Bei den derzeitigen Milchpreisen um bzw. über 60 Cent, kann die Kälbertränke mit (verkaufsfähiger) Vollmilch durchaus kostspielig sein. Der Wechsel auf einen (ggf. preisgünstigeren) Milchaustauscher (MAT) klingt verlockend: Gute Milchpreise mitnehmen und Produktionskosten einsparen. Eine Tränke-Umstellung kann sich aber nicht nur auf der Kostenseite bemerkbar machen, sondern vor allem auch hinsichtlich Tiergesundheit und Arbeitsorganisation.
Wir haben bei drei Experten nachgefragt, wie sie...
Bei den derzeitigen Milchpreisen um bzw. über 60 Cent, kann die Kälbertränke mit (verkaufsfähiger) Vollmilch durchaus kostspielig sein. Der Wechsel auf einen (ggf. preisgünstigeren) Milchaustauscher (MAT) klingt verlockend: Gute Milchpreise mitnehmen und Produktionskosten einsparen. Eine Tränke-Umstellung kann sich aber nicht nur auf der Kostenseite bemerkbar machen, sondern vor allem auch hinsichtlich Tiergesundheit und Arbeitsorganisation.
Wir haben bei drei Experten nachgefragt, wie sie eine Tränke-Umstellung einschätzen und was es dabei zu beachten gilt.
Lohnt sich eine Umstellung?
Grundsätzlich gilt: Bei der Kälberaufzucht sollte es nicht vorrangig darum gehen, Kosten zu sparen. Zahlreiche Auswertungen haben gezeigt, dass sich eine intensive Aufzucht (inklusive intensiver Milchtränke) positiv auf die Gesundheit, Entwicklung und spätere Leistungsfähigkeit der Nachzucht auswirkt. In der Regel zahlt sich der Aufwand also später wieder aus.
Eine gute Tränkeversorgung lässt sich sowohl mit Vollmilch als auch Milchaustauscher (MAT) realisieren. Während Vollmilch das natürlichste Futtermittel ist, hochwertige Inhaltsstoffe enthält und mehr oder weniger direkt gefüttert werden kann, spricht vor allem die beständige Qualität für den MAT. Hinzukommt, dass bei MAT kein Aufwerter nötig ist. Die Kosten für eine Ansäuerung gehören je nach Tränkesystem sowohl bei Vollmilch als auch MAT dazu.
Bei der Kälberaufzucht sollte es nicht im Fokus stehen, Kosten zu sparen.
Hilmar Zarwel
Die Preise für Milchaustauscher sind abhängig von der abgenommenen Menge und der Qualität, gemessen an den Inhaltsstoffen wie Magermilchpulveranteil, Immunglobuline, Fett- oder Eiweißanteile. Ein hochwertiger MAT kostet aktuell rund 2,30 bis 2,40 Euro pro kg. Die Preise sind im Laufe des letzten Jahres – ebenso wie der Milchpreis – angestiegen.
Deshalb ist es wichtig, genau zu kalkulieren, welche Tränke sich wirtschaftlich lohnt. Ein Beispiel: Bei einem Milchpreis von 40 Cent kosten 10 Liter Vollmilch 4,00 Euro. Bei einem MAT-Preis von 2,30 Euro/kg und einer Konzentration 160 g TM/Liter kosten 10 Liter MAT dagegen 3,68 Euro. Es besteht also durchaus eine Differenz, die sich vor allem in großen Herden bemerkbar machen kann.
Kosten kalkulieren: Hier finden Sie ein kostenloses Beispiel-Berechnungstool, mit dessen Hilfe Sie exakt kalkulieren können, welche Tränke sich für Sie besser rechnet:
Bei dem Tool ist die Berechnungsformel bereits hinterlegt. Nach dem Eintragen der betriebsindividuellen Daten werden automatisch die Kosten ausgegeben. Bei den individuellen Einstellungen gibt es viele Optionen: Es kann zwischen Bullen- und Kuhkälbern unterschieden, optional Vollmilchaustauscher eingetragen, die Dosiermenge des Milchaustauschers angepasst, in verschiedenen Tränkephasen berechnet oder eine Kombinationstränke aus Vollmilch- und Milchaustauscher gewählt werden.
Vorsicht bei der Umstellung
Die Umstellung von Vollmilch zu MAT kann sich aktuell also durchaus rechnen. Aber: Damit sich die gesparten Kosten nicht in geringeren Erlösen auflösen, d.h. die Kälber weiterhin optimal versorgt sind, sollten die folgenden Faktoren unbedingt beachtet werden:
- Im Idealfall sollte kontinuierlich ein Tränkesystem gefahren werden. Wenig Umstellung bedeutet wenig Stress für Kälber und Mitarbeiter und wenig Fehlerquellen.
- Das Tränken der Kälber sollte gut organisiert sein, das gilt vor allem bei der Fütterung von MAT. Arbeitsanweisungen (SOP) und klare Vorgaben (z.B. ab Tag 6 MAT) und konstante Konzentrationen und Mengen vereinfachen es, alle Kälber immer gleich gut zu versorgen.
- Nach Fütterung des Kolostrums und der Transitmilch (fünf Tage), sollte ein Kalb im Idealfall bis zum Abtränken immer gleich getränkt werden, also mit Vollmilch, MAT oder einer konstanten Mischung. Vor allem in den ersten 14 Lebenstagen (Immunitätslücke) oder in kritischen Phasen wie z.B. gehäuften Durchfall-Erkrankungen sollten Milcherzeuger die Kälbertränke nicht umstellen.
- Werden Vollmilch und MAT gemischt, sollte das Verhältnis immer gleich ausfallen. Ob ein zusätzlicher Aufwerter nötig ist, hängt von dem Anteil an Vollmilch und MAT ab.
- Wenn MAT gefüttert wird, dann ein Hochwertiger! Beim Einkauf von MAT sollte unbedingt auf hochwertige Inhaltsstoffe geachtet werden.
- Dass sich eine gute Qualität und eine ausreichende Menge (bis hin zu ad libitum) in Tiergesundheit und Entwicklung widerspiegeln, gilt sowohl bei Vollmilch als auch MAT.
In kritischen Phasen sollte man die Tränke nicht umstellen.
Dr. Arnd Grottendieck
Beispiel: Die folgende Grafik zeigt, inwieweit die MAT-Kosten je nach gefütterter Menge variieren und sich die Versorgung der Kälber auf die spätere Milchleistung und die Milchgeldeinnahmen auswirken können.
Ein gut funktionierendes System zahlt sich aus
Die Devise lautet also:
- Genau kalkulieren, ob eine Umstellung Kosten spart.
- Die optimale Versorgung der Kälber sollte immer oberste Priorität haben.
- Eine Umstellung sollte gut geplant und im gesamten Team kommuniziert werden.
- Das Tränkesystem muss zur Betriebsstruktur passen und sollte nicht ständig angepasst werden.
Eine Möglichkeit besteht beispielsweise darin, nur Bullenkälber mit MAT und weibliche Kälber weiter mit Vollmilch zu tränken. Für ein „zweigleisiges“ System ist jedoch eine getrennte Aufstallung hilfreich.
Entscheidend ist, dass man ein Tränkesystem findet, das zum Betrieb passt und gut funktioniert.
Dr. Christian Koch
Fazit: Die Kälberaufzucht sollte immer als Investition in die Zukunft angesehen werden! Kostet eine hochwertige Tränke ein Euro mehr, kann sich das bei der späteren Milchkuh schnell wieder auszahlen. Wichtig ist vor allem, dass das Tränkesystem zum Betrieb passt, gut funktioniert und nicht ständig angepasst wird. Wer aktuell mit seinem System zufrieden ist, sollte deshalb gut hinterfragen, ob eine Umstellung allein aus Kostengründen wirklich sinnvoll ist.
Quelle: u.a. Dr. Christian Koch (Hofgut Neumühle), Dr. Arnd Grottendieck (Tierarztpraxis Bramsche) und Hilmar Zarwel (Herdenmanager)
Weitere Artikel:
Kälberdecken können helfen, die Gesundheit und Entwicklung im Winter zu unterstützen. Aber: Welchen Kälbern tut eine Decke wirklich gut und welchen eher nicht?
Milchaustauscher richtig füttern! In den ersten Wochen ist die Milchtränke die Hauptnährstoffquelle für Kälber. Wird Milchaustauscher gefüttert, muss dieser Vollmilch so gut wie möglich ersetzen.
Konsequenzen der 28-Tage-Regel im Kälbertransport Mehr Fleischrassen, unterschiedliche Qualitäten, ad libitum-Tränke…? Kälberhändler Paul Berghuis erklärt, welche Konsequenzen er für Milcherzeuger erwartet.
Selbstgemacht: Trocken-TMR für Kälber Eine Trocken-TMR für Kälber kann ohne großen Aufwand selbst gemischt und auf Vorrat gelagert werden. Wichtige Tipps und ein Beispiel-Rezept aus der Praxis.