Kühe melken, Kälber füttern, Liegeboxen pflegen und noch schnell nach bulligen Jungrindern schauen, bevor man im Büro den überfälligen Flächenantrag vorbereitet … Milcherzeuger sind oft Allrounder, die als Melker, Tierarzt, Betriebswirtschaftler und Traktorist parallel arbeiten. Aber müssen Milcherzeuger wirklich alles selber machen? Kann es wirtschaftlicher sein, weniger Aufgaben selbst zu übernehmen und diese dafür zu optimieren?
Welche Aufgabenbereiche man abgeben kann...
Kühe melken, Kälber füttern, Liegeboxen pflegen und noch schnell nach bulligen Jungrindern schauen, bevor man im Büro den überfälligen Flächenantrag vorbereitet … Milcherzeuger sind oft Allrounder, die als Melker, Tierarzt, Betriebswirtschaftler und Traktorist parallel arbeiten. Aber müssen Milcherzeuger wirklich alles selber machen? Kann es wirtschaftlicher sein, weniger Aufgaben selbst zu übernehmen und diese dafür zu optimieren?
Welche Aufgabenbereiche man abgeben kann und was dabei wichtig ist, erklärt Claus Schnakenberg vom Beratungsring Beverstedt (Niedersachsen).
Mehr Zeit für Familie und Kühe
Eine Auslagerung von Aufgabenbereichen bietet vor allem die Chance, die an allen Ecken fehlende Zeit für das Sozial- und Familienleben freizusetzen. Neben wertvollen freien Tagen oder Urlaub für den Betriebsleiter mit der Familie sind dann zum Beispiel auch freie Tage für die Mitarbeiter drin. Darüber hinaus muss die gewonnene Zeit genutzt werden, um die Herdenbetreuung und Arbeitsabläufe zu optimieren. Betriebsleiter und Familie können sich dann auch mehr auf die individuellen Stärken und Neigungen konzentrieren. So kann der Betriebsleiter z. B. die Genetik der Herde verbessern und sich mehr in die Zucht und Bullenauswahl einarbeiten oder der Hofnachfolger einige Fortbildungen absolvieren.
Welche Aufgaben abgeben?
Schon bevor
ein Milchkuhbetrieb in die Arbeitsfalle gerät, macht es Sinn, Aufgaben zu delegieren, Mitarbeiter einzustellen oder
bestimmte Aufgaben an Dienstleister auszulagern. Vorab gilt es zu prüfen, welche Aufgaben(-bereiche) im Betrieb sich dafür eignen. Möglich sind:
- Routinen: Zeitliche Entspannung für Familienbetriebe resultiert vor allem aus einer Auslagerung der täglichen Routinen. Dazu gehören z. B. Melken, Klauenpflege, die Versorgung der Kälber. Gelingt es, in diesem Bereich auszulagern, kann man aufs Jahr gerechnet mehr Zeit gewinnen als durch weiteres Optimieren saisonaler Arbeitsspitzen. Ein weiterer positiver Effekt: Gibt man diese Aufgaben an einen Spezialisten ab, werden diese oft auf Effizienz optimiert. Wird z. B. die Fütterung überbetrieblich organisiert und minutengenau abgerechnet, gibt es plötzlich viele Ideen, wie man Futterkomponenten hinsichtlich schneller Befüllung des Mischwagens am besten lagert und dosiert, so auch für die Zugabe von Wasser.
- Arbeitsspitzen: Auch Arbeitsspitzen bei Außenarbeiten (z. B. Grasernte, Maisaussat) oder Bestandsklauenpflege können durch Auslagerung bestimmter Aufgaben entzerrt werden. Diese bringen zwar im Vergleich zu ausgelagerten Routinearbeiten weniger Zeitgewinn, sorgen aber dafür, dass die Arbeit im Kuhstall aufgrund von Zeitmangel nicht vernachlässigt wird. So kommen auch während der Haupterntezeit die Tiere im Stall nicht zu kurz, können weiter intensiv beobachtet werden und z. B. Brunsten nicht übersehen werden. Zudem sind teure Maschinen besser ausgelastet, wenn Lohnunternehmer sie bewirtschaften.
- Betriebszweige: Die Außenwirtschaft und Jungviehaufzucht können ganz oder teilweise abgegeben werden. Ökonomisch kann sich eine Jungvieh-Auslagerung positiv auswirken: Sofern baulich möglich kann man die frei- werdenden Stallplätze mit Milchkühen füllen. Gelingt es dann, die Produktionstechnik zu verbessern, ist ein um ca. 3 bis 5 Cent je kg Milch verbesserter Deckungsbeitrag nicht unrealistisch. Gibt man einen ganzen Betriebszweig ab, muss man sich jedoch darüber bewusst sein, dass man nicht mehr über alles Bescheid weiß. Bei ausgelagerter Jungviehaufzucht kann man z. B. Wissen über Wachstumsverlauf oder Gesundheitsstatus der eigenen Tiere verlieren. Wird der Bereich dauerhaft von jemand anderem übernommen, kann der Betriebsleiter auch wichtiges Know-how in diesem Bereich verlieren.
- Hauswirtschaft: Denken Sie bei Auslagerung nicht nur an betriebliche Abläufe. Besonders auf Betrieben, in denen Familienmitglieder mithelfen, können auch Arbeiten in Haus und Garten gut abgegeben werden. Haushaltshilfen können hier mehr Freiräume schaffen. Denn wenn der Betriebsleiter nach getaner Arbeit völlig übermüdet auf dem Aufsitzrasenmäher sitzt oder nach den Stallarbeiten noch stundenlange Hausarbeit ansteht, kommt die Freizeit der Familie an dieser Stelle zu kurz.
Welche Aufgaben kann man abgeben?
Brennpunkt Arbeitsbelastung
Zeit einsparen und effizienter werden – wir haben drei Milcherzeuger gefragt, welchen Bereich sie ausgelagert haben und ob sich die Lösung für den Betrieb bewährt.
Das Kleingedruckte beachten
Aufgaben abzugeben ist jedoch längst kein Garant für den Erfolg. Wenn der Betrieb vorher nicht gut organisiert ist, wird es mit der Verbesserung schwierig. Zudem können Familien-Streitigkeiten oder Krankheiten mögliche Verbesserungen auf dem Betrieb ausbremsen. Voraussetzungen für eine Auslagerung von (Teil-)Aufgaben sind:
- Liquidität reicht aus: Frühere Deckungsbeiträge waren überwiegend (über-)durchschnittlich.
- Betriebsleiter kann Aufgaben priorisieren.
- Betriebsleiter hat ausreichend Fachwissen, eine offene Einstellung und ist nicht betriebsblind.
Aufgaben abzugeben ist kein Garant für den Erfolg. Wenn der Betrieb vorher nicht gut organisiert ist, wird es mit der Verbesserung schwierig.
Claus Schnakenberg
Zudem gibt es einige Punkte, die man sich vor einer Abgabe von (Teil-)Aufgaben genau überlegen sollte. Zum einen muss geklärt sein, wer die Verantwortung trägt, falls Fehler auftreten sollten. Haftet der Auftraggeber oder der Beauftragte? Wie sollen abgegebene Aufgaben kontrolliert bzw. gemanagt werden?
Um Missverständnisse oder Probleme zu verhindern, helfen klare Absprachen und Verträge. Bevor es zu einer Zusammenarbeit kommt, sollte man also stets…
- …die zu erbringende Leistung und Entlohnung exakt definieren, am besten so genau wie möglich (z. B. Gewicht bei Erstbelegung, Erstkalbealter).
- …verlässliche Zahlungsziele festlegen.
- …Maschinengemeinschaften oder KG nur mit Begleitung durch Steuerberatung auslagern.
- Im Vertrag Ausstiegsmöglichkeiten festlegen, falls ein Partner ausscheiden will.
Und: Vor einer Zusammenarbeit ist auch das Bauchgefühl wichtig. Nicht nur auf der Ebene der Betriebsleitergeneration muss es passen, auch bei Altenteilern, Nachfolgern und besonders bei den Ehepartnern!
Was kostet die Auslagerung?
Bevor man Aufgaben ausgelagert, lohnt sich eine ökonomische Betrachtung. In welchem Verhältnis stehen Kosten für die Auslagerung mit möglichen Erfolgen zueinander? Antworten gibt Experte Claus Schnakenberg.
Ein Betrieb hat 120 Kühe zzgl. Kälber- und Jungviehaufzucht und Außenwirtschaft. Lohnt es sich, die Rinder im Lohn aufzuziehen zu lassen und auf 150 Kühe aufzustocken?
Schnakenberg: Die variablen Kosten für die Rinderaufzucht liegen bei ca. 1.250 € je Tier, die Vollkosten (ohne Pacht- u. Lohnansatz) bei ca. 1.900 €. Der Zukaufspreis für abgekalbte Färsen liegt bei ca. 1.600 bis 1.900 €/Tier. Wird Jungvieh ausgelagert, müsste der Betrieb 650 € Festkosten je aufgezogenem Rind durch zusätzliche Kühe abdecken. Eine Durschnittskuh erwirtschaftet bei 36,5 ct Milchpreis und einer Leistung von 9.135 kg einen Deckungsbeitrag von 1.230 €. Ersetzt ein Betrieb mit 120 Kühen die eigene Nachzucht mit ca. 36 Rindern pro Jahrgang, müssen zusätzliche Kühe Festkosten von 23.400 € abdecken. Bei 19 Kühen gelingt das. Sind es 30 Kühe mehr, verbessert sich das Betriebsergebnis um 13.530 €. Am Ende ist es eine Frage der Arbeitswirtschaft, Jungvieh selber aufzuziehen oder 30 Kühe mehr zu bewirtschaften.
Kann man die Kosten für einen Mitarbeiter mit möglichen Mehrerlösen durch verbesserte Produktionstechnik decken?
Schnakenberg: Angenommen, ein Betriebsleiter erwirtschaftet (mit Aushilfen, ohne festen Mitarbeiter) mit 150 Kühen rund 9.000 kg Milch pro Tier und Jahr. Bei 11 ct Deckungsbeitrag für die Milch ergibt das einen DB von 148.500 €. Wenn er einen Mitarbeiter einstellt und damit z. B. Fütterung und Tiergesundheit verbessern kann, womit er die Leistung auf 10.000 kg pro Tier und Jahr steigern kann, liegt der DB bei 14 ct, insgesamt bei rund 210.000 €. Das entspricht einem Vorteil von 61.500 €, wovon er die Arbeitskraft bezahlen kann. Der Arbeitgeberaufwand für eine volle Ak beginnt bei ca. 36.000 € pro Jahr.
Kann eine Futtergemeinschaft Kosten und Arbeitszeit einsparen?
Schnakenberg: Wird die Fütterung zusammengelegt und z. B. überbetrieblich mit einem Selbstfahrer organisiert, kann das Zeit und Geld einsparen! Wenn das tägliche Füttern z. B. 75 Minuten gedauert hat und nun nur noch 30 Minuten, sind auf jeden Fall 45 Minuten eingespart. Dafür wird jede Minute abgerechnet, ca. 2 € je Minute sind bei guter Auslastung der Maschine möglich, insgesamt also 60 €. Der Betrieb wäre in der Eigenmechanisierung günstiger, wenn der Aufwand für 75 Minuten weniger als 60 € beträgt, also weniger als 48 € pro Stunde. Das geht nur, wenn man den Lohnansatz unberücksichtigt lässt.
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Auf einem Milchkuhbetrieb ist immer viel zu tun. Um nicht auszubrennen, sollte jeder Milcherzeuger seine eigene Belastungsgrenze kennen.
Arbeitsfalle Milchkuhbetrieb
Es ist passiert: Man ist „drüber“, total gestresst und arbeitet seit Monaten rund um die Uhr – ohne fertig zu werden. Wie kommt man aus der Arbeitsfalle wieder heraus?