9. Elite-Konferenz

Strategien zum Herdenmanagement diskutiert

Über 250 Teilnehmer nutzten das Angebot, sich über die Themen wie „Mastitis nachhaltig reduzieren“ und „Hochverdauliche Silagen füttern“ zu informieren.

Am 18. und 19. Januar fand in Ottobeuren und Melle zum neunten Mal die bewährte Elite Herdenmanagement-Konferenz statt.
Sechs Referenten aus Theorie und Praxis gaben spannende Einblicke in ihre Themengebiete.

Mut bei der Behandlung von Mastiden

Prof. Pam Ruegg von der Michigan State University erläuterte die Feinheiten der Mastitisbehandlung und gab Einblick in aktuelle Studienergebnisse zu diesem Thema.

Pam Ruegg

Michigan State University, USA

Das Hauptziel bestand darin, zu verstehen, wie wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen in Bezug auf die Mastitisbehandlung getroffen werden können. Insbesondere die Prävention wurde als entscheidende Investition betont. Schlüsselmaßnahmen zur Vorbeugung umfassen den Schutz der Zitzen vor Bakterien, regelmäßige und gründliche Reinigung der Liegeboxen, Vor- und Nachdippen sowie strikte Einhaltung der Melkroutine.
Im Fall einer Mastitis ist es entscheidend, im Vorfeld sorgfältig abzuwägen, wie lange die Kuh grundsätzlich noch auf dem Betrieb verbleiben sollte und ob sie die anfallenden Behandlungskosten entsprechend ausgleichen kann.

Praxistipp: Zur Behandlung abwägen, wie lange die Kuh im Bestand bleiben soll

In einem exemplarischen Rechenbeispiel erläuterte Dr. Pam Ruegg die Faktoren, die die wirtschaftlichen Auswirkungen der Behandlung beeinflussen. Dabei wurde deutlich, dass die Kuh 3,5 Monate lang gemolken werden müsste, um den Einkommensverlust auszugleichen. Die Berechnung setzte sich aus den behandlungsbezogenen Kosten (direkte Kosten) zusammen:
I Medikamente
I Milchverlust (über 8 Tage)
I Reduzierte Milchleistung
I Milchrückgang bei Mehrkalbskühen
Zudem zeigte sich ein Kostenunterschied in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Auftretens der Mastitis:
I Klinische Mastitis bei 62 Tagen in Milch: ca. 470 € totale direkte Kosten
I Klinische Mastitis derselben Kuh bei 254 Tagen in Milch: ca. 230 € totale direkte Kosten

Trockenstellen ohne Antibiotika

Nach dem Vortrag von Prof. Pam Ruegg folgte Johannes Dieckbuer, Herdenmanager der Milchgut Kolochau GmbH in Brandenburg. Er präsentierte auf der Konferenz in Melle, wie er den Einsatz von Antibiotika beim Trockenstellen seiner 1.200 Kühe erfolgreich auf Null reduziert hat.

Johannes Dieckbuer

Herdenmanager, Brandenburg

Bis Juli 2021 wurden Antibiotika beim Trockenstellen eingesetzt. Gemeinsam mit dem Hoftierarzt entwickelte Dieckbuer dann ein Konzept zum selektiven Trockenstellen. Kühe mit mehr als 100.000 Zellen/ml erhielten ein Antibiotikum mit Zitzenversiegler. Seit Juni 2022 wird jedoch gänzlich auf Antibiotika verzichtet und jede Kuh wird nur noch mit einem Zitzenversiegler trockengestellt.

Praxistipp: Erfolgsfaktoren für die Umstellung auf Antibiotikaverzicht

Neben dem korrekten und hygienischen Arbeiten bei der Verabreichung der Euterinjektoren ist vor allem die anschließende Trockenstehphase entscheidend für den Erfolg.

Haltung der Trockensteher

1. Phase: Hochbox mit Spaltenboden, Einstreu mit Häckselstroh und Kalk, trockener/hygienischer Liegebereich
2. Phase: Gruppenstallhaltung Tiefstreu, regelmäßig einstreuen, alle vier Wochen Reinigung und Desinfektion

Fütterung während der Trockenstehphase

2-Phasen-Fütterung
1. Phase: 5,5 MJ NEL / kg TM, 120 g Rohprotein / kg TM
2. Phase (Vorbereitungsphase): Close-up Fütterung, 6,4 MJ NEL / kg TM, 140 g Rohprotein / kg TM
Rückblickend zeigt sich der junge Herdenmanager äußerst zufrieden mit dem neuen Konzept. Merkt aber deutlich an: „Wer beim Trockenstellen auf Antibiotika verzichten will, muss mit einer höheren Neuinfektionsrate und niedrigeren Heilungsraten rechnen“. Denn die Umstellung führte zu einem durchschnittlichen Zellgehalt der Tankmilch von 180.000 Zellen/ml, vorher und nachher. Die Heilungsrate sank auf 40 % im Vergleich zu früheren 60 %, während die Neuinfektionsrate von 20 % auf 30 % stieg. Dennoch konnte Dieckbuer keine Zunahme klinischer Mastitiden feststellen.

Welche Kuh selektiv trockengestellt wird, entscheidet sich durch die Zellzahl in der letzten MLP. Neue Forschungen zeigen nun: Auch die Milchleistung zählt.

Neues Einstreu senkt Zellzahlen

Das Tierwohl und die Rentabilität hat der bayerische Milcherzeuger Hans-Josef Landes, der mit seiner Familie 150 Fleckviehkühe mit einer Leistung von durchschnittlich 11.280 kg im Jahr melkt, stets im Blick.

Hans-Josef Landes

Landwirt, Bayern

Statt einer Stroh-Kalk-Mischung streut er heute Gärsubstrat aus der eigenen Biogasanlage gemischt mit Gesteinsmehl ein. Sein Tipp: „Wichtig ist, dass das Gärsubstrat für die Mischung frisch ist.“ Dadurch und mit dem Einstreuroboter, der ein besseres Boxenmanagement ermöglicht, konnte er die Zellzahl der Herde noch einmal senken. Das konsequente Vorgehen gegen Streptokokken mit der Einsendung vieler Milchproben ins Labor trug laut dem Betriebsleiter ebenfalls dazu bei, die Eutergesundheit insgesamt deutlich zu verbessern. Zuletzt lag die Zellzahl bei 184.000 somatischen Zellen/ml.

Eine Sommer-Ration, um die Kühe bei Hitzestress zu entlasten

Luca Quaini

Herdenmanager, Italien

Castelverde Holstein

Luca Quaini betreibt mit seiner Familie den Zuchtbetrieb Castelverde Holstein mit 450 Milchkühen in Italien. Er erläuterte in seinem Vortrag, wie er und seine zwei Brüder mit einem speziellen Hitze- und Gesundheitsmanagement auch im Sommer hohe Leistungen (Ø 38 kg Tagesgemelk) und eine sehr gute Fruchtbarkeit (Pregnancy-Rate 26 %) in der Herde erzielen.
In der Po-Ebene, in welcher der Betrieb liegt, sind neben hohen sommerlichen Durchschnittstemperaturen von 24 bis 26 °C die gleichzeitig hohen Luftfeuchten von Ø rund 70 % und eine geringe natürliche Luftbewegung die große Herausforderung. Aufgrund der hohen Luftfeuchten von nicht selten 80 bis 90 % werden bereits bei Lufttemperaturen von 18 bis 20 °C für Kühe Hitzestress-relevante Temperature Humidity Indices von THI 72 und aufwärts erreicht.
Als wichtigste Strategien, um Hitzestress für die Kühe zu vermeiden, zählt Luca Quaini priorisiert ihre Fütterung (Sommer- und Winterration), ihr Management (wenig Gruppenwechsel, keine Überbelegung, laktationsgerechte Betreuung der Einzelgruppen) und ihr Belüftungssystem (Ventilatoren plus Wasservernebelung, THI-gesteuert) auf.
Hitzestress erhöht das Risiko von Azidose, deswegen stellen wir zum Sommer die Ration der hochleistenden Kühe ganz gezielt um.
Luca Quaini
Praxis-Tipp: Die Familie Quaini stellt zum Sommerhalbjahr auf eine spezielle Sommer-Ration um, um den Stoffwechsel der hochleistenden Kühe zu entlasten und den Pansen-pH aufrecht zu halten. Dazu wird der Gesamt-NDF-Gehalt der Ration reduziert, mehr faserige Konzentrate (Sojaschalen) eingesetzt, der Stärkegehalt verringert und mehr Futterfett eingesetzt sowie zudem 150 bis 200 Hefen/Kuh gefüttert, die die Faserverdauung verbessern und Schwankungen im Pansen-pH-Wert reduzieren sollen. Bei der Mineralversorgung werden Natrium und Kalium erhöht, da die Kühe mehr Schwitzen und durch die höheren Wasseraufnahmen mehr Pinkeln.
Als Grundfutterkomponenten erhalten die hochleistenden Kühe Maissilage, Weizen-GPS und Luzerne-Silage. Mit der hohen Mischgenauigkeit (Selektion verhindern) und gezielten Auslegung der Ration (NDF, Fett) erreicht die Hochleistungsgruppe (Ø 47 kg Tagesgemelk) Futteraufnahmen von 30 kg Trockenmasse/Kuh/Tag.

Rund 4.500 abgekalbte Färsen kauft Francesco Moscardi jedes Jahr auf Zuchtviehauktionen in Deutschland. Die Tiere vermarktet er nach Italien, denn dort verzichten viele Milcherzeuger auf die...

Mehr Milch aus dem Grundfutter – mit der NDF-Verdaulichkeit arbeiten

Lukas Gösling

Berater agroprax, Niedersachsen

Die Verdaulichkeit der Grundfuttermittel entscheidet maßgeblich über die Futteraufnahme und Milchleistung. Welche Kennwerte sind wichtig? Der Fütterungsexperte erklärte, wie man hochverdauliche Silagen einsetzt.
Die Verdaulichkeit der Faserfraktion NDF (Hemizellulosen, Zellulosen, Lignin mit den verknüpfenden Proteinen, also Zellwandbestandteile) ist laut Lukas Gösling nur ein kleiner Part im System Silage/TMR/Rationsberechnung, aber eine sehr nützliche Größe, um den wirtschaftlich erfolgreichen, da für die Kuh gesundheitlich und leistungsgerecht angemessenen Einsatz von Grundfuttern in den Rationen zu optimieren.
Der Fütterungsberater erklärt warum:
  • Die NDF-Verdaulichkeit (NDFD) leicht oder schwer, hat eine hohe Bedeutung für die Mikrobenleistung im Pansen (die Mikroben verdauen die Faser…) und damit auf die Verfügbarkeit von kurzkettigen Fettsäuren für die Kuh (die Kuh verdaut die Mikroben…) und das Wissen hierüber erlaubt es wiederum, das Stärke-Level einer Ration besser einzustellen. Lukas Gösling arbeitet zur Rationsberechnung bevorzugt mit dem Wert NDFD 30 (Abbau zum Zeitpunkt 30 Stunden nach Verdauungsbeginn in der Laboranalyse). Angestrebt wird eine hohe, „leichte“ Verdaulichkeit, so steht der Kuh möglichst viel zusätzliche Energie aus dem Grundfutter zur Verfügung. Zielwert NDFD 30: > 75 % NDF)
  • Der Anteil an unverdaulicher NDF (uNDF, Fokussierung auf uNDF240) beeinflusst maßgeblich die TM-Aufnahme und Pansenfüllung der Kuh. Ist der Anteil an unverdaulicher Faser hoch, „stopft“ dieses Futter, es verweilt länger im Pansen, es begrenzt die Futteraufnahme der Kuh. Angestrebt werden sollte in Silagen ein niedriger uNDF-Wert.
  • am effektivsten lässt sich mit der NDFD im Fütterungssystem CNCPS arbeiten. Hier steht auch ein neuer Wert in den Startlöchern – die pe-uNDF, in welchem die physikalische Partikellänge der Grundfutter im Zusammenhang zur Verdaulichkeit berücksichtigt wird. Es zeigt sich, dass Silagen mit einem hohen Anteil an uNDF bei gleichzeigt langen Partikellängen (hoher peNDF-Wert) die Fresszeit deutlich erhöhen und damit die Futteraufnahme und die verfügbare Zeit zum Liegen begrenzen und einen hohen Auslastungsdruck auf die Fressplätze im Stall verursachen.
Ein gezieltes Arbeiten mit der NDF-Verdaulichkeit setzt ein häufiges Beproben der Silagen voraus.
Lukas Gösling
Praxis-Tipp: Wer erfolgreich mit der NDF-Verdaulichkeit arbeiten möchte, der muss seine Silagen häufig und genau analysieren lassen. Betriebe mit bis 150 Kühen sollten alle 6 bis 8 Wochen ihre Silagen beproben, Betriebe mit mehr als 150 Kühen alle 14 bis 42 Tage, rät Gösling.
Eine NIR-Analytik auf CNCPS-Basis bieten derzeit vier Labore in Deutschland an. Die Genauigkeit der Werte ist bei allen vergleichbar. Bezüglich der Kosten müsse man aufpassen – eine Probe sollte maximal 60 € kosten! Man sollte innerhalb eines Labors bleiben, um die Werte vergleichbar zu halten. Vergleichen kann man die NDFD ebenfalls nur innerhalb derselben Pflanzenart.

Silagen mit hoher NDF-Verdaulichkeit erzeugen – ein Praktiker berichtet

Klaus Dann

Landwirt, NRW

Der Milcherzeuger Klaus Dann beschäftigt sich seit länger Zeit intensiv mit der NDF-Verdaulichkeit seiner Silagen und ihrem gezielten Einsatz in den verschiedenen Rationen. Er erarbeitet die Rationen nach dem System CNCPS. Klaus Dann führte klar vor Augen, dass die NDF den gleichen Energiegehalt (Kalorien/Gramm) hat, wie Stärke und Zucker – es sollte also allen Milcherzeugenden ein Anliegen sein, dass die Faserfraktion möglichst hoch verdaulich ist, um die Grundfutter (-kosten!) optimal auszunutzen.
Sein erster Tipp an alle interessierten Landwirte ist, sich fachliche Unterstützung zu holen, denn die Arbeit mit der Verdaulichkeit ist ein „sehr komplexes Thema“.
Holen Sie sich fachliche Unterstützung, wenn Sie anfangen möchten, mit den NDF-Verdaulichkeiten zu arbeiten.
Klaus Dann
Als zweiten Punkt wollen wir an dieser Stelle seine Erfahrungen und Tipps zur Erzeugung von Silagen mit hohen Verdaulichkeiten hervorheben, denn zu den Einflussfaktoren auf die NDF-Verdaulichkeit der Futterpflanzen ist noch viel unbekannt.
Worauf achtet Familie Dann beim Futterbau bezüglich dem Ziel hoher Verdaulichkeiten?
Silomais:
Wir warten nicht auf den maximalen Stärkegehalt. Die NDF-Verdaulichkeit ist wichtiger.
Klaus Dann
  • Trockensubstanz der Gesamtpflanze zur Ernte bei 30 bis 32 %
  • Milchlinie am Korn zur Ernte bei ca. 50 %
  • „Wir warten nicht auf den maximalen Stärkegehalt. Die NDF-Verdaulichkeit ist wichtiger.“
  • begrenzender Faktor nach „unten“ – möglichst kein Sickersaft
Grassilage:
  • frühes Erntefenster
  • angestrebt sind weniger als vier Wochen Zeit zwischen den einzelnen Schnitten beim Welschen Weidelgras
  • Wiesengras (Dauergrünland) verhält sich bezüglich der NDF-Verdaulichkeiten durch die breitere Bestandszusammensetzung und höheren Halmanteil anders als Ackergras; hier sei es noch entscheidender als bei Silomais, sich im eigenen Betrieb an optimale Erntezeitpunkte und Bestandsführung heranzuarbeiten – durch intensive Beprobung der erzeugten Silagen und ihre Auswertung in Kombination mit den Daten zur Bestandsführung, Witterungsbedingungen und Erntezeitpunkten.
  • Düngung: Pflanzen müssen gut ernährt sein, sonst verstärkte Bildung von Lignin (= unverdauliche Faser)
Zum Silomanagement rät Klaus Dann, keine Sandwich-Silagen einzulagern und Ackerfutter und Wiesengras ebenfalls möglichst getrennt einsilieren. Denn erst das Probeergebnis gibt Preis, welche Qualität der einzelne Schnitt aufweist und erst dann kann die Entscheidung getroffen werden, an welche Tiergruppe im Betrieb die Silage zu welchen Anteilen gefüttert wird.

Die Verdaulichkeit der Grundfuttermittel entscheidet maßgeblich über die Futteraufnahme und Milchleistung. Ein früher Erntezeitpunkt bei Gras und Mais ist wichtig.