Elite entdeckt

Futteranalyse direkt im Silo

Futtermittellabore liefern nach drei bis vier Tagen ein Ergebnis, neue mobile Scanner schon in wenigen Minuten direkt am Silo. Ist die Technik praxisreif? 

Milchkuhhalter Manfred Kögel aus Ettringen im Unterallgäu hat nicht lange überlegt, als er von dem neuen Futterscanner-Dienst des Maschinenrings (MR) Ostallgäus gehört hat. Seit Herbst 2021 lässt er nun vom MR alle zwei Monate die Mais-Shredlage für seine 180 Kühe mit dem mobilen Futterscanner NOA (NutriOpt On-sight Adviser) untersuchen.
Innerhalb von drei Minuten weiß Kögel dadurch über die wesentlichen Parameter seines Grundfutters, wie Trockenmasse, Rohprotein und nXP, Rohasche, Rohfaser, NDF und ADF, aber auch über NEL, ME, nXP, RNB und UDP, Bescheid. Vom neuen Silo hat er bereits drei Analysen vorliegen: „Damit können wir viel genauer füttern als früher“, sagt der Milchkuhhalter, der mit seiner Herde im Schnitt auf eine Milchleistung von 9000 kg Milch pro Kuh und Jahr kommt. Gemeinsam mit seinem Fütterungsberater des LKV Bayern, dem er die Ergebnisse zeitnah zuschickt, passt er jetzt die Ration bei Bedarf kurzfristig an.

Wie arbeitet der Scanner? 

Mittlerweile bieten in Deutschland mehrere Firmen eine solche mobile NIR-Analyse an. Neben dem niederländischen Gerät NOA, das die Firma Trouw Nutrition seit einem Jahr in Deutschland vertreibt, sind hier die Fa. Evonik, Fa. Dinamica Generale, JohnDeere und Fa. Trinamix – eine BASF-Tochter - vertreten.

Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter von mobilen Futterscannern, die nach der NIRS-Methode die Futterqualität messen. Hier das NOA-Gerät von Trouw Nutrition Deutschland… (Bildquelle: Lehnert)

…hier der Scanner von Trinamix. Zur Messung wird die Messplatte auf das Futter gedrückt.  (Bildquelle: Werkbild)

Die Geräte bedienen sich alle der NIR-Spektroskopie, mit der Methode also, die mittlerweile auch in den Futterlaboren gängig ist. Gemessen werden dabei per Sensor die Wellenlängen des von der Futterprobe reflektierten Lichts. Auf einem zentralen Server rechnet das Gerät dann aus diesem Signal anhand der für das jeweilige Futtermittel hinterlegten, nasschemisch ermittelten Kalibrierungskurve die Futterparameter der Probe aus. 

Einfache Bedienung

Die Bedienung der verschiedenen Scanner-Fabrikate ähnelt sich und ist durch die Schritt-für-Schritt-Führung in einer App denkbar einfach: Zuerst nimmt man von Hand eine Mischprobe aus der gesamten Anschnittfläche des Silos und mischt sie in einem Eimer gut durch. Anschließend wird der Scanner auf das Futter gedrückt und die Messung per Knopfdruck ausgelöst. Die Probe wird danach noch ca. vier Mal händisch neu durchgemischt und jeweils erneut gemessen.
Wichtig ist, dass zwischen den fünf Einzelmessungen das an der Messplatte anhaftende Futter entfernt wird. Die Messdaten gehen z.B. beim NOA-Gerät anschließend online an einen Server, der die Ergebnisse nach drei – bei einer schlechten Internetverbindung auch nach fünf - Minuten  zeitgleich an die dazugehörige App und ein Online-Portal übermittelt. Bei Trinamix erhält der Anwender schon innerhalb von nur wenigen Sekunden nach der Messung eine Push-Nachricht über die dazu gehörige App. In seinem individualisierten Portal kann der Anwender außerdem jederzeit auch auf alte Ergebnisse zurückgreifen. 

Ein Schritt-für-Schritt-Menu in der dazugehörigen App leitet durch die Messung.  (Bildquelle: Lehnert)

Nach einer Kalibrierung, z.B. auf einer speziellen Kalibrierungsplatte oder mithilfe eines im Gerät integrierten Kalibrierungsdeckels und nach einem in der dazugehörigen App genau definierten Vorgehen, ist das Gerät für die nächste Probe bereit. 

Welche Futtermittel sind möglich?

Mit einem mobilen Scanner können sehr viele Futtermittel untersucht werden. Trouw Nutrition Deutschland gibt allein 20 verschiedene an. Dazu gehören Gras- und Maissilage, Heu, Frischmais, Mischfuttermittel, Fertigfutter, Schrote, Schnitzel und Getreide sowie sämtliche Rohstoffe und Nebenprodukte. Bei Trinamix ist das Spektrum ähnlich breit. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass die passende Kalibrierungskurve für das jeweilige Futtermittel auf dem Server hinterlegt ist.
Der Maschinenring Ostallgäu nutzt in seinen Betrieben z.B. die für NOA-hinterlegten Kurven für Gras- und Maissilage sowie für Heu. Sie werden ständig um neue regionale Messwerte erweitert bzw. aktualisiert und sind daher mit jeder Probe aussagekräftiger bzw. besser an die jeweilige Region angepasst.
Beim Gerät von Trinamix sind nach eigenen Angaben den Modellen über 70 000 Proben aus der ganzen Welt hinterlegt, so dass die Datenbasis global anwendbar sei. Eine Aufbereitung des Futtermittels ist in der Regel nicht nötig, allenfalls bei allzu grobem Material müsse es ggf. noch gemahlen werden. 

Wissenschaft hegt Zweifel

Unabhängige Untersuchungen, die z.B. die Ergebnisse aus dem Labor mit dem mobilen Scanner vergleichen, laufen derzeit, sind aber noch nicht abgeschlossen. Allerdings äußern daran beteiligte Wissenschaftler schon jetzt erhebliche Zweifel daran, dass die innovativen Geräte die große Varianz in den Praxisproben auch tatsächlich abbilden und aussagekräftige Ergebnisse liefern können. So würden die mobilen Scanner z.B. die Parameter Gasbildung und ELOS nur über eine Schätzgleichung ableiten und nicht selbst bestimmen. Auch die Homogenität der eingesetzten Proben sei infrage zu stellen und könne nicht mit der einer getrockneten und vermahlenen Laborprobe verglichen werden. Für die Bestimmung der TM-Gehalte seien sie aber eine schnelle und sehr gute Methode.   
Der Maschinenring Ostallgäu hat selbst vor dem Start des Dienstleistungsangebots zum Vergleich der Messwerte mehrere Proben ins Labor geschickt. Martin Reßle vom MR: „Die Abweichungen lagen innerhalb des Toleranzbereichs, der für den Vergleich von Nasschemie zu Nasschemie definiert ist.“ Heißt im Klartext: Der Unterschied in den Ergebnissen war offenbar nicht größer als der zwischen den Analysen von zwei Laboren, die mit nasschemischen Methoden arbeiten.

So sieht beispielsweise der Analysebericht für den NOA_Futterscanner aus.  (Bildquelle: Werkbild )

„Nasschemische Analysen wie sie in externen Laboren durchgeführt werden, sind in der Regel genauer – wenn man nur eine untersuchte Stichprobe betrachtet“, sagt Miriam Suhren von Trinamix. Laboranalysen würden jedoch immer nur eine Momentaufnahme einer eingeschickten Musterprobe abbilden. Die mobile Lösung habe dagegen den Vorteil, dass es hinsichtlich der Anzahl der Proben und der Messungen keine Limitierung gibt. Durch die häufigere Messung bilde man die Realität sehr genau ab.
Vor diesem Hintergrund ist besonders wichtig, sich für eine Methode zu entscheiden und über die Anzahl der Proben die Genauigkeit zu erhöhen. Mit der herkömmlichen Labormethode wäre eine solche Frequenz allein aufgrund des Kostenaufwandes nicht praktikabel. 
Für Fahrsilos wird mindestens alle zwei Monate eine Messung empfohlen, bei Hoch- oder Tiefsilos durch die größere Inhomogenität des eingelagerten Futters deutlich häufiger.  

Welche Fehlerquellen sind möglich? 

Ein viel größeres Risiko für Fehler als in der Messgenauigkeit sehen die Anbieter in einer nicht repräsentativen Probenahme. „Man sollte z.B. nicht von einer sehr trockenen oder sehr nassen Stelle Futter für die Analyse verwenden“, sagt Reßle. Die Probe sollte von der frischen Anschnittfläche stammen, sie sollte außerdem gut gemischt werden und dürfe keine Klumpen enthalten.
Wichtig sei außerdem darauf zu achten, dass der Messkopf direkt auf die Probe gehalten werde und dass das Gerät regelmäßig kalibriert wird.

Erste Praxiserfahrungen sind gut

Käufer für die mobilen Futtermittel-Scanner sind bisher neben Landwirten und Maschinenringen auch Tierärzte, Berater, Mühlen oder Futtermittelunternehmen.
Die neue Technik kommt in der Praxis offensichtlich gut an: Beim MR Ostallgäu nutzen neben Manfred Kögel bereits 30 weitere Betriebe die Dienstleistung einer regelmäßigen Futteruntersuchung.
Milchkuhhalter Manfred Kögel vertraut den Messergebnissen. Für ihn zählt vor allem der Vorteil, dass er die Silagen nicht mehr selbst beproben muss. Früher hat er zweimal im Jahr Futterproben ins Labor geschickt und eine Woche auf das Ergebnis gewartet. „Die Zeit war immer zu knapp, um mehr zu beproben“, sagt er. Die Kosten für eine Scanneruntersuchung durch den Maschinenring gibt Kögel mit 25 € netto an. „Der Preis im Labor war ähnlich“, meint der Praktiker. Der Anschaffungspreis liegt z.B. beim NOA-Gerät bei ca. 4000 €. Für die Nutzung der Kalibrierungskurven ist jährlich eine drei- bis vierstellige Gebühr fällig.

Milchkuhhalter Manfred Kögel (links) schätzt an dem Dienstleistungsangebot des Maschinenrings vor allem, dass der Aufwand für die Beprobung für ihn wegfällt und er genauer an der Futterqualität im Silo dran ist. Rechts im Bild Martin Reßle vom MR Ostallgäu.  (Bildquelle: Lehnert)

Ein ähnliches Abrechnungsmodell hat auch Trinamix: Eine Einmalzahlung für das Gerät und eine jährliche Gebühr für die Software. Einen genauen Betrag will der Anbieter nicht nennen. Die Kosten liegen aber deutlich unter den Geräten, die im Labor eingesetzt werden, teilt das Unternehmen mit.

Weniger Aufwand

Die Seydaland Rinderzucht GmbH & Co KG in Jessen (Sachsen-Anhalt) hat sich vor einem halben Jahr sogar ein eigenes NOA-Scannergerät angeschafft. „Wird ein neues Silo geöffnet, haben wir sofort Werte dazu, um die Ration entsprechend anzupassen. Jede Silage wird einmal pro Woche beprobt und Mischfuttermittel analysieren wir gleich bei der Ankunft. Damit sind wir ganz nah an der Futterqualität dran“, erklärt Geschäftsführerin Sabine Mühlbach.

Sabine Mühlbach

Seydaland Rinderzucht , Jessen

Der Betrieb hält 2600 Kühe an drei Standorten sowie eine Anlage, auf der ausschließlich Jungvieh aufgezogen wird. Eine Mitarbeiterin habe den Scanner fest in ihrer Obhut. „Die Handhabung ist einfach“, sagt Mühlbach.
Ins Labor wie früher sende man kaum noch Proben. Mehrere eigene Vergleichsuntersuchungen zu Beginn hätten eine gute Übereinstimmung zu den Laborwerten gezeigt. Früher habe man die Trockensubstanz mit der Mikrowelle bestimmt, dieser Aufwand falle nun zum Glück weg. 

Was noch fehlt

Das Landwirtschaftsunternehmen kann über den Scanner zur Kalibrierung auf Futterkurven für Anwelk- und Maissilage, Rapsschrot, Mischfuttermittel und Getreide zurückgreifen. „Für uns wäre noch eine Matrix für TMR nützlich“, meint Sabine Mühlbach. Eine TMR-Kurve wünscht sich auch Manfred Kögel. Laut Trouw Nutrition Deutschland arbeite man derzeit daran und rechnet mit der Praxisreife im Sommer 2022.  
Aus Sicht der Praxis wäre bei NOA außerdem eine Schnittstelle zu den vorhandenen gängigen Rationsprogrammen wünschenswert. Thorsten Steidle von Trouw Nutrition Deutschland: „Die Daten müssen separat in das jeweilige Programm überspielt werden.“ Ende 2022 soll es aber eine neue App zur Rationsberechnung geben, die mit dem Scanner kommunizieren könne. Forschungen laufen auch dazu, Frischgras analysieren zu können, um den Erntetermin besser einschätzen zu können. 
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