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Gerade für kleine Milchkuhbetriebe ist der große Schritt von der ganzjährigen Anbindehaltung zur Laufstallhaltung oft nicht einfach realisierbar. Oftmals sind umfangreiche Investitionen erforderlich. Besonders wenn die Hofnachfolge noch nicht abschließend geklärt ist, rechnen sich diese nicht. Die Kombinationshaltung kann ein erster Schritt sein, um aus der ganzjährigen Anbindehaltung auszusteigen. Die Kosten für einen zusätzlichen Laufhof oder Einrichtung einer Weide liegen dabei deutlich unter den Kosten für einen Um- oder Neubau.
Bei der Kombinationshaltung nach LEH-Kennzeichnung Stufe 2 (privatrechtlich, keine gesetzliche Regelung!) dürfen Kühe weiter in der Anbindung gehalten werden, wenn sie pro Jahr mindestens 120 Tage Auslauf auf einem Laufhof, Weide oder Tiefstreu-Ställen (Abkalbebucht oder Trockensteherbereich) haben. Diese Regelung ist Pro Auslauftag müssen die Kühe dabei mindestens zwei Stunden Bewegung haben können. Dafür sind pro Kuh mind. 4,5 m² Fläche notwendig, die aus mind. 16 m² zusammenhängender Fläche bestehen muss. Zudem stehen Trockensteher und abkalbende Kühe in einer separaten Strohstall.
Die Kombinationshaltung ist bereits bei biologisch wirtschaftenden Kleinbetrieben Pflicht, da die ganzjährige Anbindung dort grundsätzlich verboten ist. Betriebe ohne Weidegang müssen dann einen Laufhof anbieten.
Raus auf hofnahe Weiden!
Gängige Methode bei Kombinationshaltung ist, die Kühe im Sommer auf die Weide lassen und zum Winter im Stall zu halten, ggf. kombiniert mit stundenweisem Auslauf auf einen Laufhof. Sind Weideflächen rund um den Hof vorhanden, sollten diese unbedingt für den Weidegang genutzt werden. Außenklimareize (Licht, Luft, Regen …) verbessern das Tierwohl. Zum anderen profitieren davon besonders Kühe, die Klauenprobleme haben.
Auf hofnahen Flächen können Kühe aus Anbindehaltung während der Weidesaison gut untergebracht werden.
(Bildquelle: Greil)
Die einfachste Möglichkeit der Kombination von Anbindung und Weideauslauf ist eine Vollweide. Während der Weidezeit kommen die Kühe nur zum Melken in den Anbindestall. Bei Vollweide ist eine saisonale Abkalbung hilfreich, um den Weideaufwuchs möglichst effizient zu nutzen.
Reichen die Flächen für eine Vollweide nicht aus, sind auch stundenweises Weiden auf Koppel- oder Portionsweide möglich. Voraussetzung für den Weidegang ist ein Witterungsschutz, besonders an sehr sonnigen Tagen, z. B. Bäume oder Unterstände. Ist dieser nicht vorhanden, kann z. B. auch auf Nachtweide umgestellt werden; die Kühe werden tagsüber im Stall untergebracht. Achtung: Weiden sind keine Selbstläufer, sie erfordern auch je nach Nutzungsintensität Pflegemaßnahmen und kostbare Arbeitszeit!
Laufhof richtig ausstatten
Im Winter oder bei nicht ausreichenden Weideflächen in Hofnähe, bietet ein Laufhof die benötigte Auslauffläche. Dieser kann außen an den bestehenden Stall angebaut oder zwischen zwei Gebäuden als innenliegender Laufhof angeordnet werden und als Verbindungsstück zwischen Alt- und Neugebäude dienen. Weitere Tipps:
Ausrichtung: Optimal ist eine Ausrichtung nach Süden oder Süd-Ost, besonders bei außenliegenden Laufhöfen kann die Morgensonne gut einstrahlen.
Größe und Form: Rechnen Sie bei der Dimensionierung des Laufhofs mit 2,5 m² je GV. Laufhöfe sollten mindestens 5 m breit sein und eine möglichst quadratische, mindestens rechteckige Form ohne spitze Ecken haben.
Laufflächen: Für die Lauffläche gelten dieselben Kriterien wie im Stall: Der Boden im Laufhof sowie die Laufwege im Stall sollten befestigt und trittsicher sein, sodass Kühe nicht rutschen und sich im schlimmsten Fall verletzen.
Ausstattung: Damit die Kühe den Laufhof ausgiebig nutzen, helfen Anreize für die Kühe. Das können Tränken, Lecksteine oder Bürsten sein.
Witterungsschutz: Im Laufhof müssen die Kühe vor Sonne geschützt sein. Dafür sollte ein Teil des Laufhofs überdacht sein. Die Überdachung dient außerdem der Ableitung von Niederschlagswasser. In exponierten Lagen macht es zudem Sinn, den Kühen durch Windschutznetze, Holzverkleidungen der Seitenwände und Hecken Witterungsschutz zu bieten.
Entmistung: Bedenken Sie, dass der Laufhof entmistet werden muss. Bei stationärer Entmistung den Weg des Schiebers einplanen. Eine Zufahrtmöglichkeit sollte bei mobiler Entmistung als auch für Notfälle (z. B. Schneeschieben) eigeplant werden.
Einzäunung: Diese sollte stabil sein, damit der Hof für Mensch und Tier sicher ist. Dabei hilft eine Begrenzung in 1,4 m Höhe aus Rundholz oder Metallrohren. Nach innen und außen schwenkbare Tore einplanen, zudem einen Personenschlupf, um Arbeitswege effizienter zu gestalten und die Arbeitssicherheit zu gewährleisten.
Zugänge: Zwei Zugänge zum Laufhof sind hilfreich, um Blockierungen durch ranghöhere Kühe zu vermeiden. Planen Sie die Zugänge 2,5 m breit (bei Einbahnwegen 90 bis 100 cm). Im Bereich der Zugänge sollte zudem ausreichend viel Ausweichraum sein, der nicht durch Zusatzeinrichtungen wie Tränken oder Raufen blockiert wird.
Für mehr Bewegungsmöglichkeit kann an den bestehenden Stall ein Laufhof angebaut werden.
(Bildquelle: Veauthier)
Viel Platz und ausreichend Tränken
Auch wenn die Kuhplätze im Anbindestall zum Fressen und Melken erhalten bleiben, kann man trotzdem einiges tun, um das Tierwohl zu verbessern. Wenn zum Beispiel am Laufhof nicht ausreichend Platz für einen Futtertisch vorhanden ist, können Fressliegeboxen eine Option sein (Diese können auch in Kombination mit einem Futtertisch im Laufhof eingebaut werden). Dabei wird die Anbindevorrichtung am Kopfende herausgenommen und stattdessen ein entsprechender Bügel eingebaut, der den Kühen Liegen, Fressen, Aufstehen und Stehen am alten Standplatz ermöglicht.
Wichtig dabei ist: Es muss auf den Fressliegeplätzen ausreichend Platz für den Kopfschwung für ein kuhgerechtes Aufstehen vorhanden sein. Besonders bei hohen Krippensockeln können Kühe sonst Schwierigkeiten haben, ohne den benötigten Kopfschwung aufzustehen. Für mehr Bewegungsfreiheit können die Krippensockel eingekürzt werden. Als Begrenzung zur Seite wird ein Seitenbügel eingebaut. Bei Kurzständen können die Liegeboxen mit einer zusätzlichen Kante am hinteren Ende verlängert werden.
Fressliegeboxen können das Tierwohl in bestehenden Anbindeställen verbessern.
(Bildquelle: Veauthier)
Bei Fressliegeboxen und Anbindung ist ein sauberer Futtertisch sehr wichtig. Denn die Kühe stehen oder liegen über lange Zeiträume mit der Nase direkt über dem Futtertisch und können vermehrt Speichel in das Futter eintragen. Achten Sie daher auf sauberes Futter und legen Sie Futter ggf. häufiger nach, wenn sie vermehrt Futter mit Speichelresten finden.
Sie können außerdem die Tränken im Anbindestall verbessern. Kühe können in sehr kurzer Zeit große Wassermengen aufnehmen, 50 bis 150 l Wasser pro Tag. Daher ist der Durchfluss der Tränke entscheidend, damit die Tränke schon während des Saufens wieder aufgefüllt wird. Ziel ist ein Wasserfluss je Tränke von mind. 30 l/min. Reicht die Menge an Wasser nicht, können Sie z. B. größere Tränken einbauen. Gut funktionieren beispielsweise Edelstahltränken, die in der Bullenmast oft eingesetzt werden. Vergessen Sie nicht, die Tränken regelmäßig und sorgfältig zu säubern!
Mehr Licht und Luft hineinlassen
Für ein gutes Stallklima muss möglichst viel Licht und Luft in den Stall kommen können. Neben Hubfenstern können Sie zusätzliche Ventilatoren einbauen. Auch am Fressplatz sollte es hell und luftig sein. Generell gelten für einen Anbindestall dieselben Lichtempfehlungen wie für jeden anderen Kuhstall, also etwa 150 bis 200 Lux über mindestens acht Stunden bei laktierenden Kühen.
Für die Aufrechterhaltung ihrer biologischen Funktionen benötigen Kühe nicht nur gutes Licht. Auch Dunkelperioden sind notwendig. Die wichtigsten Fakten und Tipps.
Haben Kühe tagsüber Zugang zur Weide oder einen Laufhof, müssen sie täglich zum Melken in der Anbindung fixiert werden. Dabei gilt: Legen Sie schmackhaftes Futter vor und binden Sie ranghohe Kühe zuerst an. Rangniedere Kühe zum Schluss einsperren. Wird die Rangordnung in der Herde respektiert, bedeutet das weniger Stress, sowohl für Kühe als auch für den Menschen.
Für Jungtiere gilt: Möglichst draußen halten, um Außenklimareize und die Bewegungsmöglichkeit zu nutzen. Diese bringen neben einer Stressreduzierung auch Vorteile für den Hormonhaushalt, die Mineralisierung der Knochen und eine stabile Muskulatur.
Praxisbeispiel: Kombination mit Weide
Klaus Gistl, Lk. Bad Tölz-Wolfratshausen, 35 Fleckviehkühe (8.200 kg)
Klaus Gistl führt einen Milchkuhbetrieb mit 35 Kühen und kombiniert Anbindehaltung mit Weidegang.
(Bildquelle: Gistl)
„Auf unserem Betrieb betreiben wir schon seit zehn Generationen Kombinationshaltung. Als wir den Betrieb vor ein paar Jahren übernommen haben, sind wir von Portionsweide auf Koppelweide umgestiegen. Für eine Vollweide reichen leider unsere hofnahen Flächen nicht aus. Unsere Kühe sind meist von Mitte April bis Anfang November draußen. Bei Hitze im Sommer stellen wir auf Nachtweide um, dann sind die Kühe in einem gut durchlüfteten Stall besser aufgehoben.
Für unsere Kühe bedeutet die Weide viel mehr Tierwohl. Außerdem haben sie draußen meist saubere Euter und Klauen und das Platzangebot ist auf der Weide einfach unschlagbar.
An die Weide gewöhnen wir unsere Tiere früh: Vom neugebauten Jungrinderstall haben die Fresser ab zwölf Wochen bereits Zugang zur Weide. Ein Teil unserer Jungrinder verbringt den Sommer auf der Alm. Sie kommen als „Weideprofis“ zurück.
Die Kombihaltung schützt unseren Betrieb vor drängenden Maßnahmen und gibt uns noch einige Jahre Zeit, um einen Laufstall zu planen. Müssten wir jetzt sofort in einen neuen Stall investieren, würden die Kosten unsere junge Familie sehr belasten. Wir hoffen darauf, dass die Anforderungen an die zukünftige Milchkuhhaltung in den kommenden Jahren noch klarer werden, bevor wir einen neuen Stall bauen. Die Weide wollen wir aber in jedem Fall beibehalten.
Unser Tipp: Tauschen Sie sich intensiv mit Berufskollegen aus und suchen Sie sich auch fachliche Unterstützung. Es lohnt sich, zu klären, wie eine gute Weide an einem Standort aussehen kann und welche Vorteile sie gegenüber einem Laufhof hat.“
Die Tiere von Klaus Gistl sind von Mitte April bis Anfang November auf hofnahen Weideflächen untergebracht. Bei hohen Temperaturen am Tag wird auf eine Nachtweide gewechselt.
(Bildquelle: Gistl)