Landwirte orientieren sich bei der Gülledüngung häufig an den Richtwerten der jeweiligen Inhaltsstoffe bzw. lassen eine Gülleprobe im Labor auf die Nährstoffgehalte sowie den Trockensubstanz-Gehalt (TS-Gehalt) untersuchen. Dann kann allerdings das Risiko einer Über- oder Unterdüngung entstehen. Denn das Problem beider Vorgehensweisen ist, dass die Nährstoffgehalte der Gülle in Abhängigkeit der Gülle-Art, Fütterung (z. B. N- und P-reduzierte Fütterung) und der Homogenität stark...
Landwirte orientieren sich bei der Gülledüngung häufig an den Richtwerten der jeweiligen Inhaltsstoffe bzw. lassen eine Gülleprobe im Labor auf die Nährstoffgehalte sowie den Trockensubstanz-Gehalt (TS-Gehalt) untersuchen. Dann kann allerdings das Risiko einer Über- oder Unterdüngung entstehen. Denn das Problem beider Vorgehensweisen ist, dass die Nährstoffgehalte der Gülle in Abhängigkeit der Gülle-Art, Fütterung (z. B. N- und P-reduzierte Fütterung) und der Homogenität stark schwanken können. Weder mit den Richtwerten noch mit den einzelnen Probenanalysen können die Veränderungen der Gülle bis zum Start der Gülleausbringung exakt erfasst werden.
NIRS-Analyse als Lösung?
Alternativ kann Gülle aber auch mithilfe der sogenannten Nahinfrarotspektroskopie-Technik (NIRS-Technik) untersucht werden. Diese NIRS-Technik wird in die Förderleitungen der Gülle, z. B. in Behälterentnahmestellen, Pumpstationen oder Gülletankwagen, integriert oder über eine mobile Station beim Befüllen des Güllefasses „zwischengeschaltet“. Dabei wird die vorbeifließende Gülle mit nahinfrarotem Licht bestrahlt. Die entstandenen Reflektionen werden erfasst. Anhand einer hinterlegten Kalibrierung können die Nährstoffgehalte nun abgeschätzt werden.
Durchgängig und aktuell
So werden die Nährstoffe während der üblichen Pumpvorgänge durchgängig und „live“ bestimmt. Hierdurch lässt sich eine größere Menge an Gülle als bei einer einzelnen Probenentnahme analysieren. Zudem ist durch die direkt vorliegenden Nährstoffgehalte, die über das Terminal am Schlepper ausgegeben werden, eine sofortige angepasste Ausbringung möglich.
Genaue Werte, exaktes Düngen
In den letzten sechs Jahren hat sich Milcherzeuger Stefan Vogelsang ( Rheda- Wiedenbrück, NRW) intensiv mit der NIRS-Technik bei der Gülleausbringung auseinandergesetzt. „Wir nutzen ein im Güllefass integriertes NIRS-System, das sowohl den Gehalt an Stickstoff- Gesamt, Ammonium- Stickstoff und Phosphat analysiert. So können wir am ISOBUS-Terminal auf dem Schlepper während der Fahrt Ziel- und Grenzwerte für Stickstoff und Phosphat einstellen und die Gülle flächenspezifisch ausbringen“, berichtet der Milcherzeuger.
Düngerechtlich sei diese Dokumentation in Nordrhein-Westfalen erlaubt. Zusätzlich hat er zusammen mit der LWK NRW ca. 60 Gülleproben im Labor analysieren lassen, um die Messgenauigkeit des NIRS- Systems überprüfen zu können: „Die Laboranalyse ist zwar genauer, liefert jedoch immer nur eine Stichprobe. Vor allem in der Rindergülle treten große Inhaltsstoff- Schwankungen auf.“
Vogelsang überzeugt die NIRS vor allem durch die permanente Echtzeitmessung, durch die er auf diese Schwankungen reagieren kann. Negative Erfahrungen machte er mit einem stationären System: „Da bei einem stationären System die Messung auf Saugseite stattfindet, bilden sich bei sinkendem Pegel im Güllekanal durch steigenden Unterdruck Luftbläschen in der Gülle, die für ein verfälschtes Ergebnis bei den Messwerten sorgten.“
Für Stefan Vogelsang hat die NIRS-Technik großes Zukunftspotenzial: „In zehn Jahren wird es kein neues Güllefass geben, das nicht für die NIRS-Technik vorgerüstet ist“, schätzt er.
Doch wie genau sind NIRS-Werte?
Um die Praxistauglichkeit derart ermitteln zu können, wurden in einem Versuch die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Nährstoffermittlung miteinander verglichen und deren Einfluss auf die auszubringende Güllemenge aufgezeigt.
Dabei wurden die Nährstoffgehalte jedes einzelnen Güllefasses bei der Entleerung eines Gülle-Hochbehälters (im Versuch: Schweinegülle) ermittelt: Zum einen über Laboranalysen und zum anderen über zwei unterschiedliche NIRS-Techniken (mobile NIRS-Station und NIRS-System im Güllefass integriert von unterschiedlichen Herstellern).
Zusätzlich zu den Versuchsgrößen wurden die Richtwerte der Düngebehörde sowie eine im Vorfeld erhobene Behälterprobe herangezogen. Während des Versuches wurde die Gülle durchgehend gerührt (ab einem bestimmten Zeitpunkt kam es jedoch zu einer Anhäufung ungelöster Feststoffe).
Die Ergebnisse zeigen:
- Mit der NIRS- Technik können unter Voraussetzung einer geeigneten Kalibration sowohl genaue Stickstoffgehalte als auch Nährstoffschwankungen zwischen den einzelnen Fässern erfasst werden.
- Beim integrierten NIRS-System (NIRS2) zeigen sich erhebliche Abweichungen bei den Messwerten. Die Untersucher gehen von einer „schlechten“ Kalibration aus.
- Der Stickstoffgehalt der mobilen NIRS-Station (NIRS1) konnte im Durchschnitt auf 8 Prozent genau ermittelt werden.
- Die Stickstoffgehalte variierten zwischen der zeitnahen NIRS-Probe und den Laborwerten der einzelnen Fässer erheblich.
- Der Phosphor-Gehalt schwankt noch stärker als der des Stickstoffs.
- Die Gehalte an Stickstoff und Phosphor und der TS-Gehalt haben sich erheblich über die Behälterleerung hinweg geändert.
- Die Richtwerte der Düngebehörde stimmen relativ genau mit den Laboranalysen aller Fässer überein. Allerdings kann dies von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein.
- Hätte man sich im Versuch ausschließlich an den Ergebnissen der ans Labor gesandten Behälterprobe orientiert, hätte man 26% zu wenig gedüngt.
Kalibrierung und Homogenität sind das A und O
Tipp: Mit der NIRS- Technik können genaue Nährstoffgehalte und Nähstoffschwankungen nur unter der Voraussetzung einer geeigneten Kalibration erfasst werden. Außerdem ist bei der Kaufentscheidung einer NIRS- Technik sicher zu stellen, dass Schlepper und Güllewagen mit dieser synchronisiert werden können. Nur so ist eine genaue Nährstoffbestimmung und somit eine exakte Gülleausbringung möglich.
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