„Uns droht ein massiver Strukturbruch“, sagte Karsten Schmal, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), in seiner Eröffnungsrede zum 14. Berliner Milchforum. Die Milchbranche sehe sich mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert. Insbesondere nannte er den Artikel 148 GMO, die Novellierung des Tierschutzgesetzes, die Einführung entwaldungsfreier Lieferketten und den Ausstieg aus der Anbindehaltung. „Wir stehen vor tiefgreifenden Veränderungen und müssen jetzt die Weichen...
„Uns droht ein massiver Strukturbruch“, sagte Karsten Schmal, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), in seiner Eröffnungsrede zum 14. Berliner Milchforum. Die Milchbranche sehe sich mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert. Insbesondere nannte er den Artikel 148 GMO, die Novellierung des Tierschutzgesetzes, die Einführung entwaldungsfreier Lieferketten und den Ausstieg aus der Anbindehaltung. „Wir stehen vor tiefgreifenden Veränderungen und müssen jetzt die Weichen für stabile Rahmenbedingungen stellen.“
Das Thema: Zeitenwende in der Milchwirtschaft – wie geht es weiter?
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden diese Rahmenbedingungen besprochen. Insbesondere der
Artikel 148 GMO sorgte für Diskussion. Denn hier gab es unterschiedliche Meinungen.
Dabei schien sich ein großer Teil der 500 Teilnehmenden aus der Branche im Saal sicher zu sein: Ein Eingreifen in die Milchpreisbildung braucht es nicht. Benedikt Langemeyer vom Westfälisch-Lippischen Bauernverband betonte, dass bei der Abstimmung über die Einführung des Artikels 148 bei der BMEL-Veranstaltung im letzten Jahr eine Mehrheit dagegen gestimmt habe. Er sei frustriert darüber, dass es nun doch zu einer Einführung kommen soll.
„Wir haben eine Dysfunktionalität des Marktes“, erklärte hingegen Dr. Ophelia Nick. Mit dem Artikel 148 wolle man die Marktstellung der Landwirte stärken. Die Ablehnung des Artikels stehe im Widerspruch zu der Frustration, die sich auf der Straße bei den Bauernprotesten gezeigt habe, so die Staatssekretärin.
Christian Schmidt vom Bauernverband Sachsen-Anhalt meldete sich aus dem Publikum zu Wort und positionierte sich als Befürworter des Artikels. „Wir brauchen mehr Geld auf den Betrieben und wir brauchen eine Risikoabsicherung“, erklärte er.
Weit entfernt von einer Entbürokratisierung
In einem Punkt waren sich alle auf dem Podium einig: Der bürokratische Aufwand für die Betriebe muss reduziert werden. Nur das „Wie“ warf viele Fragen auf. „Die Grenze der Verwaltbarkeit ist überschritten“, sagte Wolfram Günther, Staatsminister im Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft. Natürlich müsse man aktuelle Probleme lösen, aber das so bürokratiearm wie möglich.
Die Grenze der Verwaltbarkeit ist überschritten.“
Wolfram Günther, SMEKUL
Dr. Ophelia Nick entgegnete, dass man zum Bespiel beim Thema entwaldungsfreier Lieferketten daran arbeite, dass es für die Landwirte mit so wenig Klicks wie möglich gehe. Auch der Artikel 148 werde nicht mehr Bürokratie für die Milcherzeuger bedeuten.
Alle wollen Bürokratie abbauen, trotzdem gelingt es nicht.
Hans Holtorf, frischli Milchwerke GmbH
Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, meldete sich aus dem Publikum zu Wort: Bürokratieabbau könne nur gelingen, wenn man bestehende Sonderegelungen für Deutschland abschaffe und zu den europäischen Vorgaben zurückkehre.
Viele Betriebe überlastet
Dass viele Betriebe bereits nah an der Belastungsgrenze sind, zeigt eine Studie des Thünen-Instituts, die Dr. Birte Lassen am nächsten Tag in einem Vortrag vorstellte. Ihre Befragungen ergaben, dass fast 60 % der Betriebsleiter weder regelmäßig freie Tage in der Woche haben noch regelmäßig Urlaub nehmen. Über 70 % der Betriebsleiter empfinden ihre Arbeitsbelastung als hoch und kaum zu bewältigen. Immer strengere Auflagen und zunehmende Bürokratie können dazu führen, dass die Belastungsgrenze endgültig überschritten wird.
Milchpreise – was erwartet uns?
Neben Bürokratie und neuen Gesetzen sorgen sich viele Landwirte auch um die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe. Monika Wohlfahrt, Geschäftsführerin der Zentralen Milchmarktberichterstattung (ZMB) zeigte in ihrem Vortrag, in welche Richtung sich der Markt drehen wird. Mehr dazu in der Milchwoche:
Es ist unwahrscheinlich, dass die Milchpreise in den nächsten Monaten steigen. Dafür gibt es zu viel Milch auf dem Markt und zu wenig Nachfrage.
Was ist das Fazit? (Kommentar)
Bereits in der Einleitung der Veranstaltung machte Karsten Schmal (DBV) deutlich: Die im Titel des diesjährigen Milchforums angesprochene Zeitenwende ist längst da. Die Herausforderungen für die Milchkuhbetriebe nehmen zu. Der Strukturwandel schreitet fort. Die Frage, wie es weiter geht, konnte allerdings auch auf dem Berliner Milchforum niemand konkret beantworten.
Auch wenn sich alle eine „Entbürokratisierung“ wünschen, scheint mit kommenden Auflagen das Bürokratiemonster eher noch größer zu werden. Dass das der Branche Sorgen bereitet, zeigten die vielen emotionalen Wortmeldungen. Bleibt zu hoffen, dass die politischen Entscheidungsträger genau zugehört haben und ihren Worten künftig tatsächlich Taten folgen lassen.
Das Berliner Milchforum wird alljährlich gemeinsam vom Deutschen Bauernverband (DBV) und Milchindustrie-Verband (MIV) ausgerichtet.
Zum Weiterlesen:
Lassen sich faire Milchpreise nur durch den Gesetzgeber „durchsetzen“ oder können die Marktteilnehmer das untereinander klären?
Das BMEL hat einen 4-Punkte-Plan für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung vorgelegt. Kernpunkte sind Milchlieferverträge und die Grünlandextensivierung.