Gestern – Heute – Morgen
Niklas Engbring hat sich schon früh für die Zucht begeistert und die Bullenauswahl seit seinem 14. Lebensjahr übernommen. Damals wie heute setzt der junge Milcherzeuger auf exterieurstarke Rotbuntvererber. Seit Kurzem nimmt er die Triple A-Analyse zusätzlich zu den genomischen Daten zur Hilfe, um in Zukunft eine homogene, langlebige Herde zu züchten.
Fünf junge Männer stapfen mit einer dreikalbigen Laser PP-Tochter (90/88/91/88//89)...
Gestern – Heute – Morgen
Niklas Engbring hat sich schon früh für die Zucht begeistert und die Bullenauswahl seit seinem 14. Lebensjahr übernommen. Damals wie heute setzt der junge Milcherzeuger auf exterieurstarke Rotbuntvererber. Seit Kurzem nimmt er die Triple A-Analyse zusätzlich zu den genomischen Daten zur Hilfe, um in Zukunft eine homogene, langlebige Herde zu züchten.
Fünf junge Männer stapfen mit einer dreikalbigen Laser PP-Tochter (90/88/91/88//89) in ihrer Mitte über die frisch gemähte Wiese auf unsere Kamera zu. Das ist das Team, welches sich hinter Engbring Holsteins verbirgt. Niklas Engbring (22 Jahre) leitet den Milchkuhbetrieb aufgrund eines familiären Verlustes nun schon seit drei Jahren. Zusätzlich studiert er Agrarwissenschaften an der Hochschule Osnabrück: „Wir sind mit vier Arbeitskräften bei 110 melkenden Kühen und der weiblichen Nachzucht gut aufgestellt. Aber ich habe lieber eine höhere Ak-Zahl und dafür sind alle zufrieden. Wenn andauernd Überstunden anfallen, verliere ich im Zweifel einen Mitarbeiter oder wichtige Arbeiten werden vernachlässigt. Das können wir uns nicht leisten.“
Elite, das Magazin für Milcherzeuger:innen, feiert ihr 20-Jähriges. Dazu ein paar Worte von Chefredakteur Gregor Veauthier und der Start in zwei Themenwochen.
Lebensleistung erhöhen
Seit 2012 melken zwei Melkroboter die Holsteinherde mit einer aktuellen Tagesmilchproduktion von 36,5 Litern pro Tag mit 4,2 % Fett und 3,45 % Eiweiß. Niklas Engbring hat in den letzten Jahren vieles unternommen, um Arbeitsabläufe und das Management zu verbessern. Seit seinem 14. Lebensjahr sucht er die Bullen für die fast komplett rotbunte Holsteinherde in Steinfurt (NRW) aus. Sein Ziel in Zukunft ist es, eine Abgangsleistung von über 50.000 Litern Milch zu erreichen. „Unsere aktuelle Abgangsleistung von etwa 35.000 Litern ist mir zu wenig! Investitionen und Arbeit in den Stall müssen sich dahingehend besser auszahlen“, sagt Engbring.
„Nur über den PC anpaaren? Das ist doch kein züchten!“
Niklas Engbring
Obwohl er dieses Ziel vor allem durch verbessertes Management, genauer gesagt mehr Tierwohl, erreichen möchte, spielt die Zucht für ihn hier auch eine entscheidende Rolle. Früher wie auch heute achtet er bei der Bullenauswahl und Anpaarung auf exterieurstarke Tiere. „Ich habe mein erstes Lehrjahr beim Zuchtbetrieb Köster absolviert. Da hat sich mein Interesse für die Zucht so richtig entwickelt“, erzählt der junge Milcherzeuger anlehnend an das Fressgitter des AMS-Abteils der Erst- und Zweitlaktierenden. „Ich wünsche mir eine robuste, schwere Kuh mit breitem Becken. Dann passt ein breites, hochaufgehängtes Euter zwischen die Beine, was relevant für eine hohe Milchleistung bei gleichzeitig langer Nutzungsdauer ist.“
Bullen ohne K.o.-Kriterien
Als Eigenbestandsbesamer setzt Engbring auf ein breites Bullenangebot mit etwa 15 Bullen im Spermadepot. Er versucht ausschließlich rotbunte Vererber einzusetzen. „Durch die engen Linien bei den Rotbunten kommen aber auch schwarzbunte Bullen zum Einsatz. Dann aber am liebsten welche mit Rotfaktor“, erklärt er. Bei den Einzelmerkmalen legt er viel Wert auf den RZE, die Euterhöhe und die Fundamente.
Zur Frage, ob es für ihn k.o.-Kriterien gibt, ist ein klares „Ja“ die Antwort: „Für mich ist zum Beispiel eine Melkbarkeit von 2,0 l/min aufgrund einer schlechteren AMS-Auslastung schon zu wenig. Daher kommen nur in wenigen Ausnahmefällen Bullen mit einem RZD unter 90 zum Einsatz.“ Ein weiteres wichtiges Merkmal ist für ihn die Strichlänge: Unter 90 ist für ihn hierbei ein No-Go!
Genomics nur mit Triple A
„Ich möchte schöne Kühe melken! Genomisch hoch aber hässlich – das ist nicht mein Ziel“, sagt Engbring beim durchqueren des Kälberstalls. Bisher wurde die Herde rein nach genomischen Daten angepaart. „Das passt für mich inzwischen nicht mehr. Denn wir hatten bzw. haben hoch getestete Rinder und Kühe, die man sich nicht anschauen möchte bzw. die auch nicht funktionieren. Andererseits überzeugen mich auch absolut schlecht genotypisierte Tiere“, erklärt Niklas Engbring.
Er ist vom Einsatz der genomischen Zuchtwerte für den schnellstmöglichen Zuchtfortschritt dennoch überzeugt. Aber die alleinige Betrachtung dieser Zuchtwerte reicht ihm eben nicht mehr. Deshalb hat er diesen Sommer mit der Triple A-Einstufung begonnen: „Ich habe mich da eigentlich nicht bewusst für entschieden, sondern bin über Freunde in Kontakt mit einem Triple A-Analysten gekommen.“ Die Vorteile dieser Zuchtanalyse überzeugen Engbring nach den ersten Monaten, sodass er auch zukünftig damit weitermachen möchte.
„Ich will schöne Kühe melken! Genomisch hoch aber hässlich- Das möchte ich nicht!“
Niklas Engbring
Homogenität macht vieles einfacher
Engbring vergleicht nun die Anpaarungsvorschläge nach genomischen Daten mit den Triple A-Daten und sucht sich so den passendsten Bullen für das jeweilige Tier aus. Ziel der Nutzung von Genomics bei gleichzeitiger Beachtung der Triple A-Kodierung ist eine homogene, langlebige Herde, bei der die Einzeltiere wenig streuen. „Dann sind die Tiere leichter zu managen. Davon bin ich überzeugt.“
Als Beispiel nennt er unter anderem eine einfache Fütterung sowie bessere Haltungsbedingungen, etwa durch passende Boxenmaße für jede Einzelkuh der Herde: „Wenn alle Kühe gleich groß sind, ist alles viel einfacher. Eine funktionelle, exterieur- und leistungsstarke Herde wird weiterhin mein Zuchtziel sein. Deshalb ist für mich die Kombination aus Genomics und Triple A sicher das Richtige!“
Optimistisch optimieren
Schauen werden für Niklas Engbring immer ein Hobby bleiben, für das er sich in Zukunft gerne Zeit freischaufelt, aber niemals priorisieren wird. Um sein Ziel einer höherer Abgangsleistung und Lebenstagleistung zu erreichen, setzt Engbring neben der Nutzung von Tripel A auf der züchterischen Seite auf das Tierwohl. Der erste Schritt dafür ist der Umbau der Liegeboxen. Im Winter werden die Hochboxen durch Tiefboxen mit flexiblen Liegeboxenelementen ersetzt. „13.000 oder 14.000 l Milch mögen für viele unrealistisch bzw. unerreichbar klingen. Ich bin überzeugt, dass ich das erreichen kann. Man muss nur überall optimieren – egal ob Haltung oder Zucht“, sagt Engbring optimistisch. Besonders dankbar ist er für sein Team, welches hinter ihm steht: „Egal ob es um die aktuellen Leistungen im Stall oder um zukünftige Ziele wie die Steigerung der Abgangsleistung geht – all das wäre niemals ohne dieses tolle Team denkbar.“
Das könnte Sie außerdem interessieren:
Verschiedene Roboter erledigen die meisten Aufgaben und sind fester Bestandteil des Hofalltags. Sven Klingemann setzt voll auf die Automatisierung.