Fütterung

Rost im Grünland, was tun?

Bei milden Temperaturen entwickelt sich im Spätsommer und Herbst oft Rostbefall im Grünland. Tipps zur weiteren Nutzung, möglichen Risiken und Vorbeuge.

Im Spätsommer und Herbst kann es im Grünland unter bestimmten Bedingungen zu mitunter starkem Befall mit Rostpilzen kommen. 
Wie reagiert man am besten, wenn das Gras in der Weide oder zur Schnittnutzung gelb bis rostbraun schimmert, statt in einem gesunden Grün? Dazu haben wir mit zwei Grünland-Experten aus NRW und Bayern gesprochen.

Stephan Hartmann

Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, LfL Bayern

Martin Hoppe

LWK NRW

Um was handelt es sich eigentlich, bei „Rost“?

Gelbrostbefall an Wiesenrispengras zwischen nicht befallenem Weidelgras. Intensiv geführte, konstant durch Nachsaat verjüngte Grasnarben sind weniger anfällig für Rostpilze. (Bildquelle: Martin Hoppe)

Rostpilze (Uredinales) benötigen zum Wachstum immer lebendes Wirtsgewebe. Ihr Name rührt von der typisch gelb bis rostbraune Farbe bestimmter Sporenlager in ihrem Entwicklungszyklus auf der Pflanze her. Bei dem Befall von Gräsern sind folgende Arten bedeutsam: Gelbrost, Kronenrost, Schwarzrost und Braunrost. 
Rostpilze sind nicht nur auf einzelne Wirtsarten spezialisiert, sondern noch spezieller auf einzelne Herkünfte, Sorten und Genotypen. Befallen werden viele Grasarten, auch die wichtigen Futtergräser Deutsches Weidelgras und Wiesenrispe.
Ihre Sporen überdauern am Boden. Zur Infektion der Wirtspflanzen ist tropfbar flüssiges Wasser über einen Zeitraum von drei bis acht Stunden nötig. Morgentau und das geringe Abtrocknen der Bestände durch die sinkende Kraft der Sonne im Spätsommer reichen dazu aus.
Zusätzlich zu dem Vorhandensein von Wasser beeinflusst die Umgebungstemperatur das Auftreten von Rost-Infektionen und ihr Ausbreitungspotenzial. Dabei haben die einzelnen Arten unterschiedliche Temperaturen als Keimbereich und Keimoptimum:
| Gelbrost Keimbereich: 0 bis 20 °C, Keimoptimum 10 °C
| Kronenrost Keimbereich ca. 2 bis 32 °C, Keimoptimum 20 bis 25 °C.
| Braunrost Keimbereich ca. 2 bis 31 °C, Keimoptimum 10 °C und 28 °C
| Schwarzrost Keimbereich ca. 2 bis 31 °C, Keimoptimum 5 bis 25 °C
Aus diesen Keimbedingungen ergibt sich die Erklärung, weshalb im Spätsommer und Herbst besonders gehäuft Infektionen auftreten können. Zudem verlangsamt sich mit der Wachstumskraft auch die Widerstandskraft der Gräser zum Vegetationsende.
Achtung – hohes Vermehrungspotenzial: Unter günstigen Bedingungen (tropfendes Wasser, milde Temperaturen, weniger Sonnenintensität) können sich Rostpilze rasch in einem Bestand ausbreiten. Es bildet sich ca. alle 10 bis 14 Tage eine neue Generation.

Tiergesundheit: Schadpotenzial von Rostpilzen eher gering, aber nicht quantifizierbar

Das Schadpotenzial von leicht mit Rostpilzen befallenem Gras wird für ausgewachsene Rinder als eher gering eingeschätzt. Denn es sind keine konkreten Fälle bekannt, in denen Rinder gesundheitlichen Schaden im direkten Zusammenhang mit Rostbefall im Gras bzw. der Grassilage genommen haben. Also anders, als z.B. bei einem Befall mit Fusarium-Pilzen bei Mais, Getreide oder Stroh, bei denen schädliche Mykotoxine entstehen.
Ein toxisches Potenzial besteht grundsätzlich schon seitens der Rostpilze.“
Dr. Stephan Hartmann
Ein bestimmtes toxisches Potenzial bestehe allerdings grundsätzlich schon seitens der Rostpilze, mahnt Dr. Stephan Hartmann. So konnte in einfachen Versuchen mit Zellen von Säugetieren in einem Projekt des Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten beobachtet werden, dass ein Rostbefall von 10 % der Blattfläche (hier Kronenrost) an Gräsern (hier Deutsches Weidelgras) die Stoffwechselaktivität der isolierten Säugetierzellen verringerte. Je höher die Konzentration, desto stärker – sprich „die Dosis macht das Gift“.
Aus diesem Zellversuch lassen sich jedoch keine konkreten Rückschlüsse auf die Wirkung am lebenden Rind ziehen! Zudem unterscheiden sich die Rostpilzarten auch voneinander. Und mangels entsprechender Fütterungsversuche mit Rindern gibt es bis dato keine konkreten Schwellenwerte für einen gesundheitlich bedenklichen Rostbefall am Weidegras bzw. Grassilagen. Das Schadpotenzial von Rostpilzen ist dahingehend also nicht quantifizierbar (mit Daten belegbar), erklärt Dr. Stephan Hartmann. 
Bei einem sehr starken Rostbefall der Gräser können Beeinträchtigungen der Gesundheit der Rinder oder Kühe dementsprechend auch nicht ausgeschlossen werden.

Ab August steigt das Risiko, dass das Grünland einen Rostbefall aufweist. Bei starkem Befall können Rinder das Weidegras durchaus verweigern. (Bildquelle: Veauthier, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Rinder verweigern stark mit Rostpilzen befallenes Weidegras.“
Martin Hoppe
Martin Hoppe berichtet, dass Rinder stark mit Rostpilzen befallenes Weidegras von sich aus verweigern – sprich auch wenn es ein eigentlich weidereifer Aufwuchs ist, sie dieses Gras nicht fressen. Das sei an Spots mit Rostbefall (häufig Wiesenrispe mit Gelbrost) sowie aber auch ganzflächig betroffenen Beständen (oft Weidelgras mit Braunrost) zu beobachten. Die Tiere kennen offensichtlich Grenzen.
Das Vernünftigste ist es daher zum Spätsommer entsprechend wachsam in der Tierbeobachtung zu sein und alle pflanzenbaulichen Maßnahmen im Grünland zu ergreifen, um einen schweren Befall mit Rostpilzen schon im Vorfeld zu vermeiden. 

Im Zweifel Rinder von der Weide nehmen und stark befallene Aufwüchse verwerfen

Leichter Rostbefall wird als unbedenklich eingeschätzt und in der Weide auch von den Rindern toleriert. Bei starkem Befall hingegen verweigern sie das Gras. (Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck)

  • Bei Weiden sollte aufkeimender Rostbefall und seine Entwicklung und das entsprechende Verhalten der Rinder gut beobachtet werden. Bei zunehmendem Befall und verändertem Fressverhalten ist es im Zweifel sicherer, die Tiere von den betroffenen Flächen herunter zu nehmen. 
  • In Gefährdungslagen für Rostpilzbefall (oft bestimmte Flächen, die über die Jahre auffällig sind) sollten Aufwüchse zum Spätsommer idealerweise frühzeitig gemäht werden, bevor der Rost überhaupt aufkeimt.
  • Spätestens bei beginnendem, leichten Rostbefall ist es ratsam ein Aufwuchs aufgrund des hohen Vermehrungspotenzials schnellst möglich zur Silagebereitung zu nutzen. Mit zunehmender Befallsstärke nimmt der Futterwert des Grases ab und das ungewisse Schadpotenzial für die Tiergesundheit zu. 
  • Sind Flächen bereits stark mit Rostpilzen befallen, ist es ratsam das Schnittgut zu verwerfen und nicht mit einzusilieren.
  • Eine kurze Grasnarbe ist weniger anfällig für Rostbefall und die Schnittnutzung unterbricht die Entwicklung der Rostpilze sofort (Mikroklima im Bestand verändert sich). Im nächsten Aufwuchs ist Rost witterungsbedingt dann meist schon kein Thema mehr. 
  • Bedingt durch die optimalen Keimbedingungen für Rostpilze sind der vierte bzw. fünfte Aufwuchs im Grünland besonders oft von Rostbefall betroffen.
  • In der Mähreihenfolge sollte versucht werden, Flächen mit Rostbefall zum Schluss zu mähen, um eine Verbreitung der Pilzsporen auf bisher unauffällige Bestände zu vermeiden.
Das könnte Sie auch interessieren: Tipps für späte Grassilagen im Herbst Empfehlungen dazu, wie die späten Grassilagen gut gelingen.

Grünlandaufwüchse in Spätsommer und Herbst tragen das höchste Risiko, durch Rostpilze befallen zu sein. (Bildquelle: Berkemeier, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Rostbefall vorbeugen: Intensiv geführte und verjüngte Bestände sind weniger anfällig

Um gegen aktuellen Rostpilzbefall im Grünland vorzugehen, ist eine frühzeitige Schnittnutzung die effektivste Maßnahme. Eine Fungizid-Behandlung ist wegen fehlender Zulassungen im Grünland bzw. Wartezeiten zur Futternutzung keine Option.
Intensiv geführtes, verjüngtes Dauergrünland ist weniger anfällig für Rost.“
Martin Hoppe
Am besten ist es jedoch, durch die pflanzenbauliche Maßnahmen zu versuchen, einem Rostbefall vorzubeugen. Neben einer vorausschauenden frühzeitigen Nutzung von Aufwüchsen vor der „Rostpilz-Saison“ ist eine eher intensive Bestandsführung gefragt. Denn in der Praxis ist zu beobachten, dass intensiv geführte und stets verjüngte Grasnarben im Dauergrünland weniger anfällig für Rostbefall sind, als eher extensiv bewirtschaftete Grasnarben. Zu empfehlen sind demnach: 
  • Eine regelmäßige und junge Nutzung der Grasnarben unter Schnitt- sowie Weidenutzung.
  • Eine entsprechende Nährstoffversorgung nach Entzug und Versorgungsstufe (auch eine regelmäßige Kalkung – siehe Grünland braucht Kalk). Anders als bei Ackergras, dass durch eine hohe N-Versorgung eher anfällig für Rost wird, werden Dauergrünlandbestände eher anfällig, wenn die Düngung zum Spätsommer ausbleibt.
  • Eine konstante Verjüngung der Grasnarben im Dauergrünland durch Nachsaat.
Die Sortenwahl zur Nachsaat (und bei Neuansaaten) ist zur Vorbeugung von Rostbefall von großer Bedeutung. In den jeweils empfohlenen Mischungen (Qualitätsstandard Mischungen Grünland) sind nur Grassorten enthalten, die eine gute Rostresistenz aufweisen – hierauf sollte man stets achten. Züchterisch hat sich die Resistenz gegen Rostpilze in den vergangenen Jahren deutlich verbessert, erklärt Dr. Stephan Hartmann.
Empfehlungen zur Grünlandpflege und Nachsaat:
Tipp: Hinsichtlich der Pflanzengesundheit im Grünland treten häufig mehrere Erkrankungen in geschwächten Beständen auf – Rostpilze sind nur am offensichtlichsten. Einen guten und interessanten Überblick über die Krankheiten an Futtergräsern liefert die entsprechende Seite Krankheiten an Futtergräsern auf dem Portal www.pflanzenkrankheiten.ch

Für Einlagerung, Silierung und Futteraufnahme sind kurze Partikel bei Grassilage ideal. Wie kurz man tatsächlich häckseln kann, bestimmen aber Gras und Technik.


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