Betriebsleitung

Kälberhaltung jetzt richtig anpassen

Ab sofort dürfen Kälber erst ab 28 Tagen transportiert werden. Viele Betriebe müssen weitere Stallplätze schaffen.  Tipps, wie Sie die Kälberhaltung anpassen können und welche Boxenmaße gefordert sind.

Hanna Hermbusch

Spezialberaterin Rind LWK NRW

Die Kälberhaltung muss sich auf vielen Kuhbetrieben ändern, da die Verkaufskälber (Bullen- sowie Kreuzungskälber) ab sofort erst ab 28 Tagen transportiert werden dürfen. Die Mehrkosten, die durch die Änderung des Kälbertransportalters entstehen, werden für die meisten Milcherzeuger deutlich spürbar sein, weil die Kälber 14 Tage länger im Stall bleiben.
Wer nicht genügend Kälberplätze nachweisen kann, dem drohen Bußgelder oder Sanktionen bei Kontrollen der Veterinärämter. Deshalb ist es empfehlenswert, sich jetzt über die geänderten Anforderungen der Kälberhaltung zu informieren und das Haltungssystem richtig und nachhaltig anzupassen. Ob Neu- oder Umbau ist von den vorhandenen Gegebenheiten abhängig.

Wie viele Plätze brauche ich?

Bevor Sie die Kälberhaltung anpassen, kalkulieren Sie, wie viele Plätze wirklich nötig sind. Dafür ist die Anzahl der jährlichen Kalbungen und die durchschnittliche Anzahl neugeborener Kälber pro Woche entscheidend.
Berechnung Beispielbetrieb
  • Jährlich 210 Kalbungen
  • Davon je 105 Bullen- und Kuhkälber (ohne Einsatz von gesextem oder Fleischrassesperma)
  • 105 Kälber: 52 Wochen/Jahr = 2 Verkaufskälber/Woche
In einem Betrieb mit ca. 210 Abkalbungen pro Jahr ist mit zwei Verkaufskälbern pro Woche zu rechnen. Das entspricht acht Kälbern pro Monat. Unbedingt sind Reserveboxen einzuplanen, um immer einen ausreichenden Leerstand vorzuhalten. Bei gleichmäßigen Abkalbungen reichen 50 % zusätzliche Kälberplätze. Gibt es deutliche Abkalbewellen, ist das Vorhalten von bis zu 100 % Kälberboxen sinnvoll. Demnach sollte dieser Betrieb 12 bis 16 Kälberboxen für die Verkaufskälber haben. Zusätzlich werden sechs bis acht Boxen für die Kuhkälber benötigt, wenn sie nach 14 Tagen in die Gruppenhaltung umgestallt werden.

Wenn mit Fleischrasse und gesextem Holsteinsperma besamt wird, verschiebt sich das Verhältnis von 50% Mutter- und 50% Verkaufskälbern. (Bildquelle: Simon)

Höheres Risiko für kranke Kälber?

Mit der verlängerten Verweildauer der Kälber auf dem Betrieb, besteht die Gefahr, dass der Erregerdruck zunimmt. Vor allem wenn Reinigung, Desinfektion und Leerstand nicht optimal durchgeführt werden. Tipp: Wenn die Möglichkeit besteht, ist es sinnvoll, die Mutter- und Verkaufskälber räumlich voneinander zu trennen. Zum Seuchenschutz sollten die zum Verkauf vorgesehenen Kälber im besten Fall so untergebracht werden, dass sie vom Viehhändler verladen werden können, ohne dass dieser in die Nähe anderer Tiere kommt.
Zu wenig Kälberplätze bringen langfristig gesehen nur Probleme.
Hanna Hermbusch

Einzel oder in der Gruppe?

Bei der Gruppenhaltung lernen die Kälber voneinander und animieren sich gegenseitig zum Trinken und Fressen. (Bildquelle: Simon)

Grundsätzlich ist die Einzelhaltung der 28 Tage alten Bullen- und Kreuzungskälber möglich. Die Einzelhaltung hat den Vorteil, dass die Tierkontrolle und das Anlernen leichter sind. Zusätzlich ist die Gefahr Krankheiten zu übertragen geringer. Es ist wichtig, dass Sie dafür die passenden Boxenmaße einplanen. Bis zu 14 Tage alte Kälber können in Boxen mit Maßen von 120 cm x 80 cm gehalten werden. Ab dann sind Boxen mit 160 cm Länge bei außenliegendem Trog (180 cm bei innenliegendem Trog) und 100 cm Breite vorgeschrieben. Diese Werte sind laut Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) einzuhalten. Bei Neukauf sollten die Maße kontrolliert werden, da sie aufgrund unterschiedlicher Herstellungsländer abweichen können. Tipp: Wenn Ihre aktuellen Boxenmaße nicht für die Haltung von bis zu vier Wochen alten Kälbern ausreichen, sollte betriebsindividuell entschieden werden, ob die Investition in größere Einzelboxen oder in Gruppenhaltung sinnvoller ist.

Ob die Verkaufskälber besser in Gruppe oder Einzeln gehalten werden, muss betriebsindividuell nach vorhandenen Platz- und Arbeitskapazitäten entschieden werden.  (Bildquelle: Simon)

Beim klassischen Pairing werden zwei Kälber nach zwei bis drei Tagen in einer Gruppe gehalten. Sobald die Kälber stabil genug sind, ist die Gruppenhaltung grundsätzlich möglich. Dort sozialisieren sie sich und lernen voneinander. In den Gruppen sollten die Altersunterschiede nicht zu groß sein (maximal vierzehn Tage). Ob sich Einzel- oder Gruppenhaltung empfiehlt, ist eine betriebsindivi­duelle Entscheidung und abhängig von dem bisherigen Aufzuchtsystem und der verfügbaren Arbeitskapazität.
Bei der Anschaffung von neuen Kälberboxen sollte berücksichtigt werden, dass in einigen Jahren auf EU-Ebene die Einzelhaltung untersagt werden könnte (End the Cage Age Initiative). Deshalb empfehlen sich Systeme, bei denen, durch das Herausnehmen von Trennwänden, aus Einzelboxen Kleingruppenställe entstehen können.
Wichtig: Laut der TierSchNutztV sind auch zwei Kälber als Kleingruppe zu sehen. Für diese Gruppen mit bis zu drei Kälbern sind mindestens 4,5 m² in Lebenswoche zwei bis acht vorgeschrieben. Das Zusammenführen von zwei Kälberboxen reicht oft nicht, um den gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden. Tipp: Kälberboxen anschaffen mit einer Grundfläche von 1,6 m². Dann ist das Zusammenlegen von drei Boxen für zwei bis drei Kälber möglich (siehe Übersicht).
Tipp: Die Vorgabe von 4,5 m² gilt nur für Kleingruppen von zwei bis drei Kälbern. Größere Kälbergruppen müssen 1,5 m² pro Tier bei Lebendgewichten bis 250 kg aufweisen.

Die TierSchNutztV sieht vor, dass Kleingruppen mit 2 bis 3 Kälbern (bis 8 Wochen) mindestens 4,5 m² Platz brauchen. (Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)

Untergrund entscheidend

Im Fall der Installation eines neuen „Kälberdorfes“ (Einzel- haltung oder Gruppe), müssen die Anforderungen der Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) eingehalten werden. Deshalb muss der Untergrund auf jeden Fall wasserundurchlässig sein. Die anfallenden Niederschläge sowie der Urin müssen separat aufgefangen werden.

Die richtigen Boxenmaße müssen bei der Planung zusätzlicher Kälberplätze beachtet werden. (Bildquelle: Simon)

Altgebäude wieder reaktivieren?

Einige Milcherzeuger überlegen die Altgebäude für die Bullenkälber wieder zu nutzen. Dabei sollten Sie sich fragen: Wieso habe ich das Gebäude „stillgelegt“? Wenn Sie sich an kranke Tiere erinnern, ist es nicht empfehlenswert, den Stall wieder zu nutzen. Wenn der Stall doch belegt wird, ist es wichtig, dass die Vorgaben der TierSchNutztV hinsichtlich Luft, Licht, Wasser und Liegefläche eingehalten werden. Die Liegefläche der Jungtiere muss weich und elastisch sein. Bei Spaltenboden sind die richtigen Schlitzweiten zu beachten: maximal 2,5 cm, bei Gummiböden 3 cm und eine Auftrittsfläche der Balken von mindestens 8 cm. Die Haltung auf Vollspalten ist immer nur ein Kompromiss und ist bis zum Alter von sechs Monaten nur zulässig, wenn der Liegebereich mit Gummi ausgelegt wird. Problematisch könnte sich das Stallklima entpuppen. Zugluft und Schadgase sind zu vermeiden. Je nach Stalldesign (z. B. Deckenhöhe) ist es notwendig, ein Kleinklima mithilfe von Kälbernestern zu schaffen. Auch hier gelten die vorher genannten Maße für die Gruppenhaltung.
Bei allen Anpassungen der Kälberhaltungen sollten Sie bedenken, dass Sie die Bullen- und Kreuzungskälber nach vier Wochen möglichst teuer verkaufen möchten. Daher sollten alle Grundsätze der Kälberaufzucht befolgt und angewendet werden. 
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