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Spezialberaterin Hanna Hermbusch rät Milcherzeugern, für die komplette Kälberaufzucht ein Konzept zu erstellen. Dazu berechnet man zunächst die theoretisch benötigten Stallplätze (Anzahl Kalbungen im Jahr geteilt durch zwölf Monate) und rechnet saisonale Schwankungen und Leerstand dazu (zusätzlich 50 bis 100 %). Grundsätzlich können Kälber einzeln oder in Gruppen in Hütten oder Iglus gehalten werden. Wichtig dabei ist, die Boxenmaße im Blick zu haben:
Bis 14 Tage: Boxengröße 120 x 80 cm
Ab 14 Tagen: 100 x 160 cm Länge bei außenliegendem Trog (180 cm bei innenliegendem Trog)
Werden Kälber bis zur achten Lebenswoche in Kleingruppen (zwei bis drei Kälber) gehalten, ist eine Grundfläche von mind. 4,5 m2 einzuhalten. Dafür eignen sich z. B. Dreier-Buchten.
Tipp: Da nicht alle Kälberboxen und Iglus am Markt die Maßvorgaben erfüllen, greifen Sie einmal selbst zum Zollstock und messen Sie nach, dass jedes Kalb mind. 1,6 m2 zur Verfügung hat, bevor das Veterinäramt kontrolliert (CC-relevant!). Zudem müssen alle Hütten und Iglus für Kälber die Vorgaben des Baurechts, der AwSV, des WHG und der DVO einhalten.
In Zukunft könnte das Pairing gegenüber der Einzelhaltung an Bedeutung gewinnen…
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
Ob die Einzelhaltung langfristig noch möglich sein wird, ist fraglich. Die europaweite Bürgerinitiative „End of the cage age“ fordert, Käfighaltung (inkl. Einzelboxen für Kälber) grundsätzlich zu verbieten. Beraterin Hermbusch schätzt, dass die EU-Kommission darüber nachdenkt, die EU-Tierschutz-Richtlinien bis 2027 zu überarbeiten. Ihre Empfehlung: Stehen Investitionen an, dann in Einzelhaltungssysteme mit herausnehmbaren Trennwänden oder in Gruppenhaltung investieren.
2. Richtiges Konzept finden
Spezialberaterin Ramona Hesse
Hofkonzept
Wie beginnt man nun mit der Planung, wenn man die Kälberhaltung auf dem Betrieb neu denken muss? Wer mehr Stallplätze für seine Kälber benötigt, steht nicht zwingend vor einem Neubau. Auch in Altgebäuden lässt sich die Kälberaufzucht planen und umsetzen. Ramona Hesse empfiehlt, diese Fragen zu klären:
Gibt es bereits bestehende oder bevorzugte Haltungsweisen? Was sind feste Arbeitswege für Routinearbeiten?
Welches Tränkesystem ist im Einsatz oder soll zukünftig genutzt werden? Ist z. B. der Tankraum gut zu erreichen?
Die neuen Stallplätze sollten dabei klimatisch an bestehendes Stallklima der vorhandenen Kälberplätze angepasst sein, um Klimazonenwechsel beim Umstallen zu vermeiden. Wie ist die Luftqualität im Altgebäude? Wird diese durch die Bauart oder nahegelegene Windschatten (Gebäude, Hecken, Baumreihen) negativ beeinflusst?
Besondere Bedeutung erhält die Belegungsdichte. Es werden Gruppengrößen von sechs bis acht Kälbern, mit einer Gruppen-Altersdifferenz von maximal zwei Wochen empfohlen. Diese mindern das Stresslevel und fördern eine gleichmäßige, positive Entwicklung.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Einstreuen und Entmisten. Beides muss schnell und unkompliziert zu erledigen sein. Die Beraterin empfiehlt das Rein-Raus-Verfahren: Planen Sie den Stall so, dass einzelne Boxen bzw. Gruppen zwischen den Belegungen auch einmal leer stehen können. Das hilft, den Keimdruck im Stall zu senken.
3. Hygiene, Licht und viel Frischluft!
Philipp Zuz
Tierarztpraxis Ottersberg
Damit die Kälber während der ersten 28 Tage gesund bleiben, gibt es einige wichtige Punkte. Dazu gehört neben der Aufstallung in einem ausreichend großen und gut eingestreuten Kälberstall
Auch ein richtiges Tränkemanagement ist wichtig. Wenn die Kälber zweimal täglich mit zwei Liter Milch „hochgehungert“ werden, bringt auch die beste Aufstallung keine Erfolge, weiß Tierarzt Philipp Zuz. Er empfiehlt für die Kälberaufzucht intensive Verfahren oder die Ad-libitum-Tränke.
Eine wichtige Zutat für gesunde Kälber ist zudem Frischluft. Sowohl im neu- als auch im umgebauten Kälberstall kann eine gute Luftqualität Lungenerkrankungen verhindern. Rund ein Viertel der Todesfälle in der Kälberhaltung gehen auf Lungenerkrankungen zurück. Die Spätfolgen sind dramatisch: Sind Rinderlungen erst einmal geschädigt, können sie nur schlecht regenerieren. Die Tiere entwickeln sich schlechter und wachsen auseinander, das Erstkalbealter verschiebt sich deutlich nach hinten.
Bevor mit dem Ausbau der Stallplatzkapazitäten begonnen wird, sollte man an der geplanten Stelle bzw. an verschiedenen Stellen im Altgebäude prüfen, ob genug Frischluft ankommt. Optimale Bedingungen im Kälberstall sind u. a.
Luftgeschwindigkeit unter 0,2 m/sec,
Temperaturen zwischen 15 bis 20 °C und
Luftfeuchtigkeit zwischen 50 und 70 %.
Wichtig: Die Belüftung sollte das komplette Luftvolumen zudem im Winter viermal pro Stunde austauschen, im Sommer mindestens zehn Mal. Diese Parameter sowie die Schadgas- und Keimbelastung lassen sich gut zusammen mit Berater oder dem Tierarzt bestimmen. Ist die Luftqualität im Kälberstall mangelhaft, liegt dies zumeist an einer zu hohen Belegdichte, zu langen Entmistungsintervallen oder zu hoher Lufttemperatur. Abhilfe können dann z. B. Schlauchbelüftungen schaffen. Diese können sowohl im Alt- als auch im Neugebäude eingebaut werden.
Werden die Kälber in Warmställen untergebracht, reichen offene Fenster und Türen zur Belüftung nicht aus. Grundsätzlich empfiehlt der Tierarzt daher, auf Kaltställe mit Außenklima zu setzen. Dabei ist wichtig, die Hütte bzw. das Iglu quer zur Hauptwindrichtung aufzustellen und mit einer Überdachung vor Witterungseinflüssen zu schützen. Im Winter sollte man zusätzlich die Tränkemenge erhöhen und Kälberdecken einsetzen.
Wer Stallplätze erweitert, sollte die neuen Kälberställe an das bestehende Stallklima anpassen. Grundsätzlich sollten Kälber während der 28 Tage nicht in eine andere Klimazone umgestallt werden. Falls das nicht zu umgehen ist, kann man auf Kälberdecken (zusätz. Wärme, vom Warm- in den Kaltstall) oder auf gescherte Rückenlinien (gegen Kondenswasserbildung, von Kalt- in Warmstall) setzen.
Bei Neuinvestitionen in die Kälberhaltung sollte das mögliche Verbot der Einzelhaltung berücksichtigt werden. Passende Boxenmaße bieten nicht alle Hersteller.
Ab sofort dürfen Kälber erst ab 28 Tagen transportiert werden. Viele Betriebe müssen weitere Stallplätze schaffen. Tipps, wie Sie die Kälberhaltung anpassen können und welche Boxenmaße...