Ein gleichmäßiges Brummen ist im Stall zu hören. Zwei Kühe liegen in der Abkalbebucht, atmen im Gleichtakt und kauen wieder. Trotz einer Außentemperatur von fast 30 °C scheint die Hitze den beiden hochtragenden Kühen kaum etwas anhaben zu können. Denn Familie Hierl hat vor zwei Jahren in Ventilatoren investiert. „Uns war es wichtig, dass nicht nur die Kühe gekühlt werden, die Milch geben. Auch tragende Kühe vertragen keine Hitze und fressen dann zu wenig”, sagt Raimund Hierl. Lange haben Hierls nach Ventilatoren gesucht. „Anbieter von Ventilatoren gibt es viele, aber es war schwer jemanden zu finden, der sich mit der richtigen Positionierung auskennt.”
Die Ventilatoren sind ein Beispiel dafür, wie akribisch Familie Hierl Schritt für Schritt das Management ihrer Herde verbessert. Und diese Detailschritte zeigen eine deutliche Wirkung. Denn die Leistung der 72 Fleckviehkühe ist in den letzten Jahren um mehr als 1.500 kg auf inzwischen 10.700 kg angestiegen. „Natürlich haben wir einen großen Schritt mit dem Einzug in den neuen Stall im Jahr 2015 gemacht.” Der Grund für die gesunde und leistungsstarke Herde liegt aber vor allem im ausgefeilten Fütterungsmanagement.
Die Milchleistung wird im Pansen gemacht
Raimund Hierl
Regelmäßige Grünlandpflege
Das führt dazu, dass 5.600 kg Milch aus dem Grundfutter ermolken werden. Der Grundstein, davon ist Familie Hierl überzeugt, wird auf dem Grünland gelegt. Daher wird mit dem Grünland-Striegel im Frühjahr und bei Bedarf zwischen den Schnitten nachgesät. Da Hierls sowohl frische als auch trockene Standorte bewirtschaften, nutzen sie zwei an die jeweiligen Standorte angepasste Sortenmischungen.
Höchste Ansprüche an Qualität
Neben der intensiven Grünlandpflege kümmern sich Hierls fast ausschließlich selbst um die Gras- und Maisernte. Nur die Häcksler werden vom Lohnunternehmer gestellt. „Ist der Bestand und das Wetter passend, wollen wir ernten. Deshalb teilen wir uns Mähwerk, Wender und Schwader mit einem Berufskollegen”, erklärt Raimund Hierl. Außerdem fahren sie selbst fest, damit gut verdichtet wird und beim Häckseln nachjustiert werden kann, wenn die Häcksellänge nicht passt.
Raimund Hierl steht auf dem Futtertisch und atmet tief durch die Nase ein. „Wenn etwas mit dem Futter nicht stimmt, riecht meine Frau das sofort”, sagt der Betriebsleiter und lacht. Eine hohe Futterqualität sei das A und O. Um das sicherzustellen wird nur einwandfreie Silage verfüttert. Deshalb kommen selbst die Futterkeile an den Silowänden nicht in die Laktationsration. „Hier ist die Verdichtung einfach nicht so optimal. Das Risiko ist zu groß.”
Daneben hatten Hierls bereits bei der Siloplanung die Futterqualität im Hinterkopf. So bauten sie mehrere kleine Silos, um im Sommer einen möglichst großen Vorschub realisieren zu können. „Der liegt meistens zwischen 2,5 und 3 m.”
Ab Mai bis in den Oktober hinein säuern Hierls die Rationen an. „Wir warten nicht bis es richtig heiß wird. Schon im Mai kann es feuchtwarmes Wetter geben, das Risiko, dass das Futter umkippt, ist uns zu groß.”
Aber auch beim Kraftfutter machen Hierls in punkto Qualität und Sauberkeit keine Kompromisse. So fahren sie zweimal im Jahr beide Kraftfuttersilos komplett leer, bauen die Schnecken aus und reinigen alles.
Wissen was in der Silage drin ist
Neben Futterqualität ist die Rationsgestaltung ein, wenn nicht der wichtigste Baustein für die hohe Leistung der Fleckviehkühe, davon ist der Betriebsleiter überzeugt.
Das beginnt damit, dass Hierls regelmäßig ihre Silagen untersuchen lassen. Beprobt wird das Futter mindestens nach jedem Grasschnittwechsel, die Maissilage mindestens zweimal im Jahr. Darauf aufbauend lässt der Milcherzeuger die Ration von der VFR Managementberatung immer wieder neu berechnen. „Wir füttern am Trog eine Ration, die auf 31 Liter Milch ausgelegt ist.”
Die Kontrolle der Futtermittelhygiene hat auf vielen Betrieben keine feste Einbettung in die Routine – das sollte sie aber. Die kritischen Bereiche und Tipps.
Über den Transponder erhalten die Kühe zudem ein zugekauftes sowie ein selbstgemischtes Kraftfutter, bestehend aus Zuckerschnitzeln, Körnermais, Wintergerste und Glycerin. Auch diese Mischung lässt Raimund Hierl, je nach Grundfutter-Situation, neu berechnen. „Natürlich haben wir auch die Futterkosten immer im Blick. Aber ein Wechsel der Komponenten kommt bei uns nur äußerst selten infrage. Bei hohen Futtermittelpreisen reduzieren wir lieber den Anteil der Komponenten, als dass wir sie ganz aus der Ration nehmen. Wir wollen für den Pansen der Kühe keine gravierenden Futterumstellungen.”
Wir versuchen Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen.
Raimund Hierl
Gute Gesundheit
Neben den beiden Kraftfuttersorten erhalten die hochlaktierenden Kühe auch noch Propylenglycol bzw. Glycerin über einen Flüssigdosierer. Um sicherzugehen, dass die gesamte Fütterung passt, wiegen Hierls die Restfuttermengen mindestens alle zwei Wochen zurück. Mit ihrer gesamten Strategie erzielen Hierls über das ganze Jahr hinweg eine konstante TM-Aufnahme am Futtertisch von 21 kg.
Wie erfolgreich das Fütterungsmanagement ist, lässt sich nicht nur an den guten Leistungen erkennen. Auch die Tiergesundheit der Fleckviehkühe passt. So liegen beispielsweise die Zellzahlen in den letzten zwei Jahren kontinuierlich bei 100.000 und diagnostizierte Stoffwechselerkrankungen (Daten Pro Gesund) nur bei 2,8 %.
Futter für die Kälber
Goldgelbes Stroh und feine Futterpartikel rieseln durch Johannes Hierls Hände wieder auf den Trog. „Wir haben verschiedene Hersteller für Kälber-TMR ausprobiert, aber richtig zufrieden waren wir nicht. In einigen TMRs war zu viel Melasse, das hat stark geklumpt.”
Eine Trocken-TMR für Kälber kann ohne großen Aufwand selbst gemischt und auf Vorrat gelagert werden. Wichtige Tipps und ein Beispiel-Rezept aus der Praxis.
Deshalb mischt Johannes Hierl (Junior) die TMR jetzt selbst. Sie besteht aus gequetschtem Körnermais, Zuckerschnitzeln, Wintergerste, Soja-, Leinschrot, Ergänzer, Stroh und einem geringen Anteil an Melasse. „Wir suchen das beste Stroh aus. In diesem Jahr haben wir unser Gerstenstroh eingemischt, das mit einem Rotor-Mähdrescher auf die passende Länge gehäckselt wurde.”
Jetzt sind die Kälber dran
Alle sechs Wochen wird die TMR angemischt und in Big Bags gelagert. Wie auch bei den Kühen, haben sich Hierls Gedanken gemacht, wie sie die Aufzucht der kleinen Kälber weiter verbessern können. Neben einem in diesem Jahr gebauten, großzügigen Kälberstall für die Iglus haben Hierls jetzt ganz auf eine ad libitum-Fütterung umgeschwenkt. „Die Kälber wachsen sehr gut. Damit wir aber auch nachhalten können, wie sich die Zunahmen tatsächlich entwickeln, habe ich jetzt im Rahmen meiner Meisterausbildung damit angefangen, die Geburtsgewichte zu erfassen”, sagt Sohn Johannes Hierl. Sie lagen bisher zwischen 45 und 64 kg. In den nächsten Wochen sind die ersten ad libitum gefütterten Kälber abgetränkt, sodass er dann die Absetzgewichte erfassen kann. „Es ist mir wichtig nachzuvollziehen, was die Umstellung der Fütterung tatsächlich gebracht hat.”
Zukunft noch ungewiss
Sehr akribisch und konsequent: So lässt sich die Betriebsführung zusammenfassen. Doch wie soll es in Zukunft weitergehen, wenn der Junior die Meisterausbildung beendet hat? Da sind sich Vater und Sohn noch nicht ganz sicher. „Ich möchte die Intensität beibehalten. Doch, ob das auch bei einer Herdenaufstockung mit der Familie zu meistern wäre, da bin ich mir nicht sicher”, sagt Johannes Hierl und zieht die Schultern hoch. Eins weiß er aber ganz bestimmt: Kühe sind seine Zukunft!