Die Verdaulichkeit der Grundfuttermittel entscheidet maßgeblich über die Futteraufnahme und Milchleistung. Ein früher Erntezeitpunkt bei Gras und Mais ist wichtig.
Viele Milchkuhbetriebe melken seit Jahren zwischen guten 9.000 und 10.000 Liter Milch. Doch ein weiterer gewünschter Leistungssprung, trotz ansprechender Grundfutterqualität...
Jetzt bestellen und weiterlesen!
Elite - Das Fachmagazin für erfolgreiche Milchproduktion
Elite Print + Digital
Jahresabo
105,00 EUR
/
Jahr
6 Print-Ausgaben im Jahr versandkostenfrei
Alle Print-Ausgaben auch digital für Ihr Tablet oder Smartphone
Zugang zu sämtlichen Inhalten auf elite-magazin.de
Viele Milchkuhbetriebe melken seit Jahren zwischen guten 9.000 und 10.000 Liter Milch. Doch ein weiterer gewünschter Leistungssprung, trotz ansprechender Grundfutterqualität und vieler Bemühungen wie z. B. Investitionen in Tierwohl und Stalltechnik, bleibt aus. Einige versuchen mit weiteren Kraftfutterkomponenten die Leistung zu puschen.
Thomas Mitzscherlich
Fütterungsberater
Norbert Erhardt
LWK NRW
Manchmal lässt sich der gewünschte Effekt bei den Kühen erzielen, nicht selten jedoch leidet eher die Tiergesundheit, als dass die Leistung weiter ansteigt. Doch wie könnte der nächste Leistungsschritt gelingen?
Ein möglicher Ansatzpunkt könnte die Beschaffenheit des Grundfutters sein. Und damit ist nicht ein höherer Energie- oder Eiweißgehalt gemeint. Vielmehr geht es um die Verdaulichkeit der Faserfraktion (NDF: Neutrale Detergenzien Faser) der Mais- und Grassilage. Sie hat u. a. einen großen Anteil daran, wie viel Trockenmasse die Kuh täglich frisst und damit wie viel Milch sie geben kann. Der Anteil schnell abbaubarer Faser kann jedoch deutlich zwischen den Silagen schwanken.
Was bedeutet verdaulich?
Unter der NDF-Verdaulichkeit versteht man die Abbaubarkeit der NDF (Zellulose, Hemizellulose und Lignin) im Pansen. Wenn man Grundfutter verfüttert, das eine hohe Verdaulichkeit der Gerüstsubstanz – nicht eine hohe Menge an NDF – aufweist, erhöht sich die Abbaurate bzw. die Passagerate des Futters im Pansen, die Pansenfüllung nimmt nach der Futteraufnahme rasch wieder ab.
Eine schnelle Abnahme der Pansenfüllung wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass die Kuh neues Futter aufnehmen kann. „Wir erreichen mithilfe hoch verdaulicher Futtermittel durchaus TM-Aufnahmen von 28 bis 30 kg am Tag“, erklärt Fütterungsberater Thomas Mitzscherlich. Dabei darf auf der anderen Seite nicht vergessen werden, dass es in Hochleistungsrationen für die Pansenphysiologie auch wichtig ist, einen ausreichenden Anteil unverdaulicher NDF (uNDF240) in der Ration zu haben.
Hohe Stärkegehalte in der Ration für eine adäquate Energieversorgung sind aufgrund der höheren Futteraufnahme (Energie kommt auch aus der NDF) in der Regel nicht notwendig, sodass auch Pansenazidosen verhindert werden können.
Wenn man Grundfutter verfüttert, das eine hohe Verdaulichkeit der Gerüstsubstanz aufweist, erhöht sich die Abbaurate bzw. die Passagerate des Futters im Pansen.
(Bildquelle: Ostermann-Palz)
Zielwerte für Verdaulichkeit
Das Ausmaß der Abbaubarkeit hängt vom Futtermittel selbst und der Verweilzeit im Pansen ab. Um die Abbaubarkeit einschätzen zu können, wird u. a. der NDFd30 -Wert (in % NDF, keine Standard-Analyse) herangezogen. Dieser gibt an, wie viel Faser nach 30 Stunden (mittlere Verweilzeit eines Futtermittelpartikels bei hoher Futteraufnahme) bereits verdaut wurde. Zielwerte sind:
Mais > 55% NDFd30
Gras > 60% NDFd30
Doch welche Faktoren beeinflussen, wie verdaulich die Faserbestandteile der Grundfuttermittel sind? Die Verdaulichkeit wird von verschiedenen Faktoren bestimmt, die sich mehr oder weniger beeinflussen lassen. Dazu gehören u. a. die Sortenwahl, der Erntezeitpunkt, Feld- und Siliermanagement sowie das Wetter. Extreme Trockenperioden oder starke Regenfälle während der Aufwuchsphase des Mais verschlechtern die Verdaulichkeit. Bei Starkregen z. B. erhöht die Pflanze die Lignin-Produktion (nahezu unverdaulich) um die Standfestigkeit zu verbessern.
Die richtige Maissorte finden
Bei der Wahl der Maissorte sollte man daher auf die Restpflanzen-Verdaulichkeit achten. Einige Saatgut-Unternehmen weisen diese Verdaulichkeit aus. Aber auch ohne diese Hinweise ist es möglich eine Sorte mit hoher NDF-Verdaulichkeit zu finden. Denn der Energiegehalt einer Maissorte setzt sich sowohl aus dem Stärke- und Zuckergehalt als auch aus der Menge an Zellwandbestandteilen zusammen. Eine Sorte also, die sich z. B. im Landessortenversuch energiereich zeigt, dabei aber einen verhältnismäßig niedrigen Stärkegehalt aufweist, wird im Umkehrschluss eine höhere Faserverdaulichkeit mitbringen.
Bei der Wahl der Maissorte sollte man daher auf die Restpflanzen-Verdaulichkeit achten.
(Bildquelle: Ostermann-Palz)
„Reine Körnermaissorten, welche die Energie in erster Linie nur über die Stärke liefern, sind dann unter Umständen weniger geeignet“, so Norbert Erhardt, LWK NRW. Auch die Siloreifezahl hat keinen Einfluss auf die Faserverdaulichkeit. Gut geeignet sind Sorten mit niedriger Körnerreifezahl in Kombination mit höherer Siloreifezahl. Das lässt reife Körner an einer noch grünen Pflanze erwarten.
Die Nutzung von Stay-green-Sorten bedeutet nicht grundsätzlich eine bessere Verdaulichkeit. Das mögliche Erntezeitfenster ist sicherlich etwas größer, dennoch muss damit nicht zwangsläufig eine höhere Verdaulichkeit der Restpflanze einhergehen.
Mais: Nicht auf die letzte Stärke warten
Neben der Sortenwahl hat der Erntezeitpunkt einen entscheidenden Einfluss auf die Abbaubarkeit der Gerüstsubstanz. Dabei sollte man nicht unbedingt mehr nach dem letzten Stärkegehalt-Prozent schauen. Denn eine Zunahme des Stärkegehaltes geht automatisch mit einer Verschlechterung der Verdaulichkeit der Gerüstsubstanz einher.
„Wir setzen sowohl bei mais- als auch grasbetonten Rationen eher auf Maissilage mit hoch verdaulicher NDF, als auf hohe Stärkegehalte. Denn benötigt man tatsächlich noch Stärke in der Ration, lässt sich diese eher zum Beispiel über Gerste zukaufen, als dass man hoch verdauliche NDF zukaufen könnte“, erklärt Thomas Mitzscherlich. Dies ginge höchstens über den Zukauf von Trockenschnitzeln.
Als Zielwert gilt ein Trockensubstanz-Gehalt der Gesamtpflanze von 28 bis 35 % bzw. des Maiskolbens von 50 %.
Thomas Mitzscherlich
Um den optimalen Erntezeitpunkt zu ermitteln, macht es Sinn – das haben unter anderem Auswertungen der LKS Lichtenwalde ergeben – den Trockenmassegehalt der gesamten Pflanze zu ermitteln. Als Zielwert gilt für Thomas Mitzscherlich ein Trockensubstanz-Gehalt der Gesamtpflanze von 28 bis 35 % bzw. des Maiskolbens von 50 %. „Bei diesen Trockensubstanz-Gehalten sind die Pflanzen durchaus noch grün. Dieses Reifestadium bzw. Erntezeitpunkt wird in vielen Betrieben, gerade in trockenen Jahren, noch deutlich überschritten“, erklärt der Fütterungsberater.
Moderne Mechanisierung, eine durchgeplante Ernte und die stetige Kontrolle der Fütterung sind wichtige „Mais-Erfolgsfaktoren“ im Betrieb Tönsfeuerborn.
Neben dem Erntezeitpunkt lässt sich auch über die Schnitthöhe die Verdaulichkeit verbessern. So verbleibt beim Hochschnitt ein Großteil der unverdaulichen Faser auf dem Feld.
Tipp: Um den TM-Gehalt des Maises zu bestimmen, sollte man an mehreren Stellen fünf Pflanzen der Reihe nach, möglichst bodennah (erster Knoten), abschneiden. Dann die Pflanzen häckseln (Garten- oder Holzhäcksler) oder klein schneiden und anschließend z. B. mit dem Dörrobst-Trockner den TM-Gehalt bestimmen. Mit der Messung bereits im August beginnen.
Benötigt man tatsächlich noch Stärke in der Ration, lässt sich diese eher z.B. über Gerste zukaufen
Thomas Mitzscherlich
Gras früh schneiden
Der Schnittzeitpunkt ist für die Abbaubarkeit wichtig, weil der NDF-Gehalt bei Gras ansteigt, je später es geschnitten wird. Der optimale Zeitpunkt liegt kurz vor dem Ähren-/Rispenschieben der Hauptbestandsbildner. Die Grassilage sollte dann idealerweise einen Rohfasergehalt von ca. 22 % in der TM aufweisen.
Der Schnittzeitpunkt ist für die Abbaubarkeit wichtig.
(Bildquelle: Ostermann-Palz)
Danach verschlechtert die Lignin-Einlagerung zunehmend die Verdaulichkeit. Zeitnah überprüfen lässt sich dies z. B. über Frischgrasproben vor der Ernte. Gras mit einer höheren Differenz zwischen NDF-Gehalt und ADF-Gehalt enthält viel von der leicht abbaubaren Hemizellulose. Eine gute Verdaulichkeit weisen z. B. Welsches Weidelgras oder auch Rohrschwingel (weichblättrige Sorten) auf.
Ein früher erster Schnitt legt die Basis für eine hohe Qualität aller folgenden Schnitte. Auch bei diesen sollte, wenn das Wetter und die Vegetation es zulässt, nicht erst nach vier Wochen, sondern wenn möglich, etwas früher geschnitten werden. Diese Empfehlungen gelten immer unter der Voraussetzung, dass ausreichende Futtermengen zur Verfügung stehen.
Hendrik Dann
Milcherzeuger
Verdauliche Faser, aktivere Kühe
In den letzten Jahren hat sich bei der Herde von Hendrik Dann (Bad Wünneberg, NRW) einiges getan. So hat sich die Tagesmilchleistung von 35 l auf derzeit 42 l erhöht. „Wir haben die Rationen mithilfe des CNCPS-Systems umgebaut und ¬setzen u. a. stärker auf hoch verdauliche Faser. Gleichzeitig haben wir die fermentierbare Stärke auf 20 % begrenzt. Seitdem gehen die Kühe häufiger zum Melkroboter und geben mehr Milch“, freut sich Hendrik Dann. Das aktivere Verhalten mit 3,0 Melkungen erklärt er sich damit, dass die Kühe nicht mehr durch hohe Stärkegehalte zu „satt“ sind. Die Kühe fressen mehr und seien -dadurch aktiver und mehr am Melkroboter und dem Kraftfutter interessiert.
„Wir haben Gras- und Maissilage im vergangenen Jahr deutlich früher geerntet. Den Mais haben wir gehäckselt als er noch grün war. Aber er melkt jetzt sehr gut!“
Zur Herstellung einer guten Maissilage gehört unbedingt die Kontrolle von Häckselqualität und Kornaufschluss in der Ernte. Diese drei Tools sind praxistauglich.
Silomanagement ist an 365 Tagen angesagt. Drei hilfreiche Tipps aus der Praxis für mehr Ordnung in Fahrsilos und gegen Verluste bei Grassilage und Maissilage.