Südamerika: Nur was für Optimisten!
Viel Bürokratie und eine extrem hohe Inflation. Milcherzeuger in Südamerika haben es nicht leicht. Eindrücke einer Reise durch Brasilien und Argentinien.
Als in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends die Weltmarktpreise für Soja, Weizen, Mais, Fleisch – angetrieben von der gestiegenen Nachfrage Chinas – explodierten, kam in Südamerika eine regelrechte Goldgräberstimmung auf. Auf einmal schwemmte es den Farmen das Geld nur so in die Kassen. Viele Farmer träumten damals von einer strahlenden Zukunft.
Doch die goldene Phase währte nur kurz, denn nach einigen Jahren begannen die Rohstoffpreise wieder zu fallen. Mit dem Ausbruch des Corona-Virus und erst recht nach dem verbrecherischen Überfall Russlands auf die Ukraine wendete sich dann das Blatt vollends. Besonders den kleineren Milchbauern, die nur wenige Kühe melken (das ist die große Mehrheit), machen seither die deutlich steigenden Produktionskosten enorm zu schaffen.
Inflation bis zu 100 %
Aufgrund der extrem hohen Inflation (Brasilien 30 %; Argentinien 95 %) gibt es Futtermittel, Diesel und Dünger nur noch per Vorkasse. Viele Milcherzeuger verfügen aber schlicht nicht über genügend Barmittel, um Kraftstoffe und Düngemittel einzukaufen. Problematisch ist zudem, dass auch die Kreditzinsen in die Höhe geschnellt sind (Brasilien 15 %; Argentinien 60 %, Kreditlaufzeit max. fünf Jahre).
Einen Kredit aufzunehmen rechnet sich in den meisten Fällen nicht, zumal kein Landwirt abschätzen kann, welche Menge an Dünger, Kraftfutter oder Diesel er beim nächsten Einkauf für die vereinbarte Summe erhält. Dadurch hat sich der Strukturwandel beschleunigt, die Anzahl an Milchkühen hat sich insbesondere in Brasilien erheblich verringert.
GVO-freies Soja auf dem Rückzug
Wegen der hohen Kreditzinsen können die allermeisten Milcherzeuger dringend notwendige Ersatz-Investitionen nicht mehr tätigen. Investieren müssen künftig jedoch alle Milchfarmer, denn es ist absehbar, dass in den kommenden Jahren erstmals einige Umweltauflagen verpflichtend eingeführt werden. Die Liquidität zu erhöhen durch mehr Umsatz, z. B. durch eine Aufstockung der Kuhherde, ist oftmals kaum möglich, denn aufgrund der hohen Inflation stecken viele wohlhabende Menschen und Unternehmen ihre liquiden Mittel in Grund und Boden.
Das hat die Preise für landwirtschaftlich nutzbare Flächen in ungeahnte Höhen katapultiert. „In Brasilien haben sich in den vergangenen zehn Jahren die Landpreise nahezu verdoppelt“, schätzt Andres Padilla, Analyst bei der Rabobank. Nicht selten wird mittlerweile im Süden Brasiliens ein Hektar umgerechnet zwischen 26.000 und 50.000 € gehandelt.
Das wiederum erschwert bzw. verhindert in dieser intensiven Milchregion eine Ausweitung der Milchproduktion. Wer nicht über die notwendigen Finanzmittel verfügt, dem bleibt nur der Umzug in den Norden Brasiliens, in die tropischen Gefilde. Agrarflächen sind dort vergleichsweise günstig, teilweise müssen sie aber erst noch urbar gemacht werden.
Aufgrund der hohen Kosten und der damit einhergehenden...
Sie sind Elite Digital Abonnent.
Mehr zu dem Thema