Mobile Futterscanner
Neue mobile Futterscanner liefern direkt am Silo in Minutenschnelle die wichtigsten Qualitätsparameter wie u.a. TM, Rohprotein, Rohasche, Faserfraktionen oder Energiegehalte. Bundesweit arbeiten Tierärzte und landwirtschaftliche Beratungsorganisationen bereits mit der Technik.
Mobile NIRS-Sensoren - sei es zur Messung in der Gülle oder auch im Futter - sind in aller Munde, da man sich schnelle und zuverlässige Analysenergebnisse erhofft. Im Experimentierfeld zur Digitalisierung der Landwirtschaft „DigiMilch“ sind diese bereits im Einsatz.
Wie genau sind die Geräte?
Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit Beschluss des Bundestages geförderte Projekt „DigiMilch“ ist in fünf Demonstrationsprojekte aufgeteilt, eines davon befasst sich mit dem „Fütterungsmanagement“. Im Rahmen dieses Teilprojekts wurden mehrere Versuchsreihen am Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub durchgeführt. Dabei wurden Maissilageproben eines Silierversuchs mit zwei tragbaren NIRS-Sensoren unterschiedlicher Hersteller und unterschiedlicher Messabläufe sowie Grünmais, angewelkte und Frischgrasproben von Praxisbetrieben mit einem der beiden tragbaren NIRS-Sensoren untersucht und die Ergebnisse mit nasschemischen Laboranalysen verglichen.
Da die mobilen NIRS-Sensoren noch nicht alle Parameter ausweisen, hat man sich auf die beschränkt, die der Sensor für das jeweilige Material ausweist. In der Futtermittelanalytik werden zur genauen Erfassung der Faserfraktionen üblicherweise aNDFom und ADFom zur Einschätzung von Rationen ermittelt. Auf Nachfrage wurde uns bestätigt, dass Sensor 1 ADF und NDF ausgibt. Hierbei wird als weiterer Verfahrensschritt die Veraschung unterlassen. Bei Grobfutter wird dadurch insbesondere Schmutz mit als „Faser“ erfasst. Beim Sensor 2 werden NDFom und ADFom als Parameter ausgewiesen.
Relative Abweichung (%) von der nasschemischen Laboranalytik von Sensor 1 bei Maissilage*
*Bei ADF und NDF liegt für den Laborwert eine Bestimmung von aNDFom und ADFom zugrunde.
Relative Abweichung (%) von der nasschemischen Laboranalytik von Sensor 2 bei Maissilage
Welche Proben wurden gezogen?
Bei der Versuchsreihe mit der Maissilage wurde immer vom identischen Ausgangsmaterial ausgegangen, da in diesem Versuch die Silierdauer untersucht wurde. Die Proben hatten eine Lagerdauer zwischen 0 und 140 Tagen.
Bei den weiteren drei Versuchsreihen wurden Proben verwendet, die im Rahmen des Demonstrationsprojekts 2 „Sensorgestützte Ertragserfassung“ des Experimentierfeldes „DigiMilch“ auf den am Projekt teilnehmenden Praxisbetrieben genommen wurden.
Relative Abweichung (%) von der nasschem. Laboranalytik bei Sensor 1 mit angewelktem Gras
Relative Abweichung von der nasschem. Laboranalytik von Sensor 1 bei Grünmais
Relative Abweichung von der nasschem. Laboranalytik von Sensor 1 bei Frischgras
Ergebnisse im Detail
Die Grafiken 1-5 zeigen die relativen Abweichungen der Versuchsreihen zwischen dem Sensor und dem nasschemischen Laborergebnis. Die Grafiken weisen den Median, also den Wert, der in der Mitte der Datenverteilung liegt, aus. Bei der Maissilage wurde mit 15 Proben, beim angewelkten Gras sowie Grünmais mit je 9 und bei Frischgras mit 7 Proben gearbeitet.
Die Auswertungen zeigen, dass sich die mittels mobiler NIRS-Sensoren gemessenen Werte von den als Referenz anzusehenden Laborwerten teilweise deutlich unterscheiden, wobei teils größere systematische Abweichungen auftreten. Darüber hinaus weist Sensor 1 ADF und NDF und nicht ADFom und aNDFom aus. Insgesamt lassen sich mit der geprüften Vorgehensweise und Kalibrierung (Stand Herbst 2021, Sensor 1) mit den NIRS-Sensoren aktuell keine für die landwirtschaftliche Praxis ausreichend genauen Ergebnisse erzielen. Grundsätzlich bleibt das Konzept der Futteruntersuchung direkt auf dem Betrieb aber interessant.
Insbesondere können die Ungenauigkeiten der Sensoren bei Stärke und aNDFom die Physiologie der Tiere negativ beeinflussen. Damit der Pansen optimal funktionieren kann und sein pH-Wert im optimalen Bereich liegt, müssen Wiederkäuer eine erhebliche Menge an Struktur-Kohlenhydraten in Form von Grobfutter aufnehmen. Sind diese zu gering oder werden zu viele pansenabbaubare Kohlenhydrate verfüttert, endet das nicht selten in einer Azidose (Pansenübersäuerung). Die dadurch verursachten Störungen sind vielfältig und werden beispielsweise an den Klauen sichtbar. In der Rationsberechnung kann einer Azidose durch mindestens 28% aNDFom aus dem Grobfutter und maximal 25% pansenabbaubare Kohlenhydrate in der Trockenmasse (TM) der Gesamtration vorgebeugt werden. Läuft der Pansen „rund“, so liefert sein Mikrobenprotein 65 bis 75% des Tages-nXP-Bedarfs.
Erklärungsversuche
Aber wie kommt es zu den Differenzen zwischen den nasschemischen Laborwerten und den mittels der portablen NIRS-Sensoren gemessenen Werte?
Im Labor wird unter standardisierten Bedingungen gearbeitet. Jedes Futtermittel wird getrocknet, vermahlen und dann vermessen bzw. nasschemisch analysiert. Die Gehalte an Trockenmasse und Rohasche werden daher konkret bestimmt. Beim Einsatz der portablen NIRS-Sensoren herrschen diese Bedingungen jedoch nicht. Ferner werden im Labor stetige Überprüfungen und Anpassungen der Kalibrierkurven durchgeführt und auffällige Werte gezielt weiter untersucht. Außerdem stellt sich die Frage, welchen Einfluss haben Umweltfaktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, etc. auf die Messung der portablen NIRS-Sensoren. Diese Faktoren wurden bisher unzureichend untersucht.
Energieabschätzung zu ungenau
Einige Sensoren weisen die Energiegehalte aus, obwohl die zur Berechnung notwendigen Parameter der aktuellen Energieschätzgleichung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) nicht gemessen bzw. ausgewiesen werden. Für die aktuelle Energieschätzgleichung bedarf es zur Bestimmung des Energiegehalts eines Futtermittels des sogenannten ELOS-Werts (Enzymlöslichkeit der organischen Substanz, Kennzahl für die in vitro Verdaulichkeit) oder der Gasbildung. Diese werden aber nicht bestimmt. Die Sensoren arbeiten zum Beispiel mit Korrelationen zwischen NDF (Neutral Detergent Fibre) und Rohfaser, um die Energie im Futter abzuschätzen. Das ist in jedem Fall zu ungenau. Die bedarfsgerechte Energieversorgung ist Voraussetzung für Tiergesundheit und Ökonomie.
Die Abweichungen in den Gehalten der beiden Faserfraktionen saure Detergenzien Faser (ADF) und neutrale Detergenzien Faser (NDF) lassen sich noch erklären. Aktuell werden vom Sensor 1 noch ADF und NDF ausgewiesen. Standard in Deutschland ist aber die Ausweisung von ADFom und aNDFom. ADFom ist der aschefreie Rückstand an Saurer Detergenzien Faser nach Behandlung mit sauren Lösungsmitteln und aNDFom ist der aschefreie Rückstand von Neutraler Detergenzien Faser nach Behandlung mit neutralen Lösungsmitteln und Amylase. Somit können die Werte des Sensors 1 nicht mit den Werten des Labors verglichen werden. Dies soll mit den nächsten Änderungen in den Kalibrierkurven geändert bzw. angepasst werden. Und wie zuvor beschrieben, braucht man aNDFom für die Rationsberechnung.
Keine regionalen Kalibrierkurven
Ein weiterer Grund für die Ungenauigkeiten kann auch das Labor sein, in dem die Kalibrierkurven für die portablen Sensoren erstellt wurden. Verwendet das Labor zur Kalibrierung nur Futterproben, die z. B. aus den Niederlanden stammen, können die regionalen Unterschiede nicht abgedeckt werden, und die Kalibrierkurven sind nicht passgenau. Da die Kalibrierung in einem anderen Labor gemacht wurde als die Analysen der aktuellen Untersuchung , kann es dadurch ebenfalls zu Differenzen kommen.
Generell sollten Kalibrierkurven über Ringversuche validiert werden. Das soll heißen, dass die Proben für die Kalibrierung auch in mehreren Laboren untersucht werden. Das Sachgebiet 3 des Zentrallabors Grub der LfL (AL 3), das die nasschemischen Untersuchungen durchgeführt hat, nimmt im Rahmen des VDLUFA (Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten e. V.) und anderen Ringversuchsveranstaltern laufend an Ringversuchen teil. So werden systematische Fehler eines Labors ausgeschlossen.
Doppelbestimmung im Labor
Die Laborproben wurden in dieser Untersuchung nasschemisch vorgenommen, dem „Goldstandard“ in der Futtermittelanalytik. Der Landwirt lässt in der Regel im Labor NIRS-Untersuchungen der Futtermittelproben durchführen, weil diese günstiger sind. Allerdings unterliegen NIRS-Verfahren im Labor ständigen Kontrollen und sind derselben definierten Probenvorbereitung (Trocknung, Vermahlung) unterworfen wie die nasschemischen Analysen.
In der Validierung der Kalibrierungen der NIRS-Kurven arbeitet man mit SEP (Standard Error of Prediction), was nicht gleich zu setzen ist mit der Standardabweichung von Messreihen, der nicht größer 3 sein sollte. Der SEP-Wert gibt an, wie weit der ermittelte NIR-Wert vom „wahren“ chemischen Wert abweicht. Im Gruber Labor liegt der SEP-Wert beispielsweise beim Rohprotein im Wiesengras bei nur 0,7. Jeder Inhaltsstoff hat einen eigenen SEP-Wert.
Bei Proben, die im Labor mit dem NIRS-Verfahren analysiert werden, wird immer eine Doppelbestimmung gemacht. Die Abweichung dieser Doppelbestimmung darf maximal ± 1,5% betragen. Ansonsten werden nach Prüfung der Werte weitere NIRS-Messungen oder bei weiteren Auffälligkeiten nasschemische Analysen veranlasst.
Fazit
Die Ergebnisse von portablen NIRS-Sensoren könnten zur schnellen Prüfung von Futtermitteln bei ausreichender Messgenauigkeit verwendet werden. Dies ist bei der aktuell durchgeführten Überprüfung hier nicht der Fall gewesen. Auch wenn die Abweichungen von Sensor 2 in der Maissilage geringer sind, sind sie für gewisse Inhaltsstoffe noch zu groß. Die geringeren Abweichungen lassen sich beim Sensor 2 mit einem standardisierten Messablauf erklären. Dennoch wären die Auswirkungen auf die Physiologie der Tiere bei diesen Abweichungen immer noch immens. Für die Berechnung einer Ration oder zur Nutzung in der Berechnung einer Stall- oder Stoffstrombilanzierung sind die Abweichungen zum Labor eindeutig zu groß, so dass die Nährstoff- und Ressourceneffizienz dann infrage gestellt werden muss.
Für die Berechnung einer Ration oder für die Stoffstrombilanz sind die Abweichungen zum Labor eindeutig zu groß.
Stefan Beckmann, LfL Bayern
Weiter fehlt der Phosphorgehalt für die Erstellung einer Stall- oder Stoffstrombilanz, die für die Mehrzahl der Betriebe ab 2023 verpflichtend ist, sowie einige wichtige Parameter des Futtermittels für die Rationsberechnung. Der Phosphorgehalt kann nur im Labor bestimmt bzw. gemessen werden. Darum muss die Probe sowieso ins Labor. Denn es wird empfohlen, die eigenen Analysenwerte und keine Tabellenwerte zu verwenden. Mit den eigenen Analysen kann die Zufuhr an Stickstoff und Phosphor auf ein Minimum reduziert werden!
Für welche Zwecke geeignet?
Bei vorliegender Laboranalyse können die Sensoren zur Überwachung des Futters dienen. So können Verschiebungen innerhalb der Silagen und dadurch auftretende Probleme schneller erkannt werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die mangelnde Genauigkeit (Kalibrierkurven) der portablen NIRS-Sensoren für eine ökonomisch, nährstoffeffiziente und bedarfsgerechte Rationsplanung (noch) ungeeignet. Im Labor werden die Proben auch mittels NIRS-Verfahren analysiert, aber die ermittelten Werte durchlaufen zusätzlich immer noch ein internes QM-System und werden somit vor der Herausgabe ein weiteres Mal kontrolliert. Dies fehlt bei den portablen Sensoren.
Liegt bereits eine Laboranalyse vor, können die Sensoren zur Überwachung der Silierprozesse dienen.
Stefan Beckmann, LfL Bayern
Außerdem stellt sich die Frage, inwieweit die Sensoren mit den extremen Bedingungen dieses Jahres zurechtkommen? Durch die Trockenheit werden die Maissilagen nicht in gewohnter Form (TM-Gehalt und Inhaltsstoffe) vorliegen. Da werden selbst die Labore ihre Schwierigkeiten bei der Analyse mittels NIRS-Verfahren haben. Diese extremen Werte sind in den seltensten Fällen mit in den Kalibrierkurven hinterlegt worden.
Mobile Sensoren können die Untersuchung von Futtermitteln im Labor daher aktuell (noch) nicht ersetzen! Die gesundheitlichen Folgen in der Physiologie der Tiere durch diese Abweichungen wären eindeutig zu groß und könnten im schlimmsten Fall sogar zum Verlust von Tieren führen.
Autoren: Stefan Beckmann & Martin Schäffler; LfL-Tierernährung, Grub; PD Dr. Sabine Amslinger, LfL-Abteilung Laboranalytik (AL 3), Grub
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