Neugierig recken die properen Fleckviehkälber im Betrieb von Elke und Alexander Fuchs in Ravensburg-Schlier ihre Köpfe aus den Einzelboxen. Mit Kälberdecken und viel Einstreu sollen sie hier gesund durch den Winter kommen. „Durch das große Luftvolumen im Offenstall müssen wir von November bis April besonders gut auf sie aufpassen“, betont Alexander Fuchs beim Gang entlang der Boxenreihe. Im Schnitt verzeichnet er pro Jahr bei drei Kälbern die Diagnose Lungenentzündung. Hinzu kommen bei...
Neugierig recken die properen Fleckviehkälber im Betrieb von Elke und Alexander Fuchs in Ravensburg-Schlier ihre Köpfe aus den Einzelboxen. Mit Kälberdecken und viel Einstreu sollen sie hier gesund durch den Winter kommen. „Durch das große Luftvolumen im Offenstall müssen wir von November bis April besonders gut auf sie aufpassen“, betont Alexander Fuchs beim Gang entlang der Boxenreihe. Im Schnitt verzeichnet er pro Jahr bei drei Kälbern die Diagnose Lungenentzündung. Hinzu kommen bei Bullenkälbern vereinzelt Nabelentzündungen. 2022 berichtet er bei insgesamt 161 Geburten von vier Totgeburten, ein Kalb habe man durch Kokzidien verloren. „Mehr Verluste dürfen es aber nicht sein“, beschreibt er eines seiner wichtigsten Betriebsziele.
Durch das dreimalige Tränken am Tag fallen Elke Fuchs Kälber mit Problemen sehr früh auf. Sie ist in erster Linie für die Aufzucht verantwortlich. „Frauen haben für Kälber einfach mehr Geduld“, gesteht ihr Mann neidlos. Jeder der beiden studierten Landwirte hat seinen Bereich, wichtige Entscheidungen trifft das Paar aber stets gemeinsam.
Betriebsspiegel
Ort: Schlier bei Ravensburg
Kühe: 125
Milchleistung: 9.600 kg
Vollzeit-Ak: 2,7
Leichtere Kälber erwünscht
Schon bei der Besamung hat der Eigenbestandsbesamer das spätere Kalb im Auge und legt großen Wert auf den Kalbeverlauf. Mit einem Anteil von 79 % der Kalbungen ohne Hilfe und 2 % Schwergeburten geht sein Konzept auf. „Leichte Kalbungen bedeuten ein entspanntes Arbeiten.“
Sofort nach der Kalbung erhalten die Neugeborenen abgemolkenes Kolostrum ad libitum. Trinkschwache, die z. B. nur einen Liter von selbst aufnehmen, bekommen 3,5 l gedrencht. „In der Regel bringen wir Neugeborene eine Stunde nach der Geburt in die Einzelbox. Sonst sind Hygieneprobleme vorprogrammiert“, ist Alexander Fuchs überzeugt. Die zweite Kolostrumgabe erfolgt mit 2,5 l vom gekühlten Erstgemelk, das zuvor bei der Brixwert-Messung per Refraktometer mindestens 25 % aufweisen musste. „Wenn die Qualität oder die Menge nicht ausreichen, tauen wir anderes Kolostrum auf.“ Eisen- und Selengaben gehören ebenfalls zur Erstversorgung hinzu. Kälberdurchfällen beugen sie mit einer Rota- und Corona-Muttertierimpfung vor, gegen Kokzidien erhalten die Tiere beim Umstallen in die Gruppe eine flüssige Einstallprophylaxe oral verabreicht.
Tränke dreimal täglich
Die erste Lebenswoche ist die „Muttermilchwoche“. Danach bekommen die Kälber per Milchtaxi mindestens elf Wochen lang dreimal täglich eine erwärmte Mischung aus Vollmilch (mind. 50 %) und Milchaustauscher mit 50 % oder 35 % Magermilchpulver-Anteil. In der Spitze sind es 10 l pro Kalb pro Tag, bei Bullenkälbern oft etwas mehr. „Wenn wir sehen, das Kalb braucht länger Milch, dann tränken wir es auch mal 12 oder 13 Wochen lang.“ Täglich nachgefüllt werden auch die Wasser- und Festfuttereimer. Im Winter wird dieses Wasser angewärmt. „Grüne Ränder an den Eimern haben wir mit der Installation einer Elektrolyseanlage für das gesamte Tränkewasser in den Griff bekommen. Seitdem trinken die Kälber deutlich mehr Wasser und fressen auch mehr“, freut sich Alexander Fuchs. Günstiger Nebeneffekt: Auch der Reinigungsaufwand für die Tränken sei dadurch viel geringer.
Kräftig kauend hebt ein Fleckviehkalb die Nase aus dem Eimer mit der eigenen Kälberfuttermischung, die es ab dem 4. Tag bis zu einem Alter von vier Monaten zur freien Aufnahme gibt. Die Betriebsleiter mischen sie für drei bis vier Wochen im Vorrat aus kurzem Trocknungsheu, Melasse, geschrotetem Getreide, Soja, Leinsaat und Kälbermineral an. Ob das seit Kurzem eingemischte Methanol tatsächlich für die Tiergesundheit etwas bringt, müsse sich erst noch zeigen. Gut riechen tut es zumindest. Elke und Alexander Fuchs sind überzeugt von der Haltung der Kälber in dem Einzelboxensystem aus Kunststoff, das sich gut misten, einfach reinigen und praktisch zusammenstecken lässt. Nur eine sich selbst entwässernde Drainage unter den Boxen würden sie sich noch wünschen, denn der Strohverbrauch sei enorm.
Für die weitere Aufzucht in Gruppen auf Tiefstreu wechseln die Kälber nach sechs Wochen einfach die Seite im 2016 erbauten Jungviehstall. Mit neun Monaten geht es in Abteilen mit Hochboxen auf Gummimatten weiter. Nach so langer Zeit in Tiefstreu sei die Gewöhnung daran natürlich eine Herausforderung.
Im ersten Lebensjahr erhalten die Jungtiere die Kuhration. Allerdings ohne Heu, denn das koste viel Platz und Energie. „Heu und Fichtenzweige gibt es allenfalls zur Beschäftigung.“ Bis etwa vier Wochen vor der Kalbung folgt die Jungviehration mit Mais- und Grassilage sowie 2 kg Gerstenstroh, im Winter kommt Heu dazu.
Die Länge der Trockenstehphase richten die Betriebsleiter am BCS und an der Milchmenge des Tieres aus. Die meisten kommen auf sieben Wochen. Für sie stehen im umgebauten Altgebäude 1,25 m breite Liegeboxen mit Stroh-Mistmatratzen, ein eigener Fressplatz sowie ausreichend Tränken und Frischluft bereit. „Auf Kalk in der Matratze verzichten wir in der Trockenstehphase, so vermeiden wir aufgescheuerte Gelenke.“
Gute Kälber gehören auch gut vermarktet.
Alexander Fuchs
Damit die Trockensteher die 3,5 kg Weizenstroh in der einphasigen Ration mit Gras- und Maissilage, Rapsschrot, Maisschlempe und Futterharnstoff nicht selektieren können, lässt der Betrieb es durch eine Strohmühle laufen. Dadurch sowie durch eine sehr exakte Mischung mit fester Mischzeit und täglich frischer Vorlage im Sommer erreichen sie hier 14 bis 15 kg Trockenmasse-Aufnahme pro Tier und Tag. Im Mineralfutteranteil liegt Calcium und Phosphor im Verhältnis von 1 : 1. Um die Kaliumgehalte in der Grassilage auszugleichen, steuert er mit Magnesium gegen. Zur Milchfieberprophylaxe gibt es ab der 3. Laktation Vitamin D3 und einen Calciumboli. Die Färsen, die im Schnitt mit 26,5 Monaten kalben, kommen drei bis vier Wochen vor der Kalbung in diese Gruppe. Ein bis drei Tage vor dem Termin geht es dann in die Gruppenbox mit Tiefstreu, die täglich nachgestreut wird.
Für die Kuhlernstichprobe „Fleckfficient“ seines Zuchtverbandes, der Rinderunion Baden-Württemberg (RBW), lässt Alexaner Fuchs alle weiblichen Tiere genotypisieren und notiert ihre phänotypischen Merkmale. Dass seine Bullenkälber mit eher niedrigen Geburtsgewichten von 42 bis 46 kg im gleichen Zeitraum ähnlich hohe tägliche Zunahmen erreichen, wie die schweren Tiere mit 50 kg, war eine Erkenntnis daraus. Das Gros erreicht tägliche Zunahmen von 1.000 g bis 1.250 g pro Tag.
Kälberverkauf optimieren
Seitdem Fuchs die Verkaufserlöse systematisch erfasst, plant er, mehr Kälber über die Auktion zu verkaufen. „Denn dort erzielen sie im Gegensatz zur Vermarktung über den Viehhändler immer überdurchschnittliche Preise. Gute Kälber gehören auch gut vermarktet“, sagt der Züchter. Künftig will er auch noch mehr weiblich gesextes Sperma zur Besamung einsetzen und diesen Zeitpunkt stärker zur Selektion der Tiere im Hinblick auf die Fett- und Eiweißgehalte, Fitness und Exterieur nutzen.
Gunststandort ausnutzen
Elke und Alexander Fuchs wissen ihren absoluten Gunststandort für die Milchproduktion auszunutzen. Die Region verzeichnet Jahresniederschläge von bis zu 1.000 mm/m2. Vom Dauergrünland können sie bis zu sechs Schnitte mit 13 bis 15 t TS je ha ernten. „2022 hatten wir mit 18 t TS/ha und 7,0 MJ NEL/kg TS einen Bombenmais.“ Die zu steilen Hänge dienen im Sommer als Jungviehweiden. Aktuell sind sie mit zwei Familien-Arbeitskräften, einem Auszubildenden und den Altenteilern gut aufgestellt. Trotzdem beschäftigt sie das Thema Melkroboter, zumal der Doppel-8er-Fischgrätenmelkstand schon 14 Jahre alt ist.
Vorrangig ist für die Betriebsleiter, die Milchleistung und die Tiergesundheit zu verbessern. Durch S. aureus verloren sie zuletzt gute Kühe. Das tut weh, klar. In die Melkroutine haben sie eine Melkzeug-Zwischendesinfektion eingebaut. Von auffälligen Kühen schicken sie vor dem Trockenstellen Proben ein. „Wir sind sehr zuversichtlich, das Problem in den Griff zu bekommen.“
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