Für Einlagerung, Silierung und Futteraufnahme sind kurze Partikel bei Grassilage ideal. Wie kurz man tatsächlich häckseln kann, bestimmen aber Gras und Technik.
Die eine optimale Häcksellänge für Grassilage lässt sich nicht per se festlegen. Es gilt sie je nach Beschaffenheit des gemähten Grases, der eingesetzten Technik (Feldhäcksler, Ladewagen) und je nachdem, wie den Kühen die Grassilage vorgelegt wird, bei jedem Schnitt neu zu bestimmen.
Bezüglich der Einlagerung, der Silierung und der Fütterung haben kurze Häcksellängen in der Regel Vorteile gegenüber langen Häcksellängen. Als „kurz“ gelten in der Praxis allgemein Häcksellängen von 20 mm und kleiner. Die technischen Grenzen sind bei 5 mm erreicht.
Die angegebene Häcksellänge ist immer ein theoretisches Maß, das in tHL (theoretische Häcksellänge) angegeben wird. „Theoretisch“, weil die Partikelverteilung nie homogen und die tatsächliche Durchschnittslänge des Materials immer größer ist.
Ernte, Silierung und Fütterung: Die Vorteile kurzer Häcksellängen bei Grassilage
Auf 8 mm tHL gehäckselte Grassilage.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Ernte: Kurz gehäckseltes Gras ist insgesamt kompakter. Lohnunternehmer berichten, dass das Material präziser und mehr auf die Abfahrwagen geladen werden kann, es weniger Volumenverlust beim Transport gibt und dass es sich besser im Silo abladen, verteilen und verdichten lässt. Es passt mehr Material auf die Siloplatte.
Auch aus mechanischer Sicht gibt es Vorteile. Der Energieaufwand des Feldhäckslers ist durch das kurz Häckseln nicht höher. Kurze Häcksellängen können den Gutfluss sogar verbessern – ein gutes, volles Schwad vorausgesetzt. Dann ist es einfacher mit einer stabilen Drehzahl (geringer Kraftstoffverbrauch) zu fahren. Beim Langhäckseln ist es wahrscheinlicher, dass der Motor hoch und runter regeln muss (höherer Kraftstoffverbrauch) und sogar abwürgt.
Silierung: Auswertungen zeigen, dass Gras, das kürzer gehäckselt wird, besser siliert. Die Oberfläche und der Saftaustritt des Ernteguts sind vergrößert, das fördert den Silierprozess. Kurz gehäckselte Grassilagen (bei den hier zitierten Ergebnissen tHL < 30 mm) weisen einen geringen pH-Wert, erheblich höhere Milchsäuregehalte (z.B. 65,9 g Milchsäure/kg TM vs. 50,8 g Milchsäure/kg TM) und deutlich geringere Gehalte an Buttersäure und Clostridien als Grassilagen mit langen Häcksellängen (tHL > 100 mm) auf. Sprich, die Silagen sind schmackhafter und stabiler.
Die höheren Milchsäuregehalte sind ein wesentlicher Vorteil kurzer Häcksellängen. Sie fördern die Futteraufnahme.“
Dr. Jan Hendrik Steudtner
Grassilage mit einer sehr langen Häcksellänge (hier > 10 cm) siliert schlechter als kurz gehäckseltes Gras und bringt noch weitere Nachteile mit sich.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Fütterung: Gras, das kurz gehäckselt ist, verbessert die Futteraufnahme und verringert das Risiko von Futterselektion. Kurze Partikellängen bei Grassilage haben im direkten Vergleich zu längeren Grassilagen keinen negativen Einfluss auf den Pansen-pH.
Unter anderem haben das Tayyab et al. (2018) nachgewiesen. In der Studie wurde bei jung geerntetem Weidelgras (Blattstadium, 24 h-Silage) der Einfluss der Häcksellängen von 10 mm tHL (kurz gehäckselt) und 44 mm tHL (lang gehäckselt) auf den Silierprozess und die Kuh (Leistung, Pansen-pH, Stoffwechsel) verglichen.Die Ergebnisse der Studie in Kurzform: Die kurz gehäckselte Grassilage wies das bessere Gärsäureprofil (Milchsäuregehalt 140 g/kg TM vs. 114 g/kg TM) sowie eine bessere Verdaulichkeit auf. Die kurze Grassilage resultierte bei einer rein Grassilage-basierten Ration in einer um 0,5 kg TM/Tag höheren Futteraufnahme (20,5 kg TM vs. 20 kg TM/Tag) und einer höheren Milchleistung (39,1 kg Milch vs. 37,3 kg Milch). Der durchschnittliche Pansen-pH unterschied sich nicht zwischen der kurzen und langen Häcksellänge der Grassilage. Bei der kurzen Grassilage benötigten die Kühe signifikant weniger Fresszeit für die TM-Aufnahme (14,5 Min. vs. 17,3 Min. pro kg TM-Aufnahme) und die Kühe kauten auch signifikant mehr pro kg TM-Aufnahme wieder (29,2 Min. vs. 28,1 Min. pro kg TM-Aufnahme).
Achtung! Unbedingt zu beachten ist bei der Fütterung von Grassilagen von kurzer Häcksellänge, dass
diese eine längere Mischzeit im Futtermischwagen benötigen. Denn das kurze Material neigt dazu, kleine Nester/Knäule zu bilden. Diese müssen im Mischprozess aufgelöst werden, damit die Kühe sie nicht im Trog selektieren. Dem höheren Aufwand gegenüber sollte man immer die höhere Futteraufnahme und die nicht mögliche Selektion der Mischration bedenken.
die anderen Grundfutterkomponenten in der Ration (Maissilage, Stroh) ebenfallskurz gehäckselt sein sollten. Das trifft auch bei Shredlage zu.
Ein weiterer Vorteil kurzer Häcksellängen ist, dass sich die Silage oftmals sauberer aus dem Silo entnehmen (glatte Anschnittfläche) und sie sich mit Selbstfahrern leichter ausfräsen lässt.
Beschaffenheit Erntegut: Nicht jedes Gras kann kurz gehäckselt werden
Doch es gibt klare Grenzen bei der Umsetzung von kurzen Häcksellängen bei Grassilage. Nicht jedes Erntegut kann einfach auf die kürzeste tHL gehäckselt werden.
Trockeneres Material sollte allein aufgrund der besseren Verdichtung so kurz wie möglich gehäckselt werden.
(Bildquelle: Berkemeier, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Den größten Einfluss auf die Wahl der Häcksellänge hat der Trockensubstanzgehalt und auch das Alter des Grases.
Sehr feuchtes Gras (< 28 % TS) und junges Gras (geringer Faseranteil) muss länger gehäckselt werden, damit der Saftaustritt nicht überhandnimmt und das Silo auseinander läuft/rutscht. Das Häckselgut darf nicht schmieren, schleimig sein. Bei entsprechend feuchtem, jungen Material sollte ein, zwei weitere Stunden angewelkt, die tHL höher gewählt und das trockenste Material zuerst eingefahren werden. Das gewährt, dass das Silo stabil vom Walzfahrer aufgebaut werden kann. Mehr dazu siehe:
Kurze Häcksellängen bei Grassilage können die Selektierbarkeit von Rationen verringern. Derartige Silagen zu produzieren, ist allerdings anspruchsvoll! Woran es scheitern kann.
„Sobald das Erntegut 30 % TS und mehr erreicht, lassen sich 11 mm tHL und weniger mit der passenden Häckslerausstattung gut umsetzen“, erklärt Volker Kuhlmann. Er hat sich als Häckslerfahrer aufgrund von Kundenwünschen von tHL 5 bis 8 mm sehr intensiv mit der technischen Umsetzung von derart kurzen Häcksellängen auseinandergesetzt.
Trockeneres Material sollte allein aufgrund der besseren Verdichtungsfähigkeit so kurz wie möglich gehäckselt werden.
Zur Anpassung der theoretischen Häcksellänge an den Trockensubstanzgehaltes des Ernteguts:
„länger“ bei TS-Gehalten < 30 % (z.B. etwa >20 mm tHL bei < 28 % TS)
„kürzer“ bei TS-Gehalten ≥ 30 % (< 11 mm bis 8 mm tHL)
Technik: Kurze Häcksellängen umsetzen
Die weiteren großen Einflussfaktoren auf eine erfolgreiche Umsetzung von kurzen Häcksellängen hatten die Ausstattung des Feldhäckslers sowie die Bereitung des Schwads.
Messer und Gegenschneide müssen scharf sein für einen sauberen Schnitt. Stumpfe Messer knicken die Halme nur.“
Volker Kuhlmann
Um gleichmäßig kurz häckseln zu können, muss der Feldhäcksler mit vollem Messersatz, scharfer Gegenschneide (Problem bei viel Steinen) und scharfen Messern ausgestattet sein. Gute Häckslerfahrer wissen genau, wie sie ihre Maschine entsprechend ausstatten, einstellen und in der Ernte führen müssen. Der Wunsch einer kurzen tHL erfordert eine frühzeitige Absprache seitens des Landwirts mit dem Lohnunternehmer, denn der Häcksler kann nicht mal eben kurz umgebaut werden.
Landwirte sollten Häckslerfahrer immer mit in die Überlegungen zur Häcksellänge einbeziehen. Und das frühzeitig, nicht einen Tag vor der Ernte.“
Volker Kuhlmann
Das Schwad hat einen großen Einfluss auf das Häckselergebnis.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Schwadbereitung: Förderlich für die Umsetzung möglichst einheitlich kurzer Partikellängen (wenig Überlängen) ist neben der Häckslerausstattung auch, wie das Schwad beschaffen ist. Ideal für den Einzug und das Häckselergebnis ist ein dickes, gleichmäßiges und so wenig wie möglich in sich verdrehtes Schwad. Je gerader die Grashalme noch längs zum Einzug des Häckslers liegen, desto einheitlicher können sie geschnitten werden.
Sind die Schwaden zu dünn, hat der Häcksler nicht genug Vorschub, es entstehen mehr Überlängen. Dünne Schwaden mit zugleich trockenem Material (beeinflusst sich), fördern einen „Selbsteinzugseffekt“: das leichte Gras wird quasi durch die Häckseltrommel gesaugt, ohne sauber geschnitten zu werden.
Ladewagen: Ladewagen sind nicht in der Lage sehr kurze Häcksellängen konstant umzusetzen. Hier müsste das Gras im Schwad theoretisch idealerweise quer zur Pickup liegen, damit möglichst gleichmäßige kurze Partikellängen geschnitten werden könnten.
Bei Thema kurze Häcksellängen darf ein Ladewagen eigentlich gar nicht mehr mitfahren.“
Volker Kuhlmann
Ein wichtiger Fakt ist, dass kein Feldhäcksler gleich arbeitet. Die tHL-Einstellung und das tatsächliche Ergebnis variieren je nach Material und Häcksler. Um das Optimum zu treffen, sind das Häckselgut in der Ernte laufend zu kontrollieren und Einstellungen entsprechend anzupassen.
Kontrolle: Während der Ernte und in der Fütterung
Eine optimale, möglichst einheitliche Häcksellänge für Gras einzustellen, ist schwieriger als bei Maissilage. Denn das Erntegut aus dem Grünland ist erstens viel diverser in seiner Zusammensetzung und zweitens laufen die Halme, im Gegensatz zu den Stängeln bei Silomais, im Schwad ungeordnet „durcheinander“ in die Häckseltrommel. Heißt, es werden immer auch Halme nur quer oder schräg erwischt, sodass sie deutlich länger als die eingestellte tHL sind.
Wie das Material durch den Häcksler aufbereitet ist, sollte daher mit dem ersten Wagen an beobachtet werden. So empfehlen Lohnunternehmer etwa mit einer mittleren tHL z.B. 11 mm anzufangen und dann bei Bedarf ein bis zwei mm rauf- oder runterzuregeln. Gute Häckslerfahrer und Walzfahrer haben die Häckselqualität im Blick, dennoch sollte auch der Landwirt diese mit beobachten.
Landwirte, die bisher sehr lang gehäckselt bzw. mit dem Ladewagen geerntet haben, sollten sich etwas langsamer in der Ernte und auch Fütterung an kürzere tHL herantasten, empfiehlt Dr. Jan Hendrik Steudtner, der sich in der Grünlandregion Ostfriesland seit dem Jahr 2020 intensiv mit den Grassilagen seiner Kunden in der Fütterungsberatung befasst. Also bei erreichten 30 % TS beim Erntegut mit tHL 15 mm bis 10 mm.
Wichtig: Landwirte und ihre Fütterungsberater sollten den Lohnunternehmer und vor allem die Häcksler- und Walzfahrer mit in ihre Überlegungen zur Häcksellänge einbeziehen. Ihnen erklären, warum es kürzer soll und weshalb man mit der Schüttelbox am Silo oder Feld hantiert oder Proben nimmt. Dann fühlt sich bestenfalls keiner vor den Kopf gestoßen oder misstraut, sondern mitgenommen.
Kein Halm ist gleich geschnitten, die Häcksellänge ist daher ein theoretisches Maß. Es muss ein gutes Gesamtbild ergeben, unerwünscht sind die deutlichen Überlängen (die Kühe selektieren) und „Staub“.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Kontrollieren lässt sich die Häcksellänge visuell. Ein Zollstock ist ein schnelles, gutes Hilfsmittel. Kurze, rechtwinklig abgeschnittene Partikel entsprechen der tHL. Überlängen sind dabei besonders zu beachten, sie sind es, die die Kühe ausselektieren können.
Tritt man gegen ein Häufchen Häckselgut, dann sollte es auseinanderfliegen.“
Volker Kuhlmann
Ein Ausschütteln von Häckselgut und vorhandenen Silagen mit einer Schüttelbox kann einen näheren Aufschluss über die Partikelverteilung und vor allem über den Anteil an Überlängen geben. Allerdings gibt es keine allgemeinen Richtwerte, so wie beim Mais. Zudem ist das Material schwieriger auszuschütteln, besonders, wenn es feucht und klebrig (viel Zucker) ist.
Jeder sollte seine Grassilagen und das frische Häckselgut einmal selbst mit einer Schüttelbox ausschütteln.“
Dominik Bützler
Jeder Landwirt muss sich selbst an das Thema herantasten, rät Dominik Bützler, der sich in der Saison 2023 intensiv mit den Grassilagen seiner Kundenbetriebe in der Fütterungsberatung auseinandersetzt. Folgendes Vorgehen erweist sich als ratsam:
Vor der Ernte: Vorhandene Grassilagen ausschütteln, bedenken, wie sie füttern (wie sind das Fressverhalten, die Futteraufnahme, …) und dann entsprechend ggf. eine neue, kürzere Häcksellänge in den aktuellen Grasernten wählen.
In der Ernte: Das frische Erntegut ausschütteln, um die Einstellung des Häckslers auszuloten und nachzujustieren (wenig Über- und Unterlängen). Immer beim ersten Wagen, nach vorgenommenen Einstellungen, bei verändertem Ausgangsmaterial (z.B. Wechsel von Ackergras auf Wiesengras) und wenn etwas optisch unstimmig erscheint (plötzlich mehr lange Partikel).
Dokumentation erlaubt Vergleiche und Auswertungen. Auch darüber, wie die Kühe die fertige Silage letztlich Aufnehmen.
Ergebnisse vom Ausschütteln frisches Häckselgut Gras mit verschiedener tHL. Obere 2 Ergebnisse 12mm tHL. Untere 2 Ergebnisse 10mm tHL. Die etwas kürzere tHL hat hier vorallem den Anteil an Überlängen reduziert,
(Bildquelle: LandVet)
Wer seine Häcksellänge bei der Grassilage verändert, der sollte auch eine Auswertung darüber machen, wie die Kühe die kürzere Grassilage aufnehmen und umsetzen. Fütterungsberater unterstützen dabei in der Regel gerne. So etwa Dominik Bützler, der in der Grasernte 2023 Proben ausschütteln lässt und die Fütterung der Silagen im Herbst entsprechend beobachten und auswerten möchte.
Quellen: u.a. Volker Kuhlmann (Lohnunternehmen Kreyenhagen), Hergen Wißmann, Dr. Jan Hendrik Steudtner (Tierarztpraxis Burhafe / Middels), Dominik Bützler (LandVet), Tayyab et al., 2018: Grass silage particle size when fed with or without maize silage alters performance, reticular pH and metabolism of Holstein-Friesian cows
Die Grundfutterqualität wird nicht nur über den Grünlandbestand und den Erntezeitpunkt bestimmt. Auch die Erntetechnik hat einen entscheidenden Einfluss.