Eine Rotfärbung der Milch ist ein deutliches Zeichen, dass die Blut-Euter-Schranke beschädigt ist. Blutige Milch weicht von der normalen Beschaffenheit ab und darf somit nicht in den Verkehr gebracht werden. Erst wenn die Milch wieder weiß ist, darf sie in den Tank. Der Zellgehalt der betroffenen Kuh kann danach noch über Tage bis Wochen erhöht sein. Das liegt an Reparaturvorgängen im Eutergewebe. Doch wie kommt es überhaupt zu Blutungen im...
Eine Rotfärbung der Milch ist ein deutliches Zeichen, dass die Blut-Euter-Schranke beschädigt ist. Blutige Milch weicht von der normalen Beschaffenheit ab und darf somit nicht in den Verkehr gebracht werden. Erst wenn die Milch wieder weiß ist, darf sie in den Tank. Der Zellgehalt der betroffenen Kuh kann danach noch über Tage bis Wochen erhöht sein. Das liegt an Reparaturvorgängen im Eutergewebe. Doch wie kommt es überhaupt zu Blutungen im Euter?
Blutmilch durch Verletzungen
Oft sind es äußere Einflüsse, wie zum Beispiel Stöße an der Stalleinrichtung, Rangkämpfe mit anderen Kühen oder starke Ödembildungen rund um die Kalbung, die dazu führen können, dass kleinere oder auch größere Blutgefäße im Euter verletzt sind. Dann gelangt Blut in die Milchgänge und ist an der rötlichen Verfärbung der Milch erkennbar. Das Ausmaß dieser Verfärbung hängt stark von der Größe und der Menge an verletzten Blutgefäßen ab.
Toxin-bedingte Gewebeschäden
Neben den traumatischen - also verletzungsbedingten - Ursachen sind Toxine ein häufiger, nicht beachteter Auslöser für eine Blutung im Euter. Bakterielle Toxine von Clostridien, Staphylokokken und coliforme Keimen nehmen die Kühe über das Futter auf. Im Darm können diese zu örtlichen Entzündungsreaktionen führen, welche die Zellverbindungen der Blut-Darm-Schranke zerstören und so weiteren Toxinen den Weg ins Blut ermöglichen. Häufige Zielorte dieser bakteriellen Toxine sind Lunge (Pneumonien), Gelenke (Arthritis), Bindegewebe (Phlegmone) und vor allem das Euter (Mastitis, Blutmilch). Im Euter können die Toxine Blutkapillare angreifen und zerstören, wodurch es zu blutiger Milch kommt. Mykotoxine aus verschimmelten Silagen, Heu oder Stroh können ebenfalls das Eutergewebe zwischen den Blutkapillaren und den Milchalveolen zerstören. Grundsätzlich sind beim Toxin-bedingten Blutmelken sehr viele kleinere Gewebeschäden im Euter festzustellen.
Von außen sind traumatische und Toxin-bedingte Ursachen nicht sicher unterscheidbar. Denn auch bei Toxinen ist meistens nur ein Euterviertel betroffen, weshalb sich die genaue Ursache allein an der Verteilung der blutmelkenden Viertel nicht ablesen lässt. Ein Hinweis auf die Verletzung von Blutgefäßen, also auf eine traumatische Ursache, können Blutgerinnsel in der Milch sein, die unter Umständen den Zitzenkanal verstopfen und Melkstörungen verursachen.
Zitzenversiegler sind beim Trockenstellen verbreitet. Bei korrekter Anwendung gelangen keine Rückstände in die Milch oder die Melktechnik. Wir zeigen Ihnen, wie es geht!
Die Kuh ist nicht euterkrank!
Blutmelken ist nicht sofort mit einer Mastitis gleichzusetzen - die Kuh ist also nicht euterkrank! Solange „nur“ Blut in der Milch ist, sind keine Mastitiserreger vorhanden. Eine Mastitis kann aber von Blut in der Milch begleitet sein. Auf der anderen Seite kann Blutmelken aber auch in eine Mastitis umschlagen, da die Schutzmechanismen des Euterepithels gestört sind und eindringende Erreger nicht mehr abwehren können. Doch erst wenn klinische Symptome, wie z. B. ein verhärtetes Viertel oder Flocken auftauchen, muss die Mastitis bei Erregernachweis behandelt werden. Tipp: Nutzen Sie beim Vormelken einen Vormelkbecher mit schwarzer Platte, um mögliche Milchflocken als Zeichen einer Mastitis von Blutgerinnseln unterscheiden zu können.
Tipps zum Umgang
Wie gehe ich vor, wenn ich bei einer Kuh blutige Milch entdecke? Beim Vorgehen sollte man sich an den Empfehlungen für die Erste Hilfe orientieren: Kühlen, ruhigstellen und vor Infektionen schützen. Das heißt konkret:
- Die Milch der betroffenen Kuh in die Separation melken.
- Falls Blutgerinnsel den Milchfluss blockieren, das betroffene Viertel mit der Hand ausmelken. Achtung: Blutgerinnsel oder Flocken?
- Abgefallene Melkzeuge vor dem wiederholten Ansetzen mit Wasser reinigen.
- Nach dem Melken sorgfältig dippen.
- Kühlende Salbe auf das gesamte Viertel aufbringen. Hierbei sind positive Ergebnisse von homöopathischen Arnika- und Beinwellhaltigen Kühlsalben, die die Gewebeheilung unterstützen, bekannt.
- Äußerlich sichtbare Verletzungen reinigen, desinfizieren und wenn möglich mit zugelassenen Sprays oder Salben abdecken.
- Melkzeug vor dem nächsten Anhängen zwischendesinfizieren.
Ausmelken oder nicht?
Zum Ausmelken oder Belassen der blutigen Milch im Euter gibt es verschiedene Meinungen. Ein erhöhter Innendruck kann kleinere Blutgefäße verschließen und die Blutung zum Stillstand bringen. Eine Erfolgsgarantie beinhaltet dies jedoch nicht. Lässt man dagegen die Milch über längere Zeit im Euter, erhöht sich das Risiko für eine Mastitis. Daher empfiehlt sich das Ausmelken der Kuh.
Empfehlenswert ist außerdem die Verabreichung eines schmerz- und entzündungshemmenden Mittels. Damit dämmt man die lokalen Entzündungsprozesse ein und lindert die Schmerzen, was sich günstig auf den Heilungsverlauf auswirkt und ein Beitrag zum Tierschutz ist. Es gibt Präparate ohne Wartezeit auf Milch, sodass man nach Normalisierung des Milchsekrets umgehend wieder in den Tank melken kann. Falls die Blutung sehr stark oder lang anhaltend ist, kann in Absprache mit dem Tierarzt ein zur Blutstillung zugelassenes Mittel über mehrere Tage verabreicht werden.
Blutmelken verhindern
Prophylaxe sind Haltung, Hygiene und Fütterung!“
Ines Leidel
Um Blutmelken zu verhindern ist es wichtig, dass der Stall nicht überbelegt ist. Behörnte Tiere sollten bestenfalls separat gehalten werden. Da sich das in den meisten Betrieben als unmöglich erweist, ist es umso wichtiger, die Kälber zu enthornen und den Erfolg zu kontrollieren. Die Zucht auf genetisch hornlose Kühe kann hier auch Abhilfe schaffen. Um Toxin-bedingte Blutungen im Euter zu verhindern, sollten Sie die Futterqualität bestimmen und jederzeit beachten. Verschimmelte oder verdorbene Futtermittel dürfen keinesfalls verfüttert werden- nicht nur im Hinblick auf die Gefahr einer Blutung im Euter!
Kühe mit Mastitis noch mal intensiv nachmelken? Wir haben Dr. Friederike Reinecke gefragt, ob dies immer sinnvoll ist.