4 Punkte-Plan des BMEL

Alles, nur keine Zukunftsvision!

Das BMEL hat einen 4-Punkte-Plan für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung vorgelegt. Kernpunkte sind Milchlieferverträge und die Grünlandextensivierung.

Basierend auf den Diskussionen der Milchkonferenz im August 2023 hat das Landwirtschaftsministerium in Berlin (BMEL) einen 4-Punkte-Plan für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung vorgelegt (4-Punkte-Plan: Zukunftsfähige Milchviehhaltung stärken – Maßnahmenpapier als Follow-Up zur BMEL-Milchkonferenz im August 2023). Dem Konzeptpapier ist zu entnehmen, wie man in Berlin hofft, die Milcherzeugung „zukunftsfähig“ gestalten zu können. Konkret:

1.       Stellung der Erzeugerinnen und Erzeuger am Milchmarkt stärken

Milcherzeuger sollen dabei unterstützt werden, bessere Preise zu erzielen. Erreicht werden soll dies durch die nationale Anwendung des Artikel 148 GMO zur Gestaltung der Lieferbeziehungen. Der Artikel 148 GMO bietet die Möglichkeit, einen schriftlichen Vertrag vorzuschreiben, in dem Milchpreis und Liefermenge geregelt sind. Eigentlich betrifft dieser Artikel nur die Geschäftsbeziehungen von Milcherzeugern und privaten Milchverarbeitern, nicht jedoch von genossenschaftlich organisierten Molkereien. Doch laut dem BMEL sind Molkereigenossenschaften nur von der Vertragspflicht ausgenommen, wenn deren Satzungen oder Lieferordnungen Bestimmungen enthalten, die eine ähnliche Wirkung haben. Erfüllen Genossenschaften die Anforderungen des Artikel 148 GMO in ihrer Satzung oder Lieferordnung nicht, so muss auch hier nachgesteuert werden.

Milcherzeuger erfahren in der Regel erst Wochen nach der Ablieferung, welchen Preis sie für ihre Milch erhalten. (Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)

2.       Zukunftsfähige Milcherzeugung mit zielgerichteten Fördermaßnahmen stärken

Erklärtes Ziel des BMEL ist es, die dauerhafte Grünlandnutzung in Deutschland zu stärken und zu sichern. Allerdings setzt man im BMEL verstärkt auf die Extensivierung des Grünlands (siehe auch Punkt 3)! Stolz ist man denn auch darauf, dass bereits mehrere Öko-Regelungen (auch Eco-Schemes genannt) für Grünland eingerichtet werden konnten, u.a. die Anlage von Altgrasstreifen oder die Förderung der Extensivierung von Dauergrünland.
Gefördert werden soll künftig auch die Diversifizierung der Absatzstrukturen für Milch. So sollen u.a. neben regionalen Bio-Wertschöpfungsketten, auch solche für kuhgebunden aufgezogene Kälber (aus der Bio-Milchvieherzeugung!) oder von Bio-Heumilch gestärkt werden.

Konferenz

Rückzug aufs Grünland?

von Gregor Veauthier

Viele Wissenschaftler räumen der Milchproduktion, so wie wir sie kennen, keine Zukunft mehr ein. In Berlin wurde ein alternatives Produktionsverfahren vorgestellt.

3. Forschung für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung

Insgesamt soll die Milcherzeugung nachhaltiger ausgerichtet werden. Erklärtes Ziel des BMEL ist es, effiziente und praxisnahe Konzepte für eine klimagerechte Tierhaltung zu entwickeln von denen milcherzeugende Betriebe profitieren können. So werden beispielsweise 1,2 Millionen Euro bereit gestellt, um die Eignung bisher wenig genutzter Leguminosen und Kräuter als Futtermittel zu untersuchen … damit sollen die Grundlagen geschaffen werden für eine verstärkte Integration von Kräutern in Grünlandaufwüchsen (Erhöhung der Biodiversität).
Außerdem gibt das BMEL an, Forschungsprojekte im Bereich Digitalisierung zum Herdenmanagement, zur Verbesserung des Tierwohls, des Umwelt- und Klimaschutzes ebenso der nachhaltigen Tierzucht zu fördern.

4. Tiergesundheit stärken und robuste Nutztierrassen fördern

Der Tierzucht wird im BMEL eine Schlüsselrolle zur Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen zugeschrieben, denn gesunde Rinder und Kühe bedeuten höhere Produktivität und Erlöse bei einer geringeren Umweltbelastung. Das Leitbild des BMEL für die Tierzucht ist denn nach eigenen Angaben auch eine auf Gesundheit und robuste Rassen ausgerichtete Zucht.
Kommentar

Total verpeilt …

Ernst nehmen kann ich die Strategen im BMEL in Berlin nicht mehr. Sorry, aber einen solchen 4-Punkteplan als eine Strategie zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Milcherzeugung zu präsentieren, das zeugt entweder von einer kaum noch zu überbietenden Überheblichkeit oder ist einfach nur total verpeilt!
Bislang ging ich immer noch davon aus, dass im BMEL am Ende doch noch Pragmatismus und Sachverstand überwiegen – doch dem scheint leider nicht (mehr) so! Der 4-Punkteplan ist nichts anderes als der Versuch, die Gemüter stramm konservativer, urgrüner Stammwähler zu beruhigen. Kein einziges wirkliches Problem, mit dem sich Milcherzeuger Tag für Tag herumärgern müssen, wird hier adressiert!
Zum Artikel 148 GMO: Natürlich haben  Milcherzeuger in der Regel keine ausreichende Verhandlungsmacht bei Gesprächen mit ihren Molkereien. Sie erfahren erst Wochen nach der Ablieferung, welchen Preis sie für ihre Milch erhalten. Das ist ein Unding! Allerdings werden sich mit dem Artikel 148 GMO keine höheren Milchpreise durchsetzen lassen! Wenn es denn nur Lieferverträge bräuchte, dann würden ja heute schon die großen MEG’s deutlich über dem AMI-Durchschnitt auszahlen! Dem ist aber nicht so! Und wer glaubt, der Artikel 148 GMO wird dazu führen, dass künftig ein jeder Milcherzeuger seine Vollkosten ansetzen und dann von der Molkerei einen Milchpreis einfordern kann, der höher liegt, hat die Grundzüge unseres Wirtschaftssystems nicht verstanden! So lange in Deutschland und in seinen angrenzenden Nachbarstaaten deutlich mehr Milch erzeugt als im Inland bzw. in der EU abgesetzt werden kann, solange enorme Milchmengen bzw. Milchprodukte exportiert werden müssen, solange wird kein Liefervertrag die Volatilität der Milchpreise bändigen können. @BMEL: Seht das doch endlich mal ein und hört auf, die Milcherzeuger mit falschen Versprechungen ruhig stellen zu wollen! Besser wäre es dafür zu kämpfen, dass keine Milchprodukte mehr auf den deutschen (europäischen) Markt gelangen, welche die extrem hohen (und teuren) Tierwohl- und Umweltstandards in Deutschland (in der EU) unterlaufen. Ja, ich weiß-… das ist nicht so ohne weiteres umzusetzen, aber nur wenn es gelingt einen fairen Wettbewerb zu garantieren, werden die Milchpreise nachhaltig steigen!
Zum Grünland: Milcherzeuger auf Grünlandstandorten sind die Verlierer der GAP 2023, da es für intensiv genutztes Grünland – trotz seiner Leistungen für den Klimaschutz – keine passende „Prämien“ gibt. Anstatt sich etwas einfallen zu lassen, wie die Leistungen der Grünlandbauern besser honoriert werden können, wird im BMEL die Grünland-Extensivierung weiter vorangetrieben. Wer so handelt, der entzieht den Milcherzeugern oder besser ihren Kühen die Futtergrundlage. In Berlin sollte sich niemand wundern, wenn schon bald mehr Grünland verbuscht und verwildert, da es weit und breit keine Kühe mehr gibt, die die (Kultur)Landschaft „offen halten“!

So artenreich in etwa stellt man sich im BMEL das Dauergrünland vor – nur leider eignen sich solche Bestände nicht zur Ernährung von Hochleistungskühen. (Bildquelle: dsv-Saaten)

Zur Förderung einer regionalen Vermarktung: Gut zu wissen, dass sich trotz Finanzkrise im Etat des BMEL noch Fördertöpfe finden, die angezapft werden können, um neue regionale Vermarktungswege zu erschließen. Doch leider profitieren hiervon nur einige wenige (Bio)Milcherzeuger und deren Vermarkter. Die breite Masse der Milcherzeuger wird vergessen – oder sogar vielleicht bewusst ausgegrenzt? Anstatt z.B. alte Kuhställe auf die Haltungsform 3 und damit ein Mehr an Tierwohl zu fördern, sollen Nischenprodukte wie z.B. die muttergebundene Aufzucht gefördert werden – obwohl absehbar ist, dass der Verbraucher für diese teuren Produkte am Ende nicht zahlen wird. Nicht falsch verstehen, ich lehne die Einführung neuer Produktionsverfahren wie die z.B. die muttergebundene Aufzucht nicht ab, doch hier wird der Gaul von hinten aufgezäumt. Bevor neue Vermarktungswege per Dekret „durchgedrückt“ werden, sollten zunächst die neuen Produktionsverfahren u.a. in Pilotbetrieben erstmals auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. Wenn sich dabei diese Verfahren als praxistauglich erweisen, dann erst sollte über die Vermarktung nachgedacht werden.
Bleibt festzuhalten: Dieser 4-Punkteplan trägt bestimmt nicht zur nachhaltigen Sicherung der Milcherzeugung in Deutschland bei. Im Gegenteil, mit den beschriebenen Maßnahmen „fördert“ das BMEL nur den Strukturwandel, die Abkehr von der bäuerlichen Milcherzeugung, deren Erhalt sich der Minister und seine Anhänger doch auf ihre Fahnen geschrieben haben. Warum? Um die Kostensteigerung, die durch immer neue Auflagen und ein Mehr an Bürokratie hervorgerufenen werden, auffangen zu können, muss ein jeder Milcherzeuger unweigerlich immer mehr melken. So werden am Ende die „Großen“ immer größer während die „Kleineren“ weichen! Toll gemacht BMEL!!!
Gregor Veauthier

Lassen sich faire Milchpreise nur durch den Gesetzgeber „durchsetzen“ oder können die Marktteilnehmer das untereinander klären?

 


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