In Zusammenarbeit mit Johanna Mandl, Landwirtschaftskammer Niederösterreich
Johanna Mandl
Landwirtschaftskammer Niederösterreich
Tritt in einem Milchkuhbetrieb BHV1 auf, muss im schlimmsten Fall die gesamte Herde getötet werden – ein Horrorszenario. Auch Mortellaro, Kälberflechte oder Mykoplasmen können sich rasant im Betrieb ausbreiten und große Schäden verursachen.
Während Schweinehalter bereits hohe Standards an Biosicherheit auf ihren Betrieben etabliert haben (u. A. Ein- und Ausduschen), fehlt vielen Milchkuhhaltern noch das Verständnis für Biosicherheit. Zu diesem Ergebnis kam auch die 2020 veröffentlichte PraeRi-Studie. Dass Hygienemaßahmen und gute fachliche Praxis oft nicht eingehalten werden, kann daran zu liegen, dass Maßnahmen im Arbeitsalltag zu viel Zeit kosten. Welche Maßnahmen sind realistisch, um die Herde vor einer Verschleppung von Keimen zu schützen?
Keine Erreger hineinlassen
Das größte Risiko von Keim-Einschleppung geht von Personen aus, die selbst viel mit Kühen zu tun haben: Berufskollegen, Tierärzte, Klauenpfleger, Viehhändler, Besamungstechniker und Kontrolleure. Umso mehr Personen auf den Betrieb kommen, umso größer ist das Risiko einer Einschleppung. Kommunizieren Sie daher mit allen Besuchern, dass sie sich nur in den relevanten Bereichen aufhalten.
Besucher auf dem Betrieb sollten sich nur in den für die relevanten Bereichen aufhalten anstatt durch den ganzen Stall zu laufen.“
Johanna Mandl, Landwirtschaftskammer Niederösterreich
Hilfreich kann sein, einen eindeutigen Eingangsbereich zu gestalten, der für Besucher leicht zu erkennen und zu erreichen ist, z. B. in unmittelbarer Nähe vom Parkplatz. Dort können Sie ein Schild mit der Handynummer des Betriebsleiters anbringen und Besucher dort abholen. So verhindern Sie, dass betriebsfremde Personen nicht erst über den ganzen Betrieb oder durch den Stall laufen müssen. Vorlagen für weitere Stall-Beschilderung für mehr Biosicherheit finden Sie hier. Auch bei Besuchen von Ausstellungen oder Auktionen erhöhen Sie das Ansteckungsrisiko.
Sie können zudem den Besucherverkehr so lenken, dass alle Besucher direkt zum relevanten Bereich fahren. Lassen Sie z. B. den Fütterungsberater direkt ans Silo fahren, wenn er eine Siloprobe ziehen will, ohne erst durch den ganzen Stall zu laufen. Viehhändler kommen weniger mit der Herde in Berührung, wenn Zu- und Verkäufe über eine Verladebox am Betriebsrand organisiert werden. Dasselbe gilt für Kadaverbehälter. Diese liegen idealerweise am Betriebsrand, sodass die Tierkörperbeseitigung nicht über den Hof fahren muss. Denn schon das Befahren der Hofstätte kann krankmachende Keime von einem Betrieb auf den nächsten verschleppen.
Ein Kadaverhaus am Betriebsrand sorgt dafür, dass die Tierkörperbeseitigung nicht über den ganzen Betrieb fahren muss.
(Bildquelle: Hünnies)
Alle Zuwege sollten befestigt und zu reinigen sein. Schreiben Sie den Fahrern von evtl. kontaminierten Fahrzeugen (Tankwagen, TKB, Güllefass) die Wege vor. Gemeinsam genutzte Maschinen und Geräte (z. B. mobiler Klauenpflegestand, Futtermischwagen) müssen sauber den Betrieb verlassen und auch sauber wieder auf den Hof gelangen. Dafür alle Geräte, die betriebsübergreifend genutzt werden, vor jedem Verlassen des Hofs reinigen und besser noch desinfizieren.
Bis zu 100 kg Dreck können sich im Futtermischwagen verstecken! Neben der Wartung wirkt sich vor allem die Hygiene im Mischwagen auf den Fütterungserfolg aus.
Hindernisse für Erreger einbauen
Hygieneschleusen bzw. strikt getrennte Schwarz-Weiß-Bereiche sind auf Milchkuhbetrieben ohne großen Aufwand kaum praktisch umsetzbar, da die meisten Kuhställe offen gestaltet sind. Sie können aber bei Besuchern auf Eimal-Overalls und Stiefelüberzieher bestehen. Stellen Sie für regelmäßige Gäste wie Tierarzt, Melker oder Fütterungsberater am Haupteingang zum Stall betriebseigene Stiefel und Overalls in verschiedenen Größen bereit. Diese bleiben auf dem Betrieb und werden dort gereinigt. Noch besser ist dazu ein eindeutiges optisches Zeichen am Stalleingang, z. B. eine überdachte Bank zum bequemen Stiefelanziehen und ein Stiefelregal. Ist diese Einrichtung vorhanden, wird sie meist auch genutzt.
Stellen Sie für regelmäßige Gäste am Haupteingang betriebseigene Stiefel und Overalls zur Verfügung.“
Johanna Mandl
Die Verschleppung innerhalb des Betriebs geschieht häufig während der täglichen Routinen. Daher sollten Sie vor dem Gang in den Stall oder dem Wechsel in einen anderen Stallbereich stets Hände und Stiefel reinigen. Dieses wird eher umgesetzt, wenn Handwaschbecken und/oder ein Wasserschlauch mit Gitterrostabfluss zum Stiefelreinigen an den Stalleingängen vorhanden sind.
Vor dm Stalleingang und dem Wchsel zwischen Stallbereichen hilft eine Stiefelreinigung, um mögliche Erreger zu stoppen.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
Auch Schadnager und Fliegen können im Betrieb Keime weiter ausbreiten. Bekämpfen sie deswegen Ratten, Mäuse und Fliegen. Tipps gegen Ratten und für eine effektive Fliegenbekämpfung lesen Sie hier. Auch der Hofhund sollte nicht auf das Futter koten oder Nachgeburten fressen. Achten Sie in diesem Zuge auf gute Betriebshygiene und beseitigen Sie Schmutzecken.
Nach der Getreideernte suchen viele Ratten neue Nahrung. Augen auf und regelmäßig kontrollieren, denn gegen einen leichten Befall können Sie selbst vorgehen!
Checkliste mehr Biosicherheit für Ihre Herde:
• Personenverkehr im Stall auf das Nötigste begrenzen.
• Parkplätze und Treffpunkte ausweisen.
• Tierverladungen am Betriebsrand organisieren.
• Überbetrieblich genutzte Fahrzeuge und Geräte vor und nach der Nutzung reinigen und desinfizieren.
• Overalls und betriebseigene Stiefel (bzw. Stiefelüberzieher) für Besucher bereithalten.
• Wasserschläuche und Abflüsse für Stiefelreinigung sowie Handwaschbecken vor Stalleingängen einrichten.
• Stiefel und Hände vor jedem Stalleingang reinigen.
• Arbeitswege von schwächeren zu robusten Tieren (Kälber und Frischmelker zuerst!).
• Kälber und Frischabkalber von der Herde separieren.
• Kranke und kalbende Kühe voneinander getrennt unterbringen.
• Kranken- und Kalbebereiche nach jeder Nutzung reinigen.
• Zugekaufte Tiere in Quarantänebox unterbringen (oder Blutuntersuchung).
• Kälberiglus nach jedem Durchgang reinigen.
• Vor der Kontrolle oder Behandeln von kranken oder frischgekalbten Kühen und Kälbern Hände mit Warmwasser und Handseife säubern oder Einmalhandschuhe tragen.
• Schadnager und Fliegen rund um den Stall bekämpfen.
Sensible Bereiche schützen
Im Betrieb kann das Verschleppungsrisiko durch kluge Gruppierungen und klar definierte Arbeitswege reduziert werden. Dafür sollten anfällige Tiere wie Kälber separat von der Herde stehen. Diese Tiere sollte man versorgen und kontrollieren können, ohne davor Kontakt mit der gesamten Herde gehabt zu haben.
Sowohl bei der Kontrolle als auch bei anderen Arbeitsgängen wie Füttern und Ausmisten sollte man stets dieselbe Reihenfolge einhalten: zuerst schwächere Tiere wie neugeborene Kälber und Frischabkalber, dann robustere Tiere wie laktierende und trockenstehende Kühe.
Auch andere Stallbereiche sind für Erreger anfälliger als andere und sollten bei der Stallhygiene besonders beachtet werden: