Die Bestände von Dauergrünland und Ackergras sind sehr unterschiedlich durch den nassen Winter gekommen. Was ist jetzt und nach der ersten Schnittnutzung zu tun?
Sehr unterschiedliche Situationen in den Beständen
Auch wenn es jetzt langsam abtrocknet, auf vielen Dauergrünland- und Ackergrasbeständen ist aufgrund der Nässe zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der fehlenden Befahrbarkeit noch nicht an eine Düngung zu denken. Gleichzeitig haben Feldmäuse oder Gänse in vielen Grasnarben Schäden angerichtet, die eigentlich durch Schleppen und Nachsaat behoben werden sollten – auch diese Maßnahmen waren bislang nicht durchführbar.
Große Sorgen um die Qualität des ersten Schnitts kommen zudem überall dort auf, wo im vergangenen Herbst aufgrund des Dauerregens keine letzte Nutzung erfolgen konnte – diese Bestände zeichnen sich derzeit durch viel abgestorbene Blattmasse aus, die nun von den neuen Trieben überwächst. In Niederungslagen steht der frische Aufwuchs teils schon über 10 cm hoch.
Wo im Herbst aufgrund des Dauerregens keine letzte Nutzung erfolgen konnte – zeichnen sich die Bestände derzeit durch viel abgestorbene Blattmasse aus.
(Bildquelle: Stracke)
Hingegen haben Dauergrünland- und Ackergrasbestände, die im Herbst noch gemäht oder über den Winter von Schafen beweidet wurden, von dieser Nutzung profitiert: Die Bestände sehen durchaus gut aus. Die Narbe ist dicht und frischer Aufwuchs ist zu sehen. In manchen Regionen konnte zur Entlastung der Güllelager bereits Gülle gefahren oder zumindest Mineraldünger gestreut werden. Doch das ist nicht überall der Fall.
Düngung und Pflege – was kann man vor der ersten Nutzung noch tun?
Düngung: Sind die Bestände nicht befahrbar, so sollten Milcherzeuger möglichst auf eine Güllegabe verzichten, um schwere Fahrschäden in den Narben zu vermeiden. Eine Verschlauchung von Gülle wäre eine Alternative, ist vielen Betrieben aber nicht möglich. Derzeit trocknet es ab, sodass immerhin die mineralische Düngung allmählich erfolgen kann. Am wichtigsten sind jetzt die Gaben von Kalium, Stickstoff und Schwefel. Gerade bei intensiv genutzten Grünlandflächen besteht ein Schwefelbedarf von 20 bis 25 kg/ha und Jahr. Dieser kann über ASS (13 % S) oder SSA (24 % S) gedeckt werden. Je nach Ertragserwartung sind 80 bis 120 kg/ ha Stickstoff pro Jahr auszubringen.
Beim Schleppschuh- sowie Schlitztechnik kann Gülle noch problemlos in Bestände von bis zu maximal 15 cm Wuchshöhe gefahren werden.
Hubert Kivelitz
Bezüglich der ausstehenden Güllegaben ist aktuell nicht nur die fehlende Befahrbarkeit zu beachten, sondern auch das bereits in den Niederungslagen fortgeschrittene Wachstum der Bestände:
Um eine Futterverschmutzung im ersten Schnitt zu vermeiden, sollten zwischen Güllegabe und Schnittnutzung auch bei der bodennahen Gülleausbringung mindestens drei bis vier Wochen liegen.
Die Bestände sollten zur Gülledüngung nicht über 15 cm hoch gewachsen sein – eine saubere bodennahe Ablage ist in höheren Beständen schwierig, insbesondere in den Fahrspuren liegt die Gülle dann auf dem plattgefahren Gras.
Sechs Tipps dazu, wie sich eine Futterverschmutzung bei der Bandablage von Gülle verhindern lässt.
Eine erste wirksame Maßnahme gegen Mäuse ist das Aufstellen von Sitzstangen für Greifvögel (3 bis 4 Stück/ 10 ha). Gerade dann, wenn keine Befahrbarkeit zwecks Sanierung der Grasnarben gegeben ist.
(Bildquelle: Stracke)
Pflege: Herrschen trockene Bedingungen, so sollten überwachsene Bestände mit einer Wuchshöhe von mehr als 10 cm ein bis zweimal mit der klassischen Wiesenschleppe mit Sterngitternetz bearbeitet werden. Die Schleppe kann abgestorbenes Pflanzenmaterial deutlich besser in die Narbe einreiben als ein Striegel.
Ein Striegel würde bei hohen Aufwüchsen die Situation nur verschlimmern und das abgestorbene Material nach oben holen. Wer keine Wiesenschleppe besitzt, sollte die Zinken des Striegels möglichst schleppend, also sanft wirkend, einstellen. Grünland sollte (bei niedriger Wuchshöhe) nur dann gestriegelt werden, wenn damit auch eine Nachsaat einhergeht (z. B. bei Mäuseschäden).
Ist der Pflanzenbestand bereits in der Schossphase, ist von allen Pflegemaßnahmen abzuraten! Dann muss die Grünlandnarbe so belassen werden, wie sie ist. Doch kein Grund zu Sorge: Die meisten intensiv genutzten Grünlandflächen weisen meist einen hohen Anteil Deutsches Weidelgras auf. Solche Pflanzenbestände sind im Hinblick auf das Überwachsen relativ unproblematisch und es ist zum ersten Schnitttermin kaum mit Qualitätsverlusten zu rechnen.
Pflanzenbestände mit einem hohen Anteil an Deutschem Weidelgras sind in diesem Jahr im Hinblick auf das Überwachsen relativ unproblematisch.“
Hubert Kivelitz
Sind aufgrund der Bodenverhältnisse und bereits hochgewachsenen Beständen keine Pflege- und Nachsaatmaßnahmen mehr vor dem ersten Schnitt möglich, können diese bei Bedarf auch gut direkt nach dem ersten Schnitt in die kurze Grasnarbe erfolgen. Lückige Narben und das Ausbreiten der Gemeinen Rispe oder des Flechtstraußgrases müssen Milcherzeuger entsprechend zunächst in Kauf nehmen, sie vermeiden so jedoch größere mittelfristige Schäden!
Striegel und Schleppe in der Grünlandpflege angemessen einzusetzen, erfordert neben Wissen auch Feingefühl. Praxistipps aus der Grünlandberatung.
Was ist bei der ersten Nutzung zu beachten?
Das Risiko für eine Futterverschmutzung ist in diesem Jahr, ähnlich wie im nassen Frühjahr 2023, durch den Eintrag von Erde und/oder Güllefeststoffresten erhöht. Es wird eine schlechtere Silierbarkeit befürchtet.
Ist beim ersten Schnitt noch nennenswert abgestorbenes Pflanzenmaterial sichtbar, ist ein hoher Schnitt (8-10 cm) anzustreben. Mähwerk, Wender, Schwader sowie Pickup des Ladewagens, Feldhäcksler oder der Rundballenpresse sind dementsprechend einzustellen.
Um Fehlgärungen (Buttersäuregärung) der Grassilage zu vermeiden, ist zudem der Einsatz von Siliermittel der Wirkungsrichtung 1 (Verbesserung der Vergärung) zu empfehlen. Diese können – neben der Einhaltung der guten fachlichen Praxis – dabei helfen, dass es trotz nicht optimaler Bedingungen zu einer raschen Absenkung des pH-Wertes kommt. Die chemischen Wirkstoffe hemmen Gärschädlinge und der Zusatz von Milchsäurebakterien (MSBho) fördert die Vergärung.
Zu beachten ist auch, dass der natürliche Besatz mit Milchsäurebakterien auf den Gräsern bei Kälte und viel Niederschlägen geringer ist. Um den Silierprozess auch diesbezüglich abzusichern, wird die zusätzliche Zugabe von Milchsäurebakterien empfohlen.
Die hohen Niederschläge haben dazu geführt, dass viel Grünland nicht geschleppt und Gülle oft erst spät gefahren wurde. Das kann die Futterhygiene gefährden.
Düngung und Pflege – was sollte man nach der ersten Nutzung tun?
Wird das Grünland vor dem ersten Schnitt nicht gedüngt, hat das keinen Einfluss auf die N-Düngungsbemessung des Folgeaufwuchses.
(Bildquelle: Hoppe)
Düngung:
Da es, je nach Region, noch mindestens 7-10 Wochen bis zur Ernte sind, sollte zumindest eine mineralische Düngung in den nächsten 2 bis 3 Wochen möglich sein. Das Massenwachstum ist in der Regel nicht vor Anfang April zu erwarten. Dort, wo Grünland auch nicht bis Mitte April befahrbar sein sollte, wird die Erntemenge entsprechend niedriger ausfallen. Auf die N-Düngungsbemessung des Folgeaufwuchses hat das keinen Einfluss.
Pflege: Nach dem ersten Schnitt werden alte und neue Schäden gut sichtbar und lassen sich durchaus erfolgreich direkt nach dem erfolgten Schnitt sanieren.
Liegen im Bestand Lückenanteile von über 50 % vor, ist eine Nachsaat mit mindestens 20 kg /ha Qualitäts-Standard-Mischung GV auf jeden Fall erforderlich.
Liegengebliebenes Material in Folge von stellenweise fehlender Befahrbarkeit durch die schweren Erntemaschinen oder aufgrund von schlecht eingestellter Erntetechnik muss entfernt werden.
Sind weiße Flecken auf den Grasnarben zu erkennen, ist das ein Zeichen dafür, dass Ernte zu nass und die Schnitthöhe nicht angepasst war. Eine Übersaat mit 5 bis 10 kg/ha Qualitäts-Standard-Mischung GV hilft, die Flecken zu sanieren.
Bei ausreichend Niederschlag und Wasservorrat, wie in diesem Jahr, können auch Problemgräser wie die Gemeine Rispe gut wachsen. Bestandskontrollen helfen erforderliche größere Sanierungsmaßnahmen für den Spätsommer frühzeitig planen zu können.
Die Gemeine Rispe, Quecke, Hahnenfuß oder Ampfer siedeln sich schnell in Fahrspurschäden an, die aufgrund des wassergesättigten Bodens entstehen. Diese Spuren sollten mit einer tiefgehenden Bodenbearbeitung (Kreiselegge/Grubber) eingeebnet und mit einer Qualitäts-Standard-Mischung GV (Weidelgras früh 25 %, mittel 25 % und spät 50 %) nachgesät werden.
Kurz nach der Schnittnutzung lässt sich der Pflegebedarf gut aus der Grasnarbe ablesen. Welche Pflegemaßnahmen bei welchen Schäden helfen.
Grünland zur Weide – was ist hier zu beachten?
Ist das Grünland ausreichend abgetrocknet und trifftest, könnte man in den Niederungslagen mit der Vorweide (stundenweiser Weidegang) beginnen. Dabei regt die Weidenutzung vor allem die Bestockung an, was die Dichte und damit die Tragfähigkeit und Konkurrenzkraft der Grasnarbe fördert. Ein späterer Weideauftrieb bei etwa 20 cm Aufwuchshöhe kann zum einen eine mindernde Weideleistungen der Kühe oder Jungrinder zufolge. Zum anderen wird die Grasnarbe nicht so dicht wie bei deutlich früherem Weideauftrieb.
Bei aktuell noch vorherrschend nassen Bodenverhältnissen kann eine frühe Weide jedoch nicht erzwungen werden. Soll vor Beweidung auf dem Grünland eine Güllegabe durchgeführt werden, ist zudem eine Weideruhe von ca. 30 Tagen (bei Schlitztechnik weniger) zu beachten.
Mit Milchkühen erfolgreich Weidehaltung zu betreiben, bedeutet weit mehr als „Tür auf und Kühe raus“. Zwei Fütterungsberater geben Tipps zum Saisonstart.