Gerade die Grünlandbewirtschaftung findet oft auf schwierigen, nicht ackerfähigen Standorten statt: steile Hanglagen, Moore oder flachgründige, steinreiche Böden. Vermehrt kommen Vorsommer- und Sommertrockenheit dazu.
Wie kann man trotzdem Aufwüchse mit hohen Erträgen und sehr guter Qualität ermöglichen? Ein Faktor dabei ist die Sortenwahl – auch im Grünland.
Hubert Kivelitz
Referent Grünland, Futterbau und Zwischenfrüchte
Landwirtschaftskammer NRW
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Gerade die Grünlandbewirtschaftung findet oft auf schwierigen, nicht ackerfähigen Standorten statt: steile Hanglagen, Moore oder flachgründige, steinreiche Böden. Vermehrt kommen Vorsommer- und Sommertrockenheit dazu.
Wie kann man trotzdem Aufwüchse mit hohen Erträgen und sehr guter Qualität ermöglichen? Ein Faktor dabei ist die Sortenwahl – auch im Grünland.
Hubert Kivelitz
Referent Grünland, Futterbau und Zwischenfrüchte
Landwirtschaftskammer NRW
Wann in der Saison sollte man im Grünland überhaupt eine Nachsaat durchführen? Antworten darauf finden Sie im Artikel „Grünlandpflege: Wann weniger mehr ist“
Nutzung und Standort bestimmen die richtige Mischung
Im Grünland setzen sich langfristig vor allem die Arten und Sorten durch, die am besten an die jeweiligen Standortverhältnisse und die Nutzung angepasst sind. Deswegen ist es wichtig, schon im Vorhinein diejenige Mischung auszuwählen, die wahrscheinlich mit dem Standort und geplanten Nutzung am besten zurechtkommen wird.
Bei einer Neueinsaat sind folgende Fragen relevant:
Wie sind die Standort- und Klimaverhältnisse - Mittelgebirgs- oder Niederungslage, Trockenstandort oder gute Wasserversorgung?
Welche Nutzungsrichtung (Weide, Mahd) und Nutzungsintensität (Anzahl der Nutzungen, Düngungs- und Beweidungsintensität) liegt vor?
Für wen ist das Futter bestimmt (Milchkühe, Rinder, evtl. Pferde)?
Auch Sorten und Mischungen für eine Nachsaat orientieren sich an diesen Fragen.
Anders als im Ackerbau werden beim Grünland nicht einzelne Arten und Sorten angebaut, sondern es handelt sich i.d.R. um Arten- und Sortenmischungen. Diese können sich stark unterscheiden! Daher: Am besten nur solche Mischungen einsetzen, deren Sorten sich in den regionalen Landessorten- und Ausdauerprüfungen der Offizialberatung (Landwirtschaftskammern/Länderdienststellen) als geeignetste herausgestellt haben.
Mischung macht das Grünland robuster
Der Ertrag von Mischungen ist im Grünland sicherer und stabiler, als wenn nur eine Art oder Sorte angebaut würde. Lassen durch ungünstige Witterungsphasen wie Trockenheit, Frost oder zeitweise Überflutung Ertragssicherheit und Ausdauer einer Art nach, können robustere Arten des Mischbestandes diesen Ausfall teilweise kompensieren.
Bestände, die aus mehreren „funktionellen“ Gruppen bestehen (Gräser + Leguminosen + Kräuter), können besser mit Trockenheit umgehen und weisen einen höheren Ertrag auf als artenarme Grünlandmischungen.
Tipp: Auch bei Sorten im Grünland sorgt die Züchtung für mehr Ertrag und/oder Ausdauer – züchterische Fortschritte unbedingt nutzen und aktuell empfohlene Mischungen bzw. Sorten verwenden!
Diese Eigenschaften weisen die verschiedenen Arten auf:
Trockenheit: Weidelgras-Schwächen ausgleichen
Das Deutsche Weidelgras hat von allen Kulturgräsern die höchsten Futterqualitätseigenschaften und ist am stärksten züchterisch bearbeitet. Das zeigt sich vor allem in dem enormen Spektrum in Bezug auf den Reifezeitpunkt (41 Tage zwischen der frühsten frühen und der spätesten späten Sorte), was einen großen Spielraum für die verschiedenen Nutzungs- und Standortanforderungen ermöglicht.
Deutsches Weidelgras kommt allerdings hinsichtlich Trockenheitsverträglichkeit und Winterhärte an seine Grenzen. Immerhin: Auch nach langen Trockenperioden ist es sehr regenerationsfähig. Tipp: Auf frühjahrstrockenen Standorten frühe Sorten verwenden, um die Winterfeuchtigkeit besser auszunutzen!
Standorte, die generell eher zu Trockenheit neigen, sollten vor allem mit Knaulgras und Rohrschwingel sowie, mit etwas Abstand, Wisenrispe und Wiesenschwingel ausgestattet sein. Diese Arten zeigen u.a. aufgrund ihres Wurzeltiefgangs eine größere Toleranz gegenüber Trockenheit als Deutsches Weidelgras oder Wiesenlieschgras. Trockentolerante Gräser erreichen nicht die Futterqualität des Deutschen Weidelgrases – auf Trockenstandorten geht es aber primär um Ertragssicherheit und -stabilität.
Auch der Rotklee eignet sich aufgrund seiner tiefgehenden Pfahlwurzel für Trockenstandorte und kann dort in Saatgutmischungen integriert werden.
Winterhärte „einmischen“
In kälteren Mittelgebirgslagen hat das Grünland ein anderes Anforderungsprofil als in den meist wintermilden Niederungslagen. Eine sehr hohe Winterhärte weisen z. B. Wiesenrispe, Wiesenlieschgras, Wiesenschwingel, Knaulgras oder Rohrschwingel auf. Diese Arten haben daher in Dauergrünlandnarben und -mischungen neben dem weniger winterfesten Deutschen Weidelgras eine große Bedeutung.
Tipp: Auf Moorstandorten ist eine hohe Toleranz gegenüber Kahl- und Wechselfrösten gefragt. Daher wird in solchen Regionen für Deutsches Weidelgras eine spezielle Moorprüfung durchgeführt, um geeignete Sorten empfehlen zu können!
Knaulgras kann die Winterhärte einer Grünlandfläche verbessern.
(Bildquelle: Kivelitz)
Weidelgras: Wie wichtig ist die Ploidie-Stufe?
Tetraploide Sorten des Deutschen Weidelgras sind tendenziell etwas besser im Ertrag und in der Energiekonzentration (höherer Zuckergehalt) als diploide Sorten. Ebenso scheinen sie eine größere Ausdauer und Trockenheitstoleranz aufzuweisen (ausgeprägteres Wurzelsystem). Dafür zeigen tetraploide ein etwas geringeres Bestockungsvermögen, wodurch die Narbe nicht so dicht ist wie bei diploiden Sorten. Dies ist v.a. bei der Weidenutzung wichtig. Daher sollten für reine Weideflächen überwiegend diploide Sorten verwendet werden.
Letztlich entscheiden aber in der Grünlandnutzung primär der Ertrag, die Ausdauer und die Resistenz gegenüber Rost darüber, ob eine Sorte für regionale Empfehlungen geeignet ist – der Ploidiegrad spielt eine untergeordnete Rolle.
Regelmäßig nachsäen
Tipp: Die richtige Zusammensetzung des Grünlandes, in der die ertrag- und nährstoffreichen Kulturgräser dominieren, bleibt dauerhaft nur dann bestehen, wenn Bewirtschaftung und Pflegemaßnahmen passen. Mehr dazu finden Sie auf unserer Themenseite Futterbau!