Viele Milchbauern wollen ihre Ställe für die geplante Haltungskennzeichnung von Staat und LEH rüsten. Doch ist es sinnvoll, jetzt schon zu investieren?
Aktuell den Durchblick zu behalten ist nicht einfach: Der Gesetzgeber erarbeitet derzeit ein freiwilliges Tierwohllabel mit verschiedenen Haltungsstufen, das noch dieses Jahr kommen soll. Der LEH startet in Kürze dagegen mit der Kennzeichnung von Milchprodukten mit vier verschiedenen Haltungsformen. „Mit welchem Haltungssystem stelle ich mich zukunftsfähig auf?“ fragen sich daher viele Milcherzeuger.
Andreas Pelzer
Leiter Sachbereich Rinderhaltung
Haus Düsse
„Wer jetzt schon etwas tun will, kann alle Maßnahmen, die bekanntermaßen das Tierwohl im Stall steigern, ergreifen. Das sind z. B. die Vermeidung einer Überbelegung, die Installation von Kuhbürsten, die Optimierung der Liegeboxen durch ein gewelltes Nackenrohr oder bessere Lichtverhältnisse im Stall. Was die Abmessungen im Stall oder auf dem Laufhof angeht, wäre ich vorsichtig zu investieren. Hier wissen wir noch nicht genau, was kommt“, sagte Andreas Pelzer, Leiter des Sachbereichs Rinderhaltung im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse in NRW bei einem online-Seminar des LAZBW Aulendorf.
Was die Abmessungen im Stall oder auf dem Laufhof angeht, wäre ich vorsichtig zu investieren. Hier wissen wir noch nicht genau, was kommt.“
Andreas Pelzer
Haltungsform versus Haltungsstufen
Pelzer warnte aktuell auch deshalb vor größeren Investitionen, weil die Kriterien der Haltungsstufen, die die Politik plant, sich nicht mit den Haltungsformen des Handels decken würden. „Bei den Kriterien der Haltungsformkennzeichnung des LEH frage ich mich, wo die Zahlen herkommen und welcher fachliche Hintergrund dahintersteckt?“ Der Berater selbst ist Mitglied der Borchert-Kommission und daher an der Entwicklung des Kriterienkatalogs für die Haltungsstufen beteiligt. Dieser Katalog gebe mehr Details vor als bei den Haltungsformen und sehe die Stufen 0 bis 3 vor. „Wir planen ein freiwilliges Label, bei dem möglichst viele Betriebe mitmachen können. Das System soll von Staat und Gesellschaft gestützt und gefördert werden.“ Denn allein der Markt werde es nicht umsetzen, so Pelzer weiter.
Aktuell befinde sich der Katalog durch die neue Regierungsbildung immer noch im Entwurfsstadium. Der Berater bedauert: „Wir diskutieren zu viel, ich hätte mir gewünscht, wir wären damit schon weiter.“
Lösungen für kleine Betriebe?
Andreas Pelzer zeigte sich sicher: „Von einem Umbau der Tierhaltung können wir jetzt schon nicht mehr sprechen, es wird eine Transformation sein“. Die Anbindehaltung der Kühe sei heute nicht mehr darstellbar, aber auch für kleine Bestände gebe es gute Konzepte. „Klar wird es bei kleinen Herden aufgrund der Auflagen und Baukosten schwieriger. Aus meiner Sicht ist aber allein die Motivation entscheidend.“
Viele Betriebe seien auf einem guten Weg und es gebe viele neue Dinge, die man umsetzen könne. Dabei führte er z.B. Freilauf- oder Kompostställe sowie Systeme mit neuen emissionsreduzierenden Lauf- und Liegeflächen an. Er verwies auf ein – gerade in einer Studie mit der DLG entwickeltes - Stallkonzept hin, das einen Kompromiss zwischen Ökonomie, Ökologie und Tierwohl darstelle. Die Eckpunkte: Ein Liegeboxenstall für 240 Kühe mit Fressständen, einem schmalen Futtertisch, automatischer Fütterung, integrierten Laufhöfen, Gründächern und Hochsilos. „Letztlich sind wir damit gar nicht so weit weg von unseren heutigen Stallsystemen“, fasste Pelzer zusammen.
QM+ machts möglich: Schon bald können Milcherzeuger ihre Herden (Ställe) ohne größeren Aufwand in Haltungsform 2 einstufen lassen. Einen Preiszuschlag soll es auch geben.