Tierarztpraxis an der Güterstraße und Kuhblick GmbH
Es gibt zwei Punkte zum Thema Wasser im Rinderstall, bei denen es keine Kompromisse geben sollte: Eine ausreichende Wassermenge auch bei maximaler Auslastung sowie die Qualität nach Trinkwasserverordnung. In der täglichen tierärztlichen Betreuung von Milchkuhbetrieben hat sich in den letzten Jahren zunehmend gezeigt, wie wichtig der Betriebscheck in Bezug auf Wasser geworden ist. Wasser und dessen Eigenschaften spielen dabei nicht nur hinsichtlich der Aufnahmemenge eine bedeutende Rolle, sondern auch bei der Reinigung der Melktechnik und der Zugabe in den Mischwagen.
1. Mängel aufdecken
Wer kennt das nicht: Kurz die Stiefel während der Melktechnik-Reinigung säubern und schon merkt man, dass zu wenig Wasserdruck vorhanden ist. Ebenso ungerne bekommt man die Fehlermeldung „Wassermangel“ vom Melkroboter während der Hauptspülung. Kann der Roboter trotzdem ausreichend gut reinigen? Und wird das Problem größer, wenn das Wasser auch noch eine schlechte Qualität hat? Ein einfacher Check: Während der Melkstand-Reinigung zwei Euterduschen gleichzeitig betätigen bzw. während der Hauptreinigung des Melkroboters zwei Tränken säubern, um die Wasserversorgung zu überprüfen.
Das Problem mangelnder Wasserversorgung wird u. a. aufgrund wachsender Tierbestände größer. Müssen größere Tierzahlen versorgt oder ein Stall erweitert werden, werden häufig vorhandene Leitungssysteme verlängert und nicht dem tatsächlichen Bedarf angepasst. Hierbei kann das Problem zu geringen Wasserdrucks und einer starken Ausbreitung der Keime aus den alten Leitungen entstehen, da sie in neuen bzw. erweiterten Leitungen plötzlich viel Raum haben.
Sind Wasserprobleme bekannt, sollte man die Wasserversorgung im neuen Stall schon vor dem Einzug überprüfen lassen und im Idealfall vorab die Auslastung berechnen, um eine angepasste Wasseranlage zu installieren. Insgesamt können zu wenig Wasser sowie mit Bakterien und Toxinen belastetes Wasser zu einer mangelhaften Reinigung der Melkanlage, einem Verkeimen der Rohrleitungen und einer rückläufigen Tränkewasseraufnahme führen. Das wiederum beeinträchtigt Eutergesundheit, Immunabwehr und Milchleistung.
Standardisierte bakteriologische Wasseruntersuchungen sagen oft nur die halbe Wahrheit. Ein Tupfern der Leitungswände gibt genauere Auskunft, ist in der Praxis aber oft schwierig umzusetzen.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
2. Wasser desinfizieren
Wie lässt sich das „Problem Wasser“ nun näher analysieren und gegebenenfalls beheben?
Standardisierte bakteriologische Wasseruntersuchungen sagen oft nur die halbe Wahrheit, da Gesamtkeimzahl (0 bis 100 koloniebildende Einheiten/ml), pH-Wert (6,5 bis 9) und Wasserhärte (8 bis 15° dH, deutsche Härte) je nach Zeitpunkt, Ort und Durchfluss extrem schwanken.
Ein Tupfern der Leitungswände gibt genauere Auskunft, ist in der Praxis aber oft schwierig umzusetzen. Einen ersten und einfachen Hinweis liefert dagegen oft die Melktechnik (Wasserdruck und Tupfern).
Bestätigen sich Wassermängel hinsichtlich Qualität, kann eine Wasserdesinfektion wie folgt weiterhelfen: Neben dem schnellen Keimwachstum unterliegen Wasserleitungssysteme im Stall einem ständigen Neueintrag von Keimen/Bakterien über die Tränken. Von dort wachsen Mikroorganismen rückwärts, also gegen den Wasserstrom in die Wasserleitung.
Diesen sogenannten retrograden Keimeintrag zu minimieren, ist neben der Abtötung der sich im Wasserfluss befindlichen Bakterien die Hauptaufgabe eines Desinfektionsverfahrens.
Wichtig ist dabei, die Bakterienbeläge vorsichtig zu lösen, um zu vermeiden, dass ein massives Ablösen des Biofilms die Tränken verstopft oder Tiere mit erheblichen Keimmengen belastet. Ein häufig eingesetztes Verfahren ist die Desinfektion mittels Chlordioxid (vollautomatisiertes System oder Tabletten).
Bei jedem Verfahren ist die vorgelagerte Diagnostik entscheidend. Denn jedes Wasser und jedes Wassersystem ist anders, daher gibt es kein Standardverfahren für jeden Betrieb.
Die wichtigsten Kriterien bei der Wasserdesinfektion sind messbare Werte und ein Gesamtkonzept! Auch wenn der gesamte Prozess im Idealfall von dem zuständigen Tierarzt und/oder Berater begleitet wird, müssen die Eindosier-Konzentration sowie ggf. die Wasseraufnahme (Wasseruhr) täglich messbar sein und konsequent kontrolliert werden. Das gilt ebenso für die Faktoren Tiergesundheit und Milchleistung.
Achtung: In Stressphasen (z. B. Sommerhitze, Futterwechsel etc.) sollte nicht mit der Wasserdesinfektion gestartet werden.
Eine verbesserte Wasserversorgung kann nicht alle Probleme lösen! Vielmehr geht es darum, die Immunabwehr der Kühe zu stärken und negativ beeinflussende Faktoren zu minimieren.
(Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck)
Zwei Praxiserfahrungen
Welche Auswirkungen die Einbindung in den Produktionsprozess Wasser haben kann, zeigen die Ergebnisse von zwei Beispielbetrieben im Folgenden: Beide Betriebe melken automatisch und erreichen eine jährliche Herdenleistung zwischen 11.500 und 12.500 kg Milch, eine Lebenstagsleistung von 19,5 kg Milch und eine Remontierungsrate von unter 25 %. Trotz vorheriger, intensiver Beratung und Optimierung in allen Bereichen ließen sich Zellzahlprobleme und häufig auftretende, akut zu behandelnde Mastitisfälle nicht reduzieren.
Beispielbetrieb A:
Trotz optimiertem Management in allen Bereichen lag die Zellzahl der Tankmilch in diesem Betrieb fast durchweg deutlich über 250.000 Zellen/ml Milch. Auch die Behandlungshäufigkeit von Mastitiden war unbefriedigend hoch. Die bakteriologischen Wasserproben zeigten ein gutes Ergebnis. Mit Einbau der Wasserdesinfektion in Form von Chlordioxid hat sich die Situation leicht verbessert, allerdings gab es weiter große Schwankungen der Messwerte innerhalb der täglichen Kontrollen. Schließlich wurde ein Ultraschall-Verfahren ergänzt, um den Biofilm zu bearbeiten. Das Ergebnis hat gezeigt, dass die Kombination aus Desinfektion und Ultraschall hier ein effizientes Gesamtpaket darstellt hat.
Nach rund einem halben Jahr stellte sich endlich eine Verbesserung ein: Die Maximum- und Minimum-Zellzahlen lagen deutlich enger beieinander, die Gesamtkeimzahl reduzierte sich und auch Mastitis-Behandlungen waren deutlich seltener nötig. Erfolg brachte hier vor allem der Ehrgeiz und das konsequente Messen der Wasserwerte, um die passende Desinfektions-Konzentration zu finden.
Beispielbetrieb B:
Vor ca. sieben Jahren hat der Betrieb neu gebaut und auf Melkroboter umgestellt. Trotz aller Bemühungen lagen die Zellgehalte bei bis zu 350.000 Zellen/ml Milch, hinzukamen immer wieder Behandlungen durch E. coli- und Klebsiellen-Infektionen. Mit Beginn der Chlordioxid-Wasserdesinfektion Ende 2017 verbesserten sich die Zellgehalte, jedoch gab es weiter zu viele behandlungswürdige Entzündungen und zu große Schwankungen. Die Messwerte an der Injektionsstelle des Chlordioxids zeigten eine ausreichende Konzentration, jedoch gab es große Unterschiede zwischen verschiedenen Messwerten der Tränken.
Vermutlich haben sich in den Leitungen unterschiedlich starke Biofilme gebildet, die den Desinfektionseffekt zum Teil reduziert haben. Auch hier lieferte die zusätzliche Installation eines Ultraschalls die Lösung. Durch den Ultraschall wurde der Biofilm abgetragen und gleichzeitig die abgelösten Partikel desinfiziert. Dieses Gesamtkonzept führte schließlich zu einer deutlichen Verbesserung der Zellzahlen sowie eine Reduktion der zu behandelnden Mastitiden.
Nur ein Baustein von vielen!
Auch wenn eine Wasserdesinfektion großen Erfolg bringen kann, sollten erst alle die Herde krankmachenden Faktoren ausgeschaltet werden, bevor in eine Desinfektionsanlage investiert wird. Zudem muss klar sein: Eine verbesserte Wasserversorgung kann nicht alle Probleme lösen! Vielmehr geht es darum, die Immunabwehr der Kühe zu stärken und negativ beeinflussende Faktoren zu minimieren. Die Wasserdesinfektion kann also ein Baustein sein, um die Toleranzbreite der Tiere gegenüber negativen Faktoren zu erhöhen, um langfristig Behandlungen einzusparen und somit zum Tierwohl beizutragen.
Der Faktor Wasser sollte deshalb unbedingt in Betriebs- und Problemanalysen eingebunden werden. Gleichzeitig müssen andere Faktoren wie Haltung oder Fütterung stetig optimiert werden. Nur ein Gesamtkonzept bringt Erfolg!
Über eine Installation einer Wasseruhr lässt sich zusätzlich die Wasseraufnahmemenge der Kühe kontrollieren,
(Bildquelle: Veauthier)
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