Scandinavian Dairy Tour

Alles mal ganz anders!

Warum auf dem schwedischen Bio-Betrieb Lövåsa Gård hohe Leistungen erzielt werden? Weil hier die Kühe und die Menschen im Mittelpunkt stehen.

Keine eingefahrenen Wege gehen: Das könnte das Motto von Dag Arvidsson (61 Jahre) und Emilia Astrenius (33 Jahre) auf dem Betrieb Lövåsa Gård sein. Das macht sich sofort bei der Betriebsführung bemerkbar. Denn Dag Arvidsson, der den Milchkuhbetrieb 1992 von seinem Vater und Onkel übernahm, wird diesen nun außerhalb der Familie, Schritt für Schritt, an Emilia Astrenius abgeben.

Dag Arvidsson wird innerhalb der nächsten zehn Jahre den Betrieb an Emilia Astrenius abgeben. (Bildquelle: Thomas lx)

Bis zum Jahr 2029 wird die junge Herdenmanagerin kontinuierlich Anteile des Betriebes kaufen und zwar 10% pro Jahr. Sie finanziert dies dadurch, dass sie den Betrieb weiterentwickelt und dabei entstehende „zusätzliche Gewinne“ für den Kauf der Anteile nutzt.
„Wir arbeiten in diesen 10 Jahren nach einem festgelegten Plan. Dann erwarte ich, dass ich auf den Golfplatz gehe“, sagt Dag Arvidsson und zwinkert. Und die Zahlen auf dem Bio-Milchkuhbetrieb sehen bereits jetzt sehr gut aus. Denn die 420 Bio-Kühe geben inzwischen 10.662 kg Energie-korrigierte-Milch (ECM) und erreicht eine Lebensleistung von 41.000 kg.
Wer bei mir Verantwortung haben will, der bekommt sie auch!
Emilia Astrenius

Ausgefeiltes Personalmanagement

Doch wie will die künftige Betriebsleiterin diese zusätzlichen Gewinne erreichen? Einer ihrer Erfolgsfaktoren sind ihre Mitarbeiter: „Meine Mitarbeiter sind meine Stars!“, erklärt Emilia Astrenius und lächelt. Für sie und Dag Arvidsson ist ein stabiles Team wichtig, weshalb die Einbeziehung der Mitarbeiter und deren Förderung an oberster Stelle steht.
Das erreicht sie u.a. durch regelmäßige Meetings und persönliche Entwicklungspläne, die sie gemeinsam mit den Mitarbeitern erstellt. „Wer bei mir Verantwortung haben will, der bekommt sie auch!“.

Für Emilia Astrenius (1. von rechts) stehen die Menschen an oberster Stelle. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Um ein gutes Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter zu fördern, ist es Emilia Astrenius außerdem wichtig, offen für die Bedürfnisse und Meinungen der Mitarbeiter zu sein. So hat sie zusammen mit einer junge Mitarbeiterin eine Checkliste mit Routinen für Neueinstellungen entworfen, weil der Mitarbeiterin diese zu Beginn fehlte. Hier steht z.B. wer für welche Aufgabe im Betrieb zuständig ist und wen man bei Problemen ansprechen kann.

Teamplayer sind gefragt

Das hervorragende Mitarbeiter-Management und der respektvolle Umgang miteinander machen sich bezahlt. Denn neue Mitarbeiter zu finden und diese zu halten ist für Emilia Astrenius kaum ein Problem. „Für mich ist es nicht so wichtig, dass ein Mitarbeiter Erfahrung mitbringt. Er muss ein guter Teamplayer sein. Das ist für mich entscheidend.“

Christian Eriksson kümmert sich um den Ackerbau, Emilia Astrenius um die Kühe. (Bildquelle: Thomas lx)

Neben einem ausgefeilten Personalmanagement achtet die junge Frau auch darauf, dass die Arbeitsbedingungen stimmen und die 40-Stunden-Woche penibel eingehalten wird.

Geregelter Arbeitstag

Langsam, Schritt für Schritt drückt der Mitarbeiter die beiden schwarzbunten  Kälber zum Fressgitter. Lässt die Kälber an der Hand saugen und führt sie so Richtung Nuckeleimer.
Die Mitarbeiter sind fest in einer von drei Arbeitsgruppen, die sich um die Kühe, die kleinen Kälber sowie die Aufzuchtrinder kümmern eingeteilt. Für Urlaub oder Krankheitsausfälle gibt es einen Springer, der die jeweilige Arbeit übernehmen kann.
Meine Mitarbeiter sind meine Stars!
Emilia Astrenius
Auch der Arbeitstag im Betrieb Lövåsa Gård ist klar strukturiert. So arbeiten die Mitarbeiter von morgens 07.00 Uhr bis nachmittags um 16.30 Uhr und gehen zweimal am Tag in die Pause. Hier werden dann auch Arbeiten und Aufgaben besprochen. Die Alarmbereitschaft für die sieben Lely-Melkroboter teilen sich einige Mitarbeiter.

Betriebsspiegel

·       420 Kühe
·       Leistung (Bio): 10.662 kg ECM
·       Lebensleistung: 41.000 kg
·       7 Lely-Melkroboter
·       1.925 kg Milch pro Melkbox
·       Mitarbeiter gesamt: 15
·       880 ha Ackerland
·       115 ha Weide

Grundfutter akribisch verbessern

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist sicherlich die Fütterung auf dem Betrieb Lövåsa Gård. Um die Grundfutterqualität weiter zu verbessern, haben sie auf dem Betrieb in ein mobiles NIRS-Gerät für 30.000 € investiert.

Auf dem Betrieb Lövåsa Gård wurde in ein NIRS-Gerät zur Überwachung der Grundfutterqualität investiert. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Mit diesem untersuchen sie neben der Gülle zur effizienten Stickstoff-Ausbringung auch regelmäßig Frischgras, um den optimalen Schnittzeitpunkt herauszufinden. Alle zwei Tage wird hier vor jedem Grasschnitt eine Probe genommen und auf Rohprotein, NDF und metabolisierbare Energie untersucht. „Wir schneiden jetzt früher unseren Grasbestand, die Qualität der Grassilage ist deutlich gestiegen.“
Daneben werden auch die Silagen zwei Mal pro Monat untersucht, um sicherzugehen, dass die vorgelegte Ration passt.

Das Futter wird für die Kühe kontinuierlich rangeschoben. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Neben der Gras- und Luzernesilage ist in der Ration noch Ganzpflanzensilage, Weizen bzw. Roggen, Ackerbohnen, Raps sowie ein zugekauftes Eiweißkonzentrat enthalten.
Die Kühe sind einfach unsere wichtigste Ressource.
Emilia Astrenius
Im Melkroboter erhalten die Kühe, je nach Leistung 1,0 bis 6,5 kg eine Kraftfuttermischung aus Getreide, Bohnen und Raps sowie bis zu 2,0 kg eines Eiweißkonzentrates. Insgesamt nehmen die Kühe im Schnitt damit 27 kg Trockenmasse auf.

Die Kühe können über eine Selektionseinheit täglich auf die Weide gehen. Weidegang ist auch für konventionelle Milchkuhbetriebe vorgeschrieben. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Nachhaltig zu mehr Leistung

Die rotbunte Färsen tritt langsam durch das Tor, zögert und geht nach draußen Richtung Weide.
Alles läuft rund auf dem Betrieb Lövåsa Gård. Dennoch für Emilia Astrenius kein Grund keine weiteren Pläne zu schmieden. So ist ihr erklärtes Ziel künftig 11.500 kg ECM zu melken. Dabei will die junge Frau vor allem weiter in die Kühe bzw. in Tierwohl investieren. So wurde bereits in den Laufgängen Gummimatten verlegt. „Die Kühe sind einfach unsere wichtigste Ressource.“

In Schweden müssen alle Kühe, auch die konventionell gehaltenen, auf die Weide. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Das hat uns besonders gefallen

  • Den Mitarbeitern wird eine große Wertschätzung entgegen gebracht.
  • Die Mitarbeiter werden in Entscheidungsprozesse einbezogen.
  • Harmonische Hofübergabe auch außerhalb der Familie.

Info Milchproduktion Schweden:

- Hohe Biosicherheit ist in Schweden gesetzlich vorgeschrieben. Schweden ist frei von TB, ParaTB, IBR und BVD-frei.
- Geringer Antibiotika-Verbrauch. Selektives Trockenstellen ist hier sehr verbreitet.
- Tierwohl wird groß geschrieben. Jeder Kuh müssen mindestens 8,5 m2 zur Verfügung stehen. Weidepflicht besteht auch für konventionelle Milchkuhbetriebe. Alle Tiere, die älter als sechs Monate sind unterliegen dem „Weidegebot“. Sie müssen an mindestens 120 Tagen im Jahr freien Zugang zur Weide haben.
- GMO-frei ist für alle Betriebe Pflicht, schon seit einigen Jahren.
- Die Betriebe wachsen, aber auch hier ist die größte Herausforderung die fehlenden Arbeitskräfte. Es steht viel Fläche zur Verfügung, die weit unter dem mitteleuropäischen Preisniveau liegt.
- Die Nebenerlöse aus den Tierverkäufen, aber auch die Anteile an öffentlichen Prämienzahlungen und Direktzahlungen sind höher als in Deutschland.
- Milchaufkommen in Schweden: 2.764 Mio. kg 2.733 Milchkubetriebe mit einer durchschnittlichen Leistung von 10.917 kg ECM pro Kuh; durchschnittliche Herdengröße 107 Kühe

Sponsoren 2023 (Bildquelle: Elite Redaktion)

Hinweis: Diese Reportage ist im Rahmen des Kongresses der European Dairy Farmers in Skövde (Schweden) im Juni 2023 entstanden.

Scandinavian Dairy Tour

Von klein bis groß: Alle in einem Stall

von Wiebke Simon

Familie Torstad melkt 50 Kühe und erleichtert sich die Arbeit in Lesja (NOR) mit Hilfe von z.B. einer BCS-Kamera oder einer Messung von Progesteron am AMS.

Eine hohe AMS-Auslastung mit gezielter Gruppenaufteilung, neue Technik und ein sorgfältiges Herdenmanagement – Familie Stokholm Pedersen ist hochmotiviert.


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