Wenn neugeborenen Kälber Durchfall bekommen, brauchen sie umgehend orale Elektrolyttränken (ORT), die den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ausgleichen. Die passenden Produkte, richtig angewendet schützt vor schweren Krankheitsverläufen, erspart die Infusionsbehandlung und verhindert Todesfälle. In der Praxis sterben immer noch (vorsichtig geschätzt) bis zu 5% der Kälber an der Durchfallerkrankung. Im Folgenden nennen wir die fünf häufigsten Fehler beim Umgang mit durchfallkranken...
Wenn neugeborenen Kälber Durchfall bekommen, brauchen sie umgehend orale Elektrolyttränken (ORT), die den Flüssigkeits- und Elektrolytverlust ausgleichen. Die passenden Produkte, richtig angewendet schützt vor schweren Krankheitsverläufen, erspart die Infusionsbehandlung und verhindert Todesfälle. In der Praxis sterben immer noch (vorsichtig geschätzt) bis zu 5% der Kälber an der Durchfallerkrankung. Im Folgenden nennen wir die fünf häufigsten Fehler beim Umgang mit durchfallkranken Kälbern:
Fehler Nr. 1: Milch absetzen
Wer meint, dass die Milchverdauung den gereizten Darm belastet und deshalb durchfallkranken Kälbern mehrere Tage keine Milch und nur ORT Tränke anbietet, verschlimmert das Krankheitsbild. Den Kälbern fehlt dann neben Flüssigkeit und Elektrolyten vor allem Energie, die sie für den Erhaltungsbedarf und das Gesundwerden brauchen.
Fehler Nr. 2: Hauseigene Mischung
Die eigene Herstellung von ORT-Tränken hört sich einfach an: 1 Liter Wasser, 1 Esslöffel Traubenzucker, 1Teelöffel Salz und etwas Backsoda (Bikarbonat). So wurde das in der Vergangenheit sogar von Tierärzten empfohlen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es aus verschiedensten Gründen zu Mischfehlern mit fatalen Folgen für die Kälbergesundheit (Kochsalzvergiftung) gekommen ist.
Lebensgefährliche Kochsalzvergiftung
Von einer akuten Kochsalzvergiftung spricht man, wenn die Natrium-Konzentration im Blutserum über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden über 160 mmol/l liegt. Die Körperzellen schwellen an, was unter anderem zu einem lebensgefährlichen Hirnödem führen kann. Wenn die Wasserversorgung mangelhaft ist, kann das Kalb leichtere Fälle einer Kochsalz-Überversorgung auch nicht durch vermehrte Harnproduktion ausgleichen. Die Symptome ähneln denen der Lungenentzündung: Fieber, Nasenausfluss, Mattigkeit. In schweren Fällen kommen zentralnervöse Störungen (Krämpfe) und zum Tod.
Fehler Nr. 3: Unkritische Auswahl der ORT-Tränke
Enthält die ORT-Tränke zu viel Zucker, Salz oder fehlt die Puffersubstanz (Bikarbonat; organische Puffer) kann sie dem kranken Kalb genauso schaden wie die falsche selbst gemischte Tränke. Die richtige Zusammensetzung der Elektrolytlösung lautet: Natrium: 90-140 mmol/l, Kalium: 20-30 mmol/l, SID (Puffer): bis 70 mmol/l, Glucose: < 400 mmol/l. Die Gesamtosmolarität soll zwischen 300-600 mmol/l liegen. Die Osmolarität entspricht der Gesamtkonzentration aller in der Tränke gelösten Inhaltsstoffe. Ist der Wert zu hoch oder zu niedrig erschwert das die lebenswichtige Wasseraufnahme aus dem Darm.
Fehler Nr. 4: Planloser Einsatz der ORT-Tränke
Kälber brauchen ab dem ersten Durchfalltag ORT-Tränke. Bei schwerem Durchfall fehlt ihnen bis zu 8 Liter Flüssigkeit, die durch Milch- und Elektrolyttränke ausgeglichen werden muss, um schwere Krankheitsverläufe zu verhindern. Sinnvoll ist die Dokumentation der Milch- und Elektrolytaufnahmen auf einer Kälberkarte an der Box, damit man auf einem Blick sehen kann, wieviel das Kalb heute gesoffen hat. Geht die Aufnahme in den letzten 12 Std. unter den kritischen Wert von 4 Liter, muss der Tierarzt eingeschaltet werden.
Säuft das Kalb weniger als 4 Liter am Tag, muss der Tierarzt kommen!
Prof. Walter Grünberg, Uni Giessen
Fehler Nr. 5: Elektrolyte oder Milch drenchen
Während das Drenchen in den ersten Lebensstunden problemlos vertragen wird, ist das Drenchen von kohlenhydrathaltigen ORT-Tränken, Milch oder Michaustauscher bei älteren Kälbern ein Problem. Beim Drenchen funktioniert der Schlundrinnen-Reflex nicht und die gedrenchten Flüssigkeiten schaden den Pansenmikroben und führen zur Entzündung des Pansens und Übersäuerung des Stoffwechsels (Azidose). Kälber müssen in der Lage sein, ORT-Tränken selbst aufzunehmen.
Fehler Nr. 6: ORT-Tränke in Milch mischen
Wer die ORT-Tränke direkt in die Milch mischt, spart einen Arbeitsgang mit extra Eimer für die Elektrolytlösung mit Wasser. Was sich praktisch anhört, schränkt die Wirksamkeit der ORT-Tränke ein kann bei unsachgemäßer Anwendung für das Kalb sogar lebensgefährlich sein. Denn die Elektrolyte erhöhen die Osmolarität der Lösung auf einen Wert über 640 mmol/l. Um diesen krankmachenden Wert auszugleichen, muss das Kalb freien Zugang zu frischem Wasser aus dem Eimer haben. Wenn der fehlt, kann es zur Kochsalzvergiftung kommen.
Fehler Nr. 7: Ergänzung der ORT-Tränke mit Pillen/Boli
Eine ausbalancierte ORT-Tränke (sh. Punkt 3) muss nicht durch Zusätze (Salz, Bikarbonat) in Pillen- oder Bolusform ergänzt werden, denn das führt dazu zu erhöhter Osmolarität.
Fehler Nr. 8: Wasser erst ab der 2. Lebenswoche
Obwohl die Verfügbarkeit von Trinkwasser für Kälber erst ab der 2. Lebenswoche vorgeschrieben ist, sollte dieses vom ersten Lebenstag an und insbesondere bei an Durchfall erkrankten Tieren zusätzlich zu Milch auch Milchaustauscher und ORT-Tränke zur Verfügung stehen. Vorhandensein von frischen Wasser stimuliert nicht nur die Aufnahme von Raufutter sondern reduziert darüber hinaus das Risiko des Auftretens einer Kochsalzvergiftung.
Die ORT-Tränken sind ein einfaches, kostengünstiges und wirksames Tool bei Kälberdurchfall. Richtig ausgewählt und geplant eingesetzt kann man schwere Folgen von Kälberdurchfall erheblich abmildern und die eine oder andere Infusionsbehandlung vermeiden machen
Viele Milcherzeuger haben Sorge vor vermehrtem Durchfall, wenn sie ihre Kälber ad libitum tränken. Zehn Tipps, wie das Tränkeregime gelingt.
Wenn Kälber mehrmals mit dem Kopf gegen die Boxenwand drücken, könnte das ein Zeichen für eine überdosierte Elektrolyttränke sein.