Wer die Anbindehaltung verlassen möchte, muss nicht zwangsweise einen neuen Stall bauen. Manchmal lassen sich vorhandene Kuhställe mit einfachen Mitteln umbauen oder erweitern. Die Musterlösung für einen Umbau gibt es nicht, aber es gibt für fast jeden Betrieb eine individuelle Lösung.
Der Aufwand, die Umsetzung, das Tierwohl, die Arbeitswirtschaft und letztendlich die Kosten müssen dabei gut durchdacht werden. Damit ein Umbau überhaupt sinnvoll ist, sollte man im Vorfeld einige Fragen klären:
Bausubstanz: Ist die Bausubstanz in Ordnung? Kann das bestehende Gebäude ohne aufwändige Umbaumaßnahmen weiter genutzt werden?
Platz am Standort: Ist rund um den alten Stall ausreichend Platz vorhanden? Ein Umbau zum Laufstall benötigt etwa die drei- bis vierfache Fläche der Anbindehaltung. Auch zu bedenken: Ist späteren Generationen am Standort eine Erweiterung möglich?
Brandschutz: Können mit einem Umbau Brandschutz-Regelungen eingehalten werden? Dieses am besten vorab mit Stallplaner und Brandversicherung klären.
Weidezugang: Ist ein Weidezugang möglich? Ein Zugang zur Weide macht Sinn, vor allem, wenn eine Umstellung auf Bio angedacht wird.
Baugenehmigung: Ist ein Stallumbau überhaupt genehmigungsfähig? Das Bauamt bzw. die zuständigen Behörden genehmigen den Umbau am Standort (Emissionen, Baurecht, Wirtschaftlichkeit etc.).
An Kühe angepasst
Einer der wichtigsten Punkte beim Stallumbau ist die Verbesserung des Tierwohls. Kühe benötigen viel Platz, Licht und Luft, was besonders in deckenlastigen Altgebäuden oft nicht realisierbar ist. Es macht also viel Sinn, den Liege-, Fress- und Laufbereich in einen neuen, luftigen Gebäudeteil oder Anbau zu verlegen.
Zusätzliche Liegeboxen können z. B. in Anbauten oder bestehenden Hallen auf dem Hof eingerichtet werden. Wichtig dabei ist, dass die Liegeboxenmasse eingehalten werden. Für Wandboxen rechnet man eine Liegboxenlänge von 2,80 m, bei Doppelboxen mind. 2,50 m. Die Breite sollte bei 1,20 bis 1,25 m liegen. In Sachen Stabilität und Haltbarkeit haben sich gewöhnliche Liegeboxenbügel aus Metall am besten bewährt, die Kühe so lenken, dass sie die Liegeboxen wenig verschmutzen.
Praxisbeispiel 1: Maschinenhalle umnutzen
Dominik Weber, Kreis Unna, 26 Kühe (Rbt, Sbt, Jer; 11.500 kg)
Dominik Weber hat eine angrenzende Maschinenhalle zur Liegehalle umgebaut.
(Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck)
„Wir nutzen seit einiger Zeit eine Maschinenhalle als Liegehalle für unsere Kühe. Dort haben wir 20 neue Tiefboxen eingebaut. Klimatisch ist die neue Liegehalle besonders im Sommer nicht ideal, weil sie in ungünstiger Windrichtung liegt. Deswegen haben wir Ventilatoren eingebaut. Im Winter haben die Kühe dafür einen ruhigen Rückzugsort. Von der Halle haben die Kühe Zugang zu einem Laufhof und einem überdachten, 20 m langen Futtertisch. Den Futtertisch haben wir ebenfalls kostengünstig in Eigenleistung gebaut. Der funktioniert gut, nur bei starkem Wind weht es sehr stark über den Futtertisch. Im Laufhof befinden sich weitere sechs Liegeboxen unter einem angeschleppten Dach, die die Kühe gut annehmen.
Wir melken weiter im Anbindestall. Während des Melkens schieben wir die Flächen in der Halle mit einem Radlader sauber. Festmist kommt auf den Misthaufen, der flüssige Teil in den Güllekeller. Ohne das Güllelager unter dem Jungsviehstall würden wir damit nicht auskommen. Besser wäre ein automatischer Schieber, dafür fehlt aber am Laufhof und der Halle der direkte Zugang zum Güllekeller. Pro Kuhplatz haben wir etwas weniger als 1.000 € investiert. Unser Vorteil war, dass wir eine bestehende Halle und vorhandene befestigte Fläche nutzen konnten. Die Maschinen stehen jetzt in einer anderen Halle. Es ist ein Kompromiss, aber für unseren Standort die beste Lösung.“
Auf dem Laufhof mit einem überdachten, 20 m langen Futtertisch können die Tiere nicht nur draußen Fressen sondern auch im überdachten Bereich sich in den Liegeboxen ausruhen.
(Bildquelle: Hünnies)
Die Laufgänge müssen ausreichend breit dimensioniert werden, damit rangniedere Kühe an ranghöheren Kühen problemlos vorbeilaufen und sie so ihre Komfortzonen einhalten können.
Auch das Stallklima sollte stimmen. Ausreichend große Öffnungen sind für den Luft- und Lichteintrag in den Stall wichtig. Dafür kann man z. B. zusätzliche Tore und Fenster in bestehende Wände einlassen. Allerdings wird es im Winter umso schwieriger, den Stall frostfrei zu halten.
Bei der Gestaltung der Laufgänge müssen auch Elemente wie Bürsten oder Tränken beachtet werden, die nochmal Platz einnehmen und trotzdem die Komfortzone der Tiere bestehen bleibt.
(Bildquelle: Hünnies)
Praxisbeispiel 2: Alten Stall mit Offenfront-Stall erweitern
Sonja und Johann Buchbauer, Landkreis Passau, 29 Fleckvieh-Kühe (8.500 kg)
Sonja und Johann Buchbauer haben kostengünstig einen Liegeboxenbereich an den alten Stall abgebaut und nutzen weiter die Rohrmelkanlage.
(Bildquelle: Hünnies)
„Wir bewirtschaften einen Milchkuhbetrieb mit 29 Kühen. Da wir neben den Kühen noch eine Gastwirtschaft auf unserem Hof betreiben, wollten wir neben dem Tierwohl auch die Arbeitswirtschaft verbessern. Deswegen haben wir vor einigen Jahren einen Offenfront-Laufstall mit 20 Kuhplätzen zwischen den bestehenden Stall und dem Futterlager gebaut.
Der neue Offenstall ist eine einfache Holzkonstruktion mit einreihigen Liegeboxen, geplant von einem örtlichen Zimmerer und in Eigenleistung gebaut. Die Kosten lagen damals 2008 bei 67.000 €, bzw. 3.350 € pro Kuhplatz. Auf eine Förderung haben wir wegen der vielen Auflagen verzichtet.
Die Entmistung im neuen Laufstall übernimmt ein Schieber. Die Erweiterung ist über einen kurzen Treibweg mit dem alten Stall und mit der Weide verbunden. Diesen Weg benutzen wir auch als Ort für die Klauenpflege. In unserem alten Anbindestall haben wir eine Seite vom Futtertisch zu einem Laufstall mit zwölf Liegeboxen umgebaut. Die eingestreuten Tiefboxen funktionieren gut, dort sind unsere altmelkenden Kühe untergebracht. Auf der anderen Seite des Futtertischs nutzen wird die Rohrmelkanlage an den 17 alten Anbindeplätzen zum Melken weiter. Wir nennen es unseren „1 x 17er-Side-by-Side-Anbinde-Melkstand“. Die Milchleistung unserer Kühe ist seit der Erweiterung kontinuierlich gestiegen.
Wir sind mit dem Umbau sehr zufrieden. Das Melken im alten Anbindestall funktioniert noch ganz gut. Eine weitere Arbeitserleichterung ist, dass wir kein Jungvieh selbst aufziehen und die Außenarbeiten im Lohn erledigen lassen. Das rechnet sich für uns besser als die Unterhaltung eines eigenen Maschinenparks. So haben wir noch ausreichend Zeit für unsere Gastwirtschaft.“
Im alten Stall wird eine Seite zu Liegeboxen umgebaut, auf der anderen Seite die Rohrmelkanlage weiter als Melkstand genutzt. Weitere Liegeplätze befinden sich in einem Offenfrontstall nebenan. Quelle: Buchbauer
(Bildquelle: Buchbauer, Grafik: Thiemeyer)
Freiflächenstall im Altgebäude?
Oft werden Freiflächenställe mit Kompost- oder Strohliegeflächen als günstige Alternative angesehen. Diese Systeme haben aber hohe laufende Kosten, einen sehr großen Flächen- und Managementbedarf und benötigen zusätzliche Lagerräume für das Einstreumaterial. Zudem kann z. B. die Eutergesundheit schnell zum Problem werden. In Altgebäuden sind solche Stallformen nicht zu empfehlen.
Im Altgebäude neue Güllekanäle anzulegen, ist schwierig. Die Fundamente der Wände und Säulen dürfen nicht beschädigt werden. Zudem müssen die rechtlichen Anforderungen erfüllt werden. Schieberentmistungen benötigen einen Abwurf und sind bei geraden und möglichst langen Laufwegen sinnvoll und wirtschaftlich. In verwinkelten Ställen mit entsprechenden Laufgangbreiten können auch planbefestigte Laufgänge mit Entmistungsrobotern eine Alternative sein. Dann kann es durchaus sein, dass die bestehende Gülleführung nicht abgeändert werden muss.
Praxisbeispiel 3: Liegehalle zwischen Altgebäuden
Dirk Stiepermann, Kreis Steinfurt, 42 Holstein-Kühe (11.150 kg)
Dirk Stiepermann hat zwischen bestehenden Gebäuden eine Lauf- und Liegehalle gebaut. Der alte Anbindestall ist nun eine Fresshalle.
(Bildquelle: Berkemeier)
„Wir haben unseren Anbindestall 2019 umgebaut. Unsere Milchkühe waren zu groß für die Standmaße der Anbindung geworden, trotzdem wollten wir weiter Milch produzieren. Die hohen Decken, der großzügige Futtertisch und die tiefen Fundamente des Altgebäudes waren eine gute Grundlage für den Umbau.
Den alten Anbindestall haben wir entkernt und zu einer Fresshalle umgestaltet. Der planbefestigte Laufgang wird dort von einem Schieber entmistet. Für eine bessere Belüftung haben wir zusätzlich zwei Tore eingebaut. Im vorderen Bereich können wir drei Liegeboxen abtrennen und dort Kühe zur Besamung separieren. Zwischen dem alten Anbindestall und der Außenmauer eines Schweinestalls haben wir eine Lauf- und Liegehalle gebaut. Darin sind 42 Wasserbetten mit Einstreu, auch hier entmistet ein Schieber. Den unterkellerten Übergang zwischen neuem und alten Stall nutzen wir als Wartebereich vor dem Melken. Wir haben in ein neuen Doppel-5er-Fischgrätenmelkstand investiert. Mit viel Eigenleistung haben Umbau und Melkstand rund 5.680 € pro Kuhplatz gekostet. Die Kühe waren während des Umbaus auf der Weide.
Meine Tipps: Überlegen Sie selbst, wie Ihre Arbeitsabläufe im Stall aussehen sollen. Das wissen Landwirte oft besser als Berater. Holen Sie verschiedene Angebote ein und sprechen Sie die Kosten mit den Anbietern eindeutig und vor dem Kauf ab.“
Außenwände von Gebäuden nutzen: Hier wurde eine Liegehalle zwischen bestehende Gebäude gebaut.
(Bildquelle: Berkemeier)
Altes oder neues Melksystem?
Sind die Bereiche Fressen und Liegen z. B. in einer Fressliegehalle untergebracht, kann es für kleine Betriebe bis ca 20 Kühe eine kostengünstige Möglichkeit sein, die Rohrmelkanlage weiter zu nutzen. Die Kühe können dann zum Melken in den alten Anbindestall getrieben werden und dort mit einem angepassten Fressgitter fixiert werden. Der Einbau eines Melkstands ist hier oft zu aufwendig im Hinblick auf die Reinigung und Arbeitszeit.
Es kann aber auch sinnvoll sein, das alte Stallgebäude zum Melken zu nutzen und dort einen Melkstand nachzurüsten. Die meist dicken Mauern schützen den Melkbereich vor Frost. Zudem kann oft die Milchkammer und somit auch der Anfahrtsweg für den Milchfahrer beibehalten werden. Günstige Melktechnik, die oft noch nicht alt ist, findet man auf dem Gebrauchtmarkt zur Genüge. Gute, gebrauchte Anlagen können Sie schon ab ca. 6.000 Euro kaufen.
Praxisbeispiel 4: Gebrauchte Melktechnik einbauen
Karl Haas und Michaela Lechel, Landkreis Rottal-Inn, 40 Fleckvieh-Kühe (8.200 kg)
Karl Haas hat an eine Liegehalle an den bestehenden Anbindestall angebaut und zusätzlich in einen gebrauchten Melkstand investiert.
(Bildquelle: Hünnies)
„Wir haben früher 25 Kühe im Anbindestall gemolken. Als wir um die 50 Jahre alt waren, haben wir überlegt, ob wir mit den Kühen aufhören oder den Stall umbauen sollen. Dann haben wir beschlossen, eine Liegehalle an den bestehenden Kuhstall anzubauen. Dafür haben wir in viel Eigenleistung im Altgebäude eine Melkgrube freigelegt. Dort haben wir einen gebrauchten 5er-Tandem-Melkstand eingebaut, den wir günstig erweben konnten. Theoretisch ist an dieser Stelle im Stall auch der Einbau eines AMS möglich.
Zusammen mit meinem Sohn, der Maurer ist, haben wir außerdem eine Wand am alten Stall herausgenommen. Daran angrenzend haben wir eine Liegehalle mit 30 Liegeboxen eingebaut. Da der First des Anbaus höher liegt als er alte Stall, kommt viel Licht und Luft in den Anbau. Von der neuen Liegehalle haben die Kühe einen direkten Zugang zur Weide. Die Laufflächen im Stall schieben wir von Hand ab.
Durch die gebrauchte Melktechnik hat der Anbau für die 30 Liegeboxen rund 4.300 € pro Platz gekostet. Wir sind sehr zufrieden mit dem Umbau und hätten das schon viel früher tun sollen! Die Arbeit ist nicht weniger, ist aber schöner geworden. Und wir brauchen weniger Nachzucht, weil die Tiere gesünder sind.“
An den alten Anbindestall (rechts) wurde eine großzügige Liegehalle (links) angebaut.
(Bildquelle: Hünnies)
Auch der Einbau eines AMS ins Altgebäude kann eine Überlegung sein. Die hohen Kosten bringen aber oft das gesamte Bauvorhaben ins Schwanken. Baut man einen günstigen Melkstand ein, kann man zu einem späteren Zeitpunkt immer noch einen Melkroboter nachrüsten. Dadurch wird die finanzielle Herausforderung auf mehrere Etappen aufgeteilt.
Klare Arbeitswege für alle
Bei der Planung und Entscheidung helfen Bauberater, die verschiedene Umbau-Szenarien mit Ihnen durchplanen können. Entscheidend für die Wahl sind vor allem vorhandene Flächen am Stall und das mögliche Investitionsvolumen. Vor allem aber muss der Umbau zu den Zielen des Betriebsleiters passen. Welche Voraussetzungen außerdem gegeben sein müssen, lesen Sie hier:
Ein Stallumbau muss gut durchdacht und vorbereitet werden. Für jeden Betrieb gibt es dabei eine eigene Lösung.
Bei der Planung sollten außerdem die Arbeitsabläufe möglichst intensiv durchdacht werden, sonst hat man später bei der Stallarbeit täglich mit Kompromissen zu kämpfen. Wichtig dabei: Die einzelnen Funktionsbereiche sollten mit kurzen Personalwegen einfach zu erreichen und übersichtlich sein. Zudem kann man im Zuge eines Umbaus eine klare Trennung von Schmutz- und Sauberbereich andenken. Lange Arbeitszeiten und umständliche Arbeitsweisen lassen sich durch gute Planung vermeiden!
Die meisten Milchfarmen in Kanada halten ihre Kühe in Anbindehaltung. Druck aus der Politik gibt es kaum. Trotzdem bauen immer mehr Farmer neue Kuhställe.