Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfarrkirchen
Eine große Investition in den Betrieb macht nur Sinn, wenn die Milchproduktion dort eine langfristige Perspektive hat. Dafür ist viel Leidenschaft für Kühe eine Voraussetzung. Der Erfolg eines Betriebs hängt maßgeblich vom Betriebsleiter ab, nicht vom Stall.
Zum anderen sollte vor einer großen Investition die Betriebsleitung langfristig gesichert sein. Wird der Betriebsleiter noch so lange arbeiten, bis die Kredite abbezahlt sind? Wenn nicht, ist die Hofnachfolge gesichert?
Einen kostenintensiven Um- oder Neubau zu planen, macht zudem erst ab einer Produktivität von 7.500 bis 8.000 kg verkaufter Milch Sinn. Liegt sie darunter, sollten Sie zuerst Ihre Produktionstechnik optimieren. Setzen Sie dabei auf die Unterstützung von produktionstechnischen Beratern!
Genug Arbeitskraft vorhanden?
Wer vor dem Schritt steht, die Anbindehaltung zu verlassen, sollte zunächst seine vorhandenen Ressourcen unter die Lupe nehmen. Schätzen Sie zuerst die vorhandenen Arbeitskapazitäten auf dem Hof realistisch ein. Neben dem Betriebsleiter spielen auch mitarbeitende Familienmitglieder eine wichtige Rolle.
Planen Sie vor dem Umbau, wie Sie und Ihre Familienmitglieder die Arbeitsbelastung (Milchproduktion) künftig stemmen können. Setzen Sie konkrete Ziele, z. B. wie viel Urlaub sein soll oder wie bei Ausfällen die Arbeit organisiert werden kann. Bedenken Sie private Ziele und planen Sie Freiräume für Hobbys und Ehrenämter ein. Finden Sie eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit, damit das Zusammenleben auf dem Hof weiter funktioniert. Kalkulieren Sie dafür den Gesamtzeitbedarf vor und nach einem Umbau.
Ein Beispiel: Ein Milchkuhbetrieb mit 20 Kühen in Anbindehaltung benötigt für die Stallarbeit (20 Kühe, 20 Aufzuchttiere) ohne Außenwirtschaft rund 1.800 Arbeitsstunden (Akh) im Jahr (Übersicht 1). Dazu kommen 150 Stunden für das Betriebsmanagement. Insgesamt fallen 1.950 Akh an. Im Zuge einer Umstellung auf Laufstallhaltung kann der Arbeitszeitbedarf auf 1.550 Akh sinken, da weniger Stallzeit anfällt. Bei einem Umbau mit Verdopplung der Herdengröße hingegen steigen die benötigten Akh je Jahr wieder an.
1. Planungsbeispiele für den Arbeitszeitbedarf
Die ökonomischen Grenzen kennen
Die Kosten für einen Umbau hängen stark von Art, Umfang, Eigenleistung usw. ab. Sie können für rund 50 Kühe (Liegehalle u. Melktechnik in bestehenden Altbau ein- oder angebaut: Lohn, Material und Technik, zzgl. Planungs-, Bauneben- und Erschließungskosten) dabei aktuell zwischen 4.500 und 6.500 € pro Kuhplatz liegen. Die Kosten für einen Neubau beginnen hingegen meist bei 10.000 € pro Kuhplatz. Es kann sich deshalb durchaus lohnen, die Kosten für einen Stallumbau mit den Kosten für einen Neubau zu vergleichen, genau so wie Vor- und Nachteile einer jeweiligen Umbaulösung (Übersicht 2).
2. Mögliche Umbaulösungen von Anbindeställen
Bevor Sie sich für eine Umbaulösung entscheiden und investieren, sollten Sie zunächst die finanzielle Ausgangslage des Betriebzweigs auf den Prüfstand stellen. Setzen Sie dabei auf die Unterstützung von Beratern. Diese helfen, die ökonomischen Grenzen des Betriebs in Sachen Rentabilität, Stabilität und Liquidität aufzudecken. Sprechen Sie dabei auch über Fördermöglichkeiten. Ein Drittel Eigenkapital, ein Drittel Fremdkapital und ein Drittel Förderung ist bei der Finanzierung realistisch. Mindestens 25 % der Investitionssumme sollte durch Eigenkapital abgedeckt sein, so die gängige Empfehlung.
Reicht der Betriebsgewinn?
Der Betriebsgewinn sollte ausreichen, den privaten Lebensunterhalt zu bestreiten, Arbeit zu entlohnen und genügend Eigenkapital für spätere Investitionen zu bilden. In einem Nebenerwerbsbetrieb kann der benötigte Gewinn auch zum Teil aus einem außerlandwirtschaftlichen Einkommen generiert werden. Dieses Einkommen wird dann bei den „Einlagen“ verbucht, d. h. es verbessert die Stabilität (Eigenkapitalbildung) und hilft, die Lebenshaltung, private Versicherungen usw. zu bezahlen!
Wie viel Eigenkapital der Betrieb bildet, berechnet sich aus dem Gewinn abzgl. der Privatentnahmen für Lebensunterhalt, zzgl. regelmäßiger Einnahmen (z. B. Kindergeld, außerlandwirtschaftliches Einkommen). Liegt die Eigenkapitalbildung bei 5.000 € (Nebenerwerb) und 10.000 € (Haupterwerb), ist eine gute Stabilität gegeben.
Ein Beispiel: Ein Milchkuhbetrieb mit 20 Kühen in Anbindehaltung und eigener Nachzucht verkauft 7.500 kg bei einem durchschnittlichen Milchpreis von 36,9 ct/kg Milch während der letzten zwölf Monate. Der Betrieb verfügt über 16 ha Eigenland und ist schuldenfrei. Eine Person geht einer außerlandwirtschaftlichen Teilzeitbeschäftigung nach. Der Betrieb verfügt über ein Gesamteinkommen von 47.000 €. Dieses wird für die Zahlung der Lebenshaltung (Vier-Personen-Haushalt ca. 20.000 €), private Lebensversicherung und ggf. Sozialversicherung (ca. 10.000 €), für Wohnhaus und Altenteilerleistungen sowie für die Ausbildung der Kinder oder weichende Erben (zusammen 10.000 €) benötigt. Übrig bleiben also 7.000 €, die aufgrund der Schuldenfreiheit die Eigenkapitalbildung und die langfristige Kapitaldienstgrenze darstellen. Dieser Betrag kann in die Betriebsentwicklung fließen.
Bedenken Sie auch, dass die laufenden Kosten nach einer Investition durch höhere Abschreibungen, Zinssätze, Versicherung und Unterhalt ansteigen können. Die höheren Kosten müssen über zusätzliche Gewinne aus der verkauften Milch gedeckt werden. Ohne eine Aufstockung der Herde führt ein Stallum- oder -neubau daher meist zu einer deutlichen Gewinnsenkung.
Ein Beispiel: Baut ein Betrieb mit 20 Kühen die Anbindehaltung bei gleichbleibender Kuhzahl und Produktivität (7.500 kg verk. Milch) zu einer Laufhaltung um, fallen Gewinn und Eigenkapitalbildung zunächst geringer aus, da der Umbau bezahlt werden muss. Bei einer Aufstockung auf 30 Kühe liegen die Umbaukosten höher, fällt auch der Gewinn höher aus und der Betrieb kann mehr Eigenkapital bilden. Bei einem Neubau ist es ähnlich: Hier liegen Gewinn (Einkommensbeitrag Landw.) und Eigenkapitalbildung bei einem neuen Stall für 40 Kühe niedriger. Um das Gewinnniveau halten zu können, ist im Schnitt eine Verdopplung des Kuhbestands und eine Produktivitätssteigerung notwendig (Übersicht 3).
3. Planungsbeispiele für Gewinn und Eigenkapitalbildung
Eine gute Alternative zum Aufstocken kann die Aufnahme einer außerlandwirtschaftlichen Beschäftigung sein. Wenn z. B. durch einen Umbau Arbeitszeit im Betrieb frei wird, kann eine außerbetriebliche Arbeitsstelle helfen, den jährlichen Lebensunterhalt zu bestreiten und ausreichend Eigenkapital zu bilden.
Der Kapitaldienst muss tragbar sein
Die Gewinne müssen auch nach der Investition ausreichen, um den Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachzukommen. Trotz Kapitaldienst (Zinsen + Tilgung) muss der Betrieb finanziell flüssig bleiben, sonst wird zu viel Kapital entzogen. Um die Liquidität nach einer Investition abzuschätzen, berechnen Sie die Kapitaldienstgrenzen (KDG).
Addieren Sie dafür die mögliche Eigenkapitalbildung mit dem jährlichen Zinsaufwand und der Gebäudeabschreibung. (Die Abschreibungen sind kein Geldfluss, stehen aber für die Tilgung zur Verfügung.) Sie erhalten die mittelfristige (nachhaltige) KDG, also den Betrag, mit dem Sie die Investition pro Jahr „abbezahlen“ können (Übersicht 4). Um liquide zu bleiben, sollten Sie diese nur zu 75 % auslasten (Zins + Tilgung, geteilt durch mittelfristige KDG). Damit behalten Sie einen Puffer für Reparaturen oder schlechte Marktphasen.
Die Höhe des Kapitaldienstes wirkt unterschiedlich auf die Produktionskosten der Betriebe. Pro 100.000 € Darlehen (Laufzeit 20 Jahre, 2 Jahre tilgungsfrei) fallen ca. 6.500 € Kapitaldienst jährlich an. Liefert ein Betrieb mit 30 Kühen pro Jahr ca. 225.000 kg Milch ab, liegt die jährliche Belastung pro verkaufte Milch bei rund 3 ct/kg an den Produktionskosten (Übersicht 4). Bei der Höhe des Kapitaldienstes gilt: Für ausreichende Liquidität sollte die Belastung (Zins + Tilgung + Pachtzahlungen) unter 10 ct/kg Milch liegen.
4. Planungsbeispiele für Berechnung der Liquidität
Tipp: Achten Sie auf die Laufzeiten der Kredite! Diese sollten mit der Nutzungsdauer der Investitionsmaßnahme übereinstimmen (z. B. beim Stallneubau 15 bis 20 Jahre Laufzeit). Wählen Sie nicht zu kurze Laufzeiten, da die Kapitaldienstbelastung, vor allem in Tiefpreisphasen, oft nicht getragen werden kann. Handeln Sie sich außerdem Sondertilgungsoptionen aus (mind. 5 % der Darlehenssumme)!
Das Risiko kennen
Ein nächster Schritt im Rahmen des Liquiditätschecks ist die Risikoabschätzung. Diese ist umso wichtiger, da sich der Milchmarkt seit einigen Jahren sehr volatil entwickelt. Bereits Schwankungen von drei bis fünf Cent je kg Milch können nach einer größeren Investition sehr schmerzhaft sein! Dann können zwar die laufenden Tilgungszahlungen geleistet werden, aber keine Rücklagen für spätere Investitionen gebildet werden.
Die Berechungsbasis für den größtmöglichen Preisrückgang stellt die mittelfristige Kapitaldienstreserve dar. Ein entwicklungsfähiger Betrieb sollte vor einer Investition stets mind. 5.000 € (Nebenerwerb) – 10.000 € (Haupterwerb) mittelfristige Kapitaldienstreserve haben.
Eine Frage des Standorts
Auch der Standort entscheidet maßgeblich darüber, ob und wie ein Anbindestall umgebaut werden kann. Je nach Bausubstanz und der Erweiterungsmöglichkeiten können Altgebäude umgenutzt bzw. erweitert werden (Übersicht 5). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ausreichend Fläche auf der Hofstelle vorhanden ist für
Liegeboxen bzw. eingestreute Liegefläche;
Fressplätze (> 75 cm breit, einen pro Tier) und Tränken;
Strohbereich für Frischmelker;
Abkalbe- und Separationsbucht, Behandlungsstand;
Melkstand (Grube, Melkplatz, Austrieb) oder AMS (45 m² bei Einzelboxanlage).
Bei eigener Jungviehaufzucht kommen Plätze für Kälber und Jungtiere dazu. Tipp: Auch wenn man beim Stallumbau keine Aufstockung der Herde plant, sollte man darüber nachdenken, wie spätere Erweiterungen möglich wären, um sich keine Chancen zu verbauen!
Bei der Wahl der bestmöglichen Umbaumöglichkeit für den eigenen Betrieb kommt es auf vorhandenen Platz, Zustand und Verfügbarkeit von Altgebäuden an. Nicht immer muss es dabei ein Neubau sein
(Bildquelle: nach Eilers, Grafik: Driemer)
Mehr zu den Um- und Neubaulösungen mit vielen Praxisbeispielen lesen Sie hier:
Neuer Glanz im alten Stall: Oft können vorhandene Ställe mit Anbindehaltung oder Gebäude umgebaut und noch lange weitergenutzt werden.
Lagerkapazitäten einplanen
Daneben wird Lagerraum für Futter und Gülle benötigt. Die Lagerkapazitäten müssen bei einer Vergrößerung der Herde mitwachsen! Vor dem Aufstocken der Tierzahlen im Zuge eines Umbaus sollte man die vorhandenen Futterflächen kalkulieren. Ein Hektar kann etwa 1,5 Kühe plus deren Nachzucht (je nach Milchleistung und Ausweisung von roten Gebieten nach Düngeverordnung) ernähren sowie die Gülle von zwei Großvieheinheiten aufnehmen.
Der benötigte Lagerraum für Silage hängt von Tierzahl, Weidegang und Rationsgestaltung ab, bzw. von Futterfläche, Verdichtung und TM-Gehalt. Bei der Kalkulation ist auch wichtig, ob und in welchem Umfang einzelne Siloflächen mehrfach pro Jahr befüllt werden können. Als groben Richtwert können Sie für Silagen bei einer durchschnittlichen Verdichtung der Silage von 200 bis 225 kg TM/m³rund 20 bis 22 m³ für Milchkühe und 10 bis 12 m³ pro Jungvieh für die benötigte Lagerkapazität kalkulieren.
Die Lagerkapazität für Gülle, Jauche und Sickersaft müssen Sie bei Vergrößerung der Herde ebenfalls erweitern. Sie ist für mindestens sechs Monate nachzuweisen, je nach betrieblicher Flächennutzung auch deutlich länger. Pro Kuh und Jahr können Sie dafür
ca. 20 bis 22 m³reine Gülle (Ausscheidungen bei 11 % TM-Gehalt, zzgl. Wasserzuflüsse in u. außerhalb vom Stall),
ca. 2,5 m³ Melkstandwasser pro Kuh und Jahr, dazu verunreinigtes Niederschlagswasser (z. B. an der Siloanlage, Laufhof oder Mistplatte),
bei Festmistplatten (2 m Höhe) ca. 4,0 m² je GV und
für Jauchegruben für sechs Monate 3,0 bis 3,5 m³ je GV einplanen. Bei Stallsystemen, in denen Gülle und Festmist anfallen (z. B. Zweiraumbuchten) können Sie je von 50 % der Ausscheidungen in Form von Gülle und Festmist ausgehen.
Bedenken Sie, dass Sie bei Umbauten bestehende Zuwegungen für Futter und Gülleentsorgung weiternutzen und eventuell ausbauen müssen! Wird es mit den eigenen Flächen eng, sollte man im Vorfeld klären, ob Flächen zugepachtet, Futter zugekauft oder Gülleabnahmeverträge abgeschlossen werden können. Auch ein Verringern bzw. Auslagern der eigenen Nachzucht ist eine Option.
Entscheiden und Planen
Nicht in jedem Fall werden die Voraussetzungen für einen Umbau gegeben sein. Wenn die Produktivität Ihres Betriebs unter 7.500 kg verkaufte Milch liegt, verbessern Sie zunächst Ihre Produktionstechnik. Setzen Sie auf die Hilfe von Beratern, um das Herdenmanagement zu optimieren.
Gehen die Kalkulationen zu Rentabilität und Liquidität nicht auf, können Sie bei den Bauplanungen abspecken und auf günstigere Lösungen setzen. Bedenken Sie auch, dass es in der Milchkuhbranche attraktive Alternativen zum eigenen Kuhstall gibt (Lohnaufzucht, Mutterkuhhaltung, Zuchtberatung …)!
Sprechen Produktivität, Betriebszahlen (ggf. in Kombination mit Fördermitteln) und Standort für einen Umbau, kann mit den konkreten Planungen begonnen werden. Welche Umbaulösung es sein soll, hängt dabei stark von den Bedingungen am Betrieb ab (Abbildung 5). Bei der Planung hilft es, alle einzelnen Arbeitsschritte durchzuspielen. Überlegen Sie ganz genau, wie Sie die Details umsetzen wollen. Fragen Sie auch mitarbeitende Familienmitglieder, was ihnen für die tägliche Arbeit im Stall besonders wichtig ist.
Erfahrungen von anderen nutzen!
Tauschen Sie sich zudem intensiv mit Berufskollegen und Beratern aus. Nehmen Sie an Betriebsbesichtigungen teil und sprechen Sie mit anderen Milcherzeugern über ihre Erfahrungen beim Umbau. Nehmen Sie sich Zeit, entscheiden Sie nichts überstürzt oder unter Druck. Denn der Kuhstall ist der Arbeitsplatz, den Sie zukünftig jeden Tag nutzen werden.
Ziel muss eine bestmögliche Lösung sein, die mittel- bis langfristig wirtschaftlich (rentabel, stabil und liquide) und familiengerecht vertretbar ist. Dabei kann ein Umbau/Anbau durchaus interessant sein!
Familie Budde-Stiepermann hat die Anbindehaltung ihrer Kühe beendet. Den Anbindestall bauten sie zum Fressbereich um, Liegehalle und Melkstand wurden neu gebaut.