboter. Darüber steigt die Kraftfuttermenge pro 2 kg mehr Milch um jeweils 1 kg auf bis zu maximal 5 kg pro Tag an. Die Frischmelker bekommen 300 ml von einem Flüssigfutter mit Apfelvinase zur Ketosevorbeugung oben drauf.
Fleckvieh ist eine verfressene Rasse, die laufen selbst für 1 kg Kraftfutter in den Roboter.
Michael Käppeler.
Die Ration am Futtertisch enthält dagegen 7 bis 8 kg Kraftfutter und ist auf eine Tagesmilchleistung von 30 kg ausgelegt. „Früher haben wir mehr Kraftfutter im Roboter gefüttert. Die Umstellung vor drei bis vier Jahren hat uns nochmal mehr Milch gebracht“, sind die Landwirte überzeugt.
1 kg pelletiertes Kraftfutter 20/4 reichen, damit sich die Kühe bis zu dreimal am Tag melken lassen? „Ja, Fleckvieh ist eine besonders verfressene Rasse“, hat Michael Käppeler beobachtet. Pro kg Milch kommen sie unterm Strich aber dennoch auf 320 g Kraftfutter. Ansonsten besteht die Ration aus Mais und Gras im Verhältnis von 1:1 sowie aus Raps- und Sojaschrot, Harnstoff und einer eigenen Getreidemischung aus Gerste, Mais und Triticale.

Die vorgelegte Ration ist fast eine Voll-TMR, die meisten Kühe bekommen im Roboter nur 1 kg Kraftfutter. (Bildquelle: Lehnert, Silvia)

Sich auf die Technik einlassen

Bei jedem Satz merkt man den beiden Milcherzeugern die Begeisterung für das Robotermelken an: „Wer sich nicht auf die Technik einlässt und die Systemmeldungen nicht ernst nimmt, kann ihre Funktionen nicht nutzen und darf daher auch nicht die gewünschten Effekte erwarten“, sagen sie einhellig. Beide sind mit dem System und dem Lely-Managementprogramm Horizon intensiv vertraut und können sich jederzeit gegenseitig, z.B. bei Urlaub, vertreten. „Wir müssen uns auf die Technik verlassen können, da wir auch durch die Biogasanlage nur morgens und abends im Stall sind.“
Ihre Rechnung geht auch deshalb auf, weil sie die vorgegebenen regelmäßigen Serviceintervalle ernstnehmen und zum Glück auf einen – wie sie selbst sagen - „überragenden“ Servicepartner in der Nähe zurück greifen können.  „Wir sparen nicht an Betriebsmitteln und warten nicht, bis etwas kaputt geht. Diese Denke kommt vermutlich vom Betrieb unserer Biogasanlage“, schätzt Philipp Käppeler. 

Geht bei der Milchmenge noch was?

In baulichen Optimierungen im Stall sehen die beiden Betriebsleiter durchaus Reserven, die sich auch in mehr Milch niederschlagen könnten: „Ein größerer Warte-, Abkalbe- und Krankenbereich sowie mehr Plätze in der Separation sind durchaus denkbar.“  
Auch mit der Persistenz ihrer Fleckviehherde sind Philipp und Michael Käppeler noch nicht zufrieden. „Wir besamen die hochleistenden Tiere mittlerweile bewusst erst nach 100 bis 120 Tagen, damit sie nicht so früh in der Leistung wieder abfallen. Hier ist auch die Fleckviehzucht insgesamt noch gefordert.“ Klar bedeute eine längere Zwischenkalbezeit auch weniger Aufwand: „Aber was hilft uns das, wenn hinten raus die Milch fehlt.“
 

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren des Familienbetriebes:

  • Ausreichend Platz im Vorwartebereich
  • Eine grundsätzlich leistungsbereite Herde und Selektion nach Leistung und Melkbarkeit
  • Geringe Kraftfuttergaben am Roboter und eine hocheingestellte Trogration
  • Gesunde Klauen und abgeflammte Euter
  • Abgekalbte Tiere in den ersten Tagen selbst in den Roboter treiben.

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