Wie wichtig Kolostrum in ausreichender Menge und Qualität für das Kalb ist, weiß jeder Milcherzeuger. Welche Faktoren diese zwei Punkte beeinflussen, ist aber nicht allen bewusst. Auch in der Wissenschaft besteht dort noch Forschungsbedarf. Warum geben einige Kühe kaum Erstgemelk? Und hat die Biestmilch von Jungkühen immer niedrigere Brix-Werte?
Mit diesen Fragen hat sich Trent Westhoff (Cornell Universität) in seiner Doktorarbeit beschäftigt. Er führte eine Untersuchung auf 18 Milchkuhbetrieben im Bundesstaat New York in Amerika über den Zeitraum von einem Jahr durch und untersuchte das Kolostrum von über 18.000 Kühen.
Wie wichtig Kolostrum in ausreichender Menge und Qualität für das Kalb ist, weiß jeder Milcherzeuger. Welche Faktoren diese zwei Punkte beeinflussen, ist aber nicht allen bewusst. Auch in der Wissenschaft besteht dort noch Forschungsbedarf. Warum geben einige Kühe kaum Erstgemelk? Und hat die Biestmilch von Jungkühen immer niedrigere Brix-Werte?
Mit diesen Fragen hat sich Trent Westhoff (Cornell Universität) in seiner Doktorarbeit beschäftigt. Er führte eine Untersuchung auf 18 Milchkuhbetrieben im Bundesstaat New York in Amerika über den Zeitraum von einem Jahr durch und untersuchte das Kolostrum von über 18.000 Kühen.
Woraus besteht Kolostrum eigentlich?
Um zu verstehen, was qualitativ hochwertiges Kolostrum ausmacht, muss man die Zusammensetzung genauer unter die Lupe nehmen. Kolostrum besteht anders als „normale“ Milch nur zu 76 % aus Wasser, dafür aber zu 23 % aus Feststoffen. Davon sind 5 bis 7 % Fette, 14 % Proteine und 2,7 % Laktose. Der Rest sind Mengen- und Spurenelemente.
Der hohe Proteingehalt ist durch die in der Milch enthaltenen Antikörper zu erklären. IgG (Immunglobulin G) ist der am häufigsten vorkommende Antikörper im Kolostrum und macht 85-90 % aller Immunglobuline aus. Je mehr Antikörper im Kolostrum enthalten sind, desto besser ist die Qualität für das Kalb.
Wie wird Kolostrum gebildet?
Der komplizierte Begriff „Kolostrogenese“ bezeichnet die Bildung von Kolostrum im Euter. Circa vier Wochen vor der Kalbung geht es damit los. Der Zeitraum wird später entscheidend, wenn es darum geht, was die Kolostrumqualität beeinflusst. In dieser Zeit steigt der Gehalt an IgG im Milchdrüsengewebe kontinuierlich an (siehe Grafik). Nach der Kalbung sinkt der IgG-Gehalt in der sogenannten „Transitmilch“ innerhalb einer Woche rapide ab.
In der Theorie sollte jede Kuh genug Kolostrum in ausreichender Qualität geben, um ihrem Kalb den optimalen Start ins Leben zu ermöglichen. In der Praxis sieht es aber anders aus. Die Forschungsergebnisse zeigen, welche Beziehungen zu umwelt- und kuhspezifischen Faktoren bestehen.
Im Herbst und Winter weniger Kolostrum
In Mai, Juni und Juli stieg die Menge an Kolostrum an, im Herbst und Winter fiel die Menge auf ein niedrigeres Niveau zurück. Genau umgekehrt verhielt es sich bei den Brix-Werten. Die lagen in den Herbst- und Wintermonaten höher im Vergleich zu den Sommermonaten.
Die Daten zeigen einen Einfluss der Lichtintensität und des Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Index (THI) in den Wochen vor der Kalbung auf die Bildung des Kolostrums:
- Eine höhere Lichtintensität zwei Wochen vor der Kalbung führte zu einer höheren Kolostrummenge bei Mehrkalbskühen, aber hatte keinen Einfluss auf die Kolostrumqualität.
- Ein höherer THI führte zu einer höheren Kolostrummenge, aber einer niedrigeren Qualität der Biestmilch bei den Mehrkalbskühen.
Mehrkalbskühe geben besseres Kolostrum
Zweitlaktierende hatten die höchste Kolostrum-Menge. Am wenigsten Biestmilch gaben Erstlaktierende und Kühe in der vierten und fünften Laktation. Die Unterschiede zwischen den Laktationen waren zwar signifikant, die Unterschiede in der Menge jedoch gering.
Dafür stiegen die Brix-Prozente in der Milch mit steigender Laktationszahl deutlich an. Es gaben allerdings im Durchschnitt alle Kühe in der Studie Kolostrum in ausreichender Qualität (Schwellenwert >22 Brix %). Den Schwellenwert überschritt in der Regel auch das Kolostrum der Erstkalbskühe.
Bei Bullenkälber fließt mehr Milch
Das Geschlecht des Kalbes beeinflusste die Menge des Kolostrums. Kühe mit Bullenkälbern oder Zwillingen gaben mehr Milch im Vergleich zu Kühen, die ein Kuhkalb bekamen. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Zusammenhang vor allem durch das Gewicht des Kalbes bzw. der Plazenta zu erklären ist.
Außerdem fanden sie heraus, dass bei Totgeburten die Kühe weniger Kolostrum gaben. Den Grund dafür vermuten die Forschenden zum einen in einer verringerten Kolostrogenese bei einem Kalb, welches bereits tot im Uterus ist und zum anderen mit einem hohen Stresslevel der Kühe bei einer Schwergeburt und damit verbunden einem schlechteren Hergeben der Milch.
Mehr Kolostrum durch längere Trockenstehzeiten
Diese Studie – aber auch andere Untersuchungen zeigen, dass eine längere Trockenstehzeit zusammenhängt mit einer höheren Menge und besserer Qualität des Kolostrums. Insbesondere wenn Kühe gar nicht trockengestellt werden vor der Kalbung, geht die Kolostrumqualität deutlich zurück. Wohingegen im Vergleich von Trockenstehzeiten zwischen 60 und 40 Tagen kaum ein Unterschied in Menge und Qualität zu beobachten ist.
Überbelegung verschlechtert Kolostrumqualität
In der Studie gaben Kühe, die in der Zeit vor der Geburt in einer zu vollen Gruppe standen, schlechteres Kolostrum im Vergleich zu Kühen, die keiner Überbelegung ausgesetzt waren. Der Grund dahinter könnte Stress oder eine verringerte Futteraufnahme sein. Es konnte aber kein Einfluss auf die Menge beobachtet werden.
Warum geben einige Kühe gar kein Kolostrum?
3,1 % der Erstlaktierenden (188 Kühe) und 5,5 % der Mehrkalbskühe (735 Kühe) gaben bei ihrer ersten Melkung nach der Geburt keinen einzigen Tropfen Kolostrum. Als beeinflussende Variablen kristallisierten sich folgende Faktoren heraus:
- weibliches Kalb, Zwillingskälber oder Totgeburten
- Geburt in den Herbst- und Wintermonaten
- Trockenstehzeit von < 67 Tagen
- Geringere Milchleistung in der vorherigen Laktation
- Stress zu den Melkzeiten
Fazit: Die Studie zeigt, dass nicht alle Faktoren, die für weniger Kolostrum in schlechterer Qualität sorgen, durch den Menschen beeinflussbar sind. Dazu gehören etwa die jahreszeitlichen Schwankungen oder das Geschlecht des Kalbes. Umso wichtiger ist es, die anderen Faktoren im Blick zu behalten und für den Notfall eine eigene Kolostrumbank anzulegen, um jedes Kalb mit ausreichend Biestmilch zu versorgen.
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