Ein alljährlicher Sommerklassiker: „Die Coli-Mastitis“! Betroffene Kühe zeigen ein stark gestörtes Allgemeinbefindens, extremen Milchrückgang, Abfall der Wiederkauaktivität, Fressunlust oder sogar Festliegen und Schock. Eine schwere Mastitis ist immer ein Notfall, bei dem es keine Garantie auf Heilung gibt.
Auch wenn alles dafür getan wird, stellt sich keinesfalls immer ein Therapieerfolg ein. In besseren Fällen verlieren die betroffenen Tiere viel Milch oder die Produktivität eines Euterviertels, in schlechteren Fällen verenden die Kühe plötzlich oder liegen hartnäckig fest und müssen schließlich erlöst werden. Gerade im Sommer, wenn sich Arbeitsspitzen ohnehin schon aufbauen, macht sich bei allen Mitarbeitern im Stall Frustration breit.
Coli, Klebsiellen oder uberis
Der Begriff „Coli-Mastitis“ hat sich für dieses Krankheitsbild zwar weitgehend in der Branche etabliert, ist aber nicht korrekt. Aus Studien und Praxis ist bekannt, dass einerseits neben Escherichia coli prinzipiell jeder Erreger eine schwere Euterentzündung auslösen kann und andererseits eine Mastitis mit E. coli nicht immer schwer verlaufen muss. Auch lassen Veränderung des Eutersekretes (z. B. wässrige Milch oder Flocken) keine Rückschlüsse auf den Erreger zu.
Eine Bestimmung ist nur mithilfe entsprechender Diagnostik möglich. In einer aktuellen deutschen Studie waren die häufigsten Verursacher von schweren Mastitiden coliforme Bakterien (insbesondere E. coli und Klebsiellen) und Streptococcus uberis.
Für den einzelnen Milcherzeuger ist es wichtig, einen guten Überblick darüber zu haben, welche Keime für das Mastitisgeschehen relevant sind, um gezielte Prophylaxe-Maßnahmen einleiten zu können. Die Ansatzpunkte werden für die meisten im Bereich der Umwelt- und der Melkhygiene liegen, aber auch das Vermeiden von Hitzestress und Problemen im Bereich der Fütterung sind wichtige Schlüsselfaktoren.
Einentzündetes Euterviertel führt zu Schmerzen, Schwellungen, verändertem Sekret und MIlchrückgang.
(Bildquelle: Weerda )
Mildere, therapierbare Symptome
Wenn gesichert ist, dass coliforme Bakterien (z. B. E. coli, Klebsiellen und Serratien) die Keime sind, die schwere Mastitiden verursachen, steht außerdem noch als weiteres Werkzeug eine Impfung gegen diese Erreger zur Verfügung. Diese zielt darauf ab, dass die Euterentzündungen milder verlaufen und sich ein Therapieerfolg sicherer einstellen kann. Die erkrankten Tiere verlieren weniger Milch, erholen sich rascher und haben ein deutlich geringeres Risiko zu verenden.
In der Regel hat die Impfung allerdings keinen Effekt auf die Neuinfektions- und die Mastitisrate oder auf die Zellzahl der Tankmilch. Hier gilt es, andere Maßnahmen umzusetzen. Wenn über Labordiagnostik abgeklärt ist, dass die ursächlichen Erreger zu der „Coli-Impfung“ passen, sollte ausgewertet werden, ob sich schwere Fälle auf dem jeweiligen Betrieb in bestimmten Zeiträumen im Jahresverlauf oder in bestimmten Phasen der Laktation konzentrieren. Oft häufen sich schwere Mastitiden im Sommer, sie können aber auch ganzjährig auftreten. Prinzipiell sollen Kühe am Anfang und in der Hochlaktation ein größeres Risiko für eine schwere Euterentzündung haben, solche Fälle können aber auch gleichmäßig über die gesamte Laktation oder konzentriert bei den Altmelkern auftreten.
Reproduktions- und herdenbezogenes Impfschema
Passende Impfschema auswählen
Treten die Erkrankungen zu Laktationsbeginn auf, empfiehlt es sich, die Tiere im Trockenstand zweimalig zu impfen und damit eine Grundimmunisierung sicherzustellen. Der Impfschutz beginnt schon kurz nach der ersten Impfung, hält aber nur begrenzt an. Je nach Herstellerangaben muss in der Laktation mindestens eine Folgeimpfung erfolgen, um den relevanten Zeitraum sicher abzudecken.
In Herden, in denen die Fälle über die Laktation verteilt auftreten, können hingegen alle Kühe zunächst grundimmunisiert (Impfschema nach Bradley) werden und auch weitere Impfungen im empfohlenen Abstand als Herdenimpfung verabreicht werden.
Beschränken sich schwere Mastitiden zuverlässig auf z. B. die Sommermonate, sollte man diskutieren, ob es sinnvoll ist, die Impfung in den nicht relevanten Zeiträumen (meist in der kälteren Jahreszeit) auszusetzen. Je nach Schema wird man mit dem auf dem deutschen Markt verfügbaren Impfstoff jedes Tier drei- bis fünfmalig pro Jahr impfen. Lohnt sich das? Neben den Aspekten des Tierschutzes, sollte auch die psychische Belastung, die schwere Mastitiden und damit verbundene Tierverluste für viele beteiligten mit sich bringen, in die Waagschale gelegt werden.
Je nach Impfschema muss eine Kuh bis zu dreiml im Jahr geimpft werden.
(Bildquelle: Weerda )
Des Weiteren kann man anhand der Kosten, die schwere Fälle und insbesondere auch verendete Kühe verursachen, abschätzen, ob die Impfung eine Chance hat, sich auch ökonomisch zu rentieren. Nach unseren Erhebungen ist dies in der Regel spätestens dann der Fall, wenn man durch die Impfung den Anteil der toten Kühe pro Jahr um ein Prozent der Herde senkt.
Obwohl sich die Coli-Impfung gegen M3 (schwere Mastitiden) in einigen Ländern schon viele Jahre als Standard etabliert hat, wird sie in Deutschland wenig eingesetzt. Bei entsprechender Problematik und gut reflektiertem Einsatz kann sie aber ein sehr wirksames Werkzeug sein. Den Milchkuhbetrieb und die angegliederte Beratung wird die Impfung allerdings nicht davon befreien, weiter an einer grundlegenden Verbesserung der Eutergesundheit zu arbeiten.