Kompakt
- Der Umstieg vom Anbinde- in einen Laufstall wird vielfach an der Finanzierung scheitern.
- Eine Zukunftsoption könnte die Pacht eines Laufstalles sein, der gute Produktionsbedingungen zulässt.
- Praxisbeispiele zeigen außerdem, dass man auch in einer Kooperation ein eigenständiger Betrieb bleiben kann.
Martin Leutner ist ein Kunststück gelungen: In Dorfrandlage realisierte der ehemalige Anbindehalter aus dem Landkreis Rosenheim gerade einen neuen...
Kompakt
- Der Umstieg vom Anbinde- in einen Laufstall wird vielfach an der Finanzierung scheitern.
- Eine Zukunftsoption könnte die Pacht eines Laufstalles sein, der gute Produktionsbedingungen zulässt.
- Praxisbeispiele zeigen außerdem, dass man auch in einer Kooperation ein eigenständiger Betrieb bleiben kann.
Martin Leutner ist ein Kunststück gelungen: In Dorfrandlage realisierte der ehemalige Anbindehalter aus dem Landkreis Rosenheim gerade einen neuen Offenstall mit 52 Liegeplätzen und Melkroboter. Doch die Kosten sind ihm während der Bauzeit förmlich weggelaufen und nun um ein Drittel höher als geplant. „Und das obwohl wir kurzfristig auf Leimbinder verzichtet und eine andere Dachkonstruktion gewählt haben“, sagt der Junglandwirt.
Die stark gestiegenen Baukosten machen es vielen Anbindehaltern kaum noch möglich, in einen Laufstall zu investieren. Hinzu kommen oft eine beengte Hoflage oder fehlende Flächen zur Aussiedlung.
Doch dass man angesichts solcher Rahmenbedingungen nicht gleich komplett aus der Milch aussteigen muss, zeigt das Beispiel von Wolfgang K. aus Nordbayern. Er hat den Laufstall seines Nachbarn gepachtet. Der Stall mit 40 Kuhplätzen war zum Zeitpunkt der Pacht bereits 20 Jahre alt, sodass schnell Investitionen nötig waren. K. hat in Melk- und Schiebertechnik investiert sowie die Aufstallung an die größeren Kühe angepasst. „Für mich passt die Lösung. Der Verpächter lässt mir alle Freiheiten und die Pachthöhe ist mit 600 € im Monat akzeptabel.“ Klar müsse man Kompromisse eingehen und über manche bauliche Eigenheit hinwegsehen. Dass er gut mit seinem Verpächter klarkomme, sei Glückssache. „Ich bin froh, dass ich nicht neu gebaut habe. Auch weil ich so meinem Sohn eine freie Berufswahl ermöglichen kann“, sagt K. heute.
Einen Laufstall pachten?
Einen leer stehenden Laufstall in der Nähe zu pachten, halten auch Berater für eine Zukunftsoption. Zumal sie damit rechnen, dass künftig auch neuere Gebäude am Pachtmarkt angeboten werden. Eine Stallpacht könnte möglicherweise auch nur eine Übergangslösung sein bis der Hofnachfolger bereitsteht.
Infrage kommen dafür vermutlich aber nur Ställe, die nicht älter als 10 bis 15 Jahre alt sind, denn: „Die Bausubstanz muss top sein und der Stall muss ein hohes Leistungsniveau sowie eine effiziente Arbeitswirtschaft ermöglichen. Die Funktionsmaße sollten passen und mit überschaubaren Investitionen sollte man die Kriterien der Haltungsform 3 erfüllen können“, sagt Clemens Mauch, Spezialberater für Milchvieh beim Beratungsbüro Bischoff & Hager GbR in Freiburg. Vor der Entscheidung empfiehlt sich also ein Durchgang mit einem Bauberater.
Auch die Festlegung der Pachthöhe ist gut zu durchdenken. Für den Pächter steht vor allem die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes im Vordergrund und nicht – wie für den Verpächter – der Wert des Stalles. Die Höhe des maximalen Pachtzins ist daher aus dem Vollkostenüberschuss vor Gebäudekosten abzuleiten.
So kalkuliert der Pächter den Zins
Wie im Beispiel in Übersicht 1 müssen die Arbeitserledigungs- und Maschinenkosten sowie die zusätzlichen Gemeinkosten, die durch die Stallpacht entstehen, angerechnet werden. Guido Hofmann von der LfL Bayern rät: „Legen Sie angesichts des volatilen Milchmarktes mit dem Verpächter einen variablen Pachtzins fest, der sich an der regional erwirtschaftbaren Direktkostenfreien Leistung orientiert. Sonst führen sinkende Erzeugerpreise schnell wieder zur Pachtauflösung.“ Die Pachtdauer sollte sich daran orientieren, wie viel der Pächter in den Stall investieren muss bzw. wie lange er für die Amortisierung benötigt. Eine Ausstiegsklausel, für den Fall, dass die Pacht nicht mehr erwirtschaftet wird oder es sonstige Probleme zwischen Pächter und Verpächter gibt, ist ebenfalls sinnvoll.
Mit einem Laufstallbetrieb kooperieren
Wer über Jahrzehnte im eigenen Betrieb Kühe gemolken hat, tut sich schwer, jetzt als Herdenmanager irgendwo anzufangen. Verständlich. Obwohl: Es gibt durchaus Jobangebote, die viel Entscheidungsspielraum lassen. Aber auch in einer Kooperation kann man „sein“ Ding drehen und eigenständig bleiben. Das zeigen die folgenden Beispiele.
Bei einer Kooperation ist wichtig, dass jeder die Vorteile dabei sieht und man nicht genau zählt, wieviel Arbeitsstunden jeder einbringt.
Siegbert Willmann von der Willmann & Knöpfle GbR
In der Ostschweiz haben sich vor fünf Jahren z. B. zwei Anbindehalter mit einem Laufstallbetrieb nur im Bereich der Milcherzeugung zu einer Betriebszweiggemeinschaft zusammengeschlossen. Alle drei laufen dennoch als eigenständige Betriebe mit weiteren Standbeinen. Je nach Anzahl ihrer eingebrachten Kühe zahlen sie dem Laufstallbetrieb Stallpacht. Umgekehrt zahlt dieser Pacht, wenn er das Güllefass oder das Heulager der anderen nutzt. „Jeder bringt Kapital, Maschinen, Fläche und Arbeitsstunden ein und wird dafür nach einem konkreten, von allen akzeptierten Verteilschlüssel entlohnt“, erklären die Milcherzeuger. Wichtig sei, dass alle Partner finanziell auf Augenhöhe seien: „Denn wenn einer lange nicht investieren konnte und nur alte Maschinen einbringt, birgt das Konflikte.“
Ein Laufstall, zwei Herden
Einer hat das geeignete Grundstück im Außenbereich und die Arbeitskräfte, der andere bringt Futterfläche mit. Das war der Ausgangspunkt für eine bisher wohl einzigartige Kooperation von zwei Anbindehaltern im Ostallgäu. Sie haben 2005 gemeinsam einen Laufstall gebaut, jeder führt aber nach wie vor seinen eigenen Betrieb mit eigener Herde. „Wir wollten eigenständig bleiben, eine GbR kam nicht infrage“, sagen sie.
Die Betriebsgrenze verläuft mitten durch die Melkgrube, rechts und links davon sind jeweils 60 Kuhplätze gespiegelt. „Beim Bau hatten wir erhebliche Kostenvorteile“, berichten die Bauherren. Jeder melkt seine Tiere getrennt. Siliert und gefüttert wird auf der durchgehenden Futterachse gemeinsam. Natürlich gebe es Konfliktthemen und anfängliche Erwartungen, z. B. im Hinblick auf die Urlaubsvertretung, haben sich nicht erfüllt. „Aber der Alltag im Stall funktioniert trotzdem gut“, sagt eine der Betriebsleiterinnen.
Aufzucht und Melkarbeit übernehmen
Bei der Willmann & Knöpfle GbR aus dem Schwarzwald kommen seit 2003 beide Familien auf ihre Kosten. Einer der beiden ehemaligen Anbindehalter kümmert sich im Vollerwerb um die Herde mit 50 Kühen und hat dafür einen Laufstall gebaut, den er an die GbR verpachtet. Der andere ist im Nebenerwerb für die Jungviehaufzucht im gemeinsam finanzierten Neubau zuständig und kann trotzdem noch regelmäßig Kühe melken. „Jeder hat seinen eigenen Bereich und wir können uns gegenseitig vertreten. Und zu zweit können wir uns auch die aktuelle Technik leisten“, fasst Siegbert Willmann zusammen. „Jeder sieht die Vorteile der Kooperation und wir zählen nicht, wie viel Arbeitsstunden jeder einbringt.“
Alle Beispiele zeigen: Wer in der Milcherzeugung bleiben will, hat deutlich mehr Optionen als nur neu zu bauen. Erfolg wird man damit aber nur haben, wenn man sich vom alten Denkmuster „es muss die eigene Lösung auf dem eigenen Standort sein“ nachhaltig löst.
Anbindehalter, die mit dem Gedanken spielen, die Jungviehaufzucht für einen anderen Betrieb zu übernehmen und dafür den eigenen Stall z.B. in einen Fressliegeboxen-Laufstall umzubauen, müssen sorgfältig rechnen. Denn die Tagespauschale, die der Aufzüchter vom Kuhbetrieb benötigt, sollte alle variablen Kosten decken, also auch die Abschreibung des Umbaus. Wenn man noch investieren muss, geht es nicht unter 2 €/Tier und Tag, sagen Berater. Meist lohnt sich ein solcher Umbau aber auch nur, wenn sich daraus genügend Aufzuchtplätze – auch für das ältere Jungvieh - ergeben oder wenn man noch ein Nebengebäude hinzunehmen kann.
Neuer Glanz im alten Stall: Oft können vorhandene Ställe mit Anbindehaltung oder Gebäude umgebaut und noch lange weitergenutzt werden.
Ein Stallumbau muss gut durchdacht und vorbereitet werden. Für jeden Betrieb gibt es dabei eine eigene Lösung.
Der erste Schritt aus der ganzjährigen Anbindehaltung kann die Kombination von Anbindestall mit Auslauf vor dem Stall oder auf der Weide sein.