Die Niederung am südlichen Rheinufer bietet freie Sicht auf einen Flickenteppich aus Grünland und frischen Äckern, dicht durchsetzt mit Milchkuhbetrieben. Oft trennen nur schmale Zuwege die Betriebsgelände. An einer solchen Straße liegen auch die rotbraun geklinkerten Gebäude der Familie Tißen in Kleve. Vom Hoftor aus sind es vier Meter bis zum nächsten Kuhbetrieb und vier Kilometer bis zur niederländischen Grenze.
„Die größte Herausforderung an unserem Standort ist die...
Die Niederung am südlichen Rheinufer bietet freie Sicht auf einen Flickenteppich aus Grünland und frischen Äckern, dicht durchsetzt mit Milchkuhbetrieben. Oft trennen nur schmale Zuwege die Betriebsgelände. An einer solchen Straße liegen auch die rotbraun geklinkerten Gebäude der Familie Tißen in Kleve. Vom Hoftor aus sind es vier Meter bis zum nächsten Kuhbetrieb und vier Kilometer bis zur niederländischen Grenze.
„Die größte Herausforderung an unserem Standort ist die knappe Fläche“, erläutert Markus Tißen. Mit seinem Vater Ludger leitet er den Betrieb mit 130 Milchkühen.
Durch die hohe Kuhdichte und die Nähe zu den Niederlanden sind die Flächenpreise schon lange verhältnismäßig hoch. Die Sommertrockenheit der vergangenen drei Jahre, die jüngste Novelle der Düngeverordnung und der Naturschutz haben die Situation nochmals verschärft. Neupachten werden in der Region im Schnitt über 1.000 € pro Hektar Grün- und Ackerland abgeschlossen. Die Abgabekosten für Gülle liegen gegenwärtig über zehn Euro pro Kubikmeter.
„Um unter diesen Bedingungen die Rentabilität unserer Milchproduktion zu verbessern, haben wir die Rinder in Pension gegeben und optimieren intensiver die Leistung pro melkender Kuh sowie den Futterbau“, fasst der 29-jährige Hofnachfolger die Strategie für die kommenden Jahre zusammen.
Im Video: #milchmacher Markus Tißen
Die Kosten pro Einzeltier rücken in den Fokus
Markus Tißen ist überzeugt, dass es unter den steigenden Kosten für Fläche, Gülle und Futter heute noch wichtiger ist, die Kosten im Blick zu halten, die das Einzeltier verursacht. Die Erlöse verhalten sich schließlich gegenwärtig im besten Fall stabil, nach entlastenden Preissteigerungen für Milch und Zuchtrinder sieht es nicht aus.
So hat für Vater und Sohn eine neue Zeit für die Ausrichtung ihrer Milchproduktion begonnen. Zunächst haben sie sich Gedanken über die Nachzucht gemacht.
Die Eigenremontierung aufzugeben kam für die Holsteinzüchter, die monatlich Färsen und Deckbullen über die Auktion vermarkten, nicht infrage. Bei der Entscheidung darüber, wie und zu welchem Preis sie ihre Rinder auslagern, halfen ihnen die Auswertungen aus Offizialberatung und Arbeitskreis. Dass sich die Anfang des Jahres schließlich gestartete Vollpension ab dem 120. Lebenstag mit TMR und Kraftfutterzulage und exklusive Besamung rechnet, ergab sich schnell. Die weggefallene Gülleabgabe ist dabei ausschlaggebend.
Ob das Aufzuchtergebnis langfristig passt, zeigt sich erst in einigen Monaten. Sie werden ihre Daten entsprechend aufmerksam auswerten, erklärte Markus Tißen. Aktuell wartet der letzte Durchgang selbst aufgezogener Rinder am Hof auf die erste Kalbung.
Mehr Platz pro Kuh
Dass die Rinder nicht mehr auf dem Hof stehen, kommt den anderen Zielen zugute: Die Kühe profitieren von mehr Stallplatz und Betreuungszeit. Die angestrebte Steigerung der Milchleistung von 10.500 kg auf 11.000 kg im Herdenschnitt kommt zügig voran.
Wir brauchen viel Milch pro Kuhplatz.“
Markus Tißen
„Für eine optimierte Einzeltierleistung möchte ich den Kühen dauerhaft mehr Platz einräumen. Das heißt auch, dass wir die Kühe schärfer selektieren müssen. Das fällt mir nicht leicht, ist aber nötig, um die Herdenqualität konsequent zu verbessern“, sagt Markus Tißen. Um die Nachzucht klein zu halten, arbeiten sie zudem daran, die Zwischenkalbezeit von jetzt 430 auf 450 Tage zu erhöhen.
Entlastung in der Grundfutterversorgung, Effizienz im Futterbau
Ohne Jungvieh ist zudem die Grundfuttersituation merklich entlastet. Es entstehen neue Handlungsoptionen, die sie nutzen möchten. Dazu gehört u. a. ein Fokus auf die Produktion vom ersten, zweiten und dritten Schnitt aus dem Grünland für die Kühe. Spätere Schnitte können verkauft oder getauscht werden.
Flächenknappheit, DüngeVO und Witterung haben Markus und Ludger Tißen zudem dazu verleitet, ihren Futterbau weiter auszufeilen. Es gilt die Erträge und die Nährstoffeffizienz zu verbessern. Beim Mais setzen sie zur Unterfußdüngung allein auf ihre Gülle, DAP geben sie nur noch auf den sehr schweren Böden.
Im Grünland düngen sie frühjahrsbetont, zum ersten und zweiten Schnitt. Aufgrund der Trockenheit in den vergangenen drei Sommern lassen sie die Güllegabe nach dem zweiten Schnitt über Schlitztechnik ausbringen, um so Nährstoffe und Flüssigkeit direkt an die Wurzeln der Grasnarbe zu platzieren und damit auch unter fehlendem Niederschlag eine verwertbaren dritten Schnitt zu bekommen.
Ein weiteres Beispiel zur Flächenknappheit: 6.000 kg Grundfutterleistung
Auch Kevin Anhamm (Kamp-Lintfort, Niederrhein) verfolgt klare Ansätze, um trotz Flächenknappheit, Dorfnähe und Trockenheit rentabel Milch zu produzieren. Mit nur wenig Mitarbeitern melken sie derzeit rund 230 Kühe am AMS mit durchschnittlich fast 12.000 kg Milch.
6.000 kg Grundfutterleistung
Die Aktion #milchmacher
Fehlende Flächen, wenig Niederschlag, Gänse die das Grünland wegfressen, Arbeitskräftemangel … Die Probleme, mit denen sich Milcherzeuger auseinandersetzen müssen, sind vielfältig. Wir stellen Milcherzeuger vor, die die alltäglichen Herausforderungen angehen.
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